Reisebericht: Wanderreise Bretagne – Brise des Atlantiks

07.06. – 17.06.2014, 11 Tage Wandern und Kultur an der Atlantikküste Frankreichs mit Vannes – Carnac – Halbinsel Penmarch – Concarneau – Pointe du Raz – Quimper – Lannion – Ploumanach – Cancale – Mont–Saint–Michel – Rouen (57 Wanderkilometer)


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Die Wanderung in der Bretagne führt durch die Wälder der Artussage, entlang der vor Jahrtausenden errichteten Menhirfelder von Carnac, vorbei an den Steinkolossen der Rosa Granitküste, zum Leuchtturm von Eckmühl und zum „Ende der Welt“ an dem westlichsten
Ein Reisebericht von
Birgit Janosch

Anreise nach Troyes, Weiterfahrt nach Vannes

Vom Startpunkt Dresden geht es via Frankfurt und Saarbrücken durch Lothringen, vorbei am geschichtsträchtigen Verdun, wo zahlreiche Hinweistafeln die Gedenkstätten und Friedhöfe des Ersten Weltkriegs in Erinnerung rufen. In diesem Jahr haben die Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag begonnen. Nach der Pause an der Mühle von Valmy fahren wir in der Abendsonne an endlosen Getreidefeldern der Region Champagne vorbei. Nicht nur der berühmteste Schaumwein, sondern auch die Agrarwirtschaft prägt diese Region.
Am Abend erreichen wir Troyes, die ehemalige Hauptstadt der Champagne. Passend zur Region hat das historische Stadtzentrum mit zahllosen sehr schön restaurierten Fachwerkhäusern die Form eines Champagnerkorkens. Im Kopf des Korkens rund um die Kathedrale befindet sich das Zentrum des Adels und Klerus, im unteren Teil ist das Viertel der Bürger und der Schauplatz der mittelalterlichen Messen angesiedelt. Viele der Fachwerkhäuser sind schief und einige Straßen sind so eng, dass sich die oberen Stockwerke fast berühren. Vor dem frisch restaurierten Hôtel de Ville, einem schönen Renaissancebau, ist ein typisches Karussell im Stil des 19. Jahrhunderts aufgebaut.
In der Kathedrale Saint Pierre erleben wir den beeindruckenden Raum, der im Vergleich zu anderen frühgotischen Kirchenschiffen besonders hell wirkt und dessen Raumgrenzen sich aufzulösen scheinen. Troyes, die bislang allen Gästen unbekannte Stadt, hat uns ausnahmslos gut gefallen!

Vannes, Sagenwald der Brocéliande bei Paimpont

Von unserem sehr schönen Hotel in Vannes haben wir nur einen kurzen Fußweg ins Zentrum und an den langgestreckten Hafen, wo wir unsere örtliche Reiseleiterin treffen. Die Stadt am Binnenmeer von Morbihan verfügt über ein reiches architektonisches Erbe mit Resten der ehemaligen Festung rund um die Altstadt, wo sich auch die Kathedrale befindet. Heute ist Markttag und wir haben nach der interessanten Stadtführung mit der charmanten Salzburger Wahl-Französin die Gelegenheit das erste Picknick einzukaufen.
Nun sind sind wir für die anstehenden beiden kleinen Wanderungen mit Baguette, Käse und Salami ausgerüstet. Nur der Rotwein fehlt, den gönnen wir uns erst nach getaner Arbeit!
Die anschließende Busfahrt geht einige Kilometer in Richtung Rennes, denn im bretonischen Sagenwald Brocéliande bei Paimpont findet unsere erste kleine Rundwanderung zum Einlaufen der Wanderschuhe auf den Spuren von König Artus statt. Wir kommen zur Quelle von Barenton, die 1160 wird als ein Brunnen erwähnt wird, welcher in der Lage ist, Stürme zu entfachen. Ende des 12. Jahrhunderts wird die Quelle dann mit der Arthus-Sage in Verbindung gebracht.
Die zweite Wanderung führt uns ins Val Sans Retour (Tal ohne Wiederkehr) aus welchem wir am Ende allerdings doch wiederkehren! Wir sehen den vergoldeten Baum, der an den Waldbrand von 1990 erinnern soll und den Feenspiegel, durch welchen wir in eine andere Welt eintauchen könnten (alle wollen doch lieber die Eberhardt - Reise fortsetzen!). Wir machen uns auf die Suche nach dem etwas abgelegenen Haus der Fee Viviane. Anschließend geht es weiter -vorbei an Venusnabel und verschiedenen Farnen- zum Tagesziel, dem Schloss Trécesson.
Nach dem Abendessen genießen einige Gäste den schönen Sommerabend in den Gassen oder am Hafen von Vannes.

Menhirfelder von Carnac, Freiluftmuseum „La Cité des Megalithes"

Das heutige Ziel sind die Menhirfelder von Carnac. Tausende von Menhiren und Dolmen aus der Jungsteinzeit bilden in der Bretagne ein einzigartiges Erbe der Megalithkultur. Nach einem kurzen Besuch des Informationszentrums wandern wir entlang der Steinfelder von Kerlescan zu den baulichen Resten einer Mühle, welche heute als Aussichtsplattform dient. Von dort hat man einen guten Blick über die
Alignements, welche zu den spektakulärsten Megalithen der Welt gehören. Dreitausend Monolithen wurden hier vor 6000 Jahren in fast parallelen Reihen aufgestellt und obwohl zahllose Erklärungsversuche unternommen wurden, sind sie bis heute geheimnisumwoben geblieben. Natürlich sind die bretonischen Legenden nicht um eine Antwort verlegen: Heidnische Soldaten waren hinter dem hl. Cornelius her. Als vor ihm nur noch der Atlantik war, drehte er sich um und auf der Stelle erstarrten die Verfolger zu Stein.
Zur Mittagspause fahren wir mit dem Bus nach Locmariaquer und genießen am Hafen die Blick auf den Golf von Morbihan. Im Freiluftmuseum „La Cité des Megalithes" gibt ein Folm eine sehr informative Einführung, dann bestaunen wir den größten in der Bretagne gefundenen Menhir - welcher allerdings längst nicht mehr aufrecht steht, aber zerbrochen in seiner Falllalge nicht weniger imposant ist.
Der zweite Teil der heutigen Wanderung beginnt in Crucuno, mitten im Wald, mit einem imposanten Dolmengrab. Dann geht es an mehreren Megalith-Stätten vorbei: wir machen Abstecher zum Coet-er-Bei und Mané-Braz und erreichen nach 80 Wanderminuten die Giganten von Kerzerho, wo wir die Megalithen ganz aus der Nähe betrachten und sogar anfassen können
Ab heute übernachten wir dreimal in Quimper. Nach dem Abendessen machen fast alle noch einen Spaziergang ins pittoreske Zentrum am Fluss Odet.

Wanderung zum Leuchtturm von Eckmühl, Concarneau

Wir fahren nach Tronoen und besichtigen den ältesten Kalvarienberg und Pfarrbezirk der Bretagne. Danach geht es mit dem Bus noch ein Stückchen weiter in Richtung Meer, wo unsere heutige Wanderung beginnt und zunächst parallel zu den Dünen verläuft, welche uns den Blick auf den weiten Ozean zunächst verstellen. Der Atlantik zeigt sich uns erst bei Ankunft an der Pointe de la Torche, wo wir bis zur Spitze laufen, denn von dort hat man einen schönen Blick nach Audierne und auf die Pointe du Raz - unser nächstes Wanderziel.
Anschließend geht es für eine knappe Stunde direkt am Strand entlang - es ist Ebbe und der Sand so fest, dass man wunderbar laufen kann. Einige Wanderschuhe werden an den Rucksack gehängt und erste Mutmaßungen zur Wassertemperatur sind zu vernehmen. Am Ende der Bucht legen wir eine Badepause ein und genießen die herrliche Erfrischung im türkisblauen Atlantik.
Im weiteren Verlauf der Wanderung kommen an gigantischen Felskolossen vorbei, die schon eine Ahnung von der Granitküste vermitteln. Dort ist der richtige Platz für ein Picknick mit Sardinen, bretonischem Käse, Baguette mit Demi-Sel-Butter und Rotwein aus dem Médoc.
Am Ziel unserer Wanderung erklimmen wir die 300 Stufen des Leuchtturms von Eckmühl und werden durch einen phantastischen Blick für unserere Mühen belohnt. Zum Tagesabschluss fahren wir mit dem Bus nach Concarneau, um einen Spaziergang auf der Stadtmauer der „Ville Close" zu unternehmen, welche ihre heutige Gestalt vom bekannten Festungsbaumeister Vauban im 17.Jh. erhielt und durch eine einzige Brücke mit dem Festland verbunden ist.

Cornouaille, Wanderung zur Pointe du Raz, Locronan

Nach einer schönen Fahrt durch die Cornouaille erreichen wir die kleine Kapelle „Notre Dame de Bon Voyage" in Le Loch, wo die Wanderung zur Pointe du Raz beginnt. Es sind 13 Wanderkilometer entlang des Küstenweges mit herrlicher Aussicht über die steilen Klippen aufs tiefblaue Meer. An der Landspitze angekommen, befinden wir uns am westlichsten Punkt nicht nur der Bretagne sondern auch von Mitteleuropa. Hier wurde bis ins 16. Jahrhundert das Ende der Welt vermutet und der lateinische Name Finis Terrae stand Pate für das heutige Bezeichnung Finistère.
In der wunderschönen "Baie des Trespassés" (Buch der Verstorbenen) lockt uns die türkisblaue, ruhige See und wir erfrischen uns erneut bei einem Bad im Atlantik.
Bevor wir nach Quimper zurückfahren, statten wir der Bilderbuch-Ortschaft Locronan einen Besuch ab. Das winzige Nest besteht ausschließlich aus schönen Renaissance-Häusern aus Granit. Durch Hanfverarbeitung und den Export von Segeltuch in die ganze Welt war Locronan zu unermesslichem Reichtum gekommen, sodass alle Häuser aus dem haltbaren Granit gebaut werden konnten und bis heute fast unverändert präsentieren. Den reichsten Bauschmuck haben die Gebäude am Dorfplatz, wo sich auch die Kirche befindet, welche dem heiligen Ronan gewidmet ist, der -wie es eine der zahllosen Legenden der Bretagne berichtet- auf einem Felsblock von Großbritannien geschwommen kam. In Klein-Britannien angekommen, verwandelte sich dieser in einen Schimmel, sodass er an Land bis Locronan weiterreiten konnte ...

Quimper, Kalvarienberg Guimillau, Destillerie Warenghem, Lannion

Der Tag beginnt mit einer Stadtführung durch das historische Zentrum von Quimper mit den pittoresken Fachwerkhäusern. Die älteren Bauten ragen mit ihren Obergeschossen weit in den Straßenraum und boten im Mittelalter den offenen Läden im Erdgeschoss einen gewissen Wetterschutz.
Nach dem Einkauf fürs Mittagspicknick geht die Fahrt nun nordwärts nach Guimillau. Dort erwartet uns der umfangreichste Pfarrhof der Bretagne. Der Kalvarienberg ist reich mit Skulpturen geschmückt, welche den Pfarrern als Anschauungsmaterial für die Verbreitung der christlichen Lehre dienten.
In der Destillerie Warenghem wird seit 1900 ein Likör aus 35 Kräutern hergestellt und 1989 wurde hier der erste französische Whisky gebrannt. Wir besichtigen die Produktionshalle mit den riesigen Destillierkolben, wo in zwei Durchgängen ein 75%-tiges Destillat entsteht. Bei der anschließenden Probe dürfen wir außer Single Malt und weiteren Whiskysorten auch Pommeau probieren: Ein Apéritif aus Apfelsaft höchster Qualitätsstufe, welcher nach der Zugabe von Calvados (ein Drittel) mindestens 16 Monate reift - bevorzugt in alten Eichenfässern. Vor allem die weiblichen Reisegäste lassen sich gerne zu einem Kauf hinreißen - zumal das Apfelgetränk wesentlich preiswerter ausfällt, als das aufwändig hergestellte Destillat aus Getreide!

Rosa Granitküste

Unser fünfter Wandertag startet in Trégastel und führt uns über die Île Renote nach Ploumanac'h zu den bizarren Felsblöcken der Rosa Granitküste. Am Strand von Saint Guirrec erkennen wir in einem gigantischen Granitblock Napoleons Hut, in anderen Steingiganten eine Schildkröte oder was immer die Phantasie gerne sehen möchte.
Zur Mittagsrast erreichen wir den Strand von Saint Guierrec - an den Ortsheiligen erinnert eine Statue auf einem Felsen am Strand, welche bei Flut vom Meer umspült ist. Wir gehen Muscheln oder Galettes essen, die Restaurantauswahl ist hier recht groß - diese Chance wollen wir nutzen!
Nach dem Essen laufen wir auf dem ehemaligen Zöllnerpfad entlang der Küste weiter, hier entdecken wir weitere sehr bizarre Felsen, bevor wir uns zur Fahrt in die Austernhauptstadt der Bretagne wieder am Bus treffen. Pünktlich zum Abendessen treffen wir in unserem schönen Hotel in Cancale ein und beschließen den Tag mit einem Spaziergang zur Kirche zum Hafen der beschaulichen Kleinstadt

Mont–Saint–Michel, Austern in Cancale, Pointe du Groin

Heute steht mit dem Mont-Saint-Michel ein kultureller Höhepunkt der Reise auf dem Programm. Da die Bucht durch den Bau eines Dammes zur Erschließung des Berges immer mehr versandete, wurde der große Parkplatz direkt am Berg abgerissen und das Land dem Meer zurückgegeben. Für die Besichtigung nehmen wir uns ausreichend Zeit und Puste, denn es geht kräftig berg- und treppauf! Als die 760 Stufen bewältigt sind, besichtigen wir die Abtei mit individuell anwählbaren Audio-Guides
Die Rückfahrt nach Cancale erfolgt durch die Polder und weit draußen in der Bucht kann man die Austernbänke erkennen. Am Markt von Cancale erstehen wir einige Teller Austern, die von der Marktfrau vor unseren Augen geöffnet werden. Die richtige Lagerung ist das oberste Gebot bei dieser Delikatesse. Geöffnet müssen sie sofort verspeist werden, im geschlossenen Zustand leben sie etwa zwei Wochen außerhalb des Meeres weiter, solange sie nicht austrocknen. Das heißt, sie müssen mit der gewölbten Seite nach unten kühl und dunkel gelagert werden, abgedeckt mit einem feuchten Tuch. Sogar einigen Skeptikern mundet die nach purem Atlantik schmeckende Köstlichkeit bei einem Glas Muscadet und reichlich Baguette mit Demi-Sel-Butter.
Die anschließende Wanderung von der äußersten Spitze (Pointe du Groin) nach Cancale verläuft auf einem wunderschönen Küstenweg im Schatten der Bäume und mit ständig neuen Ausblicken auf zerlüftete Buchten.

Rouen und Reims

Am vorletzten Tag der Reise verlassen wir die Bretagne, aber die Seeluft bleibt uns noch erhalten: Es geht nach Rouen. Der Sitz der Präfektur der Haute-Normandie hat einen Seehafen, obwohl dieser 70 Kilometer vom Meer entfernt ist! Ab hier schlängelt sich die Seine in großen, engen Bögen zum Ärmelkanal.
Wir steigen an der Place du Haute Vielle Tour aus und unternehmen gemeinsam einen kleinen Erkundungsgang: Etwa 700 erhaltene Fachwerkhäuser prägen das Zentrum, die Kathedrale Notre Dame ist eines er schönsten Beispiele gotischer Baukunst der Normandie und durch den Bilderzyklus des impressionistischen Malers Claude Monet weltbekannt geworden.
Wir besuchen den ehemaligen Pestfriedhof, die Gros Horloge und den Marktplatz, wo Jeanne d'Arc auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Am Abend erreichen wir unsere letzte Station: Reims mit der weltbekannten Kathedrale. Das Gotteshaus gilt als eine der architektonisch und historisch bedeutendsten Kirchen Frankreichs. Jahrhundertelang wurden hier die französischen Könige gekrönt. Heute ist die Kathedrale mit rund einer Million Besuchern im Jahr einer der Hauptanziehungspunkte der Champagne.Am nächsten Morgen treten wir die Rückreise an und nehmen Abschied: Zunächst von der Champagne, dann von Lothringen und schließlich von „La Douce France", wie die Franzosen ihr Land gerne selbst nennen.Ich hoffe, es hat Ihnen Freude gemacht, die schönen Tage noch einmal Revue passieren zu lassen. Weitere Fotos finden Sie in der Fotogalerie.
Mit besten Grüßen - Ihre Birgit Janosch

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht