Reisebericht: Radreise Frankreich im malerischen Tal der Loire

25.09. – 03.10.2012, 9 Tage Bus–Rundreise in Frankreich mit geführten Radtouren: Orleans – Chambord – Blois – Tours – Chenonceau – Usse – Villandry – Chinon – Saumur – Metz (220 Radkilometer)


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Tausende Schlösser, Schlösschen und Herrenhäuser reihen sich am längsten Fluss Frankreichs. Berühmt sine sie wegen ihrer architektonischen Finessen nicht weniger als wegen ihrer Geschichte und Geschichten. Die reizvolle Landschaft an der mittleren Loire mit üppigen Feldern, blühenden Gärten, ausgedehnten Wäldern sowie Weinbergen mit unzähligen Rebsorten und das milde Klima veranlassten einst die Könige und Adelsgeschlechter sich im schönsten Abschnitt des Loire-Tals niederzulassen.
Ein Reisebericht von
Birgit Janosch

Dienstag, 25. September 2012

Fahrt von Dresden nach Troyes
Die Fahrt beginnt morgens um sechs Uhr am Flughafen in Dresden. Es gilt 950 Kilometer zurückzulegen, was mit dem Fahrradanhänger natürlich nicht ganz so schnell zu bewältigen ist. Immerhin gibt es unterwegs viel zu sehen und es werden regelmäßige Pausen eingelegt. Beim letzten Stopp spendiert unser Busfahrer Ingo anlässlich seines heutigen Geburtstags eine Runde Sekt - und stößt mit Wasser an, denn er muss wieder ans Steuer!

Mittwoch, 26. September 2012

26 Radkilometer: Sully-sûr-Loire - St.Benoît- sûr-Loire - Jargeau - Orléans
Bei wolkenverhangenem Himmel steigen wir in den Bus und fahren bei zunächst herbstlichem Wetter über Sens und Montargis in Richtung Gien. Nach Verlassen der Autobahn geht unsere Route bald auf einer kleiner Landstraße entlang des Loiredammes weiter und hin und wieder taucht endlich die Wasserfläche des längsten Flusses von Frankreich hinter dichtem Laubwald auf. Wir sind am Ziel! Der Bus kann in Sully-sûr-Loire direkt vor dem Schloss von mit seinen dicken runden Türmen aus großformatigen Kalksteinen parken. Während die Räder entladen werden, ist Gelegenheit zu einem Spaziergang in den kleinen Ort. Im „Office de Tourisme" gibt es anschauliche Übersichtskarten vom Loire-Radweg und unseren Zielen der nächsten Tage. Für das leibliche Wohl können wir in einem kleinen Supermarkt sorgen. Nach kleineren Startschwierigkeiten radelt die Gruppe bei stetig schönerem Wetter los. Allerdings drohen noch immer grauen Wolken am Himmel und zu diesem Zeitpunkt der Reise ahnt keiner, dass wir bis zum letzten Tag auf den Rädern herrlichstes Spätsommerwetter haben werden! Der Radweg verläuft parallel zum Fluss und seinem Damm durch landwirtschaftlich genutzte Flächen. Etwas abseits vom Radweg liegt die Benediktinerabtei Fleury von St. Benoît-sûr-Loire. Besonders im Mittelalter war die vom heiligen Odo gegründete Klosterschule berühmt. Heute lebt hier nur noch ein kleine Klostergemeinschaft. Wer möchte kann die eindrucksvolle Kirche mit dem hohen gotischen Hauptschiff besichtigen. Auf der anschließenden Strecke sehen wir aus der Ferne die Dächer einer zweiten Abtei: Germigny-des-Prés. Wir radeln jedoch weiter, da für den Abend noch die Besichtigung von Orléans auf dem Programm steht. Die Stadt der Jeanne d'Arc, der Jungfrau von Orléans empfängt uns zwar mit einem kurzen Regenguss und einer geschlossenen Kathedrale, aber der Spaziergang durch das mittelalterliche Viertel zwischen Place du Martoi, Cathédrale Sainte-Croix und Loire-Ufer mit seinen eindrucksvollen baulichen Zeugnissen aus sechs Jahrhunderten und der sehr gepflegte Zustand der Straßen und Bauten entschädigt uns schnell für die für nasse Jacken und Hosenbeine.

Donnerstag, 7. September 2012

48 Radkilometer:  Beaugency - St.Dyé-sûr-Loire - Chambord - Blois
Schon von weitem sehen wir den klotzigen Donjon des alten Städtchens über der Loire aufragen. Von der Terrasse im Südwesten der teilweise noch von einer Stadtmauer umgebenen Kleinstadt mit Weltkulturebestatus haben wir einen schönen Blick auf die 440 Meter lange mittelalterliche Brücke und auf die vielen kleinen Sandbänke und Inseln an dieser sehr breiten Stelle. Der Radweg verläuft unmittelbar entlang der Loire, meist auf einem Damm. Auf Höhe des Dorfes Avaray begegnen wir dem ersten Kraftwerk: das Loire-Wasser wird an einigen Stellen zur Kühlung verwendet. Bei Muides-sûr-Loire wechseln wir die Seite und radeln bis St.Dyé-sûr-Loire durch ein sehr französisch anmutendes Wohngebiet. Nach der Mittagspause auf dem Kirchplatz kommen wir nach flotten sechs Kilometern in Richtung Süden im Jagdrevier von Schloss Chambord an. Genau in der Mittelachse der modular aufgebauten Anlage, die Franz I. an der Stelle eines unbedeutenden Jagdsitzes errichten ließ, fahren wir auf die imposante Schauseite mit den unzähligen pittoresken Kaminen zu. Bei der Besichtigung ist die berühmte Doppelhelix-Treppe -sie geht sehr wahrscheinlich auf einem Entwurf von Leonardo da Vinci zurück- von besonderem Interesse. Nach weiteren 20 Radkilometern eröffnet sich uns ein grandioser Blick auf weiße Häuser mit grauen Schieferdächern und roten Schornsteinen, überragt vom prächtigen Schloss und der Kathedrale. Wir sind in Blois angekommen und genießen den Blick, während wir die Brücke überqueren. Bereits der Weg zum Busparkplatz ist ein Stadtspaziergang mit ersten Eindrücken von der lebendigen Stadt. In den alten Vierteln führen Treppchen durch verwinkelte Quartiere, sodass man sofort Lust bekommt, hinaufzusteigen, ganz egal, wo man herauskommen mag. Zahlreiche Bars und Brasserien locken, die Geschäfte sind geöffnet und das prachtvolle Schloss will von allen Seiten bestaunt werden: Der Flügel zum Platz auf dem künstlichen Hochplateau mit dem Stachelschwein-Emblem Ludwigs XII. über dem Hauptportal und der unter Franz I. erbaute imposante Flügel zur Gartenseite, ein Meisterwerk der Renaissancebaukunst mit zwei Logen- und einem Galeriegeschoss.

Freitag, 28. September 2012

23 Radkilometer: Chaumont - Amboise - Chenonceau
Der Wettkampf zwischen Morgensonne und Nebelschwaden über der Loire und den angrenzenden Auenwäldern beschert uns heute ein faszinierendes Naturschauspiel während der Busfahrt von Tours nach Chaumont. Schließlich gewinnt die Sonne den Wettkampf und wir bekommen das in schönster Lage oberhalb des Ortes gelegene Renaissanceschloss doch noch vor die Linse! Der Radweg verläuft nur ein kurzes Stück entlang des Flusses, dann müssen wir in die kleinen Gänge schalten und etwas kräftiger in die Pedalen treten: Es geht nun durch Weinberge und kleine Dörfer zwanzig Kilometer bis Amboise. Die Trauben sind reif und mancherorts sehen wir die Winzer bei der Weinlese. Teilweise kommen Erntemaschinen zum Einsatz, aber die besten Trauben werden von Hand gelesen. Amboise erreichen wir auf dem Hochplateau und können einen wunderschönen Blick über die Schieferdächer der Stadt genießen. In Haarnadelkurven geht es steil bergab, vorbei am Clos-Lucé, dem Alterssitz von Leonardo da Vinci, zum Zentrum des lebhaften Städtchens. Es ist Mittagszeit und es gibt viel zu sehen! Ohne lange Diskussionen erklären sich alle bereit, zugunsten einer dem schönen Ort angemessenen Besichtigung (und Pedalenpause!) auf die Weiterfahrt mit den Rädern zu verzichten. Nach dem Genuss von Schlossbau-, Weinausbau- und Koch-Kunst geht es mit dem Bus zum etwa 15 Kilometer entfernten Schloss Chenonceau, dem unbestrittenen Star unter den Schlössern der Loire - welches übrigens gar nicht an der Loire, sondern an einem ihrer Nebenflüsse, dem Cher, liegt. Wir lernen das interessante brückenartig über das Wasser gebaute Gebäude und seine Geschichte zunächst aus der Flussperspektive auf einer Bootsfahrt kennen. Anschließend besichtigen wir die Schlaf- und Wohngemächer, aber auch die vollständig eingerichtete Küche mit direktem Zugang zum Wasser. In den Schlossgärten der einstigen Rivalinnen Diane de Poitiers, Geliebte von Franz I. und Katharina von Medici (seiner Gemahlin) genießen wir die Abendsonne, während über uns mehrere Heißluftballons schweben.

Samstag, 29. September 2012

30 Radkilometer: Tours - Savonnières - Villandry - Langeais
Wir beginnen die Radtour im Süden der Stadt und fahren heute entlang des Cher. Unterwegs sehen wir eine stillgelegte Getreidemühle und im kleinen Ort Savonnières gönnen wir uns auf der Terrasse der Bar an der kleinen romanischen Kirche einen Frühschoppen bei herrlichster Spätsommersonne. In Villandry erwartet uns wieder ein Renaissanceschloss, aber die größere Attraktion sind die terrassenartig über drei Ebenen angelegten Schlossgärten, die zu den schönsten in ganz Frankreich zählen. Auf der obersten Terrasse liegt der Wassergarten, darunter breitet sich der Ziergarten aus. Die unterste Ebene nimmt der Gemüsegarten in Anspruch: Neun Quadrate, die mit Gemüse bepflanzt und in Beete mit verschiedenen Farben aufgeteilt sind. Am Nachmittag empfängt uns am rechten Loire-Ufer eine mächtige Trutzburg mit Zugbrücke, hohen Mauern, Rundtürmen, Zinnenkranz, Pechnasen und einem Wehrgang: Das Schloss Langeais. Hier fand 1491 mit viel Prunk die bedeutende Vermählung zwischen Anne de Bretagne und Karl VIII. statt. Der Anschluss der Bretagne an Frankreich war damit besiegelt!

Sonntag, 30. September 2012

32 Radkilometer: Ussé - Avoine - Savigny - Chinon
Der Sonntag beginnt am "Dornröschenschloss" in Ussé, welches mit seinen Türmchen, Dacherkern und Schornsteinen sowie den steilen Dächern vor grüner Waldkulisse aus einem Märchenbuch stammen könnte. Wir radeln ein Stück auf dem Damm entlang der Loire, dann geht es in Richtung Süden durch sonntäglich verschlafene Dörfer bis zum kleinen Städtchen Avoine. Selbstverständlich hat die Boulangerie auch heute geöffnet: Wir reihen uns in die Schlange ein, die bis auf die Straße geht. Alles ist frisch gebacken! Gegen Mittag erreichen wir Chinon. Die Räder werden eingeladen und es gibt einen kleinen Mittagssnack: Rillettes vom Schwein, frisches Baguette, Pont-l'Évêque und Vin Rouge! Anschließend machen wir einen Stadtrundgang und gehen an der Loire entlang zum Weinkeller Montplaisir. Der „Cave" ist in einem alten Steinbruch von mehr als 2500 Quadratmetern (der größte im gesamten Loiretal) untergebracht. Anfang des 20.Jahrhunderts wurde er zum Weinkeller für die Lagerung und Reifung in Fässern und Flaschen umgenutzt. Unsere Weinprobe findet in den beeindruckenden Gängen statt, wo die Temperatur das ganze Jahr gleichmäßig 16° beträgt. Vom Winzer persönlich werden wir die Geheimnisse der Weinherstellung eingeweiht. Auch erfahren wir, dass die Franzosen den Chinon wegen seines einfachen und authentischen Charakters mögen, der aus ihm zugleich einen Alltagswein wie auch einen Wein für festliche Anlässe macht. Auf 2200 Hektar bauen 200 Winzer Cabernet Franc und Cabernet-Sauvignon für die Rot- und Roséweine, sowie Chenin für die Weißweine (nur 2%) an. Im Anschluss an die Führung und Weinprobe haben wir Gelegenheit zum Kauf: Der Preis reicht von 5 Euro für die jüngeren bis 40 Euro für die alten Jahrgänge, sodass für jeden Geldbeutel etwas dabei ist. Übrigens: Honoré de Balsac tankte Inspirationskraft in der kleinen Stadt Saché in der Tourraine und der berühmte Rabelais, dessen Statue wir im Stadtzentrum gesehen haben, verfasste mit „Divine Bouteille" (Göttliche Flasche) einen Lobgesang auf die Tischfreuden.

Montag, 1. Oktober 2012

40 Radkilometer: Trèves - Saumur - Montsoreau - Fontevraud-l'Abbaye
Mit dem Bus fahren wir zum westlichsten Punkt unserer Reise: Der kleine Ort Trèves ist Ausgangspunkt für unseren letzten Radfahrtag. Es gibt zwei Möglichkeiten nach Saumur zu gelangen: Entweder auf Loire-Niveau entlang des Flusses oder auf dem Hochplateau durch Wiesen und Felder. Keine Frage, wofür sich die sportliche Gruppe entscheidet! Der Weg verläuft zwar nur im Abstand von etwa einem Kilometer parallel zum Fluss, aber es gibt permanent Steigungen. Belohnt werden wir natürlich durch die schöne Landschaft und die Ausblicke! In Saumur, wegen der Häuser aus hellem Tuffstein auch „Perle des Anjou" genannt, nehmen wir uns Zeit für eine Mittagspause an der Place de Bilange vor dem klassizistischen Theater oder an der Place St. Pierre vor der gleichnamigen Kirche, welcher von schönen Fachwerkhäusern gerahmt ist. Der berühmte Schaumwein der Region ist sehr zu empfehlen und ein Glas zum Essen verträgt sich noch mit der weiteren sportlichen Aktivität: Zum Schloss Saumur geht es enge Serpentinenwege steil bergauf. Eine trutzige Ritterburg, flankiert von vier Ecktürmen und umgeben von einem schützenden tiefen Graben empfängt uns. Leider haben wir keine Zeit zur Besichtigung, aber wir genießen den phantastischen Blick ins Loiretal. Der Weg geht mit leichten, aber zahlreichen Steigungen weiter durch die Weinberge und an mehreren Tuffsteinhöhlen vorbei. Die Hälfte der französischen Champignonzucht wird in diesen Höhlen produziert. Einige von ihnen sind zu Felsenwohnungen oder Werkstätten ergänzt und ausgebaut. In Montsoreau machen wir eine kleine Rast am Ufer der Loire mit Blick auf das Schloss, welches durch den Roman "Die Dame von Montsoreau" von Alexandre Dumas bekannt wurde. Nun kommt schon die letzte Etappe dieser Radreise! Bereits vom Radweg sehen wir die Dächer der mittelalterlichen Klosteranlage, die zu den größten Europas zählt: Die Abtei von Fontevraud, erbaut aus dem ortstypischen Materialien weißer Tuffstein und graublauer Schiefer. Anfang des 12.Jh. wurde sie von dem charismatischen Wanderprediger Robert d'Arbrissel gegründet. Die Leitung der sich aus Mönchen und Nonnen zusammensetzenden Ordensgemeinschaft übertrug der Priester gleich zu Beginn einer Frau. Sechsunddreißig Äbtissinnen, manche sogar von königlichem Geblüt, lösten sich bis 1792 an der Spitze des Ordens ab. Wir schaffen es noch rechtzeitig zur Besichtigung: Ein schöner Abschluss des Tages!

Dienstag, 2. Oktober 2012

Fahrt nach Metz
Glück gehabt! In der Nacht kam ein Wetterumschwung und auf der Fahrt in Richtung Heimat regnet es in Strömen! Bei Orléans machen wir ganz in der Nähe unseres Ausgangspunktes für die erste Tagestour eine Pause, dann geht es über Sens in Richtung Troyes, durch die Champagne über Reims nach Lothringen bis nach Metz. Kaum ist das Gepäck im Hotel verstaut, macht sich die Hälfte der Gruppe auf den Weg, um die Innenstadt und vor allem die Kathedrale bei Tageslicht zu besichtigen. Leider haben vor zwei Tagen die Winteröffnungszeiten begonnen, sodass es uns nicht vergönnt ist, die berühmten Glasfenster von Saint Étienne, den größten Schatz dieses Meisterwerkes gotischer Baukunst, zu besichtigen. Sie bedecken insgesamt eine Fläche von über 6500 Quadratmetern! Aber beim zweiten Stadtspaziergang, gestärkt vom Abendessen, kommen wir in den Genuss, die von innen wie bei einer Laterne angestrahlten Fenster der Seitenkapelle zu bewundern. Weiter hinten ist die grandiose Fensterfront des südlichen Querschiffes mit kostbaren Glasfenstern des frühen 16. Jahrhunderts vom Straßburger Glaskünstler Valentin Busch in Szene gesetzt. Metz hat schon mehrere Preise für seine gelungene Beleuchtung der historischen Gebäude gewonnen, wovon wir uns beim diesem Spaziergang überzeugen: Der schöne Platz des heiligen Ludwig, das Opernhaus aus dem 18. Jahrhundert, die nach Vorbild des Doms von Speyer erbaute neoromanische Kirche auf der Moselinsel, die mittelalterlichen Brücken sowie Esplanade und Arsenal. Vor unserem Jugendstilhotel mit dem für die Zeit typischen weit auskragenden Glas-Vordach endet die Stadtbesichtigung und auch unsere Frankreichreise: Am nächsten Tag muss der Heimweg angetreten werden!
Vielen Dank allen, die zum harmonischen Gelingen dieser Reise beigetragen haben! Größte Bewunderung gilt unserem 82-jährigen "Pedalisten", der aus eigener Kraft alle Strecken bewältigt und bei den Besichtigungen keine einzige ausgelassen hat!
Ihnen allen weiterhin viel Freude beim Radeln und alles Gute!
Birgit Janosch

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