Reisebericht: Rundreise Frankreich – Burgund vom Feinsten

22.09. – 28.09.2019, 7 Tage Busreise im klassischen Burgund nach Dijon – Clos Vougeot – Beaune – Citeaux – Cluny – Cormatin – Paray le Monial – Autun – Fontenay – Vezelay


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Romanische Kirchen, kulinarische Köstlichkeiten in Frankreichs Kulturregion mit Dijon, Beaune, der Weinlage Clos Vougeot und den Klöstern Citeaux und Fontenay. Von Cluny und Schloss Cromartin zu den Wallfahrtsorten Paray-le-Monial, Autun und Vezelay.
Bei unserem Besuch in Burgund konnten wir uns davon überzeugen, warum die geschichtsträchtige Region, die vor allem für ihre Weine und gastronomischen Leckerbissen bekannt ist, oft als ein historisches Zentrum Europas und eine der „Wiegen der Christenheit" bezeichnet wird.
Die Herrscher von Burgund - das einst von den Niederlanden bis in die Provence reichte - gehörten zu den mächtigsten Fürsten Europas. In prächtigen Bauten spiegelt sich das ebenso wider wie der Einfluss der hier entstandenen Mönchsorden der Zisterzienser und Cluniazenser auf Architektur und christliches Leben. Durch die schönsten und einst bedeutendsten Städte, liebliche Dörfer und romantische Landschaften wie das Morvan-Gebirge, durch Weingüter und zu den großartigsten Kirchen und Klöstern führte unsere Reise - die uns in nur sieben Tagen unglaublich viele Eindrücke bescherte. Feinschmecker, Kulturliebhaber und Freunde der französischen Lebensart haben die malerischen Orte mit ihren verwinkelten Innenstädten, großartige Architekturbeispiele aber auch die Feinheiten der burgundischen Küche entdecken können...
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Dresden – Karlsruhe – Dijon: erster Tag, Sonntag, 22.09.2019:

Ganz Deutschland durchquerten wir am ersten Tag auf unserem Weg von Dresden ins Burgund. Nach Süden und Westen ging es die Autobahnen Sachsens, Bayerns und Baden-Württembergs zur französischen Grenze und durch den südlichen Zipfel des Elsass durch die einstige Freigrafschaft bis nach Hochburgund. Mit 36 Gästen überquerten wir, im bequemen Bus von Fahrer Frank Kipping chauffiert, nachmittags den Rhein südlich von Freiburg und damit auch die deutsch-französische Grenze. Vorbei an Mulhouse im Elsass, der Festungsstadt Belfort und dem alten Besancon erreichten wir am Abend unser Ziel, die burgundischer Hauptstadt Dijon. Hier lag unser schönes Hotel direkt in der Innenstadt, nur wenige Laufminuten von Rathaus, Markthalle und der zentralen Kirche Notre Dame entfernt.

Dijon, zweiter Tag, Montag 23.09.2019:

Heute konnten wir die burgundische Hauptstadt Dijon mit einer einheimischen Stadtführerin kennenlernen, die uns morgens vom Hotel auf einer zweieinhalbstündigen Entdeckungsreise durch die Metropole Burgunds begleitete. Dijon - einst mächtiger Herzogssitz - ist immer noch eine bedeutende Stadt, denn wieder ist sie ein Verwaltungssitz - der Hauptort der erst Anfang 2016 gegründeten Großregion Burgund-Franche-Comte. Als Handelsstadt ist der Ort vor allem durch Senf- und Weinhandel bekannt. Im Mittelpunkt der Innenstadt befindet sich der halbkreisförmige, von Kolonnaden gesäumte Befreiungsplatz, an dem auch der ehemalige herzogliche Palast steht. Unterwegs passierten wir die große alte Markthale, in dem noch heute mehrfach wöchentlich Lebensmittel vom Feinsten verkauft werden und die zentral in der Altstadt gelegene gotische Kirche Notre Dame, die im 13. Jh. erbaut wurde. Ihre ungewöhnliche Westfassade über der offenen, Narthex genannten Vorhalle, beherrscht von zweigeschossigen Arkaden mit ungewöhnlich vielen, vor allem dekorativ eingesetzten Wasserspeiern, sowie ihre ausgewogenen Proportionen mit niedrigen Flankierungstürmen der Westfassade und schönem Vierungsturm machen sie zu einer der schönsten gotischen Kirchen im Burgund. Als Kuriosität befindet sich an einem der äußeren Strebepfeiler die Chouette, eine kleine aus dem Stein gearbeitete und angeblich bei Berührung glücksbringende Eule, die nicht nur von Glücksuchenden schon recht abgegriffen wurde, sondern auch als Maskottchen der Stadt gilt.
Staunenswert ist auch die schön erhaltene Altstadt mit zahlreichen Patrizierhäusern, vielen Fachwerkbauten und einigen großzügigen Sandstein-Palästen, die mitunter wundervoll architektonisch verziert wurden. Sie befinden sich in den verwinkelten Straßen rund um den ehemaligen Herzogspalast. Heute wird er als Rathaus genutzt und beherbergt zudem das Museum der schönen Künste. Den kennzeichnet unter anderem sein 46 m hoher Aussichtsturm Philippe-Le-Bon aus dem 15. Jh. der an einen der damals vor allem in Italien und Südfrankreich üblichen Geschlechtertürme erinnert.

Freizeit in Dijon

Nach dem Stadtrundgang wandten wir uns einem Produkt zu, für das Dijon weithin bekannt ist. Zwar konnte die lokale traditionelle handwerkliche Herstellung des Senfs sich nicht mehr gegen industrielle Großpruktion behaupten, aber in einigen Manufakturen wird in Burgund - vor allem Dijon und Beaune - immer noch in Handarbeit Senf hergestellt. Bereits seit dem 13. Jh. hatte die Stadt Dijon das Privileg und das Monopol zur Herstellung der Würzpaste - damals vor der Einführung von Pfeffer und Chili das schärfste Würzmittel, das der mittelalterlichen Küche in Europa zur verfügung stand. Dijon-Senf besteht aus gemahlenen Senfkörnern und (saurem) Saft unreifer Trauben oder in der Verwendung von Weinessig. Da die gemahlenen Senfkörner für Dijon-Senf nicht entölt werden, ist er besonders gut zum Kochen und für Saucen geeignet. Eine der netten Angestellten im bekanntesten „Senfhaus" in Dijon gab ein paar Informationen, zeigte die mitunter immer noch von Hand betriebene Senfmühle und erzählte ein wenig zur Herstellung der Würzpaste. Wir konnten einige sehr interessante Geschmackskombinationen verkosten, wobei besonders der Senf mit Honig und Feige, Senf mit Cognac oder der leckere Lebkuchensenf am beliebtesten waren. Es ergab sich natürlich auch die Gelegenheit, einige der seltenen Sorten zu kaufen.
Nach dem Rundgang hatten wir Freizeit bis zum Abendessen. Es gab die Möglichkeit, das im Herzogspalast untergebrachte Kunstmuseum zu besuchen. Vor allem die Grabdenkmäler burgundischer Herzöge - Philipp II. den Kühnen und Johann Ohnefurcht - aus dem 15. Jh. sind hier zu sehen, von namhaften Künstlern ihrer Zeit gestaltet und mit beeindruckenden Marmor- und Alabasterfiguren versehen, die Trauernde darstellen. Mit mir ging die Mehrzahl der Interessierten in die alte Kathedrale von Dijon, St. Benigne. Hier gibt es nicht nur eine schwarze Madonna, auch die Krypta von hier - mitunter als „Schlüssel zum Verständnis der burgundischen Kultur bezeichnet - zeichnet mit ihren archetypischen Kapitellen eine Grundlage burgundischer Romanik.

Käserei – Schloss Clos de Vougeot – Beaune, dritter Tag, Dienstag 24.09. 2019:

Käse ist zweifelsohne eine bekanntesten französischen Spezialitäten. Und deshalb begannen wir den Tag mit einem Besuch in einer Käserei. Im Dörfchen Brochon, unweit von Dijon, stellt die Privatkäserei Gaugry, besonderen Weichkäse her. Mit einer Betriebsbesichtigung und mehreren kleinen Filmen führte man uns in die Grundlagen seiner Herstellung ein. Nach der Behandlung mit natürlichem Kuhmagen-Gerinnungsmittel Lab gerinnt die frische und der teilweise pasteurisierte. Auf etwa Liter Milch verarbeite die Käserei jeden Tag - wir konnten einen Teil der im Film erläuterten Prozesse „live" durch Glasscheiben verfolgen, die uns Einblicke in die laufende Produktion gewährten. Die frischen Käse müssen erst einmal trocknen, dann werden sie regelmäßig gewaschen - in Handarbeit! - und das entscheidet über ihren endgültigen Geschmack. Das Abwaschen mit Salzwasser erzeugt dabei einen anderen Geschmack als das mit Weißwein oder gar „Marc de Bourgogne", mit Tresterschnaps. Nach mehrmonatiger Reife werden die Käse verpackt und versandt. Von dem sehr leckeren Ergebnis konnten wir uns gleich darauf bei einer Verkostung von Käsestücken in fünf Geschmacksrichtungen überzeugen - zünftig begleitet von einem Glas rotem Burgunder.
Von der Käserei aus fuhren wir durch die von Nuits-St.-Georges, entlang der „Route des Grand Crus", der besten Weinlagen in Burgund, in der „Cote d'Or" (Goldküste) genannten Region zum vielleicht bekanntesten Schloss inmitten der Weinfelder. Das Clos de Vougeot liegt inmitten von seiner eigenen Weinlage, gut 50 Hektar groß, der einstmals ob seiner Böden und seines Mikroklimas vielleicht begehrtesten und kostbarsten in Burgund. Die als besonders gut eingeschätzte Weinlage verteilt sich heute auf 86 Besitzer, die alle nach eigenen Kriterien und Maßstäben Wein erzeugen und überall damit Höchstpreise erzielen. Ursprünglich war das Schloss im 12. bis 14. Jh. ein Landwirtschaftsgut (Grangie) der Zisterziensermönche von Citeaux, wechselte später aber die Besitzer und gehört heute zur Bruderschaft der Weinverkoster, der „Chevaliers du Tastevin", die hier im Schloss mehrmals im Jahr große Festessen mit Weinverkostungen veranstalten. Nach einer Führung durch das Schloss und Erklärung vor allem der grandiosen historischen Press-Anlagen fuhren wir gegen Mittag weiter nach Beaune.

Beaune

Bei einer kleinen Rundfahrt mit dem Bus sahen wir die malerische Stadtbefestigung, die noch fast vollständig erhalten ist. Als Wohnsitz und zeitweilige Hauptstadt der Herzöge von Burgund ist die malerische Kleinstadt bis heute Konkurrentin des wesentlich größeren Dijon. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Innenstadt mit zwei Marktplätzen und einem beeindruckenden Belfried erreichten wir dann das Hôtel-Dieu, das 1443 vom damaligen burgundischen Kanzler gegründete Krankenhaus und Armenhospiz. Bis 1971 hat es ununterbrochen als Krankenhaus gedient. Der größte Teil des herrlichen Bauwerkes ist heute Museum und gibt einen höchst interessanten Einblick in die Krankenpflege und die medizinischen Vorstellungen der frühen Neuzeit. Neben dem imposanten Armensaal sind die Kapelle, die Apotheke und das Laboratorium interessant - den weitaus bedeutendsten Kunstschatz stellt jedoch zweifellos das Altargemälde von Rogier van der Weyden dar, das vom Jüngsten Gericht handelt. Es stammt aus dem 15. Jh. und zeigt neben dem richtenden Christus und dem die Seelenwaage haltenden Erzengel Michael Engel und in mehreren Personengruppen die Teilung der Menschen in Kandidaten für Himmel und Hölle.
Nach dem Rundgang durch das Hôtel-Dieu -vor allem für seine typisch burgundischen Dächer mit Mustern aus glasierten Ziegeln -, gab es Freizeit im mittelalterlichen Beaune..
Als Tagesabschluss hatten wir einen Besuch im „Cassissium", gewidmet einem weiteren bekannten burgundischen Produkt - dem Cassislikör. Hergestellt aus einer besonders großen, im Burgund gezüchteten Sorte Schwarzer Johannisbeeren bildet er zusammen mit Weißwein die Grundlage des in Frankreich oft und gern verwendeten Aperitif „Kir". Der ist nach einem ehemaligen Bürgermeister von Dijon benannt, und soll von diesem zuerst serviert worden sein. Nach einer Runde durch die Produktionsstätte des Johannisbeer-Likörs durften wir ihn - pur oder mit Weißwein als Kir - verkosten.
Nach unserer Rückkehr nach Dijon aßen wir in einem renommierten Restaurant zu Abend.

Citeaux – Cluny – Cormatin – Dijon, vierter Tag, Mittwoch 25.09.2019:

Nicht weit von Dijoin liegt Citeaux, bekannt als Mutterkloster der Zisterzienser. Das schon im Jahr 1098 gegründete Kloster hieß auf Latein „Cistercium" -wurde damit namengebend für den Reformorden der Zisterzienser, deren Gründungskloster es war.
Berühmte Mönche wie Robert von Molesme, Stephen Harding und Bernhard von Clairvaux waren hier Äbte und Gründer und prägten mit diesem Orden und seinen weit über 1000 Tochterklöstern wesentlich Erscheinungsbild, Geschichte und Kirchenpolitik im Mittelalter in Europa. Leider aber ist das alte Kloster von Citeaux, von dem nur wenige Reste wie Teile des einstigen Kreuzganges und der Bibliothek erhalten sind, als wieder aktive Mönchgemeinschaft nicht mehr zu besichtigen.
Fast zwei Bus-Fahrstunden entfernt liegt Cluny, ebenfalls einst Zentrum eines „Mönchs-Imperiums" mit mehr als tausend Niederlassungen - Tochterklöstern - europaweit. Gegen Mittag erreichten wir das Städtchen, dessen Zentrum sozusagen genau in die alte Kirche hineingebaut ist. Die beeindruckenden Reste der gewaltigen Klosterkirche, deren Grundriss einen guten Teil der Innenstadt einnehmen, waren bis zum Bau des heutigen Petersdomes in Rom der größte Sakralbau der Christenheit. Mit 187 Metern Länge des Hauptschiffes - 57 m länger als das von Notre Dame in Paris! - einst fünfschiffig und mit zwei Querhäusern. Mit unserer örtlichen Führeri Claire erkundeten wir die immer noch Respekt einflößenden Überreste der einstigen Benediktinerabtei von Cluny. Ihre Darstellungen vermittelten eine gute Vorstellung vom einstigen Erscheinungsbild der gewaltigen Abtei, die einst als „Licht der Welt" bezeichnet wurde und Ausgangspunkt bedeutender Klosterreformen und eines der einflussreichsten religiösen Zentren der Kirchengeschichte war. Zwei der ehemaligen Äbte der Abtei von Cluny wurden zu Päpsten gewählt, darunter Urban II., dessen Aufruf zum Kreuzzug 1096 tatsächlich die Geschichte veränderte und den unversöhnlichen Hass zwischen Christen und Muslimen erschuf.

Cormatin

Reiseleiterin Claire begleitete uns anschließend auch zum malerischen Wasserschloss Cormatin, erbaut im frühen 17. Jh. im Stil der Renaissance auf den Resten einer älteren Wasserburg. Einige Details ihrer Inneneinrichtung sind sehr selten, den sie spiegeln nicht nur die enge Verbindung des Besitzers zum französischen Königshof wider, sondern sind einzigartig, weil sie Details und Besonderheiten von Interieur mit Adelssymbolik zeigen, die in der französischen Revolution beseitigt wurden.
Nach dem Besuch des Wasserschlosses kehrten wir nach Dijon zurück und nahmen heute unser Abendessen mit burgundischen Spezialitäten in einem historischen Restaurant im Zentrum ein.


Charolles - Paray-le-Monial - Autun, fünfter Tag, Donnerstag, 26.09.2019:

Wieder ging es in Richtung Cluny, da wir in Charolles, dem namengebenden Ort der Landschaft Charollais, einen Termin hatten. Die Gegend ist zwar unter anderem für ihre Viehzucht mit einer eigenen Rinder- und Schafsrasse bekannt, uns aber interessierte eine ganz andere kulinarische Spezialität: am Stadtrand liegt die Schokoladenfabrik des preisgekrönten Chocolatiers Bernard Dufoux, der in zu Frankreichs berühmtesten und kreativsten Konfektherstellern zählt. Die kleine Schokoladenmanufaktur, präsentierte uns die Erläuterung, wie ECHTE Schokolade entsteht. Sie zeigte die Verarbeitung von Kakaobohnen mit Gewürzen und Zutaten und den Aufbau feinster Confiserie und Schokoladenprodukte. Wir konnten während der Führung insgesamt fünf verschiedene, geschmacklich deutlich unterschiedliche Pralinen verkosten! Nach diversen Einkäufen in der berühmten Schokoladenproduktion suchten wir den Wallfahrtsort Paray-le-Monial auf. Das Städtchen am malerischen Flüsschen Bourbince mit seiner fantastischen Wallfahrtskirche der burgundischen Romanik wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. unter anderem zum Zentrum der Herz-Jesu-Bewegung. Die Visionen einer hier im 17. Jh. lebenden Ordensschwester, lösten nach der Überwindung der Religionsablehnung der französischen Revolution eine mächtige Wallfahrtsbewegung aus, zu deren Zentrum Paray wurde. Als angebliche Nachbildung von Cluny und dessen „kleinere Schwester" wurde die fantastische Kirchenanlage aus der burgundischen Romanik heute zum Paradebeispiel der von Cluny beeinflussten Architektur und kann damit punkten, dass deren berühmter Abt Hugo der Bauherr der einst der Jungfrau Maria geweihten Basilika wurde. Klare Formenmit ausgewogener räumlicher Anordnung, klare Proportionen und einzigartiges Licht- und Schattenspiel wirken in dieser mitunter eher schlicht wirkenden Kirche besonders schön und ausgewogen. Auffallend ist die immer wiederkehrende Zahl drei als Symbol der himmlischen Dreifaltigkeit sowohl in der Kirche als auch in der Außengliederung. Im 19. Jh. wurde Paray-le-Monial zur Domkirche erhoben und in Herz-Jesu-Balika umbenannt.

Autun

Von Paray ging es weiter in die in der Landschaft des Morvan gelegene Stadt Autun. Schon seit dem 12. Jh. Bischofssitz, war der Ort aber bereits zu gallo-römischen Zeiten eine bedeutende Stadt. Ihren Charakter als Wallfahrtsort hatte die Stadt, seitdem im 10. Jh. die Reliquien des Heiligen Lazarus hierher gebracht worden waren. Sie wurde zum beliebten Pilgerziel für Kranke, insbesondere von der Lepra Betroffene. Zwar ist der recht steile Aufstieg zur Hauptkirche der Stadt etwas aufwendig, aber er führt zu einer der aufregendsten Kirchen Europas! Zwischen 1120 und 1146 erbaut, wurde die Lazarus-Kathedrale von Autun auch zu einem Paradebeispiel der burgundischen Romanik. In ihrem Hauptportal finden sich die Skulpturen des Tympanon, des Bogenfeldes über der Eingangstür, die vermutlich zwischen 1130 und 1135 geschaffen wurden und zu den bedeuendsten plastischen Leistungen der burgundischen Romanik zählen. Sie werden dem Meister Gislebertus, der in Cluny und Vezelay ausgebildet wurde, zugeschrieben. Ein üppiges, regionstypisches Abendessen in einem Traditionsrestaurant in Dijon schloss auch diesen tollen Tag ab.


Flavigny-sur-Ozerain - Abtei Fontenay - Vezelay - Fontagny, sechster Tag, Freitag 27.09.2019:

Der pittoreske Ort Flavigny-sur-Ozerain zählt nicht nur zu den schönsten Ortschaften Frankreichs, sondern ist auch als Filmkulisse sehr bekannt. Zunächst konnten wir aber einen Fotostopp an der faszinierenden Wasserburg von Posanges einlegen. Die äußerst wehrhaft wirkende Anlage befindet sich in Privatbesitz, ist aber hervorragend erhalten und wurde im 15. Jh. von einem Günstling des Burgunderherzogs Philipp des Guten errichtet. Bis heute sieht man hier sehr schön die Funktionsweise der einstigen Eingangsanlagen mit Toren und Zugbrücke. Beeindruckend ist die Gliederung in das einstige große Einfahrtstor für Kutschen und eine unabhängig davon verschließbare Schlupfpforte.
Als wir - leider im Regen - im preisgekrönten Wehrdorf Flavigny-sur-Ozerain ankamen, konnten wir einen malerischen, teilweise noch von seiner Schutzmauer mit Toranlage umgebenen Ort besichtigen, der als Filmkulisse - etwa für den im Jahr 2000 gedrehten Film „Chocolát" - bekannt wurde. Neben der - heute komplett geschlossenen - Fassade der Chocolaterie aus dem Film gibt es noch einige bemerkenswerte alte Häuser. Dazu gehören ehemalige Adelssitze und eine ehemalige Benediktinerabtei, deren Krypta aus karolingischer Zeit stammt und die man besichtigen kann. In den Resten der einst dazugehörenden Abtei gibt es eine traditionelle und bis heute arbeitende Fabrik, in der die berühmten Anis-de-Flavigny-Bonbons hergestellt werden. Von Flavigny aus nahmen wir unseren Weg zu einem nahegelegenen Weingut, in der wir vier verschiedene Sorten einheimischer Weine verkosteten.

Abtei Fontenay

Dann war unser Ziel die Abtei von Fontenay, seit 1981 zum UNESCO Weltkulturerbe zählend, dier als besterhaltene Zisterzienserabtei Frankreichs gilt. Kein Geringerer als der Heilige Bernhard von Clairvaux, einer der einflussreichsten Kleriker seiner Zeit und prägend für das christliche Europa, hatte sie als Tochterkloster schon 1118 gegründet, kurz nachdem er im wenige Jahre zuvor gegründeten Clairvaux Abt geworden war. Die Gebäude sind heute in etwa im Originalzustand wiederhergestellt und zeigen damit ein Stück Geschichte sowie die bekannte zisterziensische Romanik. Die Westfassade der Abteikirche zeigt zisterziensische Schlichtheit, ihr Inneres erstaunliche Raumwirkung. Die gesamte Anlage stellt die Originalwirkung eines gewaltigen Klosters aus dem 12. Jh. her - vor allem, da der original dem Chor der dreischiffigen Basilika seitlich direkt angeschlossene Schlaf- und Krankensaal der Mönche bis heute zu sehen ist. Das zumindest ist einzigartig für die sonst meist später umgebauten Klosteranlagen. Hier kann man sich noch dem Eindruck des 12. Jh. hingeben - und ein Fensterdurchbruch vom Chor zum Schlafsaal, der über eine Empore direkt aus der Kirche erreicht werden kann, erlaubte es beispielsweise kranken oder gehbehinderten Mönchen, auch vom Saal aus dem Gottesdienst zu folgen, wenn sie selbst nicht in die Kirche gehen konnten.
Bemerkenswertes Detail der Abtei von Fontenay ist auch das mächtige Gebäude der einstigen Schmiede, denn die Mönche gewannen in einer nahegelegenen Grube Eisenerz, und verarbeiteten es hier unter Nutzung der im Kloster verfügbaren Wasserkraft für ein Hammerwerk. Als Modell wurde dies kürzlich im Rahmen eines internationalen Projekts mit Wasserrad und Kraftübertragung komplett und originalgetreu wiederhergestellt.

Wallfahrtskirche Vezelay

Die letzte Besichtigung unserer interessanten Burgund-Reise stand bevor: In Vezelay liegt die Klosterkirche Ste-Marie-Madeleine , ihre Umgebung beherrschend, auf dem Hügel eines hübschen befestigten Ortes.
Von den Stufen der gewaltigen Klosterkirche hatte 1146 einst der Heilige Bernhard von Clairvaux zum Kreuzzug gegen die Slawen aufgerufen. Leider war die Kirche komplett eingerüstet und sowohl die „Kreuzzugs-Stufen" als auch das Bogenfeld berühmten Verkündigungs-Tympanon waren nicht zu besichtigen.
Die Kirche, deren Wiederaufbau nach verheerendem Brand im 12. Jh. in romanischem Stil, begann, wurde später in einigen Details frühgotisch fertiggestellt. Die Basilika gehört inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe, was das mittelalterliche Städtchen Vezelay auch zu einem der meistbesuchten Touristenorte in Burgund macht. Im Inneren des Langhauses, dominieren die Säulen, die das Mittelschiff tragen. Ihre abwechslungsreichen und außerordentlich fein gearbeiteten Kapitelle erzählen verschiedene biblische Geschichten und stellen Allegorien biblischer Ereignisse und kirchlicher Moral dar. Das berühmteste Beispiel ist die „mystische Mühle", die die Aufbereitung der christlichen Ideen Jesu und der Apostel durch die Priester zeigen soll.
Nach ein wenig Freizeit auch in Vezelay trafen wir uns am Bus und fuhren zum Abendessen in ein rustikales Landrestaurant. Zum Abschluss der Reise wurden wir mit reichhaltigen, rustikalen und verschiedenen deftigen lokalen Spezialitäten verwöhnt, die in Verbindung mit dem obligatorischen Burgunderwein ein echtes Erlebnis der kulinarischen Gaumenfreuden auf dem Land darstellten.


Dijon - Karlsruhe - Dresden, siebter Tag, Samstag, 28.09.2019:

Sehr früh starteten wir heute aus Dijon - die Fahrt nach Hause würde recht lang sein. Mit verschiedenen Raststätten unterwegs - immer im Abstand von gut zwei Stunden, um sowohl den Toilettenbedürfnissen der Reisegästen als auch den Lenkzeit-Anforderungen unseres Bus-Chauffeurs gerecht zu werden - erreichten wir auf französischen und deutschen Autobahnen unsere Bestimmungsorte und schließlich den Ausgangspunkt Dresden.

Epilog

Es war wir immer eine außergewöhnliche Reise mit unvergesslichen Kulturerlebnissen, kulinarischen Erfahrungen und vor allem Eindrücken, die ertst einmal verarbeitet werden wollen! Vielfalt und Reichhaltigkeit von Burgund - der Kulturregion in Frankreich und dem Herzen Europas und der „Wiege christlicher Kultur" - wird uns allen bestimmt in guter Erinnerung bleiben. Und sie ruft vielleicht nach mehr - denn Frankreich hat unendlich viel mehr interessante Ziele zu bieten - wie auch viele andere Länder und Regionen in Europa, die nur von Ihnen entdeckt werden wollen. Lassen uns dies gemeinsam tun - vielleicht sehen wir uns auf einer dieser Touren einmal wieder!
Ihr Dr. Michael Krause, Eberhardt-Studienreiseleiter.

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