Reisebericht: Rundreise in der Lüneburger Heide – Niedersachsen

26.08. – 31.08.2014, 6 Tage Rundreise in Nord–Deutschland: Celle – Schneverdingen – Kutschfahrt in der Lüneburger Heide – Heidschnuckeneintrieb – Weltvogelpark Walsrode – Hansestadt Bremen – Museumsdorf Hösseringen – Lüneburg – Mühlenmuseum in Gifhorn


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Um diese Jahreszeit ist die Lüneburger Heide am Schönsten. Ein zart-violetter Farbschleier überzieht die Landschaft. Der Schäfer führt seine Heidschnucken über die Weide. Die Kutsche steht zur Ausfahrt bereit. Eine unvergessliche ländliche Idylle
Ein Reisebericht von
Petra Hanschke

1. Tag, 26.08.2014: Anreise zum Allertal mit Aufenthalt in Celle

Pünktlich 8.00 Uhr starten wir unsere Reise im strömenden Regen in Dresden. Auch am Flughafen Leipzig sieht es trübe aus. Die Zusteiger warten unter dem Dach der Empfangshalle, keiner wird nass. Nach kurzem Stopp geht es weiter, vorbei an Leipzig, Halle und Magdeburg erreichen wir Irxleben, wo uns noch zwei Gäste erwarten. Wir nutzen die Pause für einen kleinen Snack am Bus, und siehe da, unglaublich, die Sonne kommt hinter den Wolken hervor, fortan bleibt sie unsere Begleiterin. Wir verlassen nach Helmstedt die Autobahn und fahren an Wolfsburg vorbei über Gifhorn nach Celle. So bekommen wir einen ersten Eindruck von der Heide, denn Gifhorn ist das Tor zur Südheide. In Celle haben wir einen Aufenthalt zum Bummel durch die schöne Altstadt mit ihren historischen Fachwerkbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Einige Gäste spazieren bis zur Synagoge, andere wollen lieber bei Kaffee und Kuchen in der Sonne sitzen. Am Spätnachmittag fahren wir ins liebliche Allertal. Das Land-gut-Hotel Allerhof soll für die nächsten Tage unsere Heimstatt sein. Neugierig erkunden wir die schöne Umgebung. Das Hotel ist direkt an der Aller gelegen, ein schöner Park mit Springbrunnen und alten Bäumen lädt zum Spazieren oder Ausruhen ein. Die Abendstimmung am Fluß ist an Romantik nicht zu überbieten! Die untergehende Sonne bietet ein letztes prächtiges Farbenspiel, bevor sich die Nacht über die ruhige Landschaft senkt.

2. Tag, 27.08.2014: Lüneburger Heide – Kutschfahrt – Schäferhof

Erwartungsvoll starten wir nach einem wohlschmeckenden und reichlichen Frühstück unseren zweiten Tag. Heute soll es zu den Heidschnucken gehen! Ob wir sie wohl sehen? Wir fahren mit dem Bus nach Schneverdingen, wo es alles gibt, was für die Lüneburger Heide so typisch ist. Das Naturschutzgebiet Osterheide liegt östlich von Schneverdingen und grenzt mit seinen ausgedehnten Heideflächen an das Naturschutzgebiet mit dem Wilseder Berg. Der Wilseder Berg ist mit seinen 169,2 m über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung der Lüneburger Heide und erhebt sich deutlich über dem Land, die Landschaft "drumherum" ist sanft und flachwellig. Zuerst schauen wir dem Schäfer beim Austrieb der Heidschnucken aus dem Schafstall zu, dann machen wir einen Heidespaziergang und verweilen im Heidegarten mit über 100 Heidesorten und 80.000 Pflanzen. Der Heidegarten ist ein Teppich blühender Heide, fablich schön aufeinander abgestimmt. Danach geht es mit der Kutsche weiter. Lucas und Lucy sind unsere zwei geduldigen Kutschpferde. Um uns ist nur das Rauschen der Blätter der zahlreichen Birken ist zu hören, dunkelgrüner Wacholder steht im wunderbaren Kontrast zu den lila Heideflächen, den Nadelbäumen entströmt ein aromatischer Duft an diesem schönen Spätsommertag.
Nach einer kurzen "Siesta" haben wir noch einen Höhepunkt auf dem Programm. Wir wollen den Schäferhof e.V. bei Neuenkirchen besuchen. Der 1976 von Bürgern gegründete Verein Schäferhof bemüht sich um Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf Heide- und Moorflächen sowie der Schaffung von Rückzugsgebieten für bedrohte Tierarten. Zur Zeit werden ca. 400 Morgen Heide und 200 Morgen Grünland bewirtschaftet. Der Schäferhof unterhält eine Gebrauchsherde von etwa 350 Muttertieren mit Lämmern. Hinzu kommen ca. 170 Jährlinge. Unsere Gästeführerin Uschi Timm erzählt ausführlich über das Leben in der Heide damals und heute. Der Schäferhof versetzt uns in eine vergangene Zeit und ist doch gegenwartsbezogen. Wir erfahren viel über ökologische Zusammenhänge, vor allem in der Erlebnis-Sonderaustellung über Ameisen. Ein lebendiger Ameisenhaufen zum Reinschauen ist Mittelpunkt der Ausstellung. Uschi Timm ist es eine Herzensangelegenheit, ihre Gäste in die Welt der Ameisen mitzunehmen und Vorurteile abzubauen und so zum Schutz der Winzlinge beizutragen. Eine Eselfamilie ist sehr zutraulich. Aber endlich ist es so weit! Die Heidschnuckenherde kehrt zum Stall zurück. Wir begegnen ihr auf einer Lichtung im Wald und begleiten sie ein Stück. Schnell vergeht die Zeit mit dem Schäfer, seinen zwei Hütehunden und den Schnucken. Schließlich sind alle Schafe im Stall, es gibt noch Spezialitäten zu kaufen oder eine Heidschnucken-Grillwurst zu kosten, aber nun heißt es Abschiednehmen, es ist schon spät. Zurück im Hotel Allerhof freuen sich alle auf das gute Abendbuffet, wir werden bereits erwartet, es ist bereits halb acht. Ein ereignisreicher Urlaubstag neigt sich dem Ende zu.

3. Tag, 28.08.2014: Vogelpark Walsrode und Iserhatsche

Heute fahren wir zum Weltvogelpark Walsrode.
Die Farbenpracht und Artenvielfalt der Vögel ist kaum in Worte zu fassen - das muss man einfach erlebt haben. Bei über 4000 Vögeln aus 675 Arten fällt es schwer, eine Auswahl zu treffen, denn jeder Vogel ist auf seine Weise einzigartig und sehenswert! Besonders erfreuen die zahmen lustigen Loris, die hungrigen Pinguine und der blaue Hyazinth-Ara.
Keiner will die unterhaltsame und informationsreiche Vogelshow versäumen, alle finden sich rechtzeitig auf der Flugschau-Wiese ein. Auch wilde Kanadagänse und ein Storch auf der Durchreise mischen sich unter die gefiederten Stars. Und haben keine Angst vor dem tieffliegenden Condor! Dabei ziehen sogar wir manchmal unwillkürlich den Kopf ein! Der Sekretär "Socke" fängt Schlangen und ärgert die Tiertrainer und am Schluss fliegen über 70 Vögel über unsere Köpfe. Wir haben viel Spaß an der 30-ig minütigen Vorstellung und sind uns einig: wunderschön! Der Park mit seinen Rosenbeeten und Wasserspielen bildet die perfekte Kulisse für die Show. Am Nachmittag gibt es ein Kontrastprogramm: Iserhatsche
»Neuschwanstein des Nordens« nennt der Hausherr seinen Besitz, aber der Vergleich trifft es nicht: Neben der bizarren Welt von Iserhatsche wirkt das Schloss Ludwigs II. wie die brave Idee eines Puristen: ein bisschen Barockschloss, ein bisschen Geisterbahn, ein feuerspuckender Vulkan, und dazu die Arche Noah, alles nah beieinander, dazu die größte Biersammlung der Welt, die größte Streichholzschachtelsammlung der Welt... Eine eigene skurille und schräge Welt umfängt uns.
Am Ende der Führung bleibt Zeit für einen ruhigen Spaziergang durch den Park oder ein Stück Kuchen zum Kaffee, und in der Ferne spielt der eiserne mechanische Glockenbaum "Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus".
Auf der Heimreise sind wir uns nicht ganz sicher, wo die Grenze zwischen Kunst und Kitsch liegt. All diese überflutenden Eindrücke müssen erst verarbeitet sein. Die ruhige Wald- und Heidelandschaft und der beschauliche Allerfluss bieten Ausgleich und Erholung.

4. Tag, 29.08.2014: Ausflug in die Hansestadt Bremen

Nach dem Frühstück begeben wir uns mit dem Bus nach Bremen, unsere Stadtführerin erwartet uns zu einer zweistündigen Stadtrundfahrt bzw. Stadtführung. Wir bekommen einen Einblick in Kunst und Geschichte der Stadt Bremen, bummeln duch den historischen alten Stadtkern und sehen u.a. das alte Rathaus, den Dom, das Denkmal der Bremer Stadtmusikanten, die Böttcherstraße und das ältesten Stadtteil "Schnoor". Anschließend hatten wir noch Freizeit zur individuellen Erkundung, zum Mittagessen oder Kaffeetrinken. Nicht vergessen, dem Esel der Bremer Stadtmusikanten die Beine zu umfassen, damit ein Wunsch in Erfüllung geht!
Wir fanden uns wieder pünktlich 15.00 Uhr zum Glockenspiel auf der Böttcherstraße ein. Sieben Minuten lang erklingen Melodien auf 30 Meißner Porzellanglocken, dazu drehen sich zeitgleich 10 Bildtafeln, die den Entdeckern und Abenteurern gewidmet sind, die den Ozean überquerten, sei es mit dem Schiff oder auch zu Luft.
Anschließend fuhren wir die schöne Landstraße durch das Weser- und Allertal zurück, mit einem kleinen Stopp in  Verden. Wer wollte, konnte den berühmten alten Dom mit Kreuzgang besichtigen.
Am Abend gibt es ein rustikales Bauernessen mit musikalischer Unterhaltung. Drei Herren mit Schifferklavier spielen auf, wir singen manches Volkslied mit und Schunkeln zum Akkordeonklang.

5. Tag: 30.08.2014: Museumsdorf Hösseringen – Lüneburg

Nochmals wollen wir Einblick nehmen in die Geschichte und Kultur der Lüneburger Heide. Nirgendwo besser  geht das, als in einem Museumsdorf. Hösseringen bietet zwischen Wäldern und Wiesen im Tal des Heideflüsschen Hardau eine Idylle vergangener Zeiten In ruhiger abgeschiedener Lage, wo heute noch die Straßen enden, liegt das Haufendorf mit Bauerngehöft, Schmiede, Ställen und Bauerngärten. Beim Rundgang durch das Freilichtmuseum unter fachkundiger Führung wird schnell klar, dass das Bauernleben keine Idylle war, sondern harte Arbeit und karges Auskommen. Die Heide zeigt heute ein trübes Gesicht, Nieselregen begleitet unseren Rundgang, gutes Pilzwetter, wir finden gleich drei, lassen sie aber für die nächsten Besucher stehen.
Auf der Weiterfahrt nach Lüneburg machen wir einen kurzen Stopp, um den märchenhaften Bahnhof von Uelzen zu sehen. Friedensreich Hundertwasser hat dem alten ehemals verfallenen Backsteingebäude zu neuem, phantasievollen Aussehen und Berühmtheit verholfen.
Weiter geht es nach Lüneburg, der alten Salzstadt mit seiner backsteingotischen Häusern und Treppengiebeln, dem  800 jährigen alten Rathaus und dem Hafenviertel an der Ilmenau. Im Bereich des alten Hafens steht noch die Barockfassade des Alten Kaufhauses, und der Alte Kran, eine bis heute funktionsfähige mittelalterliche Holzkonstruktion, in deren Inneren zwei große Laufräder das Heben und Senken des Kranseils ermöglichen. Besonders hervorzuhebende Gebäude sind die drei verbliebenen Stadtkirchen St. Johannis am Sande, die Kirche St. Michaelis, in der Johann Sebastian Bach von 1700 bis 1702 Chorknabe war, und die fast modern wirkende Stadtkirche St. Nicolai, die ab 1407 erbaut wurde. Wir merken, die Zeit vergeht viel zu schnell, es gibt einfach viel zu sehen und zu entdecken. Liebhaber der  Fernsehserie "Rote Rosen" haben manches Gebäude erkannt, das im Film als Drehkulisse diente. Manch einer wäre gerne länger geblieben....
Auf dem Rückweg entlud eine dicke Regenwolke ihre ganze Wasserlast, zeitweise sintflutartig strömte der Regen herab. Das hinderte indess einige Feinschmecker aus der Gruppe nicht, beim Bauern frische Heidekartoffeln für daheim zu kaufen, allen voran unser lieber Fahrer Steffen. Aber im Stauraum des Busses war ja viel Platz, auch um am nächsten Tag frische Heide aus der Lüneburger Heide zum Bepflanzen für den heimischen Vorgarten mitzunehmen, oder eine Orchidee für das heimische Blumenfenster.

6. Tag, 31.08.2014: Orchideenzentrum Celle – Heimreise

Nach dem letzten reichhaltigen und guten Hotel-Frühstück müssen wir Abschied nehmen vom Hotel "Allerhof", das uns alle Tage mit guter, frischer und schmackhafter Kost bewirtet hat.
Die Wirtin verabschiedet uns und wir werfen einen letzten Blick auf die ruhig fließende Aller, fahren durch die wunderschönen alten Alleen mit ein wenig Wehmut und vielen Erinnerungen ab. Das Wetter ist und bleibt heute ganztags regnerisch. Nach kurzer Busfahrt ist das  Orchideen-Zentrum Wichmann bei Celle erreicht. Ein kleiner Film gibt Einblick in die Kunst der Orchideenzucht, die anschliessende Führung durch das Orchideenzentrum lässt keine Fragen offen, es gibt auch die Möglichkeit, eine Orchidee als Souvenir zu kaufen.

Wir blieben länger als geplant, weil ein neuer Platzregen abgewartet werden musste, aber die Pracht der Orchideen ließ das Warten nicht lang werden und manch einer beschloss, eine Orchidee mit heim zu nehmen. Die anschließende Busfahrt nach Hause verging schnell, immer wieder holte uns eine Regenwolke ein, aber der Verkehr rollte, so dass wir sogar etwas früher als geplant unsere Ausstiegsorte erreichten.
Unsere schöne Reise durch die Lüneburger Heide ist zu Ende. Aber ich wünsche Ihnen, dass Sie die Bilder der blühenden Heide und der weidenden Heidschnucken noch lange in Ihrem Gedächtnis behalten. Zum Schluss möchte ich mich mit dem Gedicht/Lied "Auf der Lüneburger Heide" vom Heidedichter Hermann Löns verabschieden.
Zuvor alles Gute! Bleiben Sie gesund und reiselustig!
Ihre
Petra Hanschke


Auf der Lüneburger Heide

Auf der Lüneburger Heide,
In dem wunderschönen Land
Ging ich auf und ging ich unter,
Allerlei am Weg ich fand;
Valleri, vallera,
Und juchheirassa,
Bester Schatz, bester Schatz,
Denn du weißt es weißt es ja.
Brüder, laßt die Gläser klingen,
Denn der Muskatellerwein
Wird vom langen Stehen sauer,
Ausgetrunken muß er sein;
Valleri, vallera,
Und juchheirassa,
Bester Schatz, bester Schatz,
Denn du weißt es weißt es ja.
Und die Bracken und die bellen,
Und die Büchse und die knallt,
Rote Hirsche woll'n wir jagen
In dem grünen, grünen Wald;
Valleri, vallera,
Und juchheirassa,
Bester Schatz, bester Schatz,
Denn du weißt es weißt es ja.
Ei du Hübsche, ei du Feine,
Ei du Bild, wie Milch und Blut,
Uns're Herzen woll'n wir tauschen,
Denn du glaubst nicht, wie das tut;
Valleri, vallera,
Und juchheirassa,
Bester Schatz, bester Schatz,
Denn du weißt es weißt es ja.
Hermann Löns, aus der Sammlung "Der kleine Rosengarten"

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