Reisebericht: Wanderreise Bretagne – Brise des Atlantiks

08.08. – 18.08.2015, 11 Tage Wandern und Kultur an der Atlantikküste Frankreichs mit Vannes – Carnac – Halbinsel Penmarch – Concarneau – Pointe du Raz – Quimper – Lannion – Ploumanach – Cancale – Mont–Saint–Michel – Rouen (57 Wanderkilometer)


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Türkisblaues Wasser, das dramatische Schauspiel von Ebbe und Flut, die zerklüfteten Küsten, eine steile Brise, schneller Wechsel von Sonne und Wolken: Die Bretagne bietet beim Wandern ein besonderes und wunderbares Naturerlebnis.
Ein Reisebericht von
Birgit Janosch

1. Tag:

Frühmorgens startet unsere Wandergruppe in Dresden, um über Chemnitz, Erfurt, Frankfurt und Saarbrücken nach Troyes, in die ehemalige Hauptstadt der Champagne zu fahren. Passend zur Region hat das historische Stadtzentrum mit zahllosen sehr schön restaurierten Fachwerkhäusern die Form eines Champagnerkorkens. Im Kopf des Korkens rund um die Kathedrale befindet sich das Zentrum des Adels und Klerus, im unteren Teil ist das Viertel der Bürger und der Schauplatz der mittelalterlichen Messen angesiedelt.

2.Tag

Der Tag beginnt für uns mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. In der Kathedrale Saint Pierre erleben wir den beeindruckenden Raum, der im Vergleich zu anderen frühgotischen Kirchenschiffen besonders hell wirkt und dessen Raumgrenzen sich aufzulösen scheinen.
Im unteren Teil des „Korken" lernen wir die mittelalterliche Architektur des Stadtviertels kennen. Viele der Fachwerkhäuser sind schief und einige Straßen sind so eng, dass sich die oberen Stockwerke fast berühren. Vor dem frisch restaurierten Hôtel de Ville, einem schönen Renaissancebau, ist ein typisches Karussell im Stil des 19. Jahrhunderts aufgebaut.Troyes, die bislang allen Gästen unbekannte Stadt, hat uns ausnahmslos gut gefallen!

3.Tag

Am Hafen von Vannes erwartet uns Chantal, die Stadtführerin. Gemeinsam mit ihr erkunden wir in den folgenden zwei Stunden das Stadtzentrum mit den schönen Fachwerkhäusern, die Stadtmauer und die Kathedrale.
Nach einer einstündigen Fahrt kommen wir in dem Ort Folle Pensée "verrückter Gedanke" an und starten unsere erste Wanderung, vorbei an der Quelle von Barenton. Bereits im 12. Jahrhundert wird er als ein Brunnen erwähnt, welcher in der Lage sein soll, Stürme zu entfachen. Später wird die Quelle dann mit der Arthus-Sage in Verbindung gebracht.
Der weitere Weg führt uns ins Val Sans Retour (Tal ohne Wiederkehr) aus welchem wir am Ende allerdings doch wiederkehren! Wir sehen den vergoldeten Baum eines Künstlers, der an den Waldbrand von 1990 erinnern soll und den Feenspiegel, durch welchen wir in eine andere Welt eintauchen könnten. Wir sind uns aber einig, dass wir lieber die Eberhardt - Wanderreise fortsetzen! Am festungsartigen, idyllisch an einem kleinen See gelegenen Schloss Trécesson erreichen wir das Ziel unseres ersten Wandertages.

4. Tag

Das heutige Ziel sind die Alignements von Carnac. Diese Menhirreihen gehören zu den spektakulärsten Megalithstätten der Welt. Dreitausend Monolithen wurden hier vor etwa 4000 Jahren in fast parallelen Reihen aufgestellt und obwohl zahllose Erklärungsversuche unternommen wurden, sind sie bis heute geheimnisumwoben geblieben. Natürlich sind die bretonischen Legenden nicht um eine Antwort verlegen: Heidnische Soldaten waren angeblich hinter dem hl. Cornelius her. Als vor ihm nur noch der Atlantik war, drehte er sich um und auf der Stelle erstarrten die Verfolger zu Stein.
Nach einem kurzen Besuch des Informationszentrums wandern wir entlang der Steinfelder von Le Menec und Kerlescan. Von der Aussichtspattform in den baulichen Reste einer Mühle haben wir man einen guten Blick über die Steinreihen bis zum Tumulus Saint Michel. Anschließend fahren wir nach Locmariaquer, um die Mittagspause in dem schönen Hafenstädtchen zu verbringen.
Im Freiluftmuseum „La Cité des Megalithes" gibt ein kurzer Film eine sehr informative Einführung in das Thema, dann bestaunen wir den größten in der Bretagne gefundenen Menhir - welcher allerdings längst nicht mehr aufrecht steht, aber zerbrochen in seiner Falllalge nicht weniger imposant ist.
Die zweite Wanderung des heutigen Tages führt an mehreren Megalith-Stätten vorbei; wir machen Abstecher zum Coet-er-Bei, dem Sitz Cäsars, und erreichen nach 80 Wanderminuten die "Giganten von Kerzerho" bei Erdeven.
Ab heute übernachten wir dreimal in Quimper. Nach dem Abendessen machen einige noch einen Spaziergang ins pittoreske Zentrum und erkunden nebenbei schon den Standort der Markthalle für den Picknick-Einkauf am nächsten Tag.

5. Tag:

Tronoën mit dem ältesten Kalvarienberg der Bretagne ist der heutige Ausgangspnkt unserer Wanderung. Auf einem schönen Weg hinter den Dünen gelangen wir zur Pointe de la Torche, einer Landspitze der Halbinsel Penmarc'h. Zunächst beobachten wir den „Kampf" der Wellenreiter mit den Naturgewalten, dann haben wir einen schönen Blick nach Audierne und auf die Pointe du Raz, welche als Wanderziel für morgen geplant ist. Anschließend geht die Wanderung für eine knappe Stunde direkt am Strand entlang. Das Meer ist noch weit weg, erst seit zwei Stunden beginnt es wieder zu steigen. Der Sand des hunderte Meter breiten Strandes wurde vom weichenden Meer so fest zurückgelassen, dass man wunderbar laufen kann. Einige Wanderschuhe werden an den Rucksack gehängt und erste Mutmaßungen zur Wassertemperatur sind zu vernehmen. Am Ende der Bucht legen wir eine Badepause ein. Aber nur wenige Wanderer genießen den erfrischenden Atlantik bei mäßigem Wellengang.
Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir den sechzig Meter hohen Leuchtturm „Phare d'Eckmühl". Leider ist die Warteschlange zu lang, sodass wir auf den Aufstieg verzichten und lieber etwas früher nach Concarneau fahren.
In der schwimmenden Festungsstadt unternehmen wir einen kleinen Rundgang auf den Festungsmauern und bummeln durch die pittoreske Hauptstraße. Die Stadt bereitet sich seit Tagen auf das „Festival des Filets Bleus", das Festival der blauen Fischernetze, vor und wir sehen einige Teilnehmer des Trachtengruppenumzugs in bretonischen Trachten.

6. Tag

Wir beginnen unseren Ausflug mit dem Besuch der Kirche „Notre-Dame-de-Confort" in dem kleinen Ort Meillars, welcher an der Straße zur Pointe du Raz liegt. Das Besondere an dieser Kirche ist ein Glockenrad, welches „Rad der wundertätigen Madonna" genannt wird. Viele taubstumme Kinder wurden hierher gebracht, da das Erklingen der Glöckchen Heilung bringen sollte und, wie es heisst, einige Male erfolgreich war.
Bei der Kapelle Notre Dame de Bon Voyage beginnt unsere Wanderung zur Pointe du Raz. Dort wurde bis ins 16. Jahrhundert das Ende der Welt vermutet und der lateinische Name Finis Terrae stand Pate für die heutige Bezeichnung Finistère.
Leider werden wir bald von einem Nieselregen begleitet, welcher immer stärker wird, sodass wir die Wanderung an der Pointe de Feunteun Aod abbrechen, den Bus herbeirufen und uns erleichtert ins Trockene begeben.
Das verspätete Mittagspicknick verlegen wir kurzerhand auf die Lounge-Terrasse des Hotels, da sich während der Fahrt dorthin das Wetter, typisch für die Bretagne, schon wieder geändert hat. Die Sonne zeigt sich und auch die Loungesessel sind trocken!
Nach der Stärkung mit Wildschweinpastete, Thunfisch in verschiedenen Soßen, verschiedenen Käsesorten und einem Glas Bordeaux Supérieur statten wir der Bilderbuch-Ortschaft Locronan einen Besuch ab. Das winzige Nest besteht ausschließlich aus schönen Renaissance-Häusern. Den reichsten Bauschmuck haben die Häuser am Dorfplatz, wo sich auch die Kirche befindet, welche dem heiligen Ronan gewidmet ist. Durch Hanfverarbeitung und den Export von Segeltuch in die ganze Welt war Locronan zu unermesslichem Reichtum gekommen. Die Bewohner waren wohlhabend und konnten ihre Häuser aus unverwüstlichem Granit bauen. Die Kirche ist dem Heiligen Ronan gewidmet, der auf einem Felsblock von Großbritannien geschwommen kam. In Klein-Britannien angekommen, verwandelte sich dieser in einen Schimmel, sodass er weiterleiten konnte - so erzählt es eine der zahllosen Legenden der Bretagne.

7. Tag

Für die Stadtführung in Quimper brauchen wir zwar zunächst einen Regenschirm, trotzdem gefällt uns das historische Zentrum mit den schiefen Fachwerkhäusern. Die älteren Gebäude ragen mit ihren Obergeschossen weit in den Straßenraum und boten im Mittelalter den offenen Läden im Erdgeschoss einen gewissen Wetterschutz. In der Kathedrale Saint-Corentin sehen wir die Glasfenster, welche die Legende vom Heiligen Corentin erzählen: Täglich schnitt sich der Einsiedler von einem Fisch ein Stück ab und warf ihn ins Wasser zurück. Am nächsten Tag war das fehlende Stück wieder nachgewachsen und Corentin konnte sich so täglich von einem einzigen Fisch ernähren. Es heißt, dass 7777 Heilige in der Bretagne verehrt werden und zu jedem Heiligen gibt es Dutzende von Legenden!
Die Fahrt geht nun nordwärts nach Guimillau. Dort erwartet uns der größte Pfarrhof der Bretagne. Der Kalvarienberg ist reich mit Skulpturen geschmückt, welche den Pfarrern als Anschauungsmaterial für die Verbreitung der christlichen Lehre dienten.
Das Städtchen Morlaix ist unser nächstes Ziel. Ein sechzig Meter hohes Viadukt, gebaut 1860 für die Eisenbahnverbindung nach Paris, steht in spannendem Kontrast zu den Fachwerkhäusern und Natursteinhäusern. Typisch für den Ort sind die sogenannten "Laternenhäuser", die ihren Namen von glasgedeckten Innenhöfen haben. In den hübschen Crêperien genießen einige mit Calvados flambierte Crêpes, dazu Apfelkompott und Cidre aus der stilechten Tasse.
Zum Abschluss des Tages folgt in Lannion eine Führung mit anschließender Verkostung in der Whisky-Brennerei Warenghem- eine Seltenheit in der Bretagne! Aber auch Cidre und Pommeau, der Lieblingsapéritif der Reiseleiterin wird hier hergestellt und darf probiert (und gekauft!) werden.

8.Tag

Unser fünfter Wandertag startet am Meeresmuseum von Trégastel und führt uns über die Île Renote nach Ploumanac'h zu den bizarren Felsblöcken der Rosa Granitküste. Am Strand von Saint Guirrec erkennen wir in einem gigantischen Granitblock Napoleons Hut, in anderen Steingiganten eine Schildkröte oder was immer die Phantasie gerne sehen möchte.
Fast alle Wanderer aus unserer Gruppe gehen Muscheln oder Galettes essen, die Restaurantauswahl ist hier recht groß - diese Chance wollen wir nutzen!
Auf der Wanderung haben wir bereits eine ehemalige Gezeitenmühle besucht, vor den Ankunft in Saint Malo machen wir einen kurzen Halt am größten Gezeitenkraftwerk Europas: La Marmotrice de la Rance, mit Blick auf die Festungsstadt Saint Malo, wo wir anschließend unser zentral gelegenes Hotel in der „Ville Close" beziehen.

9.Tag

Heute steht mit dem Mont-Saint-Michel ein kultureller Höhepunkt der Reise auf dem Programm. Da die Bucht durch den Bau eines Dammes zur Erschließung des Berges immer mehr versandete, wurde der große Parkplatz direkt am Berg abgerissen und das Land dem Meer zurückgegeben. Für die Besichtigung nehmen wir uns ausreichend Zeit und Puste, denn es geht kräftig berg- und treppauf! Als die 760 Stufen bewältigt sind, besichtigen wir die Abtei mit individuell anwählbaren Audio-Guides. Weder im Klosterkreuzgang noch im Refektorium erwartet uns die für diese Räume typische Stille - trotzdem erfreuen wir uns an der äußerst beeindruckenden Architektur.
Die Fahrt nach Cancale erfolgt durch die Polder und weit draußen in der Bucht kann man die Austernbänke erkennen. Am Markt erstehen wir einige Teller Austern, die von der Marktfrau vor unseren Augen geöffnet werden. Frische ist das oberste Gebot bei dieser Delikatesse! Geöffnet müssen sie sofort verspeist werden, im geschlossenen Zustand leben sie etwa zwei Wochen außerhalb des Meeres weiter, solange sie nicht austrocknen. Das heißt, sie müssen mit der gewölbten Seite nach unten kühl und dunkel gelagert werden, am besten abgedeckt mit einem feuchten Tuch. Sogar einige der Skeptiker probieren die nach Meer schmeckende Köstlichkeit!

10.Tag

Am vorletzten Tag der Reise verlassen wir die Bretagne, aber die Seeluft bleibt uns noch erhalten: Es geht nach Rouen: Die Verwaltungshauptstadt der Haute-Normandie hat einen Seehafen, obwohl dieser 70 Kilometer vom Meer entfernt ist! Ab hier schlängelt sich die Seine in großen, engen Bögen zum Ärmelkanal.
Bei der Place du Haute Vielle Tour steigen wir aus und unternehmen gemeinsam einen kleinen Erkundungsgang: Etwa 700 erhaltene Fachwerkhäuser prägen das Zentrum, die Kathedrale Notre Dame ist eines er schönsten Beispiele gotischer Baukunst der Normandie und durch den Bilderzyklus des impressionistischen Malers Claude Monet weltbekannt geworden.
Wir besuchen den ehemaligen Pestfriedhof, die Gros Horloge und den Marktplatz, wo Jeanne d'Arc auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Die letzte Nacht in Frankreich verbringen wir in Reims, wo wir nach dem Abendessen an der belebten Place Drouet d'Erlon die Gelegenheit zu einem Erkundungsrundgang nutzen. Die „ alte" Oper von 1930 ist eines von vielen sehr schönen Gebäuden im Stil des Art Déco, die wir in Reims bewundern können. Aufgrund der enormen Kriegsschäden aus dem ersten Weltkrieg musste die Stadt ab den zwanziger Jahren wiederaufgebaut werden und kann heute eine große Anzahl von Bauten in diesem außergewöhnlichen Stil, welcher dem Jugendstil nachfolgte, aufweisen.

11.Tag

Heute nehmen wir Abschied: Zunächst von der Champagne und schließlich von „La Douce France", wie die Franzosen ihr Land gerne nennen. Hinter Metz legen wir eine erste Pause ein und machen regelmäßig alle zwei Stunden weitere Pausen. In Frankfurt verlässt uns bereits der erste Gast und so geht es bei jedem folgenden Halt weiter. Spätabends erreichen wir pünktlich den letzten Halt am Flughafen Dresden.Ich hoffe, es hat Ihnen Freude gemacht, die schönen Tage noch einmal Revue passieren zu lassen. Weitere Fotos finden Sie in der Fotogalerie.
Es war eine ausgesprochen harmonische Wanderreise und -gruppe. Herzlichen Dank allen, die zum Gelingen beigetragen haben: Sie als Gäste, Kersten als Busfahrer und Sophie als Hospitantin! Ich hoffe, dass Sie noch oft und gerne an unsere gemeinsamen schönen Tage denken!
Ihre B. Janosch alias BRIGITTE

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Kommentare zum Reisebericht

vielen Dank für die schöne Reise. Wir wurden sehr informativ und bestens betreut durch die Bretagne begleitet.

Ziegler Iris
13.09.2015