Gärten und Schlösser der Normandie
Reisebericht: 16.08. – 26.08.2025
Kann man sich tatsächlich für eine Reise begeistern, in deren Mittelpunkt Gärten stehen? Und dann auch noch in der Normandie? Ist es da nicht zu kalt dafür?
Ein Reisebericht von
Wolfgang Kowalewski
Heute gibts noch keinen Garten, aber eine konzentrierte und pünktliche Fahrt nach Reims
Die letzten Koffer sind in Grünstadt geladen, es ist endlich so weit. Alle Gäste, die auf der Liste stehen, sind da. Der Weg führt uns durch den Pfälzerwald und das Saarland, schon ist die deutsch-französische Grenze erreicht. Wir fahren durch die Region Grand-Est, an Metz und Verdun vorbei, erreichen dann die Champagne-Ardenne und es dauert nicht mehr lange bis zu unserem Hotel in Reims. Unser Chauffeur parkt formvollendet ein, gegen die Hitze muss noch ein Ventilator beschafft werden und dann kann das Abendessen schon beginnen. Bienvenue en France.
Die Kathedrale in Reims ein MUSS, das Schloss Chantilly eine Überraschung für jeden Pferdeliebhaber und Kunst von Weltrang in Vascoeuil
Wir brechen zeitig auf zu unserem ersten Programmpunkt, der Kathedrale in Reims. Auf der Fahrt dahin sehen wir, dass die sonst so quirlige Stadt noch schläft. Wir sind der erste Reisebus im Zentrum und machen uns einen Überblick von außen über das gotische Bauwerk, gehen an der Statue von Jeanne d` Arc vorbei, die uns die gesamte Reise über begleiten wird. Dann wagen wir einen Blick in das Innere der Kathedrale. Es ist Sonntag, es findet ein Gottesdienst statt und so bleibt uns der Rundgang verwehrt. Weiter geht es zum Bischofspalais, wo die französischen Könige vor und nach ihrer Krönung nächtigten. Das Bischofspalais und die Kathedrale bilden gemeinsam das Unesco-Weltkulturerbe hier in Reims. Wir verabschieden uns mit einem Spaziergang über den Place Royale und setzen unsere Fahrt fort in Richtung Chantilly.
Schon bei der Anfahrt zum Schloss Chantilly ist erkennbar, dass es nicht unbedingt die Ausmaße von Versailles toppen kann, wohl aber ist Chantilly eine starke Konkurrenz. Eine riesige akkurate Gartenanlage kann uns vor dem Eintritt ins Schloss begeistern, das mit einer der größten Kunstsammlungen der Welt aufwartet. Wer den Weg zu den Ställen des Schlosses wagt, wird nicht enttäuscht. Heute wird sogar eine Vorstellung geboten, die die Herzen von allen höher schlagen lässt, die sich für Pferde begeistern können.
Weniger herrschaftlich, aber mit viel moderner Kunst wartet danach das Schloss in Vascoeuil auf. Kunstwerke von Niki de Saint Phalle, Salvador Dali und vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern laden dazu ein, kurzweilig den wunderschönen Garten zu genießen.
Der Seerosenteich von Claude Monet, voll hängende Apfelbäume in Boscherville und wieder Jeanne d´ Arc
Wer kennt es nicht, das Bild mit dem Seerosenteich von Claude Monet. Wir dürfen das Original sehen, nicht das Bild, sondern den richtigen Seerosenteich, müssen dazu aber früh raus, pünktlich sein und der Fußweg da hin ist nicht der kürzeste. Und allein sind wir hier auch nicht. Der Garten von Claude Monet blüht an jeder Ecke, die Zeit der Seerosenblüte scheint aber vorbei zu sein, das Selfie auf der berühmten japanischen Brücke ist geklickt. Noch schnell ins Wohnhaus von Claude Monet, um viel über sein Lebenswerk und seine Verbundenheit mit dem Anwesen hier in Giverny zu erfahren.
Saint Martin de Boscherville ist unsere nächste Station. Der Heilige Martin, der auf dem Pferd mit dem geteilten Mantel, muss wohl ein großer Apfelliebhaber gewesen sein. Sonst hätten die Mönche in der Abtei hier nicht zu Ehren seines Namens so viele Apfelbäume gepflanzt. Und dazu alles, was in der Küche gebraucht wird. Auch die Kirche ist nicht zu vernachlässigen. Die Kirchenfassade mit monumentaler zweigeschossiger ionisch-korinthischer Säulenordnung beeindruckt mit ihrer schlichten Eleganz.
Nach so vielen Gärten darf nun wieder ein wenig Stadtleben sein. Wir beginnen unseren Stadtrundgang an der Kathedrale von Rouen, gehen weiter durch enge Gassen zur Kirche Saint-Maclou. Wir sehen einige Fachwerkhäuser bis sich auf der Hauptachse der Stadt die prächtige Horloge auftut, die uns nicht nur die Zeit, sondern auch den Weg zu dem Platz weist, wo Jeanne d´ Arc am 30. Mai 1431 verbrannt wurde.
Ein Likör am Morgen, ein Garten hoch über dem Atlantik und eine spontane Führung durch die hängenden Gärten von Le Havre
Wir trauen unseren Augen nicht. Eine Likörfabrik in Fecamp wollen wir besuchen und da tut sich ein Palais auf, wie wir es so nicht erwartet hätten. Das Palais Benedictine stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es ist ein Kunstmuseum, in dem vor allem mittelalterliche sakrale Kunst ausgestellt ist; außerdem ist dort die Brennerei des gleichnamigen Kräuterlikörs. Die Kunst bestaunen wir auf eigene Faust, danach gibt es eine charmante Führung durch die Brennerei, natürlich am Ende mit einer Verkostung.
Endlich dürfen wir das Meer sehen. Wir steigen aus dem Petit Train aus, der uns auf die Anhöhe in Etretat brachte, von der aus man einen atemberaubenden Blick bis zur Felsnadel und über die gesamte Küste hat. Wir statten dann dem Jardin von Etretat einen Besuch ab. Ein Labyrinth und Tunnel aus Hecken rahmen Moderne Kunst am Steilhang ein. Der Petit Train bringt uns wieder runter in die Stadt, wo wir noch ein bisschen verweilen dürfen, bevor dann die Weiterfahrt zu den Hängenden Gärten von Le Havre ansteht.
Dort angekommen gibt es eine schöne Überraschung. Lukas am Eingang hat Zeit und Lust und wir dürfen hinter verschlossene Türen. Da ist einmal ein künstlich hergestellter Baum, der in einer riesigen Halle zwischengelagert scheint und da ist ein Kellerraum, in dem interaktiv die Fotos von 120.000 Personen aus Le Havre geklickt werden können und dabei eine kleine Lichtshow erzeugt wird, die wir hier so nicht vermutet hätten. Danach erkunden wir das gesamte Gelände mit dem Rosengarten und den Gewächshäusern.
Ein tolle Brücke, die einzige Holzkirche Frankreichs, den Strand der Schönen und Reichen und Calvados zur Verdauung
Frankreich hat ein Händchen für moderne Brücken. Die höchste Brücke ist sie nicht, die der Normandie. Aber in ihrer Eleganz steht sie dem Viadukt von Millau in Nichts nach. Die Pont de Normandie hat mit 856 Metern die größte Spannweite in Europa und verbindet Le Havre mit Honfleur.
Hier in Honfleur schlendern wir zunächst am Vieux Bassin vorbei, dem alten kleinen Hafen der Stadt mit seinen malerischen, Schiefer gedeckten Häusern. Zu unserer Überraschung ist heute Markt, fast hätten wir frische Austern bestellt. Am Ende war der Mut doch nicht so groß, wie ließen die Meeresfrüchte links liegen und gingen zur geistigen Erbauung in die einzige Holzkirche Frankreichs, die der heiligen Catherine gewidmet ist. Nun bleibt noch ein wenig Zeit für einen Bummel durch die Haupteinkaufsstraße und dann wieder zurück zum Bus mit Ziel Deauville. Unser Chauffeur lässt uns dort direkt vor dem mondänen Casino aussteigen und wir dürfen endlich Sand unter den Füßen genießen oder ein kleines Mittagessen in einem der vielen Bistrots hier am Strand einnehmen.
In Cambremer lassen wir uns am Nachmittag einen Calvados servieren, natürlich erst nachdem wir alles über den Apfel- und Birnenbau in der Normandie und die Schritte bis zum Endprodukt gelernt haben.
Vor der Rückfahrt zum Hotel gibt es einen Rundgang durch das Freilichtmuseum des Pays d´Auge, wo alte Bauernhäuser, Brunnen, Werkzeug und sogar eine Dorfkirche zusammengetragen wurden.
Am Morgen auf die Burg, am Mittag und den Park und am Nachmittag zum Gedenken
Wir sind gut zu Fuß. Wir verzichten am Morgen auf die Straßenbahn und gehen fast parallel zu ihr auf die Burg bzw. das Chateau, das auf Wilhelm den Eroberer zurückgeht. Man hat von oben aus einen wunderbaren Blick in alle Richtungen, die Stadt Caen liegt uns zu Füßen. Natürlich erklimmen wir die alten Mauern, besichtigen die zahlreichen kleinen und großen Ausstellungsräume und bestaunen die Architektur des neuen Museums der Schönen Künste.
Ein Park darf heute nicht fehlen. Der Parc Floral de la Colline aux Oiseaux steht auf dem Programm, wo neben einem wunderschönen akkuraten Rosengarten auch einheimische Tiere zu bestaunen sind.
Danach fahren wir zum Memorial von Caen, wo insbesondere die Operation Neptune mit der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 (D-Day) in der Normandie und die folgenden Kämpfe zur Befreiung der Normandie von der deutschen Besatzung dokumentiert wird. Die Operation wird aber nicht begrenzt dargestellt, sondern eingebettet in die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts vom Ersten Weltkrieg bis zum Mauerfall.
Viel Geschichte heute – der Teppich von Bayeux, Arromanches–les–Bains, der amerikanische Soldatenfriedhof Colleville und Sainte–Mere–Eglise
Wir sind grade noch rechtzeitig gekommen, dennd der Teppich von Bayeux wird nicht mehr lange hier sein. Das Museum, in dem er sich befindet soll in den nächsten Jahren umfassend renoviert werden und so zieht der Teppich temporär nach London um. Das macht auch Sinn. Er zeigt die Geschichte der Eroberung Englands durch die Normannen in der berühmten Schlacht von Hastings im Jahre 1066.
In Arromanches-les-Bains gehen wir gedanklich nochmals zurück in das Jahr 1944 und besichtigen die Überreste des provisorischen Hafens, der zur Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg diente. Der Ausblick ist heute besonderes lohnenswert, das Wetter erlaubt uns eine hervorragende Fernsicht.
Von hier aus geht es weiter nach Colleville, wo an der Stelle des ehemaligen Brückenkopfes bereits am 8. Juni 1944 ein erster US-amerikanischer Soldatenfriedhof errichtet wurde. Heute ist hier der vielbesuchte Normandy American Cemetery mit 9.386 Gräbern und einem Mahnmal für 1.557 Vermisste. Sehr gepflegt, sehr würdig.
Ein weiterer Ort des Gedenken ist die Kirche Sainte-Mere-Eglise, wo an einen Fallschirmspringer erinnert wird, der am D-Day auf dem Dach der Kirche landete.
Zwei Gärten und ein Zoo – Vauville, Coutances und Champrepus
Schon die Anreise zum Botanischen Garten in Vauville ist spektakulär. So genau wissen wir nicht immer, ob wir mit unserem riesigen Bus überall um die Ecke kommen. Aber das haben wir geschafft und es hieß Bühne frei für einen überraschenden Höhepunkt der Reise. Großvater, Vater und Sohn müssen wohl vom "botanischen Fieber" erfasst worden sein. Hier lässt sich der größte Palmengarten Nordeuropas besuchen und Pflanzen aus allen Kontinenten sprießen und blühen hier um die Wette.
In Coutances müssen wir die prächtige Kathedrale leider links liegen lassen. Unser Ziel ist der Jardin des Plantes, wo auf mehreren Ebenen italienische Terrassen, Baumgruppen im englischen Stil, ein Labyrinth und Wasserspiele entstanden.
Letzter Programmpunkt des Tages ist der Besuch des Zoos von Champrepus. Das Gelände ist in mehrere Hauptabschnitte unterteilt, die eine Kombination von Tier- und Gartenanlagen darstellen. Diese sind als Garten der drei Kontinente, Tropische Volieren, Flamingo-Sumpflandschaft, Garten der duftenden Pflanzen, Grasland sowie Garten Madagaskars bezeichnet.
Mont Saint Michel und Chartres, mehr geistige und spirituelle Erbauung geht nicht.
Beim Frühstück ist noch Thema, dass die Vorspeise am Abend - eine Spezialität hier am Mont Saint Michel - nicht ganz das Gelbe von Ei war, obwohl Eigelb drin war. Die Aussicht auf eine morgendliche Besteigung des Mont Saint Michel lässt den kulinarischen Schwachpunkt aber schnell vergessen. Das heute soll auch für Chauffeur und Reiseleitung einmalig sein. Das erste Mal dürfen wir alle hier direkt im Ort am Zugang zum Höhepunkt des Abendlandes übernachten. So freuen wir uns darüber, ausgeschlafen und gemütlich zu Fuß oder mit dem Shuttle zum Berg zu gelangen und zur ersten Gruppe zu gehören, die Einlass erhält. Wir haben genügend Zeit, uns jeden Winkel der Abtei zu Gemüte zu führen und ganz entspannt einen zweiten Kaffee auf dem Berg zu uns zu nehmen.
Am Nachmittag setzen wir die Fahrt fort nach Chartres, wo der Besuch der wohl schönsten Kathedrale in Frankreich ansteht. Und heute kommt uns kein Gottesdienst und kein Konzert in die Quere, wir lassen uns Zeit für so viel Schönheit.
Ein feines Abendessen in einer Creperie ganz in der Nähe der Kathedrale rundet diesen Tag kulinarisch genussvoll ab.
Fontainbleau und Vaux–le–Vicomte
Unser vorletzter Reisetag geizt wahrlich nicht mit höfisch-aristokratischem Schöner Wohnen. Die königlichen Gemächer und Anlagen des Schlosses Fontainebleau verdeutlichen mal wieder, wie abgehoben der Lebensstil der obersten Klasse gegenüber dem normalen Volks war. Und Fontainebleau war "nur" das Jagdschloss. Interessant sind natürlich auch die Räume, die Napoleon I gewidmet sind. Nur wenige Orte stehen so exemplarisch für seinen Auf- und Abstieg.
Vaux-le-Vicomte: wenn ein Finanzminister, hier Fouquet, ein Schloss für sich baut, dann lässt das alle in Frankreich aufhorchen, die auch nur entfernt etwas von Korruption gehört habe. Und da wurde so geklotzt, dass dieses Schloss als Vorlage für das noch viel verschwenderische Versailles gilt.
Au Revoir
Wir verlassen am Morgen unser Hotel im Großraum Paris. Der Kreis schließt sich, wir fahren an Reims, Verdun und Metz vorbei. Da ist auch schon wieder die Grenze. Au Revoir.