Große Rundreise durch ganz Frankreich
Reisebericht: 26.04. – 11.05.2025
Ganz Frankreich in 16 Tagen? Ein ambitioniertes Unterfangen - immerhin ist die Grande Nation das drittgrößte Land Europas - aber wir geben uns Mühe, einige der bekanntesten und ganz viele der weniger
Ein Reisebericht von
Sinah Witzig
26.04.2025 Anreise nach Reims
Turbulent startet unser großes Frankreich-Abenteuer schon gleich am frühen Morgen in Dresden – vom Taxi im Stich gelassen kommen zwei Gruppenmitglieder und die Reiseleiterin erst mal zu spät. Na das fängt ja gut an. Auch der Bus will nicht so recht kooperieren. Unsere Busfahrer Frank und Ilona vermuten, dass ihr Gefährt doch lieber nach Italien möchte.
Nichtsdestotrotz geht es nun doch erst mal los auf die A4 und Richtung Chemnitz, denn dort werden wir schon erwartet: vom nächsten Reisegast und ein paar Meter weiter von den fleißigen Mitarbeitern der Volvo-Werkstatt, die unseren Bus-Patienten zügig unter die Lupe nehmen. Leider stellt sich nach einiger hoffnungsvoller Wartezeit heraus, dass das Problem wohl nicht sofort behoben werden kann. Wir nehmen also die Weiterfahrt auf, im Wissen, dass wir bei der nächsten Pause den Bus noch einmal tauschen müssen. Insgeheim hoffen wir, dass diese Pechsträhne gleich am ersten Tag dann mit dem Bustausch auch beendet ist und die nächsten 15 Tage problemlos verlaufen. Am Rasthof Teufelstal packen alle fleißig mit an und schnell ist alles, was sich in so einem großen Reisebus befindet, in das neue Gefährt umgeladen.
Mit ein wenig Verspätung und einem entspannteren Busfahrer-Team setzen wir nun die Reise endlich fort und sammeln in Jena und Erfurt die restlichen Mitreisenden unserer kleinen Gruppe ein. Die Weiterreise in Richtung Westen zeigt sich tatsächlich überraschend problemfrei und wir kommen gut voran. Durch Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland führt uns unser Weg am späten Nachmittag dann endlich zur französischen Grenze: das Ziel rückt näher. Wir fahren durch Lothringen und vorbei an der Hauptstadt Metz und erreichen schließlich die geschichtsträchtigen Gebiete um Verdun, wo schon im Jahre 843 das Schicksal Frankreichs besiegelt wurden.
Mitten im Gebiet der nördlichsten Weinberge der Grande Nation liegt die Hauptstadt der Champagne: Reims. In der berühmten Kathedrale wurden seit der Taufe des Frankenkönigs Chlodwig im Jahre 507 bis ins 19. Jahrhundert fast alle französischen Könige gekrönt. Auch sonst hat die Stadt viel zu bieten – das werden wir uns jedoch erst morgen anschauen. Erst einmal freuen wir uns nun darauf, unsere Hotelzimmer zu beziehen. Im Anschluss unternehmen wir einen kleinen Spaziergang entlang des Stadtparks „Les Hautes Promenades“ und dürfen in der Brasserie le Boulingrin unser erstes gemeinsames Abendessen genießen. Bei einem guten Glas Wein lernt man sich kennen und tauscht Reiseerfahrungen, sowie die Erwartungen an die bevorstehenden zwei Wochen aus.
27.04.2025 Reims, Champagner und Schlösser
Unser erster Morgen in Frankreich begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Nach dem Frühstück verladen wir unser Gepäck und machen uns dann zu Fuß auf den Weg, um die Innenstadt von Reims zu erkunden. Wir spazieren noch mal durch die schöne grüne Parkanlage und können schon nach einigen Minuten den ersten Blick auf das älteste Gebäude der Stadt werfen: die Porte de Mars. Der römische Triumphbogen wurde im ersten Jahrhundert nach Christus erbaut und war im Mittelalter teil der Stadtmauer. Über die Jahrtausende musste das Bauwerk einige Kriege und Naturkatastrophen durchmachen und doch steht es heute, zumindest noch in Teilen, im Original da. Wir spazieren weiter durch Reims, welches vor allem im Ersten Weltkrieg starke Zerstörung erfahren hat. So auch die Markthalle Boulingrin, welche dann in den 1920er Jahren neu aufgebaut wurde. Am Sonntagmorgen ist es herrlich ruhig auf den Straßen und wir schauen neugierig durch die Schaufenster einer Patisserie den Tortenkünstlern beim Arbeiten zu. Interessant ist auch die Veranstaltungsstätte Le Cellier, welche 1898 für den Campagner-Fabrikanten Jules Mumm erbaut wurde. Die Art Deco Fassade zeigt den Herstellungsprozess des Schaumweins in fünf Emaille-Mosaiktafeln und das riesige Tor hat die Form eines Weinfasses. Vorbei am Hôtel de Ville, dem Rathaus, geht es weiter über die Place Royale bis zur berühmten Kathedrale. Mit 149 Metern ist sie die längste gotische Kathedrale Frankreichs und wurde zu großen Teilen im 13. Jahrhundert erbaut. Gemeinsam sehen wir uns die imposante Westfassade an, deren berühmteste Figur, der lächelnde Engel, gleich hervorsticht. Über 2300 Sandsteinfiguren sollen die mächtige Kathedrale schmücken. Auch wenn der Sonntagsgottesdienst schon begonnen hat, können wir trotzdem den Innenraum betreten und vom hinteren Teil der Kirche die vielen Buntglasfenster bestaunen. Auch die Kathedrale hat im Krieg große Zerstörung erlitten und so ist ein großer Teil der Fenster neu. Drei im Chor stammen von Marc Chagall.
Nur wenige Schritte von hier entfernt wurde am 7. Mai 1945 die Kapitulation von den Deutschen unterzeichnet. Als Zeichen der Versöhnung und der deutsch-französischen Freundschaft wohnten im Juli 1962 Charles De Gaulle und Konrad Adenauer gemeinsam einem Gottesdienst bei.
Bevor wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Termin machen, bleibt noch ein wenig Zeit, das großartige Bauwerk auf sich wirken zu lassen.
Dann wird das Thema gewechselt, denn Reims kann man natürlich nicht verlassen, ohne sich vorher mit Champagner zu beschäftigen. Erwartet werden wir schon beim Stammhaus von G. H. Mumm.
Unsere freundliche Führerin erzählt begeistert von der Entstehung der Firma Mumm und erklärt uns die Prinzipien der Champagnerbereitung. Dann steigen wir hinab in die Keller. Wir erfahren vieles über Anbaugebiete und Qualitätsmerkmale und lernen so manch Neues und Erstaunliches. Schaumwein darf beispielsweise nur Champagner heißen, wenn die Trauben dafür in einem dafür zertifizierten Anbaugebiet wachsen und auch dort gepresst werden. Ein geübter Flaschen-Rüttler schafft es, bis zu 50.000 Flaschen täglich zu drehen. Nachdem wir brav zugehört und mitgemacht haben, kommt zum Abschluss dann die Belohnung: wir dürfen das edle Tröpfchen auch probieren. Begeistert legt uns unsere Führerin nahe, wozu man Champagner am besten genießen kann - und es wird deutlich, dass sie ihr Produkt nicht nur vermarktet, sondern wohl auch selbst sehr gerne konsumiert. Na dann wollen wir wohl mal: Santé - auf die Gesundheit!
Beflügelt vom Champagner geht es um die Mittagszeit dann zurück in den Bus und wir machen uns auf den Weg in Richtung Paris. Die französische Hauptstadt streifen wir jedoch auf dieser Reise nur am Rande - und, dem Sonntag sei Dank, auch ohne größere Verzögerung. Unser Ziel ist nämlich das Tal der Loire. Die Loire ist einer der längsten Flüsse Frankreichs und bildet hier eine wunderbare Landschaft, die über 400 kleinen und größeren Schlössern als Hintergrund dient. Am Bahnhof des Örtchens Mer sollen wir unsere örtliche Reiseleiterin Stefanie abholen, was sich jedoch als größere Herausforderung herausstellt, denn alle Zufahrtsstraßen sind auf 3,5 Tonnen beschränkt und unser Reisebus doch ein wenig schwerer. Irgendwann wird es Frank zu bunt und er ignoriert eines der Schilder - sonst würde Stefanie vermutlich noch lange auf uns warten.
Mit Reiseleiterin Nummer 2 an Bord geht es dann wenige Kilometer weiter zu unserem ersten Loire-Schloss: Chambord. Wir erblicken schon gleich hinter dem Parkplatz diesen beeindruckenden Bau. Das Schloss wurde unter Franz I. errichtet und sollte die Macht Frankreichs demonstrieren, denn eigentlich spekulierte Franz I. auf den Kaiserthron der dann Karl. V. zugesprochen wurde. Überall in der Architektur sind seine Erkennungszeichen zu erkennen: das F und der Salamander, dem man nachsagte, dass er sich vom Feuer nähre.
Über die besonders die gut erdachte doppelte Treppe, auf welcher man in zwei verschiedenen Richtungen aufsteigen kann, ohne sich zu begegnen, steigen wir bis auf das Dach hinauf. Vielleicht ist die Treppe ein Meisterwerk des großen Genies Leonardo Da Vinci. Dieser verbrachte, auf Einladung Franz I., an der Loire seine letzten Lebensjahre. Wir bewundern hier die Architektur des 16. Jahrhunderts vom Dach aus und genießen den Ausblick auf die herrliche Landschaft. Die Herrscher mieden im Sommer Paris und zogen sich auf ihre Sommerresidenzen zurück: Umzug mit Haus und Hofstaat muss man sich leisten können. Wir spazieren noch ein wenig durch den Garten und lassen den Prachtbau auf uns wirken, dann fahren wir weiter nach Amboise, wo wir unser Hotel für die nächsten beiden Nächte beziehen. Beim Abendessen genießen wir den grandiosen Ausblick auf den Sonnenuntergang über der Stadt und dem Schloss. Was für ein toller Tagesabschluss!
28.04.2025 Frühsommer im Tal der Loire
Nach einem leckeren Frühstück mit Aussicht auf die langsam erwachende Natur um Amboise herum, geht es heute weiter mit unseren Erkundungen im Tal der Loire. Unser Weg führt uns zunächst nach Tours, wo wir heute noch mehr Reiseleiterverstärkung bekommen. Mit an Bord ist heute auch noch der quirlige Amerikaner Kevin, der uns alle mit seinem fast makellosen Deutsch überrascht. Zunächst verlassen wir aber Tours gleich wieder und besuchen das zweite Schloss unserer Reise, Villandry. Das Schloss liegt einzigartig im Tal des Cher, einem Nebenfluss der Loire, perfekt eingebettet in die Landschaft. Bei herrlich frischem Morgenwetter und strahlendem Sonnenschein erreichen wir unser Ziel und sind erstaunt, dass wir hier fast alleine sind. Kevin führt uns zunächst hinauf zum Belvedere, von wo aus wir einen herrlichen Blick auf das im 16. Jahrhundert für den Finanzminister Franz I., Jean le Breton, erbaute Renaissanceschloss genießen können. Viel interessanter als das Bauwerk selbst sind in Villandry jedoch die wunderbaren Gärten, die auf sechs Hektar Landschaftsgarten, Wassergarten, Zier- und Nutzgarten miteinander verbinden. Wir haben genügend Zeit zu spazieren und die großartige Bepflanzung auf uns wirken zu lassen.
Am späten Vormittag fahren wir zurück nach Tours und widmen uns der alten Stadt zwischen Loire und Cher. Schon zu keltischen Zeiten gab es hier eine Siedlung, die dann später von den Römern übernommen wurde. Vorbei am Château aus dem 11. Jahrhundert gelangen wir zunächst zur Kathedrale Saint-Gatien, welche nach dem ersten Bischof von Tours im dritten Jahrhundert benannt ist. Kevin nutzt hier die Gelegenheit, uns das Prinzip gotischer Kathedralen zu erläutern und erklärt uns vor allem die wunderbar erhaltenen Buntglasfenster ganz ausführlich. Anschließend geht es dann weiter in die Altstadt. Wir spazieren durch die engen Gassen bis zur berühmten Place Plumerau mit ihren verwinkelten und windschiefen Fachwerkhäusern. Die zahlreichen Bars und Restaurants ziehen viel Publikum an und am Abend ist hier, vor allem am Wochenende, der beliebteste Treffpunkt für die vielen Studenten der Universität. Wir gehen noch ein Stück weiter zum einstigen Standort der großen Pilgerkirche des Heiligen Martin. Zwei der Türme sind noch erhalten und tatsächlich soll es noch heute Martinspilger geben, deren Ziel das Grab dieses Heiligen ist. Wir haben Zeit, die im 19. Jahrhundert im byzantinischen Stil neu erbaute Kirche zu besuchen. Danach ist es aber wirklich Zeit für eine wohl verdiente Mittagpause.
Am Nachmittag fahren wir zurück nach Amboise und besichtigen dort den Landsitz Clos Lucé, wo Leonardo Da Vinci auf Einladung Franz I. hin seine letzten Lebensjahre verbracht hat. Das Anwesen vermittelt den Schaffensdrang Leonardos auch noch im hohen Alter und auch seine Eigenarten, wie zum Beispiel den Vegetarismus. Wohnräume, Gemüsegarten und das kleine besondere Museum geben ein gutes Bild. Ein unterirdischer Tunnel verbindet das Clos Lucé bis heute mit dem Schloss von Amboise, sodass sich Leonardo und sein Gönnen und Freund jederzeit ungestört treffen und beraten konnten. Nach unserem Besuch spazieren wir durch die Altstadt in Richtung der Loire und kommen nun auch am Schloss vorbei, welches von Karl dem VIII. im 15. Jahrhundert von einer römischen-mittelalterlichen Festung zum herrschaftlichen Prachtbau umgestaltet wurde.
Am Fluss angekommen verabschieden wir uns von Stefanie und Kevin und haben nun noch ein wenig Zeit, bevor es für uns weiter zum Abendessen geht. Das Restaurant "Cave aux fouées" ist in einer der zahlreichen Höhlen aus Tuffstein untergebracht. Diese Höhlen wurden schon in historischer Zeit in das Gestein gehauen, um Wohnraum und vor allem auch Lagerraum für Wein zu schaffen - und auch für so manches Schloss wurde der Stein als Baumaterial verwendet. Der recht unscheinbare Eingang verbirgt einen riesigen Saal, in dem wir an einer langen Tafel Platz nehmen dürfen. Es wird traditionelles, deftiges Essen mit frisch gebackenem Brot gereicht, dazu gibt es einen kräftigen Rotwein. Gut gelaunt treten wir später den Weg zum Bus an - ein Glück, dass wir nicht laufen müssen.
29.04.2025 Sauf Bus? Cognac und Bordeaux
Es wird Zeit, sich von der Loire zu verabschieden, denn unsere Reise führt uns heute weiter nach Süden. Am Vormittag müssen wir zunächst einmal einige Kilometer hinter uns bringen. Wir fahren vorbei an der Stadt Poitiers, wo im achten Jahrhundert die berühmte entscheidende Schlacht Karl Martels gegen die arabischen Eroberer stattfand. Kurz bevor wir die Autobahn verlassen, machen wir noch eine kleine Mittagspause, wohl wissend, was uns am Nachmittag erwarten wird. Auf dem Menü steht heute selbst gekochte Kartoffelsuppe von Frank und Ilona. Gestärkt und mit einer ordentlichen Grundlage im Magen kann es dann weitergehen.
Hier in der Region Aquitanien, Landschaft und historische Region im Südwesten Frankreichs, erreichen wir das kleine Städtchen Cognac, welches sich ganz der Cognac-Brennerei verschrieben hat. Wir können uns vor unserer Besichtigung der Firma Martell noch ein wenig im kleinen Städtchen Cognac umsehen und so spazieren wir bis zur Kirche Saint-Léger mit ihrem romanischen Portal.
Danach geht es zurück zu der Firma Martell. Seit dem 17. Jahrhundert wird in Cognac Branntwein destilliert um Wein, besonders für die Verschiffung nach England, haltbar zu machen. Der Wein dafür stammt aus den umliegenden Weinorten mit Herkunftsbezeichnung und die Traubensäfte werden von den Winzern an die Brennereien geliefert. Bei einer Führung erfahren vieles über den Destillationsprozess und über das Verfahren der Herstellung. Am Ende des Rundgangs gibt es noch zwei verschiedene Sorten von Cognac zu kosten, die perfekt mit Schokolade und Mandelgebäck gepaart werden. Bei den sommerlichen Temperaturen draußen kann der edle Tropfen schon ordentlich zu Kopf steigen. Wie gut, dass wir im Bus nun erstmal eine Siesta einlegen können.
Am Abend erreichen wir die Universitätsstadt Bordeaux. Die Stadt an der Garonne ist - nicht zuletzt weil sie mehrmals übergangsweise Regierungssitz Frankreichs gewesen ist- wirtschaftlich, wissenschaftliches und politisches Zentrum des Südwestens. Vor allem war und ist die Stadt ein Zentrum des Weinhandels und der französischen Kochkunst.
Der Weg zu unserem Hotel zeigt sich - vor allem für unseren armen Busfahrer - abenteuerlich. Nicht nur der Berufsverkehr macht uns das Leben schwer, sondern vor allem auch militante Radfahrer, die sich ganz offensichtlich nicht viel aus Verkehrsregeln machen. Doch zu guter Letzt erreichen wir unser Domizil im Viertel Mériadeck in fußläufiger Distanz zur Altstadt. Daher machen sich einige nach dem Abendessen noch auf den Weg, um die lebendige Studentenstadt auf eigene Faust zu erkunden.
30.04.2025 Bordeaux, Médoc und Pilat
Am nächsten Morgen treffen wir unsere sympathische Stadtführerin Janneke am Hotel. Eine Niederländerin ist bei unseren Fahrraderlebnissen vom Vortrag natürlich genau das Richtige für unseren armen Frank - aber zum Glück kennt sich Janneke auch mit dem Bus gut in ihrer Wahlheimat aus. Wir starten zunächst zu einer kleinen Rundfahrt durch Bordeaux und lauschen interessanten alten und neuen Geschichten von der Hafenstadt an der Garonne. Wir sehen den Börsenplatz, wo ab vormittags ein großer Wasserspiegel zur Touristenattraktion wird, fahren vorbei an der Kathedrale Saint-André und der Porte Cailhau aus dem 15. Jahrhundert und steigen schließlich am Opernplatz aus dem Bus, um noch ein wenig zu Fuß durch die Stadt zu spazieren. An der Place de Quinconces hören wir davon, wie die Bordelais jahrhundertelang unabhängige und stolze Bürger waren, bis nach dem Hundertjährigen Krieg Karl VII. in die Stadt einzog. Der Handel mit England wurde nun streng unterbunden und um die aufmüpfigen Bordelais im Auge zu behalten, baute man mitten in der Stadt zwei mächtige Festungen. An der Stelle an der sich das Château Trompette einst befunden hat, legte man Anfang des 19. Jahrhundert die Place de Quinconces an, einer der größten Plätze Europas. Das große Girondistendenkmal erinnert an eine Gruppe von Abgeordneten während der Französischen Revolution, die zum gehobenen Bürgertum gehörten, aber stark für Menschenrechte und Unabhängigkeit Frankreichs und das Ende der Monarchie plädierten. Schlussendlich wurden sie jedoch für ihre Überzeugungen und den Einsatz gegen die Schreckensherrschaft selbst verfolgt. Gemeinsam mit Janneke spazieren wir noch ein wenig durch die Straßen der Altstadt, bevor wir uns verabschieden und noch ein paar Minuten Freizeit genießen.
Wir verlassen Bordeaux und fahren in die Weinregion Médoc, die besonders für ihre Rotweine und den feuchtfröhlichen Marathon du Médoc bekannt ist. Bei diesem besonderen Marathon geht es nicht nur um die sportliche Leistung, sondern auch darum edlen Rotwein und Feinkost wie Austern, Muscheln und Pralinen zu verkosten. Und weil das ganze noch nicht verrückt genug ist tut man das am ersten Septemberwochenende, meist bei über 30° und in einem lustigen Kostüm. An diesem Wochenende steht die sonst so ernsthafte Weinaristokratie der Premier Cru Châteaus tatsächlich einmal Kopf und man bekommt auch zutritt zu den sonst so privaten Gärten und Weinbergen.
Leider ist es nicht September und wir müssen uns mit einem regulären Besuch bei einem normalen Château begnügen. Immerhin bei schönstem Wetter erreichen wir unser Ziel: Château Balac, ein alter Familienbesitz seit mehreren Generationen. Der Inhaber ist ein international ausgebildeter Önologe und hat das Wissen und Können, um auf ökologischen Weinbau umzustellen. Das Weingut hat für die Weine ab 2022 ein Ökozertifikat, denn da war die Übergangszeit für die ökologische Anerkennung abgelaufen, die die Jahre dauert. Wir begreifen, dass Weinbau in der heutigen Zeit harte Arbeit und Unsicherheit bedeutet. Wir bekommen anschließend ein reichhaltiges, zünftiges Winzeressen mit Käse und Wurst und eine Weinprobe mit drei verschiedenen Weinen, die unterschiedlich gut bei uns ankommen. Beim Essen sind sich glücklicherweise alle einig.
So gemütlich es auch im Schatten der Bäume im Garten ist, leider müssen wir aufbrechen, denn wir haben noch einiges vor heute. Zunächst geht es über die Médoch-Halbinsel und durch jede Menge Verkehr zur höchsten Wanderdüne Europas, der Düne von Pilat. Der Aufstieg ist bei den sommerlichen Temperaturen gepaart mit ordentlich Wind nicht unbedingt einfach, aber lohnenswert: Weit blickt man von oben über den Pinienwald auf der einen Seite, den Atlantik auf der anderen. Nach diesem eindrücklichen Erlebnis geht es weiter in Richtung Baskenland. Darüber und über die Basken, über ihre Sprache, Sitten und Gebräuche, sowie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit den Basken in Spanien sprechen wir während der Fahrt. Am Abend erreichen wir die Hauptstadt des französischen Baskenlands, Bayonne. Unser Hotel befindet sich in einem alten Stadtpalast - ebenso alt scheint auch der winzige Fahrstuhl zu sein, der ein kleines Abenteuer für sich selbst darstellt. Zum Glück sind wir eine so kleine Gruppe, sonst würde sich das Koffertransportieren noch über einige Stunden hinziehen. Das Abendessen nehmen wir dann auf der Außenterrasse der nahe gelegenen Brasserie Café du Théatre ein, welche sich direkt neben dem Rathaus befindet. Wir genießen nach diesem langen und sehr warmen Tag alle die frische Abendluft und fühlen uns im Baskenland irgendwie sofort wohl.
01.05.2025 Abenteuer Jour du Travail in Bayonne und Biarritz
Dass die Franzosen gerne Streiken und auch der erste Mai als Tag der Arbeit in Frankreich sehr hoch gehalten wird, ist allgemein bekannt, aber heute dürfen wir erleben, was das tatsächlich bedeutet. Der heutige Tag steht zur freien Verfügung und einige aus der Gruppe haben sich entschieden, spät zu frühstücken und dann einen ruhigen und gemütlichen Tag in Bayonne zu verbringen. Den Großteil zieht es jedoch an den Atlantik, in den ehemaligen Badeort der Schönen und Reichen, nach Biarritz. Wir gehen also los und kaufen die Fahrkarten für den Trambus im Tabac-Geschäft um die Ecke, nur um dann wenige Sekunden später von einer aufgewühlten Verkäuferin zurückgepfiffen zu werden: Heute sei doch der erste Mai, heute fahre kein Bus. Wirklich gar kein Bus? Was ist denn mit dem Feiertagsfahrplan? Nein, wirklich kein Bus, heute ist doch Jour du Travail. Da stehen wir nun. Immerhin bekommen wir sofort unser Geld zurück. Einige geben sich relativ schnell mit der Idee zufrieden, doch in Bayonne zu bleiben, der Rest überlegt. Zu Fuß gehen? Nicht wirklich eine Option. Taxi? Auch weit und breit keins zu sehen. Dann kommt der Reiseleiterin die zündende Idee: Uber. Was ist das denn? Wir machen einen kleinen Crashkurs zum Thema mobile Apps und wenige Minuten später stehen 9 Personen fasziniert um ein Handy und beobachten, wie sich ein kleiner Punkt uns nähert. Zwei Autos und eine halbe Stunde später stehen wir am Casino in Biarritz. Geht doch. Die individuelle Rückkehr nach Bayonne ist nun zwar nicht mehr möglich, aber das nehmen alle gerne in Kauf.
Der ehemalige Walfänger Hafen Biarritz hatte seine große Blütezeit Ende des 19. Jahrhunderts. Bis in das 20. Jahrhundert hinein vergnüpgten sich hier am Atlantik Adlige und andere Prominente. Relikte aus jener Zeit sind verschiedene Gebäude im Jugendstil und Art Deco. Heute ist der Ort eine der Surfhochburgen Frankreichs, sind doch hier die Wellen hoch genug für diesen Sport. Wir spazieren entlang des Hauptstrandes und werfen einen Blick auf die ehemalige Sommerresidenz von Kaiserin Eugénie, die heute ein Luxushotel ist. Der alte Hafen strahlt noch ein wenig Fischerromantik aus. Hier kann man in den Restaurants die Fänge der Fischer verkosten. Die Eisenbrücke zum Rocher de la Vierge führt, wurde von Gustave Eiffel errichtet. Von hier aus hat man eine wunderbaren Blick auf den Golf von Biskaya und kann heute bis nach San Sebastian und noch viel weiter die Küste des spanischen Baskenlands entlang blicken. Wir spazieren noch ein wenig durch die Gassen der Innenstadt und besuchen anschließend die Kirche Sainte-Eugénie. Von hier aus geht jeder seiner eigenen Wege und wir treffen uns am frühen Nachmittag wieder zur Rückfahrt nach Bayonne.
Mittlerweile sind die dunklen Gewitterwolken vom Vormittag komplett verschwunden und das Wetter lädt dazu ein, auch in Bayonne noch einen Spaziergang zu machen. Die Hauptstadt des französischen Baskenlands begeistert mit ihren engen Gassen, die gesäumt sind von mittelalterlichen Fachwerkhäusern und auch die Kathedrale Sainte-Marie ist einen Besuch wert.
Am Abend besuchen wir alle gemeinsam ein traditionelles Bistro am Ufer des Flüsschens Nive, welches nur ein paar Meter weiter in den Adour mündet.
02.05.2025 Ein Tag im Pays Basque
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des Baskenlandes. Unser erstes Ziel liegt im pittoresken Tal der Nive und der Name das 2.000-Seelen-Örtchen ist heute weltbekannt: hier in Espelette wurde um das Jahr 1000 von einem Angehörigen einer adligen Familie eine Burg errichtet. Er war einer der 12 Barone des Königreichs Navarra, das später an Aquitanien fiel und eine Zeit lang unter englischer Herrschaft war. Nach der Wiederentdeckung Amerikas gelangten wohl im 16. Jahrhundert die ersten Chili-Pflanzen aus denen das Piment d’Espelette hervorging in das Nivetal. Der Ort profitiert natürlich heute nicht nur vom Paprikaanbau über die Jahrhunderte, sondern auch von zahlreichen Touristen und so gibt es jede Menge Einkaufsmöglichkeiten. Doch wir haben Glück, dass wir relativ früh ankommen, sodass wir die hübschen Fachwerkhäuser und die trutzige Wehrkirche noch ohne Trubel erkunden können. Ein weiteres Highlight ist der Besuch bei der Chocolaterie Antton, wo wir nicht nur eine Menge über Kakao und Schokolade erfahren können, sondern auch einige Leckereien verkosten.
Mit einigen Souvenirs mehr im Gepäck fahren wir zu unserer nächsten Besichtigung. Die Grotte von Sare ist eine Höhle, die durch bestimmte Mineralien eine atypische Höhlenformation aufweist. Es gibt eine besondere Beleuchtung und Erklärungen zu den verschiedenen Themen wie Geschichte, Geologie und die Bewohner, die Fledermäuse, die wir auch zu sehen bekommen.
Durch die schönen kleinen Dörfchen des bergigen Hinterlandes fahren wir weiter an die Küste. Das nächste Ziel heißt Saint-Jean-de-Luz. Hier in diesem winzigen Fischerörtchen heiratete einst Ludwig XIV. die Infantin Maria Theresia von Spanien. Warum hier? Nun, der Ort lag genau zwischen Paris und Madrid. Wir wollen gerne die kleine Kirche besuchen, wo sie getraut wurden und die wie ein Schiff gebaut ist. Leider ist dies wegen einer Trauerfeier nicht möglich. Also begnügen wir uns mit dem Portal ,welches auf Veranlassung des späteren absolutistischen Herrschers zugemauert wurde. Vom Hafen aus kann man auch hinüber in den Nachbarort Ciboure schauen, wo direkt am Hafen ein recht untypisches Steinhaus zwischen all den Fachwerkhäusern steht. In diesem wurde im Jahr 1875 der berühmte Komponist Maurice Ravel geboren. Das Wetter ist leider auch nicht so recht auf unserer Seite und unser Aufenthalt wird von einem Gewittersturm überschattet. Trotzdem hat uns das hübsche Hafenstädtchen gut gefallen.
Zu guter Letzt geht es für uns in die Grenzstadt Hendaye. Auf einem Hügel mit Blick auf den Atlantik liegt das Schloss des Antoine Thomson d’Abbadie, ein Geograf und Weltreisender, der glühender Verfechter der baskischen Sprache gewesen ist. Er ließ sich dieses Domizil von niemand geringerem als Eugène Viollet le Duc entwerfen und erbauen. Der Architekt und frühe Denkmalpfleger ist sonst hauptsächlich in der Restaurierung mittelalterlicher Bauwerke tätig gewesen und es muss ein Traum für ihn gewesen sein, mit einem so außergewöhnlichen Projekt betraut worden zu sein. Alles im Haus spiegelt die Liebe Abbadies zu fremden Kulturen und Sprachen wider, vor allem der Liebe zu Afrika. Bei einer Führung erfahren wir einige Details über die Einrichtung. Beeindruckend sind die Steinmetz-Arbeiten wie ein Krokodil am Eingangsportal und andere Überraschungen am und im Gebäude. Schön ist auch der weitläufige Park mit Blick auf das Meer.
Zurück in Bayonne erwartet uns zum Abschied vom Baskenland ein typisches Essen in einem Restaurant direkt um die Ecke von unserem Hotel. Wir bestellen zum traditionellen Axoa, einem Eintopfgericht mit Fleisch und Piment d'Espelette, bestellen wir Txakoli, den lokalen Weißwein - der einigen am Ende besser schmeckt als das Essen. Um uns herum befinden sich Fotos und Memorabilia zum baskischen Nationalsport, dem Pelota. Wir verbringen einen gemütlichen Abend zusammen und fallen anschließend geschafft in unsere Betten.
03.05.2025 Am Rande der Pyrenäen: über Pau nach Lourdes
Nach dem Frühstück verlassen wir das Baskenland in Richtung Pyrenäen. Wir fahren nach Westen und erreichen am späten Vormittag die Heimat des Heinrich von Navarra, die Stadt Pau. Die Altstadt liegt auf einem Hochplateau mit herrlicher Aussicht auf die Pyrenäen. Um die 26 Meter Höhenunterschied zu überwinden, entscheiden wir uns für die historische Standseilbahn, eine Stadtverbindung die seit 1908 für alle kostenlos ist. Nach kurzer Zeit stehen wir dann auf dem prachtvollen Boulevard des Pyrenées, der Terrassenstraße die im 19.Jahrhundert als Verbindung zwischen dem Schloss und dem Palais Beaumont diente. Wir haben von hier einen wunderbaren Blick auf das Pyrenäenpanorama, das heute wolkenlos erscheint. Wit spazieren gemeinsam den Boulevard entlang und haben noch etwas Zeit, einen Blick in die Kathedrale oder den Schlosshof zu werfen.
Am Mittag fahren wir weiter nach Lourdes, dem Pilgerort in den Pyrenäen, in dem das 14-jähriges Mädchen Bernadette 1858 in einer Grotte eine Erscheinung gehabt haben soll, die sich wohl mehrfach wiederholte. Der Ort entwickelte sich zu einem herausragenden Pilgerort, in dem Kranke sich Heilung von ihren Leiden erhoffen. Sie trinken das Wasser, welches aus einer Quelle in der besagten Grotte strömt. Auch Jakobspilger besuchen diesen Ort auf ihrem Weg nach Santiago de Compostella.
Nachdem wir unser Gepäck in das Hotel gebracht haben, gehen wir in den heiligen Bezirk. Wir sehen einen Film über die Geschichte der Bernadette und treffen im Anschluss unsere ehrenamtliche Ortsführerin Hildegard, die uns unaufgeregt und sehr bildlich schildert, wie der Pilgerverkehr in Lourdes gemanagt wird. Es ist wirklich faszinierend, Hintergrundinformationen zum gesamten Ablauf einer Wallfahrt zu bekommen, besonders weil an diesem Wochenende eine riesige internationale Kongregation der Malteser in Lourdes weilt und uns schon auf unserem Weg zahlreiche Menschen im traditionellen Habit begegnet sind. Wir besichtigen die verschiedenen Einrichtungen Rund um das Heiligtum, von der Heiligen Grotte bis zum eigens eingerichteten Pilgerhospital Notre-Dame, das über 300 kranke und pflegebedürftige Pilger beherbergen kann. Anschließend gehen wir zur unterirdischen Basilika Sankt Pius X. Sie hat eine Fläche von ca. 12.000 qm und bietet 25.000 Menschen Platz. Sie wurde 1958 zum hundertsten Jahrestag der Erscheinungen durch den späteren Papst Johannes XXIII. geweiht. Wir sehen die Rosenkranzbasilika, die Basilika der unbefleckten Empfängnis. Dann verläuft sich der Rest der noch verblieben Gruppe und wir verabreden uns zum Abendessen im Hotel.
Später am Abend gehen einige von uns noch einmal zum heiligen Bezirk, wo schon die Vorbereitungen für die tägliche Prozession getroffen sind. Der Himmel sieht dramatisch aus: über dem Heiligtum geht die Sonne unter, während sich über den Bergen dunkle Wolken auftürmen und die ersten Blitze zucken. Die Jungfrau aus der Rosenkranzkapelle wird begleitet von einem Priester und anderen Gläubigen eine Stunde lang durch die Reihen der Besucher und Gläubigen getragen, begleitet von Gebeten der Pilgergruppen und Gesängen. Die zahlreichen Kerzenlichter sorgen ebenfalls für eine feierliche die Stimmung. Besinnlich endet dieser Tag und egal ob man gläubig ist oder nicht, hinterlassen die Erlebnisse einen bleibenden Eindruck bei uns.
04.05.2025 Toulouse und Carcassonne
Nach einem recht französischen Pilgerfrühstück geht es für uns weiter in Richtung Okzitanien. Nach einem ordentlichen Gewitter in der Nacht ist der Himmel heute morgen noch wolkenverhangen und wir wissen noch nicht so richtig, wie wir die Wetterlage einschätzen sollen. Zunächst spielt es ja auch erst mal keine große Rolle, wir sitzen schließlich im trockenen Bus. Unser nächstes Ziel, die seit neustem drittgrößte Stadt Frankreichs: Toulouse. Durch den Handel mit Färberwaid im 15. Jahrhundert kam die Hafenstadt an der Garonne zu Reichtum. Toulouse entwickelte sich zu einer Handelsstadt, die in London und Antwerpen ihre Absatzmärkte fand. Aus dieser Zeit stammen die prachtvollen Stadtpaläste in der Altstadt. Um die Schifffahrt noch effektiver zu gestalten, plante man mit dem Canal du Midi im 17. Jahrhundert einen Wasserweg, der die schiffbare Garonne mit dem Mittelmeer verbinden sollte. Eine technische Meisterleistung, musste man doch mit 63 Schleusenanlagen 132 Meter Höhenunterschied ausgleichen. Heute ist Toulouse eine Stadt der Luft- und Raumfahrttechnologie, in der ich auch der Sitz der Firma Airbus befindet. Ein wichtiger Arbeitsgeber der fast 100.000 Arbeitsplätze liefert.
Wir erreichen das Stadtzentrum auf der Seite der großen und modernen Boulevards und spazieren zur Touristeninformation, wo wir unsere Stadtführerin Céline treffen. Gemeinsam geht es weiter zur Place du Capitole mit dem Boden eingearbeiteten Tolosanerkreuz und dem barocken Rathaus. Wir können das Rathaus besichtigen und sehen einige der Malereien und Dekore der Innenräume. Auch einen Blick in den Ratssaal können wir werfen.
Das nächste Ziel ist die Backsteinkirche der Jakobiner, ein Meisterwerk der französischen Gotik mit einem besonderen Licht im Innenraum. Beachtenswert ist auch der achteckige Turm mit Ziergiebeln. Leider hat es mittlerweile angefangen zu regnen und wir sind froh, dass wir heute freien Eintritt in den Kreuzgang des Dominikanerkloster erhalten und so das schlimmste Wetter im Trockenen abwarten können. Durch die hübschen Gassen geht es im Anschluss weiter zum eigentlich wichtigsten Gebäude von Toulouse, der bekannten romanischen Basilika Saint-Sernin. Sie enthält die Reliquien des heiligen Saturninus, der im dritten Jahrhundert den Märtyrertod erlitt. Die Kirche ist ein gutes Beispiel für eine Pilgerkirche, welche die Andachtsübungen großer Menschenmassen erlaubt, denn schließlich befinden wir uns mitten auf der Via Tolosana, einem der zahlreichen Jakobspilgerwege durch Frankreich. Wir verabschieden uns von unserer Stadtführerin und haben nun noch ein wenig Zeit für eine Mittagspause oder um die Kathedrale von innen zu besichtigen.
Unter wechselhaftem Wetter geht es dann weiter entlang des Canal du Midi in Richtung Mittelmeer. Das nächste Ziel ist die sagenumwobene mittelalterliche Stadt Carcassonne. Wir sprechen auf dem Weg über die Katharer, die aufgrund ihrer anderen Weltanschauung einst als häretische Sekte von der katholischen Kirche verdammt und bekämpft wurden. Es fand ein regelrechter Kreuzzug gegen die Katharer statt, die unter anderem auch in Carcassonne Zuflucht suchten. Unterwegs sucht uns noch ein Gewitter heim, doch wenige Kilometer vor unserem Ziel kämpft sich wieder die Sonne durch die Wolken und wir können für einen Panorama-Fotostopp an einer Raststätte anhalten.
Wir fahren zunächst zu unserem Hotel und checken ein, danach geht es dann zu Fuß los auf Erkundungstour. Gut bewaffnet mit Regenschirmen und Jacken machen wir uns auf den Weg - fast im absoluten Vertrauen, dass wir nichts davon brauchen würden. Vor den mächtigen Burgmauern machen wir Bekanntschaft mit Madame Carcas, die der Legende nach mit einer List die Stadt von einer erlöst haben soll. In den mittelalterlichen Gassen teilt sich unsere Gruppe dann ein wenig auf. Ein Teil besucht das Château Comtal und die Stadtmauer, während der andere Teil die Zeit einfach zum gemütlichen Bummeln nutzt. Obwohl die Cité, wie sie genannt wird, wie ein vollständiges mittelalterliches Ensemble wirkt, wurde Carcassonne im Laufe der Jahrhunderte viele Male angegriffen, besetzt und schlussendlich dem Verfall überlassen. Eugène Violet le Duc war es schließlich, der die Festung in der Mitte des 19. Jahrhunderts restaurierte und so auch maßgeblich zu ihrem heutigen Aussehen beigetragen hat. Original oder nicht, wir sind begeistert von dem tollen Ambiente, das wir jetzt am Nachmittag fast für uns alleine haben und so vergeht die Zeit bis zum Abendessen wie im Flug.
Als wir zurück im Hotel sind fängt es dann tatsächlich an zu regnen, aber das kann uns ja nun egal sein. Wir lassen uns in angenehmer Runde das okzitanische Cassoulet schmecken.
05.05.2025 Fontfroide und Camargue
Wir verlassen Carcassonne mit einer Ehrenrunde und einem letzten Blick auf die beeindruckende Festung, dann geht es los in Richtung Mittelmeer. Bevor wir jedoch bei Narbonne die Küste erreichen, widmen wir uns einem alten Credo: Wein am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen - oder so... Jedenfalls gibt es heute endlich mal wieder eine Weinverkostung. Uns erwartet das ehemalige Zisterzienser-Kloster Fontfroide.
Nachdem die Benediktinermönche der Abtei von Cluny im 11. Jahrhundert durch Spenden, Stiftungen und Verpachtung ihrer Ländereien zu einem beachtlichen Reichtum gekommen waren, entfernten sich die Mönche immer weiter von den Grundsätzen ihres Ordens. Sie konzentrieren sich auf die geistliche Arbeit und gaben die körperliche Arbeit an Laienmönche ab. Robert von Molesme verließ daraufhin Cluny und gründete zunächst die Abtei von Molesme und wenig später 1098 Cîteaux. Hier sollten die Mönche tatsächlich wieder von ihrer eigenen Hände Arbeit leben, isoliert von den Einflüssen der Außenwelt und nach den strengen Benediktsregeln. Bis zur Französischen Revolution gab es über 700 Zisterzienser-Klöster in ganz Europa, Fontfroide war eines davon. Heute gibt es hier keine Mönche mehr, der Wein ist jedoch geblieben. Außerdem ein Drei-Sterne-Michelin-Restaurant und ein Kulturzentrum.
Bei einer privaten Verkostung bekommen wir mit viel Expertise die verschiedenen Weine erklärt und stellen einmal mehr fest, wie verschieden Geschmäcker doch sein können - doch irgendwie ist doch für jeden das Richtige dabei und einige Flaschen wandern später in den Kofferraum unseres Reisebusses.
Dann geht es weiter für uns: vorbei an Montpellier und in die nächste Region unserer Reise, die Provence. Im Mündungsgebiet der Rhone, liegt das riesige Landschaftsschutzgebiet der Camargue. Die Schwemmlandgebiete sind vor allem berühmt für die weißen Camargue-Pferde, die rosafarbenen Flamingos und die schwarzen Camargue-Stiere, die besonders für die lokalen Traditionen eine große Rolle spielen. Schon von Weitem sieht man die Salinen wo das fleur-de-sel gewonnen wird. Erst seit dem 19.Jahrhundert wird das Sumpfland agrarisch genutzt: man entwässerte das Flachland und hob Gräben aus. Heute wird in der Camargue auch Reis angebaut.
Unser erstes Ziel ist Aigues-Mortes, was soviel wie "totes Wasser" bedeutet. Der Name geht vermutlich schon auf die Römer zurück, die Stadt jedoch geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Damals besaß der französische König kein Land in Süd-Frankreich. Die Provence gehörte zum Heiligen Römischen Reich und das Languedoc den Königen von Aragón. So erwarb Ludwig IX., der Heilige genannt, ein Stück Land, um einen Hafen zu gründen, von welchem aus er zum Sechsten Kreuzzug aufbrechen konnte. Bis heute ist die im 16. Jahrhundert vollendete Stadtmauer erhalten und mit dem prominenten Wehrturm Tour de Constance die größte Sehenswürdigkeit. Wir nehmen uns Zeit und spazieren durch die kleinen pittoresken Gässchen bevor wir uns später wieder treffen, um die Camargue noch aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.
Am Nachmittag brechen wir auf zu einer Schifffahrt auf dem Kanalsystem der Camargue. Wir befahren einen Seitenkanal des Canal du Rhône à Sète und können nun die Stadtmauer von Aigues-Mortes langsam hinter uns verschwinden sehen. Schon nach kurzer Zeit gleiten wir vorbei an Spargelfeldern, Weinplantagen, wo der berühmte Vin de Sable wächst und stehenden Gewässern, in denen Flamingos zu entdecken sind.
An einer Manade, einer Stierzucht, legen wir mit dem Schiff an und gehen an Land. Begrüßt werden wir von zwei Guardiennes, wörtlich übersetzt Viehhüterinnen, die uns demonstrieren, wie sie - hoch zu Ross versteht sich - die wilden Stiere zusammentreiben und von einander trennen können. Ein junger Stier ist tatsächlich ziemlich störrisch und kann nur mit sehr viel Geschick gebändigt werden. Der alleinige Sinn der Stierzucht ist eigentlich die Corsa Camarguenca - die südfranzösische Art des Stierkampfes. Hier müssen die Kämpfer mit Schnelligkeit und Geschick versuchen, dem Stier Trophäen von der Stirn und den Hörnern zu entreißen. Es ist eine unblutige Variante des Stierkampfes, aber trotzdem weder ungefährlich noch unumstritten. Da sich nicht jeder Stier als Kampfstier eignet, wir schon bei den Jungtieren aussortiert. Denjenigen, die weder für Kampf noch Zucht tauglich sind, denen blüht die kulinarische Zukunft - als Braten, Wurst oder Steak auf den Tellern der Touristen sowie der Einheimischen. Stier ist nicht hier nicht nur Tradition, sondern auch eine Delikatesse.
Zurück am Anleger in Aigues Mortes werden wir von unserem Bus eingesammelt und wollen eigentlich ins nahgelegene Saintes-Maries-de-la-Mer weiterfahren. Leider stellt sich nach etwa 20-minütiger Fahrt heraus, dass die einzige Verbindungsstraße durch eine enge Baustelle unpassierbar für den Bus ist. Die einzige Alternative wäre es, bis nach Arles zu fahren und von dort aus wieder den ganzen Weg nach Süden. Gemeinschaftlich beschließen wir in Anbetracht der fortgeschrittenen Tageszeit, dass wir das doch lieber bleiben lassen. Auf sehr interessanten Landwirtschaftswegen fahren wir also stattdessen gleich nach Arles zu unserem Hotel. Dieses liegt zwar etwas außerhalb des Zentrums, überrascht uns aber mit unerwartet gutem Abendessen.
06.05.2025 Die Provence: Arles, Pont du Gard und Avignon
Am nächsten Morgen fahren wir nach dem Frühstück mit dem Bus ins Stadtzentrum von Arles. Die Stadt an den Ufern der Rhone blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Gegründet von dem keltiberischen Stamm der Salluviern, übernommen von den Römern und im ständigen Konkurrenz mit der griechischen Stadt Massalia (heute Marseille) entwickelte sich die Stadt gegen Ende des vierten Jahrhunderts zur Hauptstadt Galliens. In Arles kreuzten sich die Handelsstraßen Via Agrippa nach Norden und Via Aurelia von Osten nach Westen. Noch heute sind die Relikte der Antike deutlich zu erkennen.
Wir betreten die Altstadt durch die Porte de la Cavalerie und haben am frühen Morgen die Stadt wieder einmal fast für uns alleine. Unser Weg führt uns über die Place Voltaire, wo sich im Sommer abends die Einwohner und Touristen tummeln, französischen Wein und gutes Essen genießen und so gut wie immer Musik in der Luft liegt. Von hier aus kann man schon Teile des berühmtesten Bauwerks der Stadt erkennen. Das Amphitheater aus römischer Zeit erhebt sich, auf einer kleinen Anhöhe erbaut, über die umliegenden Häuser und ringsherum führen die Straßen auf den imposanten Bau zu. Einst spielten sich hier Gladiatorenkämpfe ab, heute ist die Arena von Arles der wichtigste Austragungsort für die Corsa Camarguenca. Uns fallen sofort die ungewöhnlichen Vierecktürme auf, die auf die Arkadengänge aufgesetzt worden sind. Ein Überbleibsel aus dem Mittelalter, denn ab dem sechsten Jahrhundert hat man die Arena zu einer Festung ausgebaut, in der sich etwa 200 Häuser befunden haben. Erst Ende des 19. Jahrhunderts baute man das Amphitheater zurück, um die eigentliche Funktion wieder herzustellen.
Gleich nebenan befindet sich das noch ältere römische Theater, wo in der Antike Theateraufführungen und andere Spiele stattfanden und heute auch wieder stattfinden. Vorbei am barocken Rathaus kommen wir an die Place de la République. Vor uns ein Obelisk und die Kathedrale Saint-Trophime, in der einst Friedrich Barbarossa zum König von Burgund gekrönt wurde. Auf dem romanischen Portal ist das Weltgericht zu bewundern. Unser Weg führt uns dann weiter zur Place du Forum mit seiner beeindruckenden Hotelfassade des Hotel Nord Pinus, ziert sie doch Säulen aus der Zeit Trajans. Hier war der einstige Versammlungsplatz zur römischen Zeit. Das Café de Nuit, das von Vincent Van Gogh in seinen Bildern verewigt ist, ist auch gleich zu erkennen. Leider steht es nun schon seit einiger Zeit leer und macht daher keinen allzu pittoresken Eindruck mehr. Obwohl sich Van Gogh nur kurze Zeit in Arles aufgehalten hat, war er hier unglaublich produktiv: über 400 Gemälde und Zeichnungen hat er in der Provence angefertigt. Auch der legendäre Streit mit Paul Gaugin, welcher für den Niederländer mit einem abgeschnittenen Ohr endete, trug sich in Arles zu. Da kann Herr Mistral der in der Mitte des Platzes thront nur müde lächeln. Er war ein bedeutender provenzalischer Dichter, der im provenzalischen Dialekt schrieb. Wir haben nun noch ein wenig Zeit selbstständig durch die schattigen Gassen zu bummeln, bevor wir die Reise durch die Provence fortsetzen.
Unser nächstes Ziel ist das wohl berühmteste römische Bauwerk Frankreichs, der Pont du Gard aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Das Aquädukt überspannt den Fluss Gardon und war Teil einer etwa 50 Kilometer langen Wasserleitung, die Wasser von den Quellen nahe Uzès zur römischen Stadt Nîmes transportierte. Die Brücke ist 49 Meter hoch und umfasst drei Etagen, die heute allerdings gesperrt sind. Ab dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert nutzte man den Pont du Gard als Straßenbrücke. Um den römischen Bau nicht weiter zu beanspruchen erweiterte man das römische Bauwerk um eine weitere Brücke, welche mittlerweile nicht mehr befahren werden darf. Wir dürfen sie jedoch benutzen, um an das andere Ufer des Gardon zu gelangen und uns den Pont du Gard aus allen Perspektiven anzusehen.
Am frühen Nachmittag erreichen wir schließlich erreichen wir die „unprovenzalischste Stadt der Provence“. Dazu geführt, dass das Erscheinungsbild der Stadt zwischen Rhone und Durance seit dem 14. Jahrhundert tatsächlich sehr untypisch ist, hat ein Streit zwischen kirchlicher und weltlicher Macht. Nachdem die französische Krone immer weiter an Macht gewonnen hatte, schaffte sie es so weit Einfluss auf die Papstwahlen zu nehmen, dass mit Clemens V. schließlich ein Franzose Oberhaupt der Kirche wurde. Dieser ließ sich in Lyon krönen, schafft es aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht nach Rom zu ziehen und ließ sich schließlich in Avignon nieder. Entstanden war so das avignonesische Exil und die folgenden sieben Päpste fingen an, ihre Residenz in der provenzalischen Stadt auszubauen. Innerhalb weniger Jahre entstand der Papstpalast, der zu den größten und wichtigsten Gebäuden der europäischen Gotik gehört und auch heute noch wunderbar erhalten ist. Gleichzeitig scharrten die Päpste die wichtigsten Künstler, Handwerker, Wissenschaftler und Kaufleute um sich und machten Avignon zur Metropole.
Auch wenn der Papst schon seit dem 15. Jahrhundert wieder in Rom residiert, ist Avignon seine herrschaftliche Gestalt erhalten geblieben. Die Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert ist mit ihren 39 Türmen und sieben Toren noch erhalten und natürlich darf auch ein Blick auf die Brücke Saint Bénézet, besser bekannt als Pont d’Avignon, nicht fehlen. Mit dem berühmten Kinderlied im Ohr geht es dann los zum Stadtbummel bei sommerlichen Temperaturen.
Durch das provenzalische Hinterland machen wir uns später schließlich auf den Weg nach Norden, immer mehr oder weniger der Rhone folgend. Wir hören vom Lavendel, der ab Ende Juli in den Bergen wächst und von den vielen Burgen im Rhonetal, die den alten Handelsweg der Römer über Jahrhunderte hinweg schützen sollten.
Am Abend erreichen wir unser nächstes Ziel: Lyon. Die Großstadt zwischen Rhone und Saône hat zwar gerade den Rang als drittgrößte Stadt Frankreichs an Toulouse verloren, ist aber nach den vielen Tagen auf dem Land oder in kleinen Städten doch wieder eine ordentliche Umstellung für uns. Wir fahren vorbei am modernen Bau des Museums La Confluence und kommen durch das relativ neue Viertel Perrache. Unser Hotel liegt in der Nähe des Bahnhofs und wir schaffen es zu Franks Freude tatsächlich, vor dem Hotel den Bus abzustellen und die Koffer zu entladen.
Zum Abendessen haben wir es nicht weit zur Brasserie Georges direkt am Bahnhof. Sie ist in Lyon eine absolute Institution und existiert schon seit 1836. Zahlreiche Prominente wie Edith Piaf, Laetitia Casta und Jean-Paul Belmondo waren hier schon zu Gast und haben sich auf großen Portaitfotos mit Widmungen verewigt. Das Restaurant, das bis heute wie eine große Bahnhofshalle im Art Deco Stil aussieht, ist gut besucht und wir sind froh, in einem extra Raum bewirtet. Hier in Lyon liebt man es eher deftig und so kommen heute Abend alle auf ihre Kosten.
07.05.2025 Ein Regentag in Lyon
Der heutige Tag steht heute ganz im Zeichen von Lyon, nur leider ist das Wetter nicht so ganz auf unserer Seite. Bei einer so langen Reise muss das wohl irgendwann dann doch mal passieren... Wir lassen uns jedoch die Laune nicht verderben und machen uns auf den Weg ins Stadtzentrum, um dort unsere Stadtführerin Delphine zu treffen. Die Place Bellecour ist mit 62.000 Quadratmetern der größte Platz Lyons und der drittgrößte Platz Frankreichs, in der Mitte begrüßt uns ein Reiterstandbild Ludwigs XIV. und rundherum eine Menge Stau und Baustellen, daher steigt unsere Stadtführerin kurzerhand mitten auf der Straße zu uns in den Bus und hat erstmal zu tun, uns durch das Lyoner Verkehrschaos zu navigieren. Wir merken schnell: Lyon ist eine hügelige Stadt. Wir fahren hinauf zur alles überragenden Basilika Notre Dame de Fourvière. Die Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Wallfahrtsbasilika erstrahlt im Innenraum vom verwendeten Gold und wir bestaunen die detailreichen Mosaiken. Vom Aussichtspunkt hinter der Kirche aus haben wir einen guten Blick auf die Stadt Lyon, die Stadt der Renaissance und das moderne Lyon, sowie das Stadtviertel Croix Rousse am Ufer der Saône, ehemals Stadtviertel der Seidenweber. Wir fahren wieder hinunter an das Ufer der Saône und gehen von dort aus zu Fuß weiter. Wir lernen die sogenannten Traboules kennen: Durchgänge von einer Straße in die nächste unter Ausnutzung der Hinterhöfe und Korridore von Wohnhäusern. Viele der Traboules sind heute für fremde Besucher gesperrt, fühlen sich doch die Bewohner durch den Krach der Reisegruppen belästigt. So sind wir schön still, als wir durch die „Privatsphären“ der Lyoner Bürger schleichen. Besonders eindrücklich sticht das "Hôtel Gadagne" hervor - das noble Anwesen wurde im 16. Jahrhundert von dem Bankier und Kaufmann Thomas Il de Gadagne gemietet und später von dessen Söhnen umgebaut. Die Familie florentinischer Herkunft war ab dem 15. Jahrhundert in Lyon ansässig und galten als unermesslich reich, daher gibt es in Lyon auch das Sprichwort "Reich wie Gadagne". Nach der Unterteilung und Nutzung als Mietwohnungen im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude 1920 an die Stadt Lyon verkauft. Heute befinden sich mehrere Museen um den schönen Innenhof herum.
Zum Ende unserer informativen Stadtführung regnet es leider noch immer, sodass sich einige zunächst erst einmal auf einen Kaffee ins nächstbeste Lokal zurückziehen. Am Ende aber kann das Wetter entschlossene Entdecker nicht abhalten und die meisten nutzen den freien Nachmittag um Lyon weiter auf eigene Faust zu erkunden.
Am Abend treffen wir uns alle noch ein zweites Mal in der Brasserie Georges und heute wird unser Besuch von deren berühmt-berüchtigter Eistorte gekrönt - stilecht mit Wunderkerzen serviert.
08.05.2025 Verliebt ins Burgund: Cluny, Tournus und Beaune
Nach dem Frühstück verlassen wir Lyon in Richtung Norden. Schon nach kurzer Fahrt erreichen wir das einstige Herzogtum Burgund. Das sogenannte Herz Frankreichs ist schon seit langen Zeiten ein Durchreisekorridor Europas. Selbst heute verbringt der durchschnittliche Besucher weniger als zwei Nächte in der wunderschönen Region, die doch kulturell und kulinarisch so viel zu bieten hat.
Noch heute ist das Burgund sehr ländlich geprägt und lässt noch überall Spuren davon erkennen, dass es einst das christliche Zentrum Europas gewesen ist. Unser erstes Ziel ist Cluny, wo um das Jahr 910 das wichtigste Benediktinerkloster Frankreichs gegründet wurde. Bis zum Bau von Neu-St. Peter in Rom im 16. Jahrhundert war die spätere Abteikirche aus dem 12. Jahrhundert die größte Kirche der Christenheit. Alleine das macht deutlich, welche Macht die Äbte von Cluny hatten, die niemandem außer dem Papst unterstanden und als geistliche Berater verschiedenster Herrscher fungiert haben. Der Niedergang setzte ein, als das Kloster dem französischen König unterstellt wurde und fortan Kommandanturäbte eingesetzt wurden. Den endgültigen Untergang erlebte Cluny dann mit der Revolution. Das Kloster wurde geschlossen und als Steinbruch verwendet, so dass heute nur noch ein Bruchteil die einstigen Dimensionen erahnen lässt.
Staunend wandeln wir durch die verbleibenden Mauern des alten Klosters und können uns Dank einer tollen Videoanimation zumindest annähernd vorstellen, wie es hier im Mittelalter einmal ausgesehen haben muss.
Die besondere Atmosphäre wird noch dadurch unterstrichen, dass eine Parade anlässlich des 8. Mais und durch den Kreuzgang des Klosters führt, bevor sie sich anschließend durch die engen Gassen schiebt, um sich schließlich auf dem Vorplatz der Dorfkirche zur Kundgebung zu formieren.
Gegen Mittag geht es entlang der burgundischen Weinstraße vorbei an Cormatin mit seinem beeindruckenden Wasserschloss, in das kleine Städtchen Tournus. Dort lädt die Abbaye Saint-Philibert aus dem 11. Jahrhundert zu einem Besuch ein. Mit ihrem wehrhaften Charakter und der verhältnismäßigen Schmucklosigkeit spiegelt sie die Zeit der Romanik wider.
Nach einer kleinen Mittagspause führt uns unser Weg dann in die Weinhauptstadt der Bourgogne. Hier besichtigen wir das beeindruckende Hôtel-Dieu aus dem 15. Jahrhundert. Die Auswirkungen des Hundertjährigens Krieges waren vor allem in den ländlichen Gegenden Frankreichs zu spüren. Fast drei Viertel der Bevölkerung Beaunes waren von Armut und Hunger bedroht. So wählte der burgundische Kanzler Philipps des Guten, Nicolas Rolin, Beaune als Ort um sich und seiner Frau das Seelenheil für das Leben nach dem Tod zu erkaufen und stiftete ein Hospital, das sich um Kranke, Alte und Arme kümmern sollte.
Bis 1971 war das Krankenhaus in Betrieb, noch heute ist in einem Flügel ein Altenheim untergebracht. Der Rest ist museal aufgearbeitet und erzählt u.a. die Geschichte der frühen Medizin. Auch kunsthistorisch gibt es Hochkarätiges zu entdecken. Rolin scheute keine Kosten und Mühen und ließ für die Kapelle im Krankensaal ein Altarretabel vom Brüssler Hofmaler Rogier van der Weyden anfertigen. Glücklicherweise wurde dieses vor den Revolutionären versteckt und ist heute im Museumstrakt frisch restauriert zu bestaunen.
Nach der ausführlichen Besichtigung bleibt noch etwas Zeit für einen Stadtbummel, bevor wir uns dann auf den Weg in die Hauptstadt der Region machen. Das Burgund hat uns heute auf Anhieb verzaubert, nicht nur wegen des schönen Wetters, und so sind wir gespannt darauf, morgen Dijon zu erkunden.
09.05.2025 Dijon und Weiterreise ins Elsass
Mit dem Bus geht es am nächsten Morgen von unserem Hotel zum Busparkplatz in der Innenstadt, wo wir unseren Stadtführer Sylvain treffen. Motiviert führt er uns gleich los in den angrenzenden Stadtpark Darcy und erzählt uns, wie sich seine Heimat in den letzten zwanzig Jahren von einem lauten und schmutzigen Verkehrschaos in eine fußgängerfreundliche Stadt verwandelt hat. Es ist kein Wunder, dass in Dijon viel los ist. Ungefähr 158.000 Menschen leben hier, das sind knapp 10% der Einwohner des gesamten Burgund. Vor allem viele junge Leute, denn es gibt sowohl eine renommierte Universität als auch mehrere Hochschulen.
Vorbei an dem Triumphbogen Porte Guillaume spazieren wir nun durch die Fußgängerzone Rue de la Liberté, eine der längsten Fußgängerstraßen Frankreichs. Ganz in der Nähe sehen wir die alte Hauptpost, die an der Stelle erbaut wurde, an der früher einmal eine französische Wehrburg stand, um die Einwohner Dijons zu kontrollieren, nachdem die Herzöge Burgunds ihre Macht an den französischen König verloren hatten.
Vorbei an den Markthallen geht es dann durch die pittoresken mittelalterlichen Gassen, wo an jeder Ecke ein anderes Fachwerkhaus ein wunderbares Fotomotiv abgibt. An der Kirche Notre-Dame können wir schließlich zum einen sehen, wie die Revolutionäre des 18. Jahrhunderts kirchliche Kunst zerstört haben, die eben nicht überall wiederhergestellt worden ist. Zum anderen machen wir Bekanntschaft mit der Chouette, der kleinen Eule an der Nordseite der Kirche, die angeblich Wünsche erfüllen kann und zum Maskottchen der Tourismusbüros geworden ist. Direkt nebenan befindet sich das Stammhaus des Senfherstellers Fallot. Obwohl heute in Dijon kein Senf mehr hergestellt wird und der Name Dijon-Senf nicht markenrechtlich geschützt ist, können wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, die scharfe Würzsoße später auch zu verkosten. Im Innenhof eines besonders schönen Hôtel particulier lernen wir den Kampf- und Feiergesang der Burgunder kennen - lalala lalala lalalalalère - besonders textsicher muss man glücklicherweise nicht sein. Wir hören von Wein, Gewürzkuchen, dem Pain d'Epices, und anderen Leckereien - alles natürlich keine Werbung, versteht sich. Anschließend besuchen wir den Hof des Musée des Beaux-Arts, das in einem Teil des ehemaligen Herzogenpalast untergebracht ist. Zurück in der Nähe der Markthalle verabschieden wir uns dann von Sylvain und es bleibt noch Zeit für eigene Erkundungen.
Als wir uns später am Bus wieder treffen, sind alle hellauf begeistert von Dijon und wollen auf jeden Fall mal wieder kommen - vielleicht ja im Rahmen der Eberhardt Burgund Reise (keine Werbung!). Wir müssen nun aber leider aufbrechen, das Elsass wartet auf uns. Wir machen uns auf den Weg in Richtung Südosten - allerdings nicht, ohne im Städtchen Dôle noch einen kleinen Stopp einzulegen. Zum Einen, weil der Rhein-Rhone-Kanal ein sehr schönes Fotomotiv abgibt, zum anderen um schon mal ein wenig das Ende unserer gemeinsamen Zeit zu zelebrieren. Und wie könnte man das besser tun als mit leckeren französischen Spezialitäten? Wein aus Bordeaux, Käse aus dem Burgund, Senf und Nonnettes aus Dijon lassen wir uns im Sonnenschein gut schmecken bevor wir dann endgültig auf die Autobahn in Richtung Straßburg fahren.
Bei schönstem Wetter erreichen wir am späten Nachmittag das Rheintal und fahren zwischen Vogesen und Schwarzwald in Richtung Norden.
Am Abend erreichen wir die Hauptstadt des Elsass und Sitz des Europäischen Parlaments. Ganz in der Nähe davon befindet sich auch unser Hotel. Da wir durch einen Stau ein wenig in Zeitverzug geraten sind, beeilen wir uns mit dem Zimmerbezug und steigen schnell wieder in den Bus, denn unser Abendessen ist heute in der Altstadt, im alten Zollhaus. Hier bekommen wir ein zünftiges elsässisches Gericht: Sauerkraut mit den zugehörigen - zugegeben sehr fleischlastigen - Beilagen. Einige von uns schaffen nur einen Teil, so groß sind die Portionen... aber die moderne Variante einer Schwarzwälder Kirschtorte muss dann am Ende doch noch irgendwie reinpassen. Wir rollen förmlich aus dem Restaurant und sind froh, dass Frank und Ilona uns mit dem Bus zurück zum Hotel bringen und wir dann nur noch selbstständig in die Betten fallen müssen.
10.05.2025 Abschied und ein Tag im Elsass
Der Tag im Elsass beginnt heute mit einem Abschied, denn da die Reiseleiterin auf dieser Reise relativ kurzfristig eingesprungen ist, muss sie heute schon die nächste Gruppe in Saarbrücken übernehmen.
Als Vertretung kommt heute der örtliche Reiseleiter Michel, der durch Straßburg, Colmar und über die Elsässer Weinstube führen wird.
Am prächtigen Straßburger Münster trennen sich also die Wege für Reiseleiterin und Gruppe. Frank und Ilona betreuen die Reise noch bis zum Abend und verbringen noch einen letzten schönen und feuchtfröhlichen Abend bei Flammkuchen und Wein, bevor es dann am nächsten Morgen in Richtung Heimat losgeht.
Liebe Reisegruppe,
ich möchte mich noch mal ganz herzlich bei Euch bedanken - vor allem für die wunderbare Atmosphäre während der gesamten Reise. Zwei Wochen sind eine lange Zeit und Ihr wart stets gut gelaunt und super diszipliniert. Der Schritt aus meiner "Komfortzone" hat mit Euch wirklich großen Spaß gemacht und ich würde mich wirklich freuen, Euch mal wieder auf einer anderen Reise begrüßen zu dürfen.
Bleibt gesund und reiselustig.
A bientôt,
Eure Sinah