Reisebericht: Rundreise Frankreich – Burgund vom Feinsten

27.09. – 02.10.2013, 7 Tage Busreise im klassischen Burgund nach Dijon – Clos Vougeot – Beaune – Citeaux – Cluny – Cormatin – Paray le Monial – Autun – Fontenay – Vezelay


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Burgund ist das Land der Feinschmecker. Edle Weine, herzhafter Käse, preisgekrönte Paralinen, eine ausgezeichnete Küche. Es ist aber auch die Region in Fankreich, in der die Entwicklung der romanischen Baukunst und der Klöster an besten erkundet werden kann. Und es ist eine Region mit anmutigen Landschaften.
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Freitag, 27.09.2013 Anreise nach Mulhouse

Die Anreise am ersten Tag endet in Mulhouse oder Mühlhausen oder elsässisch  Milhüsa. Die Stadt im Dreiländereck hat eine wechselvolle Vergangenheit, war freie Reichsstadt und später auch Mitglied der  Schweizer Eidgenossenschaft. Wirtschaftliche Interessen - Mulhouse war führend im Stoffdruck - führten 1798 zum freiwilligen Anschluss an Frankreich. Dabei blieb es auch, trotz einer zweimaligen zeitweiligen Zugehörigkeit zu Deutschland. Die Industriestadt ist nicht unbedingt eine Touristenhochburg, verfügt aber über 8 technischer Museen von europäischen Rang, u.a. für Automobile, Eisenbahn, Elektrizität, Stoffdruck. Bei einem Stadtbummel kommen wir in das nahegelegene Zentrum. Der zentrale place de Reunion (Platz der Vereinigungen 1798, 1918 und 1944) wird beherrscht von einem roten Renaissancerathaus mit doppelläufiger Treppe von 1553. Die andere Seite füllte die neogotische Stephanskirche aus, die wenigstens die Kirchenfenster der Vorgängerkirche aus dem 14.Jhdt. bewahrt. Um den zentralen Platz gruppieren sich enge Gassen und Passagen der kleinen  Altstadt, deren Lücken aus den Kriegsschäden 1944 mit Bauten der nüchternen
Nachkriegsarchitektur gefüllt wurden.

Sonnabend, 28.09.2013

Bevor wir die Bourgogne, Burgund erreichen kommen wir in die Freigraftschaft Burgund, Franche-Comté. Die alte Pfalzgrafschaft Barbarossas hatte eine wechselvolle Vergangenheit unter deutscher, eidgenössischer und österreichischer Herrschaft, bis sie unter Ludwig XIV erobert wurde. Bei Belfort verlassen wir die Autobahn. Seine Zitadelle und die umliegenden Forts beherrschten die 30 km breite burgundische Pforte zwischen Vogesen und Jura und spielten in den Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich immer wieder eine bedeutende Rolle. Aus dem Schweizer Jura kam auch einer der bedeutendsten Architekten des 20.Jhdt., der sich Le Corbusier nannte. Neben seinen Hauptwerken, die vor allem menschenwürdigen Wohngebäuden galt, hat er auch 2 sakrale Bauten geschaffen. Die Kapelle von Ronchamp wurde auf einer Anhöhe in Ortsbeton errichtet. Außen- und Innenkirche sind in dem phantasievoll geformten, aber schlichten und karg eingerichteten Bau vereint. Die Kapelle wurde zum Symbol der Moderne und zum Vorbild vieler Kirchen in den folgenden Jahrzehnten.
Dijon ist die Hauptstadt der heutigen Region Bourgogne, Die Fülle seiner prächtigen Bauwerke rührt vor allem aus der Zeit der 4 großen Herzöge., wenn auch die Geschichte der Burgunder viel weiter zurückreicht, bis in die Zeit des 1. Burgunderreiches (der Nibelungen) am Rhein. Aus dem Erbteil Philipp des Kühnen, Frankeichs König, für seinen vierten Sohn wurde durch Heirat und Krieg ein mächtiges Herzogtum, das zeitweilig auch Paris beherrschte und das klein gewordene französische Königreich in den Schatten stellte. Erst die Maßlosigkeit Karl des Kühnen beim Streben nach einem Großreich führte zum Zusammenbruch. Bei einer Stadtführung erkunden wir die Innenstadt. Der große Palast der Herzöge, verfügt über mehrere Innenhöfe und lehnt sich an die place la la Liberation an, unter der neuen Herrschaft des Louis XIV geschaffen. Die Marktkirche Notre Dame zeigt eine Sammlung von Wasserspeiern an der Fassade, eine Glockenschläger, der in Flandern erbeutet wurde und später hier Frau und Kinder bekam und die frühromanische Statue einer schwarzen Madonna. Um sie herum stehen die reich verzierten Steinbauten der reichen Familien und die Fachwerkhäuser auf Steinsockeln der Handwerker.
Jeder nutzt die Freizeit auf seine Weise, es wird Senf probiert, Kaffee getrunken oder die Kathedrale besucht, die nach dem Märtyrer Benigus benannt ist und deren Krypta aus den Anfängen der Romanik stammt.
Unser Hotel L'Ecargotière liegt am Beginn der route de grand crus, der Weinstraße und der Name (Schneckenfarm bzw. Schneckenteller mit kleinen runden Vertiefungen) deutet schon an, dass es möglicherweise auch diese Spezialität der Bourgogne geben wird. Heute gibt die Senfsoße zum Geflügel schon einmal ein einen Vorgeschmack auf Burgunder Küche und wir probieren Proben unterschiedlicher Senfsorten.

Sonntag, 29.09.2013

Heute ist der südliche Teil Burgund (Hochburgund) zu erkunden. Wir beginnen mit dem Schloss Cormartin. Frankreich hat unendlich viele Schlösser, aber fast alle bekamen die Große Französische Revolution zu spüren. Mitunter wurden nur die Vertäfelungen herausgerissen und das Mobilar verschleppt, oft wurden sie abgebrannt, um neben dem Inventar der Reichen auch die Schuldscheine zu vernichten. Cormartin überstand den Sturm, weil man den heranrückenden Revolutionären die Weinkeller öffnete. So blieben die Räume im dem Zustand, in dem sie zu Zeiten der Regentin Maria de Medici und mit ihrer Unterstützung eingerichtet wurden. Erhalten blieben sie aber auch, weil 1980 drei engagierte Leute das Schloss kauften und mit staatlicher und privater Hilfe (auch mit unseren Eintrittsgeldern) Schloss und Parkanlagen instand setzten.
Ganz anderes hat sich die Revolution in Cluny ausgewirkt. Hier war in kurzer Zeit die dritte Kirche des reichen Benediktinerklosters entstanden. Die ersten 6 Äbte regierten ein europaweites Klosterimperium in einer Zeit, in der Rom 42 Päpste verschlissen hatte. In dieser Zeit entstand Cluny III, die größte romanische Kirche, der Ausmaße erst durch den Petersdom überboten wurden. Nach der Auflösung des Kloster in der Revolutionszeit entledigte sich der Staat auch dieser Gebäude und verkaufte die Kirche an einen Bauunternehmer für umgerechnet 150.000 €, ein Zehntel des Wertes des Baumaterials. Der Kirche wurde deshalb abgerissen. Die Verbliebenen 10 % der Kirche sind der südliche große Querschiffarm mit dem Weihwasserturm und eine Kapelle im kleinen Querschiffarm. Die ehemalige Größe lässt sich an der Gewölbehöhe von 31 m erahnen, in der Romanik nie mehr erreicht. Auch die Gotik hat viel kleiner angefangen. 25 Millionen € sind in den letzten Jahren in die Erhaltung der Reste der major ecclessia eingeflossen.
La Clayette ist ein kleiner Ort, der über ein stattliches Schloss verfügt, dessen Ursprünge in das 14.Jhdt. zurückreicht. Aber es ist nicht unser Ziel, es ist Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Klein und bescheiden sind Ladengeschäft und Werkstatt von Bernard Dufoux, einem der berühmtesten Chocolatiers Frankreichs. Der 76-Jährige erzählt am Schokoladenkessel die Entstehungsgeschichte der Praline von der Ernte des Kakaoschoten bis zur Herstellung der verführerischen Kreationen. Hier gibt es keine Maschinen, alles wird von Hand gemacht. Manches Beutelchen mit Dufour-Schokolade geht auf den Weg nach Deutschland und kommt vielleicht auch an (wenn man nicht vorher schwach wird).
Auf der  Rückreise statten wird der Kathedrale von Autun noch einen kurzen Besuch ab. Die romanische Basilika ist dem Hl. Lazarus geweiht und zeichnet sich besonders durch den bildnerischen Schmuck aus, den ein Baumeister Gislebertus (man kennt die Namen sonst sehr selten) angebracht hat: das Tympanon mit der Darstellung des Weltgerichtes und verschiedene Kapitelle. Die figürlichen Darstellungen auf Portalen und an den Kapitellen sind das Mittel der Romanik, dem Volk biblische Geschichte zu vermitteln, das die lateinischen Predigten ja nicht verstand. Die Gotik später nutzte vor allem die Illustrationen der Buntglasfenster.
Eine langer Tag mit vielen Eindrücken geht zu Ende, nicht ohne weitere Kostproben der Bourgogne-Küche zu genießen oder erproben oder (seltener) auszulassen: Schnecken in Blätterteig an Brennnessel-Creme. Dann gibt es Boeuf Bourgignon, in Rotwein lange gekochtes Ríndfleisch. Ganz Frankreich ist stolz auf das Fleisch des Charollais-Rindes aus dem Burgund.

Montag, 30.09.2013

Es ist noch etwas Zeit für die nächste Besichtigung. Wir fahren deshalb übers Land, in der Saoneebene, die fleißige Mönche und Laienbrüder aus einem sumpfigen Gebiet zu einer Kulturlandschaft gemacht habe. In Citeaux entstand ein neuer Mönchsorden, der sich wieder auf die ursprüngliche Benediktinerregel besann und dass Element Arbeit nicht vernachlässigte. Auch heute noch sind die etwa 35 Mönche, die das Kloster 1898, genau 800 Jahre nach der Gründung des Mutterklosters wieder bewohnen, wirtschaftlich selbständig, vor allem durch den Verkauf eines berühmten Käse. Auch die neu errichtete Abteikirche zeigt, dass die Bauvorschriften des Hl. Bernard von Clairvaux  - Schlichtheit des Baues, turmlose Fassade,  keine figürlichen Darstellungen - auch heute noch gelten. Leider haben die Mönche heute Ruhetag und die Einrichtungen sind geschlossen.
Glücklicherweise hat der Hl. Benedikt in seinen Regeln den Mönchen ein Viertel Wein am Tag zugestanden. Deshalb folgten die Mönche dem Verlauf des Baches Vogue und errichteten am Fuße der Hügelkette ein Weingut, da heutige Clos Vougeot. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Gebäude stammen aus dem 12.Jhdt., ebenso die
4 mächtigen Weinpressen. Das Weingut wurde nach der Revolution in 86 Parzellen aufgeteilt. Zur Förderung des Rufes und des Absatzes des Burgunderweines wurde die Weinbrüderschaft der Chevaliers de Tastevin 1934 ins Leben gerufen.  Sie umfasst heute 12.000 Mitglieder in aller Welt, darunter waren z.B. Charles de Gaulle, Ronald Reagan, Alfred Hitchcock, Catherine Deneuve oder F.J.Strauß. Von der Bruderschaft für gut befundene Weine können zu höheren Preisen  verkauft werden.
Das eigentliche Zentrum des Weinanbaus der Bourgogne ist jedoch Beaune. Der kleine Ort ist von einem Mauerring umgeben, dessen Kasematten mehreren Weingütern als Lagerkeller dienen.  Einen Tag nach dem Festgelage in Clos Vougeot wird in Beaune jedes Jahr zugunsten eines Altersheimes und des neuen Krankenhauses Wein versteigert. Ein piece (Fass mit 228 l) erzielt heute etwa 7000 € und bestimmt den Preis des Jahrganges.
Aus Sorge um das Seelenheil hatten im 15.Jhdt. einer der reichsten Männer und Kanzler der Herzöge über 4 Jahrzehnte, Nicolas Rolin aus Autun und seine Frau ein Hospital gestiftet und reich ausgestattet. Dieses Krankenhaus, das Hotel Dieu, bestand bis 1971 in den alten Räumen. Viele der alten Einrichtungen sind erhalten, auch das damals schon bestehende Zweiklassensystem ist in dem Saal der Armen und dem der Reichen erkennbar. Der Höhepunkt ist ein Flügelalter von Rogier van der Weyden, ein Darstellung des Weltgerichtes.
Solche Darstellungen haben immer wieder Menschen bewogen, Teile ihres Vermögens
dem Hospiz in der Hoffnung zu überschreiben, dass sie dann zu den Auserwählten gehören dürfen. Das Hospiz verfügt immerhin über 1300 ha Land und 61 ha Weinberge in besten Lagen. Auch wertvolle Tapisserien wurden dem Hospiz gestiftet, einige davon sind ausgestellt. Andere befinden sich im gotischen Chor der romanischen Stiftskirche Notre Dame. Das kleine Städtchen lädt anschließend zum Bummeln ein.
Weißwein der Sorte Aligoté und Creme de Cassis sind die Bestandteile eines beliebten Aperitifs, dem Kir, benannt nach einem rührigen Abbé und langjährigen Bürgermeister von Dijon. Im Cassisium erfahren wir bei einer Besichtigung der Produktionsanlagen, wie dieser berühmte Johannisbeerlikör hergestellt wird. Danach schmeckt er noch viel besser. So manches Glas Cassis oder anderer heimischer Getränke wird getrunken. Wie schon im kleinen Museum erläutert, kann das nur gut für die Gesundheit sein.

Dienstag, 01.10.2013

Der Tag beginnt mit wiederum eine Verkostung. Diesmal ist es der Käse von Gaugry. Seit 1946 wird hier Weichkäse hergestellt, der Epoisses, nach altem Zisterzienserrezept oder eigene Kreationen. Die Produktion (alles in Handarbeit) wird besichtigt und 5 verschiedene  Proben werden verkostet, dazu ein Glas Burgunderwein. Dann geht es weiter nach Niederburgund, dem Norden.  Die Autobahn folgt zuerst dem Canal du Centre, der mit einer Länge von 242 km die Saone mit der Yonne und damit der Seine und Paris verbindet. Das Gelände wird zum Morvan-Gebirge hin hügliger und der Kanal benötigte 189 Schleusen.
Nicht weit vom berühmten Ort Alesia, bei dem 52 v.Chr. die Entscheidungsschlacht zwischen Cäsar und den Kelten unter Vercingetorix stattfand und die Eroberung Galliens besiegelte, liegt ein junges Weingut. Die Reblaus hatte hier die vollständige Einstellung des Weinbaus verursacht, seit 20 Jahren bemüht sich die Domaine von Flavigny-Alésia im Gebiet des Chablis an dieser Stelle wieder Weine zu erzeugen.
Fontenay ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich mit der Arbeit und dem Leben der Zisterziensermönche noch einmal zu beschäftigen. Wer wenn nicht sie, haben die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Abendlandes vorangetrieben.
Im Gegensatz zu den Benediktinern bauten sie ihre Klöster vor allem in Tälern, wo genügend Wasser, vor allem auch als Antriebskraft, zur Verfügung stand. Fontenay ist ein Kloster in Privatbesitz und dennoch UNESCO-Weltkulturerbe. Erhaltung und Restaurierung des Komplexes sind in guten Händen. Kirche, Kreuzgang, Schlafsäle, Speisesaal, Schreibstube, Küche sind gut erhalten. Das attraktivste ist sicherlich die riesige Schmiede, in der internationale Zusammenarbeit zur Rekonstruktion des großen wasserradgetriebenen Schmiedehammers geführt hat. Bei der Weiterfahrt könnte man immer wieder einmal anhalten, in Semur-en-Auxois, einer mittelalterlichen Stadt oder in Avallon (ist es jenes Avallon, wo König Artus tödlich verwundet wurde?). Es gibt noch einen Höhepunkt: Vezeley mit seiner der Maria Magdalena geweihten Basilika. Sie nimmt die höchste Stelle eines Hügels ein, zu der eine lange Straße mit vielen für Touristen interessanten Geschäften führt.
Der schon genannte Bernhard von Clairvaux rief hier zum 2. Kreuzzug auf. Die Reliquien der Maria Magdalena haben jedenfalls einen riesigen Wallfahrtort aus Vézeley gemacht, dessen Bedeutung schlagartig abnahm, als nach Papstentscheid St.Maximin-les-Baumes in der Provence zum Aufbewahrungsort erklärt wurde. Geblieben sind jedoch die wunderbare Architektur dieser Basilka im Übergangsstil von der Romanik zur Gotik, das symbolträchtige
Tympanon des Pfingstwunders in der Vorhalle und die meisterhaften Bilder der Kapitelle.
Der Tag geht mit einem Essen in einer Ferme Auberge zu Ende, einem Bauerngut, in dem  ein rustikales Abendessen aus seinen eigenen Erzeugnissen zubereitet wird.

Mittwoch, 02.10.2013

Wir treten die Heimfahrt an. Kein Problem in Frankreich. Allerdings nutzen auch viele Menschen in Deutschland ihr Auto, um in das verlängerte Wochenende zu fahren.
Und so dauert die Rückfahrt doch länger als vorgesehen, die Transferfahrzeuge stehen jedoch alle pünktlich zu den veränderten Ankunftszeiten an den Ausstiegstellen bereit.
Eine kurze, aber sehr erlebnisreiche Reise ist zu Ende gegangen. Wir haben eine der 22 Regionen Frankreichs besser kennengelernt mit seiner Geschichte, seinen Kunstwerken, seinen Naturschönheiten und auch seinen kulinarischen Spezialitäten.
Es ist schon so
Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.
Johann Wolfgang von Goethe

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