Reisebericht: Wanderreise Bretagne – Brise des Atlantiks

06.08. – 16.08.2022, 11 Tage Wandern und Kultur an der Atlantikküste Frankreichs mit Vannes – Carnac – Halbinsel Penmarch – Concarneau – Pointe du Raz – Quimper – Lannion – Ploumanach – Cancale – Mont–Saint–Michel – Rouen (57 Wanderkilometer)


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Die größte Halbinsel Frankreichs, die Bretagne, liegt ganz im Nordwesten des europäischen Festlandes. Die Gallier nannten dieses Land Aremorika, Land am Meer. Im Norden ist das Land umspült vom Wasser des Ärmelkanals und im Süden branden die Wogen des atlantischen Ozeans an die zerklüftete Küste. Das hügelige und waldreiche Binnenland ist von vielen Flüssen und Bächen durchzogen. Kein Ort in der Bretagne ist weiter als 80 Kilometer vom Meer entfernt.
Ein Reisebericht von
Gabriele Sauer
Gabriele Sauer

06.08.2022 Anreise von Dresden nach Troyes in der Champagne im komfortablen Reisebus

Am frühen Samstagmorgen trafen die ersten unserer insgesamt neunzehn Reisegäste in Dresden am Flughafen zusammen und bestiegen mit Rucksack und Wanderschuhen unseren komfortablen Reisebus in Richtung Frankreich. 1666 Kilometer beträgt die Distanz von Dresden zum westlichsten Punkt unserer Reise, der Pointe du Raz, der Landspitze in der Bretagne, die für ihre schroffen Felsen und vorgelagerten Inseln berühmt ist. Nach den ersten 700 km erreichte unser Bus, nach einer staufreien Fahrt durch die wunderschönen deutschen Landschaften, die Grenze zu Frankreich in Saarbrücken. Gemeinsam mit mir, Ihrer Reiseleiterin für diese Wanderer Reise, legten wir noch weitere 300 Autobahnkilometer zurück, bevor wir unser erstes Etappenziel Troyes in der Champagne erreichten. Unterwegs machten wir uns mit der wechselvollen Geschichte Frankreichs bekannt. Gerade die neu geschaffene Region Grand Est, die die ehemaligen Regionen Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne vereint, zeigt, mit den von uns passierten Städten wie Metz, Gravelotte, Verdun, Châlons, Valmy und Reims, das historisch schwierige Verhältnis der beiden Nachbarländer. Hier wurden durch die Jahrhunderte die Weichen für Europa gestellt.
In unserem Hotel in Troyes, mit seinen neu renovierten bequemen Gästezimmern, wartete bereits ein leckeres, typisch französisches Abendessen auf uns: Bœuf bourguignon mit Reis aus der Camargue und einem köstlichen Dessert mit Cidre Sorbet. Ein Gläschen Champagner aus der Region rundete das Abendessen ab.

07.08.2022 Stadtführung in Troyes und Weiterfahrt nach Vannes in der Bretagne

Mit blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein starteten wir in unseren nächsten Tag. Troyes, die alte Hauptstadt der Champagne, stand auf unserem Programm. Gemütlich bummelten wir durch die Altstadt mit ihren engen Gassen und windschiefen Fachwerkhäusern. Die Form der Stadt erinnert an einen Champagnerkorken, einen Bouchon. Die Kathedrale Sankt Pierre et St. Paul liegt im Kopf dieses Korkens. Hier herrscht noch sonntagmorgendliche Ruhe. An dem imposanten Gotteshaus wurde 400 Jahre gebaut. Das Innere des Gebäudes erstrahlt in buntem Licht, das durch 1500 m² große Glasfenster in den Kirchenraum fällt. Glücklicherweise sind die Glasfenster während der französischen Revolution und den nachfolgenden Kriegen nicht zerstört worden; sie wurden ausgebaut und an einen sicheren Ort verbracht. Im hinteren Teil der Altstadt, in einer der engen Gassen, befindet sich die Synagoge, die seit den sechziger Jahren, bis zu ihrer heutigen Form, beständig weiter entwickelt wurde. Der Gebäudekomplex wurde dem Rabbiner Schlomoh Ben Jizchak, genannt Raschi, gewidmet. Dieser wurde 1040 in der Stadt geboren und studierte unter anderem in Mainz und Worms. Seine literarischen Hauptwerke sind die Kommentare zur Bibel und zum Talmud. In Troyes gründete er sein eigenes Lehrhaus. Seine Texte zeichnen sich durch Klarheit, Verständlichkeit und Bildhaftigkeit aus und bilden die Grundlage der Auslegung der heiligen Schriften des Judentums.
Im Mittelalter war Troyes eine einflussreiche, wohlhabende Stadt mit vielen Kirchen und Höfen, die ihren Reichtum in die Neuzeit retten konnte. Großzügige Adelspaläste mischen sich zwischen die pittoresken Fachwerkbauten. Aufwendig bepflanzte Grünanlagen mit zahlreichen Skulpturen entlang der Seine und der Kanäle geben der Stadt bis heute ein großzügiges Ambiente. Vor dem Rathaus steht ein altes Karussell aus der Jahrhundertwende, das Kinderaugen strahlen lässt.
Gerne wären wir noch länger geblieben, doch bis Vannes in der Bretagne lag noch ein weiter Weg vor uns. Am frühen Abend erreichten wir unser Hotel in Vannes, wo wir freundlich mit einem kühlen Cidre aus der Bol begrüßt wurden. Nach dem Abendessen unternahmen wir noch einen Spaziergang zum Hafen, wo Hunderte Segelschiffe auf den Wellen tanzten. Unsere erste Begegnung mit dem Meer war romantisch, die Luft war lau und der Vollmond spiegelte sich im Wasser.

08.08.2022 Stadtführung in Vannes und Wanderung im Wald von Brocéliande bei Tréhorenteuc

Wieder schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel, als uns unsere Stadtführerin Kristin, eine waschechte Bretonin am Hotel abholte. Vorbei am beeindruckenden Rathaus von Vannes streiften wir durch die Gassen der Stadt zur Kathedrale. Die Kathedrale ist mit 110 Metern Länge eine der längsten gotischen Kathedralen in der Bretagne, die in ihrem fast 1000-jährigen Bestehen viele Veränderungen erfahren hat. In ihrem Inneren befindet sich das Grabmal des 1419 hier verstorbenen Dominikanermönch und Wanderprediger aus Valencia, Vincent Ferrer. Er begeisterte die Menschen seiner Zeit durch seine persönliche Ausstrahlung und einfache Lebensführung sowie die Ankündigung eines bevorstehenden Weltunterganges. Vor sechs Jahrhunderten Heilig gesprochen, ist er ein idealer Reisebegleiter: zuständig für reiche Ernte und guten Wein, der bei Fieber, Kopfschmerzen, Besessenheit und Gefahren aller Art angerufen wird. Über die Place des Lices, dem ehemaligen Turnierplatz, erreichten wir das untere Stadttor. Wir spazierten vorbei am Château de l´ Hermine und dem alten Waschhaus am Flüsschen Marle. Wir bewunderten die schönen französischen Gartenanlagen mit ihrer barocken Blütenpracht vor dem Schloss und entlang der mittelalterlichen Wehrmauer. Die kurzweilige Führung mit Kristin endete am Monoprix, wo wir uns mit Proviant und Getränken für unsere erste Wanderung am Nachmittag versorgten. Unser Bus brachte uns danach in das waldreiche Binnenland der Bretagne: Der Wald von Paimpont ist der Überrest eines riesigen, zusammenhängenden Waldgebietes, das einst das gesamte Landesinnere der Halbinsel bedeckte. Der Legendenname dieses Waldes lautet Brocéliande und soll der Schauplatz vieler Begebenheiten aus der Sagenwelt von König Artus und seiner Tafelrunde sein. Unser erster Spaziergang führte uns an die magische Quelle von Barenton, die der Trockenheit der letzten Wochen geschuldet, nur mäßig sprudelte. Und weder Merlin noch Viviane kreuzten unseren von Heidekraut und gelbem Stachelginster gesäumten Weg. Im lichten Wald machten wir eine kleine Pause, um uns miteinander bekannt zu machen. Gespannt auf die kommenden Tage setzten wir unseren Spaziergang fort. Nach einer Mittagspause am überdachten Marktplatz der kleinen Gemeinde Tréhorenteuc und der Besichtigung der Dorfkirche, machten wir uns auf ins Tal ohne Wiederkehr. Der goldene Baum, ein Kunstobjekt des französischen Bildhauers François Davin aus dem Jahre 1991, war von mehreren Schulklassen umlagert und so wanderten wir gleich weiter durch das Tal und hinauf auf das Hochplateau, von dem wir einen wunderschönen Ausblick über das unberührt scheinende Waldgebiet genossen. Da wir unsere erste Wanderung den außergewöhnlich hohen Temperaturen angepasst hatten, nutzten wir die gewonnene Zeit und stattete noch dem wenige Kilometer entfernt an einem See gelegenen Kloster von Paimpont einen kurzen Besuch ab.

09.08.2022 Wanderungen zu den Megalith Stätten in Carnac und Erdeven, Besuch im Museum in Locmariaquer

Heute morgen hieß es wieder `Koffer packen` und wir verließen am frühen Morgen die Stadt Vannes, um uns in dem etwas weiter westlich gelegenen Ort Carnac mit den Rätseln der Megalithkultur vertraut zu machen. Bei herrlichem Sonnenschein umrundeten wir die großen drei Alignements, die Steinreihungen von Carnac, die mit ihren 4000 aufrecht stehenden Steinen mit einer Höhe zwischen 40 Zentimetern und 4 Metern zu den bekanntesten und beeindruckendsten der rätselhaften Monumente der Jungsteinzeit zählen. Von einem kleinen Aussichtsturm in der Mitte der Steinfelder ist die gewaltige Größe der Anlage ersichtlich, über deren Bedeutung bis heute Unklarheit herrscht. Wir wanderten weiter zu der Kapelle St. Michael, die sich oberhalb der Küstenstraße von Carnac weithin sichtbar auf einem in vorgeschichtlicher Zeit künstlich angelegten Grabhügel befindet. Mit errechneten 30.000 m³ Erdaufschüttung ist er das größte Megalithgrab Europas! Von dort oben hat man einen herrlichen Rundblick über den Golf von Quiberon. Angezogen vom Meer entschieden wir uns für eine Mittagspause am Strand, bevor wir das Museum in Locmariaquer besuchten. Dort befindet sich der größte Menhir der Welt, der Grand Menhir Brisé, der eine ursprüngliche Höhe von über 20 Metern Höhe und ein Gewicht von 300 Tonnen hatte, sowie der Tumulus Er Grah, das längste prähistorische Galeriegrab mit 140 Metern Länge. Ein interessanter Film gab uns Aufschlüsse über den Stand der Wissenschaft. Am Dolmen von Crucuno startete unsere nachmittägliche Wanderung, vorbei an vielen weiteren versteckt im Wald gelegenen Grabanlagen, Steinsetzungen und Menhiren bis zu den sogenannten Riesen von Kerzerho bei Erdeven. Diese Megalithen gehören zu einer weiteren Einheit aus tausenden von Steinen, verteilt auf 2000 × 65 Meter. Am Parkplatz an der Bundesstraße, die dieses Ensemble grob zerschneidet, erwartete uns bereits Alexander mit kühlen Getränken am Bus. Knapp zwei Stunden später erreichten wir unser nächstes Ziel, die Stadt Quimper im Département Finistère, wo wir für die nächsten drei Tage im Hotel Escale Océania unser Quartier hatten.

10.08.2022 Strandwanderung an der Cornouailleküste nach St. Guenolé und Besichtigung der `ville close´ von Concarneau

Heute durften wir uns auf einen Tag am Meer freuen und so packten wir Handtuch und Badeanzug mit in den Rucksack. Unsere Wanderung begann an der kleinen Kirche von Tronoen, die gerne die Kathedrale der Dünen genannt wird. Neben ihr steht der älteste Kalvarienberg der Bretagne aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Mit über 100 ursprünglich wohl bunt bemalten Figuren wird hier das Leben und Sterben Christi dargestellt. Unsere Wanderung zur Küste führte uns über die Dünen zum Meer und entlang der herrlichen Küste barfuß über den weißen Sand der Baie d´Audierne. Auf der kleinen Landspitze Pointe de la Torche summieren sich die steinernen Relikte der Vergangenheit: ein prähistorischer Dolmen und gleich daneben eine Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg. Am gleichwohl weißen Sandstrand Pors Carn bei Penmarch hüpften wir in das erstaunlich kalte Meer, das bei aufkommende Flut wunderschöne Wellen bis weit an den Strand brachte und uns im flachen wärmeren Wasser angenehm umspülte. Nach der Erfrischung stiefelten wir weiter bis St. Guenolé, wo bizarre Felsformationen im smaragdblauen Wasser der Cournailleküste um die Gunst der Betrachter wetteifern. Nach gut elf Wanderkilometer beendeten wir dort unseren Tag am Strand in einem der kleinen Cafés und ließen uns vom Bus abholen. Die Temperaturen stiegen am Nachmittag auf 35° an und wir hielten unseren Besuch in Concarneau entsprechend kurz, war doch auch die berühmte Ville Close, die Seefeste, mit Scharen bunter Menschen überfüllt. Concarneau war in Feierlaune, la Fête des Filets bleus, das traditionelle bretonische Volksfest, zieht seit weit über hundert Jahren Bretonen und Touristen in seinen Bann. Doch für einen Espresso im, bei Krimifans berühmten, Lokal ´L´Amiral` musste die Zeit noch reichen! Zum Abendessen waren wir in der kleinen Crêperie ´Les Arcades´ eingeladen, wo uns Fabienne und ihr Team mit leckeren Galettes complètes, Crêpes suzettes und frischem Cidre bewirteten. Gemütlich schlenderten wir danach zurück zum Hotel und genossen die laue Luft der blauen Stunde.

11.08.2022 Küstenwanderung zur Pointe du Raz, Wellenbad in der Baie dem Trépassés und Stadtbesichtigung von Locronan

Die heutige Wettervorhersage versprach gemäßigte Temperaturen mit maximal 27°. Ideale Voraussetzungen für unsere Klippenwanderung zur Pointe du Raz. Doch schon die Anfahrt gestaltete sich schwierig und unser Fahrer Alexander verweigerte die Weiterfahrt zum Parkplatz neben der kleinen Kirche ´Nôtre Dame de Bonsecours`. Er erwartete uns am Ende unserer anstrengenden Tour in der Baie des Tréspassés. Diese Küstenwanderung war für viele unserer Teilnehmer eine echte Herausforderung. Zwar wehte beständig ein laues Lüftchen, doch die Temperaturen machten uns allen zu schaffen und so spaltete sich unsere Gruppe in zwei Teile: ein Drittel der Gruppe entschied sich, den Weg Richtung Lescoff abzukürzen und den Nachmittag am Freizeitzentrum der Pointe du Raz zuzubringen. Der Rest der Gruppe wanderte weiter über die Felsnase der Pointe du Raz bis zur Baie des Tréspassés, wo wir mit einem kurzen aber sehr erfrischenden Bad in den türkisfarbenen, fast karibischen anrollenden Wellen des Meeres, belohnt wurden. Mit knapp 16 Kilometern Länge war dies unsere längste Wanderung. Mit vielen Pausen und Fotostopps meisterten wir den Weg im beständigen auf- und ab der Küstenlinie in gut fünfeinhalb Stunden. Am frühen Nachmittag war unsere Gruppe dann wieder vereint und wir fuhren weiter nach Locronan, dem Ort des heiligen Ronan. Hier erreichte die Hitze mit 38° ihren Höhepunkt. Die Sonne stach vom Himmel, als wir tapfer Richtung Kirche trabten. Der Ort ist mit dem Label „besonders malerischer Ort der Bretagne“ ausgezeichnet und man hat den Eindruck, hier sei die Zeit stehen geblieben. Die Stadt diente daher schon oft als Filmkulisse. Mit ihren Steinhäusern aus bretonischem Granit wirkt sie eher britisch, als französisch, was übrigens Roman Polanski dazu veranlasste, den Film ´Tess´, mit der gerade mal achtzehnjährigen Nastassja Kinski in der Hauptrolle, nicht in England sondern kostengünstiger hier in der Bretagne zu drehen.

12.08.2022 Stadtführung in Quimper, Wanderung um die Halbinsel Renote bei Trégastel und Whiskyverkostung in Lannion

Unsere gepackten Koffer durften noch etwas im Hotel bleiben, da wir noch ein Rendezvous mit Yolande, unserer Stadtführerin in Quimper hatten. Ähnlich wie Rom liegt die Stadt Quimper auf sieben Hügeln. Drei Flüsse treffen hier aufeinander und bis zum Meer sind es nur wenige Kilometer. Die Hauptstadt der historischen Landschaft Cornouaille hat eine malerische Altstadt, deren Häuser zum Teil noch aus dem Mittelalter stammen. Weithin sichtbar überragen die Spitztürme der Kathedrale Saint Corentin die Stadt. Das Bauwerk, im Stil der bretonischen Gotik errichtet, wurde erst 600 Jahre nach der Grundsteinlegung mit dem Bau der beiden Kirchturmspitzen vollendet. Die Besonderheit dieser Kirche ist der vermeintlich grundlos nach links abknickende Chor. Ein weiteres Rätsel aus der Geschichte, das bis heute nicht vollständig gelöst wurde. Yolande würzte uns die Geschichte der Stadt mit vielen Details und lustigen persönlichen Anekdoten. Die Zeit eilte schnell vorüber und nach einer kleinen Shoppingstour im Anschluss an die Führung verließen wir Quimper und fuhren weiter Richtung Norden an die rosa Granitküste. Eine kleine Programmänderung beschied uns eine verspätete Mittagspause in Lannion. Die kleine Stadt liegt am neun Kilometer langen Mündungstrichter des Léguer, der sogar hier noch mitten in der Stadt das Spiel der Gezeiten sichtbar werden lässt. Wir fanden ein gemütliches Plätzchen an den Ufern des Flusses und genossen in gechillter Atmosphäre unter großen Sonnensegeln eine bretonische Wurst mit Pommes und Cidre, bevor wir noch einen kurzen Blick auf den hübschen, dicht mit alten Fachwerkhäusern bestandenen Marktplatz warfen. Von hier trennten uns nur noch wenige Kilometer vom Meer. In Trégastel spazierten wir gemütlich um die Halbinsel Renote, die mit bizarren Felsformationen, wunderschönen Anwesen und einem herrlichen Strand punktet. Inmitten der Jahrmillionen alten Steine gönnten wir uns einen erfrischenden Umtrunk mit süßem Cidre und leckeren bretonischen Keksen. Bei unserem weiteren Spaziergang hatten wir schöne Ausblicke auf die umgebenden Inseln, darunter auch auf die Insel Crostaèrés. Das neogotische Schloss auf der kleinen Insel wurde von dem polnischen Mathematiker und Erfinder Bruno Abdank-Abakanowicz Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaut. Ihn verband eine langjährige Freundschaft mit Henryk Sienkiewicz, der seinen Roman ´Quo vadis` hier verfasste. Die Insel mitsamt dem Schloss ist heute im Besitz des deutschen Schauspielers und Kabarettisten Dieter Hallervorden. Zurück in Lannion besuchten wir noch die Whisky Destillerie Warenghem die seit fünfunddreißig Jahren in der Bretagne Whisky herstellt. Die edlen Brände haben längst einen festen Platz in der Branche und genießen bei Kennern einen guten Ruf. Eingedeckt mit einem Probiersortiment dreier verschiedener Whiskysorten, verließen wir den doch stark kommerzialisierten Betrieb und kamen zeitig in unserem Gartenhotel am Rande von Lannion an.

13.08.2022 Wanderung auf dem Zöllnerpfad entlang der rosa Granitküste und Baden im Meer in der Bucht von Trestraou

Die rosa Granitküste gehört zu den schönsten Küstenabschnitten der Bretagne. Bereits gestern konnten wir uns bei unserer kleinen Wanderung davon überzeugen. Heute, bei wunderschönem Wetter und angenehmen Temperaturen stand der berühmte Zöllnerpfad auf unserem Programm, den wir von der Wassermühle am Eingang des Traouiero Tales in Tournay, einem Vorort von Trégastel, bis zum herrlichen Badestrand von Trestraou gehen wollten. Begeisterten Krimilesern ist auch diese Gegend aus den Romanen von Jean-Luc Bannalec bekannt, der im Tal von Traouiero seinen Kommissar Dupin in einem Mordfall ermitteln lässt. Leider war uns der Weg entlang des Strandes durch das Meer blockiert, und selbst auf den zweiten Anlauf trauten sich nicht alle Mitwanderer, wie eine Bergziege auf einem schmalen Mäuerchen entlang zu tänzeln, um auf die andere Seite der Bucht zu gelangen. So mussten wir einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Am Ende des Freizeithafens von Ploumanach beginnt der romantische Teil unserer Wanderung durch die labyrinthischen Gänge des Zöllnerpfades. Immer wieder öffnen sich atemberaubende Ausblicke auf das Meer und die vorgelagerten Inseln. Vor 300 Millionen Jahren sind die Steine an der Küste entstanden, die, wie von Riesenhand geworfen, bizarre Formationen bilden. Jeder sieht in diesen Steinhaufen andere Bilder: die Gesichter berühmter Schauspieler, prähistorische Tiere oder einfach ein Stapel Pfannkuchen. In der Bucht von Ploumanach steht mitten im Wasser ein kleines Oratorium mit der Statue des Heiligen Guirec. In früheren Zeiten glaubten heiratswilligen Mädchen fest daran, dass der Heilige, so man ihm eine Nadel in die Nase gepiekt hatte, einen passenden Ehemann bescheren möge. Kurze Zeit später erreichten wir den Leuchtturm von Men Ruz, der seit 75 Jahren an der felsigen Küste den Schiffen den rechten Weg weist. Nach der Mittagspause nahmen wir die letzten drei Kilometer unsere Tour in Angriff und erreichten schon wenig später den weißen Sandstrand von Trestraou. Mit erfreulich wenigen Touristen teilten wir das kühle Meer und den breiten Strand. Zwei Stunden später sammelte uns der Bus auf und es galt wieder eine längere Busfahrt zu bewältigen. Die Hafenstadt und Seefeste St. Malo war unser nächstes Ziel, wo wir die folgenden beiden Nächte im Hotel Univers verbrachten.

14.08.2022 Besuch des Mont St. Michel, Austern Essen in Cancale und die Korsarenstadt St. Malò

Schon früh am nächsten Morgen machten wir uns auf den berühmten Mont Saint Michel zu besuchen. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichten wir den Berg noch vor dem großen Besucheransturm. Seit 1300 Jahren zieht der Inselberg die Menschen in seinen Bann. Jedes Jahr wird der Berg, der seit 1979 UNESCO Weltkulturerbe ist, von drei Millionen Touristen und Pilgern besucht. Bei unserer Ankunft war der Berg tatsächlich noch ganz vom Meerwasser umspült. Viele Jahrzehnte lang wurde die Klosteranlage als gefürchtetes Staatsgefängnis genutzt, bis sich im neunzehnten Jahrhundert Victor Hugo für die Schließung des Gefängnisses einsetzte. Heute ist der Klosterberg das touristische Highlight der Normandie. 286 steinerne Stufen gilt es nach oben zu steigen, um von der Plattform vor der Kirche St. Michel einen grandiosen Blick über das Wattenmeer und die vom Fluss Couesnon in die Regionen Normandie und Bretagne geteilte Landschaft zu werfen. Ausgestattet mit Audioguides wurden wir über die spannende Geschichte des Bergs und seiner Bewohner informiert. Nach und nach füllten sich die Gassen mit einer Flut von Touristen, die sich den Mont St. Michel als Ziel für ihren Sonntagsausflug auserkoren hatten. Nach der Mittagspause verließen wir gemeinsam den heiligen Berg und ließen uns von den bequemen Shuttlebussen zurück zum Parkplatz fahren. Über die Salzwiesen fuhren wir nach Cancale, einem kleinen Ort an der Smaragdküste, der vor allem bei Austernliebhabern einen Namen hat. Nirgends sind die Austern frischer, nirgends bekommt man bessere Austern als in Cancale. Seit dem dreizehnten Jahrhundert werden sie hier gezüchtet. Marktfrisch wird überwiegend die pazifische Felsenauster angeboten und mit etwas Zitrone direkt am Strand verzehrt. Auch die seltene europäische Auster, die Huître plat, die bei Feinschmeckern wegen ihres leicht nussigen Geschmacks gerühmt wird, wird hier auf dem Austernmarkt angeboten. Ausgestattet mit Flaschen gekühlten Weißweins, einem leckeren Chablis, gesellten wir uns zu den anderen Gourmets und schlürften genüsslich direkt am Meer die frischen Austern. Zurück in St. Malò bummelten wir durch die von dicken Mauern umgebene Korsarenstadt. Wir staunten über den perfekten Wiederaufbau der im August 1944 zu 85 % durch anglo-amerikanische Bombardierungen zerstörten Stadt, in der sich die deutschen Besatzer verschanzt hatten und sich weigerten, die Stadt aufzugeben und zu kapitulieren. Heute tummeln sich Touristen in den Gassen, aus allen Lokalen tönt Musik und Lachen- längst ist St. Malò zu einer Hochburg des internationalen Tourismus geworden. Erst spät in der Nacht wird es ruhig und die Wellen des Meeres branden sanft an die hölzernen Wellenbrecher.

15.08.2022 Von St. Malò Richtung Osten, nach Rouen mit Stadtführung und Weiterfahrt nach Reims

Am nächsten Morgen hieß es Abschied nehmen von der Bretagne, dem Meer und der Küste. Die erste Zwischenstation unserer Rückreise war die an der oberen Seine gelegene Stadt Rouen. Die Kathedrale Nôtre-Dame mit ihren beiden Türmen der Westfassade steht auf den Grundmauern eines romanischen Vorgängerbaus. Der sogenannte Butterturm ist eines der schönsten Beispiele für die Kunstfertigkeit der Bauleute der Hochgotik. Er ragt 75 Meter in den Himmel. Der Maler Claude Monet war fasziniert von der Fassade, die er in einem dreiunddreißig Gemälde umfassenden Bilderzyklus festgehalten hat. Mit dem Fotoapparat ist es längst nicht so einfach, das gesamte Bauwerk in einem Bild festzuhalten. Die Kirche St. Maclou und das dazugehörige Hospital, der sogenannte Pesthof, liegt hinter der Kathedrale. Dort, in einer der engen Gassen, wohnten Jean-Paul Sartre und Simon de Beauvoir. Bei unserer kompakten Stadtführung kamen wir vorbei am Justizpalast, einem prachtvollen gotischen Profanbau und dem Uhrturm mit seiner astronomischen Uhr aus dem vierzehnten Jahrhundert, bevor wir den alten Markt erreichten. Dort ist der Platz, an dem die junge Jeanne d´Arc aus Lothringen im Jahre 1431 den Flammentod erleiden musste. Die moderne Kirche, an dem von Fachwerkhäusern bestandenen Marktplatz, ist dieser jungen und mutigen Frau, deren Visionen und Taten den 100-jährigen Krieg beendeten, geweiht. Am frühen Abend erreichten wir Reims in der Champagne. Das zentral gelegene vier Sterne Hotel Univers bot allen Komfort für die Zwischenübernachtung, inklusive der in der Bretagne so schmerzlich vermissten Klimaanlagen. Das Abendessen entsprach den gehobenen Ansprüchen der französischen Küche, das filet mignon war ein Genuss! Nach dem Essen trafen wir uns zu einem kleinen Abendspaziergang durch die nächtliche Stadt und bummelten, vorbei am römischen Erbe, den Prachtbauten der französischen Königszeit und den modernen Gebäuden aus den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, zur Kathedrale Nôtre-Dame. Vor dem gewaltigen Portal gab ein auf der Durchreise befindliches Orchester ein kleines Konzert zur Aufbesserung seiner Urlaubskasse. Gebannt lauschten wir den Darbietungen und die fröhlichen Melodien eines Wiener Walzers begleiteten uns in die Nacht.

16.08.2022 Heimreise von Reims nach Dresden

Nach einem für französische Verhältnisse sehr üppigen Frühstück, das keine Wünsche offen ließ, verabschiedeten wir uns noch von unserer individuell angereisten Teilnehmerin, bestiegen unseren Bus und nahmen die lange Heimfahrt in Angriff. Der herrliche Park gegenüber unseres Hotels strahlte schon im Morgenlicht und wir konnten noch einen Blick auf das römische Erbe der Stadt Reims werfen. Der gallorömische Ehrenbogen beeindruckte uns mit seiner Größe, 13 Meter hoch und 32 Meter breit war er Teil der antiken Stadtmauer. Heute steht er direkt an der Straße, am Rand der großzügigen Place de la République. Doch lange Zeit blieb uns nicht mehr für die Stadt, lagen doch noch über 900 Kilometer auf französischen und deutschen Autobahnen vor uns. Bereits nach drei Stunden erreichten wir die `goldene Bremm`, die Landesgrenze in Saarbrücken. In Grünstadt verließ uns unsere nächste Gästin. Bei unserer fast staufreien Fahrt durch fünf Bundesländer hieß es beständig Abschied nehmen, bevor wir am Abend pünktlich unseren Ausgangsort in Dresden erreichten.

Schlusswort

Elf herrliche Urlaubstage lagen hinter uns: gemeinsam sind wir auf den schönsten Wanderwegen durch bretonische Wälder und entlang der wilden Küste gut 66 km marschiert. Wir besichtigten die schönsten Städte und Dörfer und genossen kulinarische Höhepunkte. Das Wetter war hochsommerlich warm, das Thermometer kletterte auf bis zu 38°. Eine echte Herausforderung an Kondition und Durchhaltevermögen bei unseren Wanderungen und Stadtbesichtigungen, der wir, so oft es ging, mit einem erfrischenden Bad in den erstaunlich kühlen Wellen des Meeres begegneten.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an unseren Fahrer Alexander, der seinen Bus souverän durch den französischen Urlaubsverkehr schlängelte, die vielen Autobahnkilometer souverän meisterte und uns gut und sicher wieder nach Hause brachte.
Allen meinen Reisegästen wünsche ich viele schöne Erinnerungen an diese Wandererreise in der Bretagne und viel Freude beim Lesen des Reiseberichts, der unsere Urlaubserlebnisse in einer der schönsten Regionen Europas widerspiegeln möchte.
À l´aise Breizh!
Bleibt gesund und reisemutig!
Auf ein Wiedersehen freut sich eure Reiseleiterin
Gabriele Sauer

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Ich bin schon oft mit Eberhardt gereist. Leider habe ich zu spät die Wanderreisen entdeckt (Alter 86 Jahre). Aber ich habe noch 3 Wanderreisen mitgemacht, 2 mit Frau Sauer und 1 mit Frau Hady. Alle Reisen haben mir sehr gut gefallen. Das betrifft vor allem die Organisation, die nette Betreuung durch die Reiseleiter und der Umgang der Riesenden miteinander bei dieser Art der Reisen. Wenn es die Gesundheit zulässt und die Reisen nicht zu anstrengend sind, mache ich doch nochmal mit. Viele Grüße und Dankeschön an die Reiseleiterinnen. Manfred Kosemund

Manfred Kosemund
27.08.2022

Lieber Manfred,
es war mir eine große Freude, dich nach unserer Saarland Wanderreise wieder im Bus zu sehen! Es war schön, mit dir meine Lieblingspfade in der Bretagne zu erwandern und dir die schönen Städte im Westen Frankreichs zeigen zu dürfen. Wir waren auch dieses Mal wieder eine tolle wanderfreudige Gruppe. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen und weitere schöne Wandertouren!
Es grüßt dich herzlich deine Wanderkameradin und Reiseleiterin Gabriele

Gabriele Sauer
27.08.2022

Schöne Fotos und eine sehr anschauliche Beschreibung dieser Wanderreise in die Bretagne, die Lust gemacht hat, bei nächster Gelegenheit an einer solchen Reise mit Frau Sauer teilzunehmen.
Ingeborg Schwingel

Ingeborg Schwingel
03.09.2022