Reisebericht: Rundreise Frankreich – Normandie und Bretagne

01.05. – 10.05.2016, 10 Tage Rundreise mit Metz – Verdun – Rouen – Etretat – Honfleur – Caen – Landungsstrände – Mont St. Michel – St. Malo – Carnac – Vannes – Chartres


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Über Metz und Verdun in die Normandie nach Rouen, Étretat und Honfleur. Zum Mont St.Michel und in die Bretagne über St.Malo, Guimiliau, Quimper und die Cornouaille bis zum Golf von Morbihan, Carnac und Vannes nach Angers und Chartres.
Die herrlichen Regionen der Normandie und der Bretagne in Nordwestfrankreich gehören zu den faszinierendsten Reisezielen in Westeuropa - und wenn man dann noch das Glück hat, sie bei fast immer schönem Wetter zu erleben, sind sie auch solche Reiseziele, die einfach glücklich machen. Ähnlich wie die Höhepunkte der „grünen Inseln" - Schottland, Irland, Wales und Südengland - von ursprünglich keltischen Völkern bewohnt, findet man hier die richtige Mischung aus berauschender Natur, malerischen Orten mit zahlreichen Kunst- und Kulturschätzen und eine gastfreundliche Bevölkerung, die alte Traditionen bewahrt hat. Mit einem Bus voller erwartungsfreudiger Gäste machten wir uns Anfang Mai auf, um die Besonderheiten jener geschichtsträchtigen Gegenden zu erkunden, deren Historie eng mit der fast aller europäischen Länder verknüpft ist ...
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Dresden – Mannheim – Metz: erster Tag, Sonntag, 01.05.16:

Trotz der heute, sonntags, eher entspannten Verkehrssituation, dauerte es natürlich eine ganze Weile, bis wir Deutschland auf der Autobahn von Osten nach Südwesten durchquert hatten. Bei verschiedenen Stopps unterwegs wuchs die Zahl unserer Mitreisenden dann bis Mannheim auf die 32 gebuchten Gäste und am späten Nachmittag überquerten wir die deutsch-französische Grenze und erreichten abends den Hauptort der historischen Landschaft Lothringen.
Die Zeit bis zum Abendessen nutzten wir hier in Metz noch zu einem kleinen Rundgang. Nicht allzuweit von unserem „Kyriad"-Hotel lag die recht hübsche Altstadt, wenn auch infolge des Feiertahges nicht allzu belebt. An einem der historischen Märkte führte unser Weg vorbei und am „Maison de Tete d'Or". Das alte Gebäude ist mit seltsamen, einst vergoldeten Köpfen verziert, die eine Legende andeuten, die von der Zerstörung der Stadt durch Attila, den Hunnenkönig, berichtet. Metz war Teilhauptstadt des fränkischen Reiches und ist schon sehr lange Bischofssitz. Diesem Umstand verdankt es auch seine bedeutende, herrliche Kathedrale Saint-Étienne. Nach Überquerung des großen Paradeplatzes der Garnisonsstadt Metz, dessen eine Längsseite die Kathedrale, die ändere das klassizistische Rathaus einnimmt und an dessen rechter Schmalseite die ebenfalls klassizistische Hauptwache steht, konnten wir die zwischen 1220 und 1520 errichtete gotische Kathedrale betreten. Staunen war angesagt über die ungewöhnliche Höhe des gotischen Mittelschiffs, die dieser Kirche eine gewaltige Raumwirkung beschert. Tatsächlich ist Saint-Étienne von Metz nicht nur einer der größten und schönsten Sakralbaten Frankreichs, sondern mit fast 42 m ist sein Gewölbe nach dem knapp einen Meter höheren von Amiens und dem fragil wirkenden Chor der Kathedrale von Beauvais (48,5 m), die aber nie fertiggestellt wirkte, das dritthöchste gotische Gewölbe der Welt. Außerdem prunkt das Bauwerk noch mit wundervollen farbigen Glasfenstern aus dem späten Mittelalter, wozu sich zwei sehr schöne Fenster gesellen, die der berühmte Maler Marc Chagall in den fünfziger Jahren des 20. Jh. gestaltete. Auf dem höchsten Punkt der Altstadt über der die Stadt durchfließenden Mosel gelegen beherrscht St.-Étienne auch bereits von weitem das Stadtbild - wie muss es vor der wesentlich später erfolgten Bebauung auf vorbeiziehende Händler, Pilger oder Reisende gewirkt haben, den von einer Terrasse gestützten Dombau von weitem zu sehen, der in der Mitteletage seines Turmes ein steinernes Bildnis des Gekreuzigten präsentierte...
Nach kurzem Besuch in der Kathedrale führte uns ein kurzer Spaziergang über die hier durch eine Insel geteilte Mosel zum genau auf dieser liegenden Theaterplatz. Das vermutlich älteste original erhaltene Theater Frankreichs stammt aus der Zeit vor der Revolution 1789 und bildet ein Ensemble mit einer Anlage aus Brunnen und Blumenrabatten und der danebenliegenden Präfektur von Lothringen. Beim weiteren Gang zurück über die Mosel zur alten Zwingerbefestigung der Esplanade, wo gerade jahrelange Bauarbeiten abgeschlossen wurden, konnten wir dann noch einen Blick auf die berühmte spätromanische Templerkapelle werfen - errichtet nach dem Vorbild der Kapelle von Laon, vielleicht die zweitälteste ihrer Art und letzter Rest der einstigen Templerkomturei.
Zuürück im Hotel ging es dann gleich zum Abendessen, das erwartungsgemäß als Vorspeise die regionale Spezialität - Gemüse-Sahne-Torte mit Schinken - „Quiche Lorraine" enthielt.

Metz – Verdun – Compiegne – Rouen, zweiter Tag, Montag 02.05.16 :

Verdun, heute als „Stadt des Friedens" bekannt und im ersten Weltkrieg Schauplatz einer der schlimmsten Schlachten der Epoche, war unser erstes Ziel. Wenn man sich in der Umgebung des Städtchens bewegt, was wir mit einem örtlichen Führer taten, istr man verblüfft: obwohl inzwischen hundert Jahre vergangen sind, kann man die Spuren der Ereignisse, die sich hier zugetragen haben, gut erkennen, denn sie haben den Ort bis heute komplett gezeichnet. Die außerordentlich eindrucksvolle Rundfahrt über Schlachtfelder, Gedenkstätten , historische Forts und Soldatenfriedhöfe, zeigt die Spuren eines Geschütz- und Bombardierungskrieges, in denen hunderttausende Soldaten sinnlos geopfert wurden. Nachdem wir hunderte Bombentrichter, Sappen und Laufgräben - in Resten erhalten und teilweise langsam vom Wald vereinnahmt - gesehen hatten, begannen wir die Innenbesichtigungen mit dem Besuch des „Ossuaire", des Beinhauses, das lange nach dem Krieg in der seltsamen Form eines Schwertgriffes, als stecke das Schwert hier in der Erde, errichtet wurde. Es dient zur Aufnahme der Gebeine von über hundertzwanzigtausend Gefallenen, die man nicht mehr zuordnen konnte ... Sehr beeindruckend - aber auch bedrückend - war die folgende Besichtigung des einstigen Artillerieforts Douaumont. Nicht nur die düsteren, feuchten Soldatenunterkünfte, die gewaltigen unterirdischen Straßen—und Gangsysteme und die Reste eines gewaltigen Geschützturmes, sondern auch die bewegende Führung durch den örtlichen Reiseleiter, der es gut verstand, die historischen Szenen zu illustrieren, erlaubten eine Vorstellung des hier Geschehenen.
Bewegt verließen wir Verdun uns setzten unseren Weg durch die Champagne und dann vorbei an den historisch bedeutsamen Städten Reims und Soissons fort. Im Sinne der Eberhardt „Richtig Reisen!"-Philosophie konnten wir noch ein kleines Extra einbauen, denn unser Weg führte nicht allzuweit an der Stelle vorbei, an der im November 1918 der Waffenstillstand des 1. Weltkrieges zwischen Deutschland, Frankreich und England geschlossen wurde. Inzwischen weltweit als die „Lichtung des Waffenstillstands" bekannt, machten wir einen Abstecher zu dem Punkt, an dem der siegreiche Maréchal Foch die Waffenstillstandsbedingungen verlesen hatte und besuchten das dortige Museum. Hier gibt es nicht nur eine interessante kleine Ausstellung, man findet auch die Replik des Waggons, in dem kurz vor Compiegne auf der Clairiere d' Armistice (Lichtung des Waffenstillstands) die Ereignisse stattfanden, die den ersten Weltkrieg weitgehend beendeten.
Von hier ging es dann direkt in unser gemütliches, in einem Vorort von Rouen gelegenes Hotel.

Rouen – Fécamp – Étretat – Le Havre, dritter Tag, Dienstag 03.05.16:

Zu Beginn des Tages erwartete uns ein ausführlicher Stadtrundgang in der normannischen Hauptstadt Rouen. Er begann am Platz vor der herrlichen Kathedrale - wie die schon zwei Tage zuvor kurz besuchte von Metz eine der bedeutendsten und schönsten in Frankreich und ein weiteres Paradestück der französischen Gotik. Vom gegenüberliegenden Renaissancehaus, heute Tourismus-Amt, hat der Maler Claude Monet die herrliche Westfassade immer wieder gemalt und mit den entstandenen 33 Bildern eine der bekanntesten Motivreihen des Impressionismus geschaffen, die ihm letztlich zum künstlerischen Durchbruch verhalf. Die filigran wirkenden Strebewerke und Verzierungen der Seitenaufbauten, die beiden Türme der Kirche, Wimperge und verschwenderisches Maßwerk, eine Fensterrosette und vieles mehr gehören zu den Besonderheiten der Kathedrale von Rouen. Es begeistert der Figurenschmuck der westlichen Schaufassade zwischen den Türmen, von denen einer „Butterturm" genannt wird, da sein Bau aus Sonderzahlungen in der Fastenzeit, dem sogenannten „Butterpfennig" finanziert wurde: Das Innere nimmt - trotz niedrigerer Gewölbehöhe als in Metz - auch mit einer phantastischen Raumwirkung und dem Eindruck sich wahrlich inmitten der Gotik zu befinden, gefangen. Wir hatten etwas Zeit, den eindrucksvollen Kirchenraum zu erkunden, bevor wir ihn durch das nördliche Seitenportal - aussen verziert mit „Höllenbildern", die vor den Gefahren sündhaften Lebens warnen sollen, wieder verließen. An der Nordseite der Kirche finden beginnen die Viertel mit den uralten malerischen Fachwerkhäusern der Altstadt von Rouen und hier befindet sich auch - direkt an die Kirche gebaut - der nur noch als Ruine erhaltene alte Bischofspalastes. Hier war der Schauplatz des Prozesses gegen die französische Nationalheilige Jeanne d'Arc. Diese, bekannt als die „Jungfrau von Orleans" spielt eine bedeutende Rolle in der Geschichte. Sie hatte im 15. Jahrhundert im grausamen „hundertjährigen Krieg" Englands gegen Frankreich Partei ergriffen und als in Rüstung dem französischen Heer voranreitende Anführerin wohl die Wende des Krieges und damit wohl den Sieg Frankreichs herbeigeführt. Als 1430 die Engländer sie gefangen nahmen, veranstaltete man hier in Rouen einen Schauprozess wegen Ketzerei verurteilte sie 1431 genau in dem Gerichtssaal an der Kathedrale von Rouen zum Tode auf dem Scheiterhaufen.
Mitten im Fachwerkviertel m die Maclou-Kirche liegt die vielleicht makaberste Sehenswürdigkeit in der Hauptstadt der Normandie. Das „Aitre de Maclou", ein versteckt liegender viereckiger Hof, ist ein alter Pestfriedhof. Von allen Seiten umgeben ihn zweistöckige, hübsche Fachwerkgebäude, die bei näherem Hinsehen mit teilweise uralten Verzierungen versehen sind: Schnitzereien, die Totenköpfe, menschliche Gebeine und Beerdigungswerkzeuge darstellen. Gleichzeitig stellt dieses Bauwerk eines der ältesten geschlossenen Fachwerkensembles in Europa dar und ist heute eine Kunstschule.
Bei unserem weiteren Rundgang durch die Altstadt sahen wir den herrlich verzierten historischen Parlamentsbau der Normandie, heute Justizpalast, in den Formen der Spätgotik bis zur Frührenaissance. Weiter ging es durch den Uhrturm mit seiner astronomischer Uhr neben dem hoch aufragenden Belfried - untergebracht im alten Torbau zur Geschäftsstraße der Altstadt. Unser Rundgang endete am alten Markt von Rouen, der, umstanden von historischen Fachwerkhäusern als wichtigstes Zentrum der Stadt neben dem Kathedralenplatz galt. Hier wurde 1431 die Nationalheldin Jeanne d'Arc verbrannt - die Stelle ihrer Hinrichtung markiert heute ein gewaltiges Gedenk-Kreuz aus Holz und Beton, an dem recht frische Blumen liegen ... Lange nach ihrem Tod ließ der französische König - der sie nach ihrer Gefangennahme im Stich gelassen hatte - ihren Prozeß neu aufrollen und sie an der Stelle ihrer Verurteilung 1455 rehabilitieren. Die katholische Kirche sprach die unschuldig Verurteilte 1920 heilig. Neben der Verbrennungsstätte wurde 1979 eine Kathedrale zu ihrem Gedenken errichtet. Der architektonisch bemerkenswerte - wenn auch im Geschmack der Einwohner nicht unumstrittene - Bau aus Stahlbetonbau hat die Form eines stilisierten Drachen - enthält aber als Höhepunkt 500 m² farbiger mittelalterlicher Glasfenster, die aus der im Weltkrieg zerstörten alten Marktkirche gerettet werden konnten.
Am alten Markt gab es Freizeit für Fotos und Souvenirkäufe, ehe wir unsere Reise zur Küste fortsetzten.

Fécamp und Étretat

Hier hatten wir etwas Zeit am Hafen von Fécamp, einem Fischerstädtchen, in dem früher Hering und Dorsch konserviert wurden. Auf einem kleinen Bummel besuchten wir das Palais Banedictine, einen prunkvoll wirkenden Industriebau. Alexandre Le Grand ein Unternehmer, verdiente im 19. Jahrhundert mit der Produktion und Vermarktung des Benediktinerlikörs nach alten Rezepten ein Vermögen und finanzierte damit seine Produktions- und Wohnstätte als Prachtbauten in neogotischem und Neorenaissance-Stil. Wer wollte, hatte noch genug Zeit, an Ort und Stelle das berühmte Getränk zu verkosten und zu kaufen.
Unser nächster Programmpunkt war Ètretat, ein für seine umgebenden Felsformationen berühmtes normannisches Seebad. Bei einem kurzen Spaziergang vom Busparkplatz zum Strand durchquert man das malerische Städtchen. Dann erreicht man die Schotterküste und hat freien Blick auf die Kreidefelsen. Ihre wunderlichen Formen hat allein die Natur geschaffen und ihnen den Namen „Elefantenfelsen" eingebracht. Jedem Betrachter wird der Grund sofort klar, denn die Formen der vielfach durchbrochenen Steilküste erinnern von fern an im Wasser stehende Elefanten.
Bei herrlichem Wetter und frischer Brise gab es hier genügend Zeit, beide Seiten mit Aussichtspunkten über die gut gestalteten Wanderwege zu erreichen und fast alle genossen den Blick über einen der schönsten Küstenabschnitte Europas.
Unser Hotel für heute lag nahe einen alten Hafenbecken von Le Havre. Aber noch konnten wir nicht vollständig ausruhen, denn wir gingen noch ein Stück durch die Stadt zum Abendessen in einem traditionellen Bistrot, in dem man unss eine nicht sehr oft zu genießende Spezialität - Rochen - servierte.

Pont de Normandie – Honfleur – Landungsküste – St. Malo, vierter Tag, Mittwoch 04.05.2016:

Von Le Havre aus erreichten wir schon nach ein paar Minuten die unweit vom riesigen Ölhafen liegende größte französische Brücke. Ihre Länge von 2414 m entspricht fast der der berühmten Pariser Prachtstraße Champs-Elysées und die Pont de Normandie gehört zu den größten Schrägseilbrücken der Welt. Aber wir hatten zunächst Pech: Obwohl wir einen schönen Aussichtspunkt an der Brücke hatten, verhinderte Morgennebel die Sicht auf den etwa 60 m über den Wassern der Seine verlaufenden gewaltigen Bogen zwischen seinen mächtigen Pylonen. Hier ist die wichtigste Verbindung über die Seinemündung mit einer vielbefahrenen mehrspurigen Straße - auf Sicherheit gebaut, denn die 1995 eröffnete Brücke kann auch schwersten Stürmen oder dem versehentlichen Anprall eines durchfahrenden Ozeanriesen standhalten. Da sich kurz vor unserer Abfahrt der Nebel wie durch ein Wunder minutenschnell verzog, hatten wir doch noch die Möglichkeit, das technische Wunderwerk genauer zu betrachten und zu fotografieren.
Anschließend besuchten wir das alte Fachwerkschloss „Chateau de Breuil", das zwar immer noch Wohnschloss ist, inzwischen aber in seinen Gemäuern aber eine Schnapsbrennerei und Lagerkeller für eine normannische und bretonische Spezialität beherbergt: in langer Tradition wird aus dem normannischen Apfelwein „Cidre" der weit alkoholhaltigere, leckere „Calvados" gebrannt. Sein Name leitet sich ab von der Region, aus der er stammt und bei einem Besuch der modernen Destillieranlage und später der Tour durch die historischen Lagerhallen, erfuhren wir, auf welche Art die in ganz Frankreich beliebte Spirituose erzeugt wird und wie sie ihren charakteristischen Geschmack und ihre Farbe erhält. Bei der anschließenden Verkostung lernten wir den besonderen Geschmack der Spezialität Pommeau - hergestellt aus Apfelsaft und Calvados - sowie von gereiftem Calvados kennen.

Honfleur

Unser nächster Besuch galt der pittoresken Hafenstadt Honfleur. Dass sie eine der bedeutendsten normannischen Touristenattraktionen ist und immer wieder bedeutende Künstler anzieht, verdankt sie vor allem dem von malerischen hohen, schiefergedeckten Häusern umstandenen alten Hafenbecken. Sein unverwechselbares Ambiente und die malerischen Gassen der Altstadt, die auf Stelzen stehenden hölzernen Kirchtürme, der kleine Markt und die danebenstehende, Ende des 15. Jh. von Schiffsbaumeistern aus Holz errichtete zweischiffige Kirche lässt ihn immer wieder zum Motiv namhafter Künstler werden - man behauptet, sogar die Stilrichtung und der Name der impressionistischen Malerei stammten von hier! Das älteste Gebäude, die „Lieutenanterie", das alte Haus des Hafengouverneurs, war leider komplett eingerichtet, aber die historische Katherinenkirche, ein einzigartiges Werk, konnten wir besuchen. Da sie kurz nach dem französischen Sieg im hundertjährigen Krieg erbaut wurde, fehlten überall nicht nur Geld, sondern auch Baumeister und Steinmetze fehlten. Die wenigen verbliebenen waren in den großen Städten zum Wiederaufbau der Kathedralen. In Honfleur besann man sich auf Vorhandenes: Schiffszimmerleute erbauten die zweischiffige Kirche mitsamt ihrem malerischen freistehenden Glockenturm angeblich aus dem Materialien abgewrackter Schiffe.

Landungsküste

Als wir nach einer angemessenen Pause Honfleur verließen, machten wir uns auf den Weg über die Autobahn zur berühmten „Landungsküste". Nördlich der zweitgrößten normannischen Stadt Caen liegenden die Küstenabschnitte, an denen die wohl spektakulärste Aktion des 2. Weltkrieges stattfand, die letztlich das Kriegsende herbeiführte.: die Landung der Aliierten in der Normandie im Juni 1944. Mehr als 4000 Schiffe waren an der Operation „Overlord" beteiligt, die von England aus mit den Landungstruppen der Aliierten einen Überraschungsangriff auf die deutsche Westfront startete. Das Unglaubliche daran: die Küste war für eine Landung nicht geeignet und so brachten die Allierten ihre Häfen einfach mit - sie bauten Molen und Anlegeplätze mit Hilfe von betongefüllten riesigen Senkkästen, zunächst zwischen den Schiffen transportiert und dann an der Landungsküste zu Boden gelassen. Insgesamt 33 künstliche, sogenannte „Mulberry-Häfen" wurden errichtet und zumindest bei Ebbe sind fast alle bis heute zu sehen, zusammen mit den Resten der großen Schwimmpontons und Landungsflößen. Wir besuchten einen der zentralen Landungsorte: in Arromanches sieht man überall Spuren dieser bedeutsamen Ereignisse der jüngsten Geschichte. Zunächst von einem ehemaligen Bunker als Aussichtspunkt, dann aber direkt am Strand von Arromanches konnten wir alle Details gut überblicken - hatten sogar Zeit für einen kleinen Strandspaziergang oder einen Kurzbesuch im „Landungsmuseum".
Später setzten wir unsere Fahrt fort - zurück zur Autobahn und quer durch die Normandie bis in die Bretagne. Unterwegs hatten wir, da schönes Wetter und gute Sicht uns begünstigten, schon Ausblicke auf den Höhepunkt des morgigen Tages, bergartig aus der breiten Meeresbucht aufragenden Mont St.Michel. Später erreichten wir unser Hotel in Saint Malo und wohnten direkt an der Küstenstraße - was uns später einen atemberaubend schönen Sonnenuntergang bescherte.

Mont St.–Michel – Cancale – St. Malo, fünfter Tag, Donnerstag, 05.05.2016:

Bei herrlichem Wetter besuchten wir heute den Mont St.Michel - einer der Höhepunkte der Reise und eines der „europäischen Wunder", das man gesehen haben sollte. Nicht umsonst wurde das gewaltige, heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Monument schon im Mittelalter „Wunder des Abendlandes" genannt. Auf einem 70 - 80 m hohen Felsen liegt der Klosterberg inmitten der Bucht von Mont St.Michael. Bei Ebbe trocken und bei Flut von Wasser umspült, hat der mit starken Befestigungsanlagen umgürtete Wallfahrtsort jahrhundertelange emsige Bautätigkeit erlebt. Die Verteidigungsanlagen, bei Flut auf Meereshöhe, umschließen gewaltige, massiv aufstrebende turmhohe Stützmauern verschiedener Bauepochen. Sie tragen die schier unglaubliche Last der Aufbauten zahlreicher Profangebäude, Schlossbauten, Kirchen und schließlich eines gewaltigen Klosters. Die Spitze der großartigen gotischen Kirchenanlage ragt heute über 150 m in den Himmel. Unverwechselbar und unvergleichlich ist der Anblick dieses vielleicht bekanntesten und bedeutendsten Gebäude-Ensembles aus der Vergangenheit Europas.
Umtost von den Strömungen der Gezeiten, von Wellen, Stürmen und dem Geschrei der Lachmöwen erstrahlt der Mont St.-Michel immer wieder anders durch das Spiel des Lichtes auf dem Wasser oder in den Strahlen der Sonne über Mittag oder in der Dämmerung. Atemberaubenden Architektur, die auf technische Meisterleistungen der Vergangenheit deutet, aber auch eine gewisse, durch die Einmaligkeit des Ortes und seiner Aufbauten hervorgerufene geheimnisvolle Aura oder Mystik lassen erahnen, warum er über Jahrhunderte ein bedeutender Wallfahrtsort war. Etwas entzaubert wurde der Ort allerdings durch die unglaublichen Menschenmassen, die sich heute zum Feiertag - es war Christi Himmelfahrt - hier drängten. Wir betraten durch den einzigen Eingang den wehrhaften Vorhof und erklommen sogleich die Wehrmauer. Zwar waren auch hier viele Menschen, aber deutlich weniger als auf dem Hauptweg. Ein schöner Blick über die Bucht von St. Michel, die gerade durch die Ebbe geleert wurde begleitete uns, als wir die Insel zur Hälfte umrundeten. Interessant war es durchaus, allerdings war der Aufstieg denn doch leicht ermüdend. Am Haupteingang konnte ich mich durch die Massen drängen. die Eintrittskarten lösen, Audioguides besorgen und dann mit der Gruppe zur eigentlichen Klosteranlage emporsteigen. Oben gab es einen herrlichen Ausblick von der Terrasse direkt neben der Kirche. Gleich zu Anfang gibt es als Besonderheit eines der „Wunder" vom Mont St.Michel: der „schwebende Kreuzgang" ruht auf filigranen Säulen und durch eine zur Bucht hin teilweise offene Seite (aus Sicherheitsgründen mit einer dicken Glasplatte verschlossen) scheint er verbindungslos in die Weite von Himmel und Meer überzugehen. Tatsächlich kann man sich mit etwas Phantasie in den Eindruck der mittelalterlichen Besucher hineinversetzen, von hier direkt in den Himmel überzugehen und gleichsam zu schweben... Der Abstieg durch die verschiedenen Räumlichkeiten des einstigen Klosters, mit einstigen Beherbergungsstätten für zahlreiche gekrönte Häupter, Kapellen, Speisesälen und Funktionsräumen des Klosters und des später hier eingerichteten Staatsgefängnisses wurde durch die Audioguides begleitet und erklärt.

Cancale und St. Malo

Nach längerer Freizeit trafen wir uns wieder am Bus - was umgekehrt verlief wie beim Ankommen: Der Berg ist nur per Shuttlebus oder zu Fuß zu erreichen, der Parkplatz für Busse und PKW liegt mehrere Kilometer entfernt. Durch die Polder, dem Meer abgewonnenes und jetzt landwirtschaftlich genutztes Land, ging es zur Küstenstraße. In einem der Orte, die für Austernzucht, Krabben- und Hummerfischerei bekannt sind konnten wir im Wirtschaftshafen einige „Austernboote" fotografieren. Wir erfuhren, dass die Austern, die weltweit als teure Delikatessen gelten, nur über größere Entfernungen in Feinschmeckerlokale verschickt werden können, indem man sie vor der „Ernte" an einen veränderten Ebbe-und-Flut-Rhythmus gewöhnt. Da nur geschlossene Austern genießbar sind, bringt man sie in einer „Austernschule" dazu, sich länger als in der Natur üblich geschlossen zu halten. Unmittelbar darauf konnten wir uns in Cancale, einem der berühmtesten Austernorte weltweit, vom Geschmack der Meerestiere überzeugen. Wir parkten zentral im Ort und liefen dann zum kleinen Markt am Hafenende, wo frische Austern verkauft werden. Hier kaufte ich ein paar Dutzend der so begehrten Meeresfrüchte frisch vom Händler - nirgendwo wird man sie so authentisch und köstlich bekommen wie hier. Ein Blick rundum zeigte uns die bei Ebbe gut sichtbaren Austernbänke, zwischen denen sich zahlreiche Traktoren mit Austernwagen bewegten, die gerade die großen Felsenmuscheln ernteten. Nachdem ich kurz das Schlürfen, Kauen und Schlucken einer lebenden Auster - nur so ist es stilecht (aber nicht jedermanns Sache.) vorgeführt hatte, konnten sich alle Gäste, die wollten, an den frischen Austern gütlich tun. Tatsächlich haben alle mitgemacht, ich musste sogar noch Austern nachbestellen! Nach der Austernschlürferei fuhren wir zurück nach St. Malo.
An der Burg des einstigen „Seeräubernestes", das zeitweilig ein selbständiger Stadtstaat inmitten der Bretagne war, stiegen wir aus. Hier ist das Tor zur Altstadt und auch hier drängten sich zahllose Besucher. Bekannt waren der Ort und seine Altstadt „Intra muros" für wagemutige Seehelden und als Schulort für Kaperkapitäne. Die Stadtbefestigung und Festungen auf den vorgelagerten Inseln stammen aus dem Mittelalter, wurden aber später vom königlichen französischen Festungsbaumeister Vauban verändert. Wir spazierten vom „Donjon" - dem Hauptturm der einstigen Burg von St.Malo, die heute Rathaus und Museum ist - vorbei am Haus der Herzogin Anna von Bretagne bis zu den Wehrgängen, die uns schöne Ausblicke aufs Meer, aber auch auf die Stadt boten.
Nach einigen Erläuterungen gab es Freizeit und später dann Abendessen in unserem Hotel am Meer.

Cap Frehel – Rosa Granitküste – Guimiliau – Quimper, sechster Tag, Freitag 06.05.2016:

Die landschaftliche Schönheit der Bretagne würde heute den Hauptinhalt des Reiseprogramms bilden. Gleich nach dem Frühstück gab es einen Fotostopp auf dem Weg zum Kap Frehel, nachdem wir die Mündung des Flusses Rance überquert hatten. Das Gewässer trennt die Städte St. Malo und Dinard und in seinem Mündungstrichter sieht man die Höhenunterschiede der Gezeiten besonders gut. An dieser Stelle nutzt man seit den 60er Jahren des 20. Jh. die gewaltige Energie von Ebbe und Flut zur Stromerzeugung. Vom Gezeitenkraftwerk selbst sieht man nur wenig, lediglich die Schleusenanlagen und einige der Wassereinlässe für die insgesamt 24 Turbinen kann man sehen. Sie sind in der Staumauer verborgen untergebracht und nutzen die Kräfte sowohl des herausfließenden wie auch des hineindrückenden Wassers zur Energieerzeugung nutzen. Die Weiterfahrt führte uns zum Kap Frehel. Über 70 m über die Meeresfluten ragen die hohen Klippen und Felsenflanken des Kaps auf und zeigen als grandioses Naturschauspiel, wie die Wellen des türkisfarbenen Wassers die Felsküste, bestehend aus rotem, schwarzem und grauem Gestein, umtosen. Wer wollte, konnte auf einem kleinen Rundwanderweg um den 1950 erbauten steinernen Leuchtturm die Naturschönheiten dieses Ortes entdecken. Noch auf große Entfernung soll vom Meer aus das Leuchtfeuer bei schönem Wetter zu sehen sein. Nach ausgiebigem Stopp an den mit Heidekraut und Ginster bewachsenen und von Möwen und Kormoranen bevölkerten Klippen ging es schon weiter zum nächsten landschaftlichen Höhepunkt. Vor ungefähr 300 Millionen Jahren entstand die rosa Granitküste. Die Farbe, die die kurze „Cote de granit rosé" besonders anziehend macht, entstand durch bestiummte Mineralien im Gestein. Die folgenden Jahrmillionen mit ihren Veränderungen des Wasserspiegels und den verschiedensten Formen der Erosion schließlich sorgten für die Entstehung der bizarren Felsformationen, für die diese rosa Granitküste neben ihrer Färbung so bekannt und als Touristenattraktion beliebt ist. Schon beobachten kann man sie beim Rundweg und am Anfang des berühmten „Zöllnerpfades", der im Städtchen Ploumanach seinen Anfang nimmt. Ob es nur ein Fotostopp am kleinen Hafen mit seinen bizarren Formationen oder gleich eine längere Wanderung zu den Felsenkuppen sein sollte - wir hatten hier Zeit, um die Schönheiten der Küste, des Ortes und des Zöllnerpfades aufzunehmen.

umfriedete Pfarrhöfe

Dass die Bretagne auch starke religiöse Traditionen und eine große Bindung an den Katholizismus hat, das zeigen die berühmten „umfriedeten Pfarrhöfe" und die „Kalvarienberge" der Region. Sehr eindrucksvoll präsentiert sich ein solches Ensemble im Dorf Guimiliau, das wir am späten Nachmittag erreichten. Gelegen im am stärksten religiös geprägten Teil der Bretagne, hat es wie die meisten Dörfer der Umgebung eine mehrteilige Kirchen- und Pfarrhof-Anlage aus besonders architektonisch geschmückten Bauten wie Kirchen, Beinhäusern, Hochkreuzen und „Kalvarienbergen", die fast immer von einer Mauer mit Triumphtoren umgeben sind.
Der „Bauernaltar" von Guimiliau gilt als einer der schönsten und am reichsten verzierten „calvaire" - jene steinerne Podeste mit üppigem Figurenschmuck, die in der Mitte zumeist eine Kreuzigungsgruppe aufweise. Die Bauernkünstler arbeiteten hier aus dem harten Granit über zweihundert Figuren aus der biblischen Geschichte als Skulpturen und Reliefs heraus. Kalvarienberge sind in der Bretagne sehr zahlreich und man findet sie in unterschiedlichsten Erhaltungszuständen. Sie stammen fast alle aus dem 16. oder 17.Jahrhundert, fast alle wurden nicht von weithin bekannten Bildhauern, sondern von Bauern aus der Umgebung gestaltet. Sie sind so etwas wie Lehrbücher oder „Bibel-Illustrationen": da viele Gottesdienste im Freien stattfanden, haben die Prediger während ihrer Ausführungen neben dem Kalvarienberg gestanden und das Gesagte durch Hinweise mit der Hand oder dem Zeigestock auf die dargestellten Figuren und Ereignisse unterstrichen. Dadurch wurden die Predigten und Bibelerklärungen volkstümlich, leicht verständlich und blieben gut im Gedächtnis.
Nach dem Besuch in Guimiliau fuhren wir, unterbrochen von einem kurzen Fotostopp an der Kirche und dem „calvaire" von Pleyben, in unseren Übernachtungsort Quimper weiter.


Fakultativer Ausflug zur Halbinsel Cornouaille mit Pointe du Raz und Locronan, siebterTag, Samstag, 07.05.2016:

Unser heutiger fakultativer Ausflug führte 31 von unseren Gästen, Buschauffeur Frank Terpe und mich auf die Halbinel Cournouaille, an deren „Festlansrand" Quimper liegt.
Unser erstes Ziel war der malerische Ort Locronan. Das Dorf, das früher für seine Segeltuchherstellung bekannt war und damit Wohlstand erwarb, konnte sein mittelalterliches Flair wie kaum ein anderer Ort in Frankreich bewahren. Deshalb ist nicht nur offiziell autofrei und steht komplett unter Denkmalschutz, sondern es diente auch immer wieder als Kulisse für zumeist historische Filme. Roman Polanski drehte hier „Tess", mehrere „Musketiere"-Klassiker-Verfilmungen (wie z.B. der mit Michael York und Oliver Reed in den Hauptrollen) fanden hier ihren Drehort, aber auch Serien und in den 60er Jahren bekannte Reihen wie die „Angelique"-Filme hatten hier verschiedene Schauplätze. Wir hatten Zeit, um uns die ungewöhnlich aussehenden Kirche, den malerischen Dorfplatz und die von alten Häusern gesäumten Straßen und Plätze von Locronan anzusehen.
Später erreichten wir die Westküste, an der sich die malerische, allerdings für die Schiffahrt nicht ungefährliche „Baie des Trepasseés" vor dem dieser Bucht vorgelagerten Kap erstreckt. Während die Gäste eine gediegene Wanderung zum westlichsten Punkt, der pointe du Raz, unternahmen, und dabei die Felsenketten, Untiefen und die von starker Strömung geprägten Gewässer, die früher zu den gefürchtetsten an der französischen und bretonischen Küste gehörten, ansahen, haben Buschauffeur Frank Terpe und ich die Gelegenheit genutzt, um ein paar landestypische Spezialitäten einzukaufen.
Während Chauffeur Frank die Gäste am vereinbarten Treffpunkt abholte, konnte ich an der Bucht von Primelin an einem hübschen Platz, der das Meer überblickt, ein zünftiges Picknick vorbereiten - mit Wurst- und Käsespezialitäten der Region und ganz frischem Baguette. Dazu sollte es Rotwein geben - als dann Frank mit den Gästen eintraf, war ich gerade fertig!
Unsere Gäste fanden unser Arrangement sehr gelungen und ließen es sich richtig schmecken und das Picknick wurde ein Erfolg. Sogar mit einem Feinschmeckermenü haben einige ein solches Essen mit frischen Zutaten unter freiem Himmel mit rustikalen regionalen Erzeugnissen und Spezialitäten und bei tollem Ausblick verglichen.
Unser weiterer Weg führte zurück nach Quimper, aber wir bauten noch einen kleinen Aufenthalt in Pont l'Abbé ein, einer typischen Stadt der südlichen Cornouaille-Halbinsel. Nicht allzu spät waren wir zurück in unserem Hotel und auch das war ganz im Sinne der Gäste, von denen einige noch einen Spaziergang ins nahe Stadtzentrum und zur Kathedrale St. Corentin unternehmen wollten.


Concarneau - Carnac - Golf von Morbihan - Vannes, achter Tag, Sonntag 08.05.2016:

Heute brachte uns der Bus noch ein Stück nach Süden, parallel zur Küste war unser Ziel das „kleine bretonische Meer", der Golf von Morbihan.
Den ersten Aufenthalt hatten wir in der Fischereistadt Concarneau. Deren Altstadt liegt auf einer leicht zu verteidigenden Gezeiteninsel und sieht fast aus wie ein steinernes Schiff. „La Ville close", die geschlossene Stadt wird sie genannt und ihr heutiges Bild prägte kein Geringerer als Sebastien de Prestre Le Vauban, der Festungsbaumeister Ludwigs XIV. Die Vauban-Festungswerke umschließen komplett die kleine, etwa 350 lange und 150 m breite Insel neben dem Fischereihafen. Eine fast wie ein Bug geformte Sperrfestung, mit ungewöhnlichem Uhrturm und ausladenden Kanonenbastionen sperrt den zusätzlich durch eine Vorburg und zwei Zugbrücken gesicherten einzigen Zugang zur Stadt. Nur von hier gelangt man in Vaubans Garnisons- und Artilleriestadt, die von nur zwei Hauptstraßen, durch wenige Quergassen verbunden, durchzogen wird - eine typische Seefestungsstadt des 17. Jahrhunderts. Wir konnten in der Freizeit etwas herumbummeln, bevor wir zur Autobahn zurückkehrten und zunächst unterwegs waren zum „Gebiet der großen Steine".

Steinreihen und Golf von Morbihan

Zeugnisse und Überreste der Megalithkultur sind in vielen Ländern Europas zu finden, an einigen Punkten häufen sich ihre steinernen Zeugen, wie in Norddeutschland die hier „Hünengräber" genannten Dolmen oder in Großbritannien die Steinkreise. Auf engstem Raum konzentriert sich hier in der südlichen Bretagne neben den stehendenden Steinen, den Menhiren, eine ganz besondere Art von Großsteinmonumenten: die Alignements. Das sind parallele Setzungen riesiger Steine, oft kilometerlang in mehreren Reihen nebeneinander. Den ersten Kontakt mit diesen Alleen aus tonnenschweren Felsbrocken, die immer noch etwas Mystisches ausstrahlen, hatten wir bei einem Fotostopp an den Alignements von Kerzhero, wo man noch direkt zwischen den stehenden Kolossen herumlaufen kann. Später in Carnac, wo die bekanntesten dieser Steinalleen liegen, sind sie leider abgeschirmt und eingezäunt. Doch gleich nach unserem Eintreffen in Carnac, wo es vier weltweit bekannte Alignements gibt, hatten wir die Möglichkeit, auch die größten von ihnen - Le Menec und Kermario mit jeweils weit über 1000 stehenden Steinen - aus der Nähe zu fotografieren. Uns blieb genug Zeit, ein wenig von außen an den eingezäunten Reihen entlang zu bummeln und bei Kermario auch den fast unzerstörten Dolmen, ein gewaltiges Großsteingrab aus tonnenschweren Findlingsblöcken zu bestaunen.
Unser weiteres Tagesprogramm wurde durch eine ausgiebige Bootsfahrt über den Golf von Morbihan bestimmt. Deren Start war im Hafen von Vannes und so fuhren wuir in die alte Stadt, in der früher das Parlament der Bretagne tagte. Im Hafen von Vannes holte ich die Tickets für die Bootsfahrt und schon wenige Minuten später befanden wir uns an Bord und schipperten über die Wellen. Golf von Morbihan lautet der Name der größten Meeresbucht der Bretagne. Das bedeutet soviel wie „kleines Meer" und bezeichnet das fast 300 km² große Binnenmeer, komplett bis auf einen schmalen Meereszugang von Land umschlossen und, mit Dutzenden Inseln und Inselchen übersät. Der knapp einen Kilometer breite Atlantikkanal zum Meer aber sorgt dafür, dass der „Golf" immer noch komplett Ebbe und Flut ausgesetzt ist, die allerdings bis zu einer Stunde zeitverzögert auf- und auslaufen.
Am Ende der Bootsfahrt, die uns zum Hafen von Locmariaqer, erneut bis fast zu den Steinreihen von Carnac geführt hatte, holte uns unser Bus ab und brachte uns nach Vannes, zur letzten Übernachtung in der Bretagne.


Vannes - Angers - Chartres - St. Quentin, neunter Tag, Montag 09.05.2016:

Bei für einen Montag recht entspannter Verkehrssituation kamen wir heute, auf der ersten Etappe unserer Heimreise, recht gut voran. So hatten wir genügend Zeit für Angers, die alte Hauptstadt des Anjou und ihr höchst wehrhaft wirkendes Schloss. Man sieht es schon von weitem, wie es sich über die Maine, den hier kurz vor seiner Mündung befindlichen Nebenfluss der Loire, erhebt. Es war Sitz der einstigen Herrscher von Anjou, die zunächst die Grafen- und seit dem hundertjährigen Krieg gegen England auch die Herzogswürde besaßen und beherbergt bis heute deren größtenteils nur als Ruinen vorhandene Residenz. Zudem gibt es hier aber einen der größten Kunstschätze Frankreichs. Während des hundertjährigen Krieges gab der Herzog von Anjou einen „köstlichen Bildteppich" in Auftrag. Der aus mehreren Teilen bestehende „Teppich der Apokalypse", gewebter und gewirkter Bildteppich-Zyklus, stellt Motive aus den Offenbarungen des Johannes dar. Als Gesamtkunstwerk ist er mit einer Länge von 100 m und einer Höhe von 4,50 m das größte Textilkunstwerk des Mittelalters. Einen weiteren Superlativ erreicht er durch seine Fertigstellung um 1382 - damit ist er auch das älteste erhaltene Kunstwerk seiner Art aus dem Mittelalter. Ängste und Aberglauben der mittelalterlichen Menschen, die Schrecken eines Weltunterganges aus den Traumphantasien des Evangelisten Johannes sind das Bildmotiv - drücken aber wohl auch die Situation zur Zeit der Entstehung des Teppichs mitten im hundertjährigen Krieg aus. Die beeindruckenden Teppiche werden in einer eigens für ihre Zur-Schau-Stellung und ihren Schutz erbauten Galerie gezeigt - und wir hatten die Zeit und Muße, das einzigartige Kunstwerk zu genießen.

Chartres

Von Angers ging es wieder auf die Autobahn, aber wir unterbrachen unsere Fahrt zur letzten Übernachtung im Raum Paris noch einmal, denn den Höhepunkt der Kathedrale von Chartres konnten wir uns nicht entgehen lassen. Sie ist eines der bekanntesten gotischen Sakralbauwerke weltweit und steht schon lange als UNESCO-Weltkulturerbe unter besonderem Schutz. Ihre Westfassade mit ihren flankierenden, ungleich hohen Türmen aus unterschiedlichen Bauzeiten wird dominiert von einer herrlichen Fensterrose, unter der drei Fenster und die berühmte filigrane Portalanlage die Dreifaltigkeit symbolisieren. Das sogenannte Königsportal wurde zwischen 1145 und 1150 geschaffen und hat den Brand der ersten gotischen Kathedrale überlebt. Ihre Statuen sind damit die ältesten erhaltenen gotischen Skulpturen der Kunstgeschichte!
Das Innere war allerdings eine kleine Enttäuschung, denn die vielen hölzernen Einbauten für Reparatur und Restaurierung ließen weder das berühmte Chartreser Blau der mittelalterlichen Glasfenster noch die faszinierende Raumwirkung des Bauwerks zur Geltung kamen. Selbst das berühmte Labyrinth von Chartres im Fußboden der halbdunklen Kirche, das allein alljährlich viele Pilger anzieht und das man zu den Mythen von Chartres zählt, war teilweise verdeckt. So blieb noch Zeit für einen kleinen Altstadtbummel, bevor uns der Bus zum letzten Übernachtungsort unserer Reise, brachte, ins etwa 20 km südwestlich von Paris gelegene St. Quentin.


Paris - Mannheim - Dresden, zehnter Tag, Dienstag, 10.05.2016:

Recht früh starteten wir heute südwestlich von Paris auf die lange Fahrt bis nach Hause und mussten uns zunächst durch die Rückstaus des Berufsverkehrs der französischen Hauptstadt quälen. Schließlich aber erreichten wir die Autobahn in Richtung Reims und es rollte in Richtung Heimat. Dennoch dauerte es den ganzen Tag und einige Baustellen und Umleitungen auf französischen und später deutschen Autobahnen, ehe wir gegen Mitternacht nach mehreren Stopps Dresden erreichten.
Ich glaube, auch diese Reise mit ihren zahlreichen Höhepunkten wird uns im Gedächtnis bleiben. Und ich hoffe, Sie sind weiterhin reiselustig - denn dann sehen wir uns ganz bestimmt einmal wieder.
Ihr Dr.Michael Krause, Eberhardt-Studienreiseleiter.

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Vielen Dank für den tollen Reisebericht und für die tolle Reisebegleitung, diese Reise ist top gewesen und ich kann jetzt meine Bilder gut zusammenstellen, ich bin mit sovielen Eindrücken nach Hause gekommen.das man manches nicht wieder zusammen bekommt. Diese Reise war meine 1. Busreise und ich kann nur sagen, ich werde weitere Busreisen unternehmen.
Ich hoffe das ich im nächsten Jahr die nächste Busreise mit Ihnen in die Bretagne und ?????? (schon wieder vergessen),soll im September sein, mache, ich warte gespannt auf den Katalog 2017.
Ich wünsche Ihnen alles Gute, bis bald
Silvia Eschle

Eschle
06.06.2016