Reisebericht: Wanderreise am Genfer See und am Fuße des Mont Blanc

15.07. – 20.07.2019, 6 Tage Wandern in den Französischen & Schweizer Alpen – Genfer See – Evian – Chamonix – Montreux – Annecy – Angon


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Der Genfersee und sein Umland bieten viele Höhepunkte: das geschichtsträchtige Genf, das idyllische Yvoire, das mondäne Evian, das noble Montreux und schmucke Dörfer in den Tälern Savoyen. Und dazu die Eiswelt des Montblanc-Massivs, Montreux' Hausberg.
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Entdeckungen am Genfersee

Ein Reisebericht von Peter Großer

Montag. 15.07.2019 Anreise zum Genfersee

Der Genfersee ist unser Ziel, einer Reisegruppe für Rundreisen und eine Gruppe leidenschaftlicher Wanderer. Gemeinsames Ziel ist der größte See der Schweiz, aber auch Frankreichs. Das Seeufer teilen sich beide Länder im Verhältnis 60:40 zugunsten der Schweiz, die sich ja auch den zweitgrößten See mit Deutschland und Österreich teilen muss. Bedeutend Städte liegen auf der Schweizer Seite: Genf, Lausanne, Vevey, Montreux. Größere Städte fehlen auf der französischen Seite, dafür sind die Berge Savoyens viel höher und gewaltiger als im Schweizer Waadtland. Die Schweiz hat die Weinberge, aber guten Käse gibt es auf beiden Seiten. Schauen wir uns das einmal an!
Aber bis dahin ist fast ganz Deutschland zu durchfahren, ehe bei Basel die Grenze erreicht wird. Blicke auf Münster und das neue Hochhaus des Pharmazieriesen La Roche, dem größten Gebäude der Schweiz. An Bern vorbei geht es in das Greyerzer Land und dann hinab zum See mit der Kulisse der Savoyer Alpen. Im Mündungsgebiet der Rhone in den Genfersee beginnt der Anstieg in die Berge. Kurz vor der Ankunft wechseln wir auf französisches Gebiet. Mögen die Schweizer auch zur europäischen Union und zum Euro eine eigene Meinung haben, wenigstens das Schengen-Abkommen gilt auch hier. Weder Polizisten noch Zöllner sind zu sehen. Wir erreichen den Ort Chatel auf ca.1100 m Höhe, ein Straßendorf mit den typischen hölzernen Bauten. Die Kirche ist wenigstens aus Stein. Das gemütliche Hotel Le Tremplin ist ganz im Chalet-Stil gebaut. Wir sind angekommen.

Dienstag, 16.07.2019 3 Perlen: Evian – Yvoire – Genf

Durch das langgezogene Tal der Dranse d'Abondance gelangen wir zum Ufer des Genfersees. Vor 1000 Jahren begann die Besiedlung des Tales mit dem Kloster Abondance als Mittelpunkt. Die Milchwirtschaft und die Eigenversorgung stand im Vordergrund, ehe der Wintertourismus und danach auch der Sommertourismus Geld in die die Täler an der Porte du Soleil, an der Pforte zur Sonne, brachte.
Evian wäre ein kleiner Ort am See geblieben, hätte nicht das Wasser im Garten des Herrn Cachet eine wundersame Heilung bewirkt. Guter Geschäftssinn, eine günstige Analyse und gutes Marketing auf der Pariser Weltausstellung haben das Wasser berühmt gemacht. Kränkelnde Leute aus der Oberschicht kamen, um ihr Leiden zu behandeln, die Gesunden der Oberschicht folgten. Evian war Mode. Die Zeit des Jugendstils hinterließ ihre Spuren. Evian wurde Konferenzort, unter anderem wurde hier nach grausamen Kriegsjahren mit Algerien Frieden geschlossen. Eine prächtige Promenade liegt vor den Stätten der Unterhaltung und Zerstreuung: Casino; Restaurants, Theater, Kurbetrieb.
Yvoire war das nächste Ziel. Dieser für Savoyen strategisch wichtiger Hafenort mit wehrhafter Burg und Stadtmauer schlief im 16.Jahrhundert ein und wurde erst durch die Touristen in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder aufgeweckt.
„Wann immer ich seither in Yvoire bin, denke ich daran, dass hier Wirklichkeit geworden ist, wonach de Menschen sich sehnen, a place of smiling peace" schreibt Simmel in seinem letzten Roman „Liebe ist die letzte Brücke". Viele Menschen empfinden das wohl auch so, vielleicht zu viele. Es lohnt sich, einfach durch die pittoresken Gassen dieses „Ort des lächelnden Friedens" zu gehen. Auch außerhalb des Gartens der fünf Sinne kann man mit diesen genießen.
Genf- welcher Kontrast. Die Stadt mit dem, sehr hohen Ausländeranteil von 40 %, aber es sind meist die Beamten, die in den vielen UN- und anderen internationalen Organisationen nicht ganz schlecht bezahlt und steuerbefreit arbeiten, aber wiederum andere Vertreter aus aller Welt auf die über 1000 Internationale Konferenzen herlocken, die das Geld mitbringen. Prächtige Bauten entstanden nach der Ansiedlung des Internationalen Roten Kreuzes und des gut gemeinten, aber leider wenig erfolgreichen Völkerbundes. Schon vorher war Genf das Rom des Protestantismus durch Calvin und das Weltzentrum des Humanismus und der Aufklärung durch Rousseau und Voltaire, bis es zum „Gehirn des Monstrums Kapitalismus" wurde. Wir fahren an der gewaltigsten Wasserfontäne, dem 140 m hohe Jet d'Eau mit dem Boot ab und können am Südufer die vielen ansehnlichen Häuschen vor der Alpenkulisse sehen.

Mittwoch, 17.07.2019. Chamonix – der Berg ruft.

Was treibt wohl die Menschen heute auf die Berge, nachdem sie Jahrtausende lang vor ihnen Angst hatten, weil dort die Götter oder die Dämonen hausten. Erst 1786 brach der Bann, als der Kristallsucher Jacques Balmat nach einer Übernachtung am Berg heil wieder herunterkam. Kurz danach bestiegen Balmat und der Arzt Michel-Gabriel Paccard den Mont Blanc Viel Ruhm erhielt aber auch der Genfer Naturforscher Horace Bénédict de Saussure, der die Gletscher am Berg untersuchte und einen Preis für die Erstbesteigung auslobte.
Heute ist alles einfacher. Die beste Sicht auf den höchsten Berg Europas hat man von der Aiguille de Midi, einer spitzen Felsnadel, die auf seiner Flanke aufsitzt. (Die Ausdehnung Europas ist je nach Auffassung und Bedarf unterschiedlich und bezieht je nachdem den Elbrus als höchsten Berg ein oder schließt ihn aus). Eine zweiteilige Seilbahn führt in 20 Minuten auf 3776 m und ein Aufzug dann noch auf 3882 m. Die Sicht auf Chamonix und die umgebende Bergwelt ist gewaltig. Die Bergspitze bietet aber auch noch Terrassen für Sonnenhungrige, kleine Ausstellungen, Panormastollen und den „Schritt ins Leere", einem Glaskasten, der über dem Abgrund schwebt. Nicht ganz so hoch hinaus wollten die anderen Gäste. Die fuhren auf den „nur" 2525 m hohen Brevent auf der Nordseite von Chamonix, hatten aber den Vorteil, ein breiteres Panorama des Mont Blanc-Massivs von der Caféterrasse aus bewundern zu können. Eine dritte, kleiner Gruppe fährt mit der Zahnradbahn in ein Seitental hinauf, in dem, umgeben von spitzen Felsnadeln, den „Dru", Frankreichs größter Gletscher im ständigen Rückzug ist. Zur Zeiten Balmats reichten noch alle 3 Gletscher des Massivs bis in das Tal. In der Stadt mischen sich Besucher, die nur im Ort spazieren gehen und die Restaurants bevölkern mit den Bergwanderern. Denkmäler und Plaketten feiern die Erstbesteiger und den Stifter der Fördermittel. Ein Fresko an einer Hauswand verewigt sie ebenfalls, zusammen mit weiteren Bergsteigern aus Chamonix.
Über den Col de Forclaz, schon auf Schweizer Seite, geht es zurück. Noch einmal haben wir einen fantastischen Blick auf Martigny, dem Tor zum Wallis und über den Großen St.-Bernhard in das Aosta-tal Italiens. Schon die Römer haben dies wichtige Stelle erkannt und haben eine kleine Arena und Reste von Häusern hinterlassen. Dann überfahren wir zum vierten Male an diesem Tag die Grenze kurz vor Chatel und kein Polizist oder Zöllner würdigt den häufigen Wechsel der Staatsflagge an unserem Bus.

Donnerstag, 18.07.2019 Chateau Chillon – Montreux – Rochers–de–Naye

Savoyen, das Gebirgsland südlich des Genfer See ist der Ausgangspunkt für einen bedeutenden Staat. Zuerst waren es kleine Grafen. später Herzöge, einer davon schaffte es sogar auf den Papstthron. Sie eroberten weite Gebiete nördlich des Genfersees schon vorher hatten sie eine wichtige Engstelle durch die Burg Chillon geschützt und die Zolleinnahmen gesichert. Später kam Oberitalien (Piemont) und Sardinien zu Savoyen und aus diesem Haus ging das Königreich Italien hervor. Im 16. Jhdt. nahmen aber die rauflustigen Berner den Savoyern das Waadtland und Chillon ab und danach übernahmen es die Waadtländer.
Diese wechselvolle Geschichte zeichnet sich im Chateau Chillon ab. Das Audioguide-Gerät begleitet die Gäste mit sehr guten und nicht zu langen Kommentaren von den Kellergewölben, in dem der Staatsfeind Bonivard angekettet war bis zur Höhe des Bergfriedes mit berauschenden Aussichten auf den See und seine Uferlandschaften. Es ist ein illustrierter Gang durch 1000 Jahre Geschichte.
Nur 3 km weiter liegt das Zentrum von Montreux, dem glanzvollen Ort der Schweizer Riviera.
Rousseau hatte die erste Touristenwelle ausgelöst, Lord Byron die zweite, und es kamen gekrönte Häupter, wie unsere Sissi, Literaten wie Hemingway oder Tolstoj, Musiker wie Tschaikowski, Sänger wie Freddy Mercury und Gäste von Eberhardt Travel. Noch ein Spaziergang auf der wunderschönen Promenade, dann ruft wieder der Berg. Noch einmal geht es hoch hinauf, auf den Hausberg Rochers-de-Naye mit der Zahnradbahn. Das Panorama des Genfersee-Gebietes wird bewundert, aber auch die einzelnen Attraktionen vom alpinen Garten, einem Drachenfliegerstart, mongolischen Jurten als Hotelunterkunft, einer großen Terrasse bis zu den Murmeltieren.


Freitag, 19.06.2019 Annecy

Annecy ist das „Venedig der Alpen". Die Altstadt schmiegt sich an beide Seiten des kürzesten Flusses Frankreichs, des Thiau an und hat sich dann an den Ufern des Gebirgssees Lac d'Annecy ausgebreitet. Dieses Thiau kommt aus dem See und mündet schon wieder nach 3,5 km in einen anderen Fluss. Er und der überbaute Graben machen wohl nicht Annecy zu Venedig. Zum Beinamen haben sicher die ehrwürdigen Häuser beigetragen in die in den Farben blau, rot und orange gestrichen, warme Farben wie im Piemont oder auch Sardinien und das in der kühlen Bergwelt der Alpen. Hier lässt es sich gut leben. Der Wochenmarkt zeigt eine Überfülle von vor allem regionalen Produkten, die vielen Restaurants sind gut besucht und die Menge der Touristen lässt erahnen, dass die Stadt eine Reise wert ist. Annecy war zeitweise die Hauptstadt Savoyens, war Fluchtort für die Bürger von Genf, die sich dem strengen protestantischen Regimes Calvins widersetzten, war dadurch Hort der Gegenreformation. Hier lebte ein Rousseau, der neben dieser selbst auch die Liebe zur Natur kennenlernte. Im Übrigen werden die größten Glocken der Welt in einer Gemeinde bei Annecy gegossen.
Man muss sich in dieser Stadt einfach treiben lassen, durch manchen Torbogen in kleine Plätze eindringen, über die blumengeschmückten Brücken gehen. Immer wieder entdeckt man Neues. „Das Leben ist kurz, weniger wegen der kurzen Zeit, die es dauert, sondern weil uns von dieser kurzen Zeit fast keine bleibt, es zu genießen" meinte Rousseau.
Die Kirchen auf dem rechten Ufer bieten Kühle an diesem sonnenüberfluteten Tag. Auf der linken Seite beherrscht eine trutzige Burg der Savoyer Grafen einen Hügel und belohnt die kleinen Mühen des Anstiegs. Parks laden zu Spaziergängen ein und die Ausflugsschiffe bringen ununterbrochen die Gäste der Stadt zu einer Seerundfahrt. Wir aber umrunden See bei der Rückfahrt. Wie wir schon in der Stadt gesehen hab, ist auch das Westufer des ca.14 km langen Sees (immerhin der sechstgrößte Frankreichs) von Badegästen sehr gut besucht. Am Ostufer, wo wir die Wandergruppe wieder aufgenommen haben, reichen die Berge über 2000 m hinaus, ein Paradies für Gleitschirmflieger. Auf schnellen Weg geht es wieder zurück, nicht ohne die Erfahrung gemacht zu haben, dass viele Urlauber mit ihren Autos das Südufer des Genfersees bevölkern und dadurch keine Rekorde mit dem Bus gefahren werden können. Der letzte Abend im Hotel bringt ein regionales Gericht, das sich aus den Produkten vormals armer Bergbauern entwickelt hat und von der Erzeugergemeinschaft der wichtigsten Zutat Käse initiiert wurde: die Tartiflette, ein Kartoffelauflauf mit Zwiebeln und aufgeschmolzenen Reblochon-Käse. Eberhardt steuerte noch einen Génépi bei, den typischen savoyardischen Kräuterlikör, der neben dem Evian-Wasser sich förderlich auf die Gesundheit aller Gäste auswirken sollte.


Sonnabend, 20.06.2019, Rückreise

Noch einmal bringt uns unser Fahrer Rolf über die Serpentinen sicher wieder in das Rhonetal zurück. Wir umfahren den Genfersee und kehren über die Schweiz in das flache Land zurück, nicht ohne auch hier Schlangenlinien zu fahren - in Baustellenbereichen.
Geblieben sind aber vor allem die Eindrücke von diesem großen See, seinen wohlhabenden Städten und seinen kleinen Dörfern mit ihrer Blumenpracht, von der gewaltigen Bergwelt mit
Ihrem blitzenden Weiß unter blauen Himmel und den grünen Wiesen mit den hölzernen Häusern in Savoyen.
Eine schöne Reise ist zu Ende gegangen und
Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben.
Kurt Tucholsky

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