Reisebericht: Rundreise Indien – Mythos, Magie und Maharadschas

04.03. – 19.03.2017, 16 Tage Asien–Rundreise Indien: Delhi – Agra – Taj Mahal – Rotes Fort – Fatehpur Sikri – Jaipur – Pushkar – Udaipur – Ranakpur – Khejarla / Rajasthan – Jodhpur – Osian – Jaisalmer – Bikaner – Nawalgarh – Delhi


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Indien, für den Einen ein Traum, für den Anderen das Gegenteil. Land der Gegensätze, der Jahrhunderte alten Kultur, der Moderne, der Religion, des Reichtums und der Armut. Dies alles wollten wir erleben.
Vor dem Ziel steht meist die Anreise. Beginnen wir also dort.
Und los ging es mit dem Flugzeug in Deutschland und der Schweiz. 13 Reisende starteten mehr oder weniger früh von Zürich, Leipzig, Hamburg und Dresden aus auf eine besondere Entdeckungstour, zu der wir gut einen halben Tag unterwegs sein sollten und unsere Uhren vor der dortigen Ankunft um 4,5 Stunden vorstellen mussten.
Ein Reisebericht von
Stefan Jahnke
Stefan Jahnke

1. Tag, Samstag, 04.03.2017  Flug nach Delhi, ca. 6.500 km Flug von Frankfurt bis Delhi


Ferne ist eindrucks- und geheimnisvoll, Nähe dagegen manchmal ernüchternd. Zur frühen Frühstückszeit trafen sich die ersten Reisegäste auf dem Flughafen in Dresden, checkten ein und durchliefen die Sicherheitskontrolle, ehe ein kleiner Frühstücksimbiss im Abflugbereich auf und wartete. Der Flieger gen Frankfurt/Main hob dann wenig später fast pünktlich ab und so hatten wir beim Umstieg im International Airport genügend Zeit, um nochmals die nunmehr für den internationalen Flug vorgesehene Sicherheitskontrolle zu durchlaufen. Am Abfluggate begrüßten wir unsere Reisegäste aus Leipzig und Hamburg und gingen schließlich gegen Mittag an Bord des Airbus A380/800, mit dem wir auf bequemen Sitzen und verwöhnt durch Multimediaprogramm, Getränke, Bordküche und Schlaf, die weite Strecke bis Indiens Hauptstadt problemlos bewältigten. So mancher Inder und manche Inderin saßen um uns auf den Plätzen und schaute schon neugierig auf uns Touristen. Wir riskierten ebenfalls ein paar Blicke und wussten so, dass die Bewohner unseres Reiselandes freundlich und interessiert waren. Beste Voraussetzungen für eine Erkundungstour.

2. Tag, Sonntag, 05.03.2017 Delhi – die indische Hauptstadt


In Deutschland aß mancher zu Abend, als wir, aufgrund der Zeitverschiebung, mitten in der Nacht und kurz nach Anbruch des neuen Tages am internationalen Flughafen in Delhi landeten. Indien sprach seit 2013 oder eher davon, die Visaprozedur etwas zu vereinfachen und so hatten wir diesmal fast alle ein sogenanntes eVisum. Um es gut einzusetzen, müssen nur an den Einreiseschaltern des Airports die Computer funktionieren. Nach und nach schafften wir es, uns entsprechend auszuweisen und bemerkten eine stoische Ruhe unter vielen Einreisenden, die wohl schon so manche Indienerfahrung hatten und sich getreu des Spruches „In Europa hat man Uhren, in Indien hat man Zeit" benahmen. Das erinnerte uns gleich an die umfangreichen Reisetipps aus der Feder unseres Reisebegleiters Stefan, die er uns vor dem Abflug in Deutschland zukommen ließ. Also, Ruhe bewahren und Indien auf uns wirken lassen! Schließlich hatten wir nicht nur den Einreisestempel im Pass, sondern auch unser Gepäck an der Hand und gingen mit Stefan zum Flughafenausgang. Da trafen wir bald auf unseren örtlichen Reiseleiter Bhawani, der erst Stefan wie einen Freund und dann uns wie seine besten Gäste begrüßte. Da wurde uns klar, Bhawani und Stefan kannten sich. Ein gutes Team also. Die Reise konnte schön werden! Bald saßen wir in unserem Bus und fuhren zu unserem Hotel, dem Crowne Plaza in Delhi, in dem wir wenigstens ein paar Stunden schlafen wollten. Check-in und Zimmerbezug gingen schnell von statten, die Koffer wurden uns, wie auch an allen kommenden Tagen, aufs Zimmer gebracht und wir konnten schlafen.
Der Morgen und damit der vereinbarte Frühstückstermin kamen viel zu schnell. Doch wir waren neugierig auf dieses Land und steckten die Müdigkeit weg, genossen ein hervorragendes Frühstück vom Buffet, begrüßten nicht nur Bhawani, der lachend zu uns kam, sondern auch unsere Reisegäste aus der Schweiz, die auf anderem Flugweg Delhi erreichten, und starteten auf eine kleine Besichtigungstour durch Delhi. Neben den vielen Eindrücken am Straßenrand, ersten Kontakten mit heiligen Kühen und verrückt gezogenen Elektrokabeln erreichten wir bald die Mahatma Gandhi Gedenkstätte, bekamen vom Busboy noch eine Flasche Wasser in die Hand gedrückt und besichtigten diesen Park, ehe es weiter zum Roten Fort ging, wo unser erstes Gruppenbild entstand und nachdem wir einen ersten und unvergesslichen persönlichen und hautnahen Kontakt mit dem indischen Verkehr hatten. Denn Bhawani und Stefan orderten Rikschas, mit denen es über belebte Kreuzungen, dann durch das Bollywoodviertel bis hin zur Freitagsmoschee ging. Unsere Damen bekamen hier extra Kleidung und so stand der Besichtigung der Moschee nichts im Wege. Danach, dachten wir, ginge es zurück ins Hotel, aber Bhawani ließ den Bus noch etwas durch Delhi rollen und bald hielten wir am Gurdwara Bangla Sahib, dem größten Sikh-Tempel in Delhi. Ein Tempel, nun ja, dachten wir, doch was wir dann mit einer besonderen Kopfbedeckung zu sehen bekamen, begeisterte uns. Wir traten in eine Großküche, in der jeder, der es wollte und hin kam, beköstigt wurde. Natürlich gab es kein Fleisch, sondern nur vegetarische Angebote, aber diese wurden von den Besuchern des Tempels selbst gekocht und zubereitet. Vorbei an Teigknetflächen, großen Suppenschalen, Essenden und Kochenden, waren wir bald mitten drin im Geschehen und konnten selbst den Teig für das bekannte Naanbrot kneten und ausrollen. Später besuchten wir den eigentlichen Tempel und lauschten einer dortigen Zeremonie des Schweigens, ehe es wirklich zum Hotel ging, wir zu Abend aßen und uns bald zurückzogen. So interessant dieser erste Tag in Indien war, waren wir von der Anreise und der kurzen Nacht, den vielen Erlebnissen des Tages und der sonstigen Eindrücke, der Wärme in für uns eigentlich winterlicher Zeit und der Fremde, die schon zur Nähe wurde, rechtsschaffend müde und schliefen bald, um Kraft für kommende Erlebnisse zu tanken.

3. Tag, Montag, 06.03.2017 Von Delhi nach Agra, 200 km


Was verbindet man mit Indien, welches Monument ziert viele Reiseführer und wo will man unbedingt hin, wenn man dieses Land besucht? Für manche von uns enthielt der heutige Tagesplan sicher DAS Highlight der Reise. Das Taj Mahal in Agra. Doch 200 km lagen zwischen Delhi und unserem heutigen Tagesziel. Also fuhren wir nach Frühstück, auschecken und Kofferverladung nicht zu spät los und erlebten über den Tag hinweg den Widerspruch zwischen Hightech-Handys in der Hand vieler Inder am Straßenrand und aufgerissenem Asphalt, Prunk im eben verlassenen Hotel und Armut entlang unserer Strecke. Zum Glück erahnten wir diesen nun wohl täglich aufs Neue erfolgenden Kulturschock durch eigene Vorbereitung auf die Reise und Stefans Reisetipps. Kleine Stopps am Wege für Bedürfnispausen und Mittagessen, viele Berichte von Bhawani und Stefan über Land und Leute, Kultur und deren Akzeptanz verkürzten die lange Fahrt mit unserem gut klimatisierten und mit einer prima Mikrofonanlage ausgestatteten Bus. Passend zu unserem heutigen abendlichen Ziel fand das Mittagessen schon am Rande von Agra im Restaurant ‚Taj Mahal' statt und wir wurden immer neugieriger auf das namensgebende Bauwerk. Reiseveranstalter und Reiseleiter sind manchmal undurchschaubar. Um die Spannung zu steigern, bekamen wir nach und nach mehr Blicke auf jenes Bauwerk ganz in Marmor, denn unser erstes Besichtigungsziel in Agra war das riesige Rote Fort, in dem der Großmogul Muhammad Aurangzeb Alamgir seinen Vater Shihabuddin Muhammad Shah Jahan im 17. Jh. unter Hausarrest stellte. Jener Shah Jahan war niemand anderer als der Auftraggeber und Bauherr des Taj Mahal, das er für seine verstorbene Frau Arjumand Banu Begum (Mumtaz Mahal) als Mausoleum errichten ließ. Shah Jahan hatte sicher viele Ideen im Leben. Manche verstanden selbst seine engsten Verwandten nicht. Der gewaltige Bau des Taj Mahal sollte nicht das einzige Großprojekt des ehemaligen Moguls sein. Er plante, neben vielem Anderen, noch ein schwarzes Taj Mahal auf der anderen Seite des Flusses Yamuna. Diese Idee und andere, teils umgesetzte oder auch nur geplante Projekte ließen seinen Sohn die Macht ergreifen und den Vater aus dem Verkehr ziehen, wie man heute sagen würde. Trotzdem hatte Aurangzeb Alamgir Mitleid und Nachsicht mit seinem Vater und ließ ihm Räume einrichten, die von den gleichen Künstlern, die sein Taj Mahal erbauten, mit Marmor und den typischen Edelsteineinlegearbeiten geschmückt waren. Shah Jahan hatte daraus jederzeit Blick auf das Taj Mahal und wir genossen diesen Blick nun ebenso. Doch dann, es ging bereits gegen Abend, war es soweit. Unser Bus rollte am Roten Fort los und brachte uns bis in die Nähe des Taj Mahal. Nach langem Hin und Her entschloss sich die Indische Regierung vor einigen Jahren, um das sich den Umweltbedingungen entsprechend langsam gelblich verfärbende Taj Mahal eine Umweltzone einzurichten, in der nur noch Mopeds als Verbrennungsmotorfahrzeuge fahren dürfen. Wir stiegen in einen Elektrobus um und fuhren dem Gebäudekomplex entgegen. Vorbei an vielen Händlern und nach einer nach Frauen und Männern, Touristen und Indern getrennten strengen Sicherheitskontrolle traten wir in den Komplex ein, ließen uns von Bhawani einiges über den Bau berichten und erlebten direkt vor dem Schritt durch das Eingangsgebäude eine Fernsehcrew, die Dokumentaraufnahmen im Schutze des Indischen Militärs machten, ehe wir, Schritt für Schritt, heraustraten und die verschiedenen Sichten auf das tolle Bauwerk genossen. Hier musste einfach ein Gruppenfoto entstehen. Natürlich knipsten wir noch viele andere Fotos und später betraten wir das Taj Mahal selbst, sahen die Nachbildungen der Särge von Mumtaz Mahal und Shah Jahan, da die Originale in einer für Touristen nicht zugänglichen Krypta unter dem Monument liegen. Dann erlebten wir noch die letzten Sonnenstrahlen im und um das Taj Mahal und genossen es einfach, hier zu sein. Später ging es zurück zum Bus. Einer unserer Gäste war sehr neugierig und machte sich allein auf den Weg ins Hotel. Stefan und Bhawani waren glücklich, als er sich von da meldete. Sicher, das meinten alle drei später, war die innere Freude, dieses Glücksgefühl, das Taj Mahal selbst gesehen und erlebt zu haben, Grund dafür. Stefan lachte mit unserem Reisegast dann darüber. Der Mythos des Marmorbauwerkes am Yamuna ließ alles gut werden. Wohl gestimmt fuhren wir dann ins Hotel, checkten mit Unterstützung von Bhawani und Stefan ein und trafen uns wenig später zum Abendessen wieder, verbrachten danach noch eine Weile auf der Hotelterrasse, von wo wir einen hervorragenden Blick auf einen herrlich beleuchteten und mit Musik und Lebensfreude begleiteten Hochzeitszug unten am Hotel vorbei hatten und später verdient zur Ruhe gingen.

4. Tag, Dienstag, 07.03.2017 Von Agra über Fatehpur Sikri nach Jaipur, 250 km


Marmor im Taj Mahal, Einlegearbeiten mit Edel- und Halbedelsteinen, Jahrhunderte alte Technik. Nicht nur im Roten Fort, sondern auch im Taj Mahal sind Taschenmesser uns sonstige scharfe Gegenstände verboten, weil es immer wieder Touristen aus Indien und aller Welt gab, die den einen oder anderen Stein aus dem Marmor herausbrachen, um ihn nach Hause mitzunehmen. Trotzdem möchte so mancher etwas Echtes aus der Umgebung des Taj Mahal in seinen Koffer packen. Ganz legal. Wir fanden eine Lösung. Jene Künstler, die damals das Taj Mahal ausstatteten, wurden gut bezahlt und behandelt. Sie mussten sich dafür verpflichten, ihre Kunst nie außerhalb des Großraumes Agra anzubieten. So findet man heute noch Nachkommen jener Künstler in und um Agra, die jene Kunst weiter betreiben und an ihre Kinder vererben. Nach dem reichhaltigen Frühstück in unserem Hotel Four Points by Sheraton fuhren wir zur Staatlichen Marmormanufaktur, für die heute viele Familien vor Ort oder von zuhause aus arbeiten. Hier erklärte und zeigte man uns, wie die Einlegearbeiten entstehen, und so manch einer unserer Gruppe nahm das eine oder andere kleine oder mittelgroße Stück davon als Dose, Vase, Bilderrahmen oder Ähnliches mit in sein Gepäck. Dann hatte uns die Straße wieder und wir fuhren nach Fatehpur Sikri, der sogenannten Toten Stadt, die frühere Hauptstadt des Mogulreiches unter Großmogul Akbar, welche im 16. Jh. über 5 Jahre erbaut und dann nur 15 Jahre genutzt, danach verlassen und vergessen wurde. Wann man sie wieder besiedelte, ist unklar. Geblieben und zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt sind herrliche Bauten im Königspalast sowie ein Mausoleum, an dem später Shah Jahan, bekannt vom Taj Mahal, ebenso wie dessen Vater und Großvater Hand anlegten, um es ‚zu verschönen' und dann doch zu verlassen. Wir streiften durch die Gemäuer, sahen herrliche Steinmetzarbeiten, erwehrten uns tapfer der Händler und jener, die für ein paar Rupien als Touristenspaß in eine mit dreckig-grünem Wasser gefüllte Zisterne springen wollten, und nahmen jede Menge imposante Eindrücke jener Bauepoche im Großmogulreich mit, als wir wieder in den Bus stiegen. Danach gab es Mittag in einem kleinen Gartenrestaurant, in dem wir unter einem Baldachin saßen und durch den leichten Luftzug um uns herum der Mittagshitze trotzten, ehe wir zum nächsten Höhepunkt des Tages aufbrachen. Unser Ziel war der Vogel- und Naturpark Keoladeo bei Bharatpur, der unter Anderem eines der weltweit drei Überwinterungsgebiete des Nonnenkranichs ist. Die Maharajas von Bharatpur richteten sich hier einst ihr Entenjagdgebiet ein. Dafür ideal ist die Sumpflandschaft des rd. 29 m² großen Parks, der heute gehegt und gepflegt wird, auch einen Tempel enthält und den wir nun zünftig mit uns bereits aus Delhi bekannten, hier jedoch etwas bequemeren Rikschas durchfuhren. Ein Führer des Parks begleitete uns und zeigte uns bei vielen Zwischenstopps mit einem Fernrohr verschiedenste Tiere. Sogar ein fast handzahmer Waran saß am Wege und die Kraniche, aber auch viele andere Vögel, einige Antilopen und ein Vogel, den wir von den hiesigen Bierflaschen kannten, waren zu entdecken... der Kingfisher, also der Eisvogel. Danach lernten wir die indische Mentalität kennen, denn so, wie man in Indien eine Uhr nicht unbedingt ernst nimmt, ist manchmal auch eine Absprache des Preises nicht ganz bindend. Die Rikschafahrer wollten gern einiges Mehr, als ursprünglich vereinbart, aber die ruhige und bestimmte Art von Bhawani und Stefan ließen diese Nachforderung an sich und damit uns abprallen. So wurde dies zu einem interessanten Lehrbeispiel, wie Beharrlichkeit zum Ziel führen kann. Fröhlich und glücklich über die vielen interessanten Erlebnisse des Tages fuhren wir nun mit einem desinfizierenden Schluck Rum oder Whisky im Becher mit unserem Bus zu unserem Hotel in der (Rosa-)Roten Stadt, dem Ramada in Jaipur, checkten dank Bhawanis und Stefans Unterstützung schnell ein, genossen unser Abendessen und ließen den Tag bald ausklingen.

5. Tag, Mittwoch, 08.03.2017 In und um Jaipur


Es gibt ein Buch der 2004 verstorbenen britischen Autorin Mary Margaret (Molly) Kaye, dessen Titel fast jedem von uns in der Gruppe einfiel, welches jedoch gar nicht in Jaipur spielt, jedoch den Namen des weltweit mit dieser Stadt verbundenen Bauwerkes trägt: Palast der Winde. Heute sollten wir ihn sehen. Aber Jaipur, nahe des kleinen Ortes, in dem unser örtlicher Reiseleiter Bhawani geboren wurde, hat noch viel mehr zu bieten. Etwas davon war für einige von uns sicher ebenfalls DAS Highlight der Reise. Denn nach dem reichhaltigen Frühstück fuhren wir zum Amber Fort und begaben uns in die Sicherheit des Deutschen TÜV. Warum? Weil wir am Fuße des Forts jeweils zu zweit auf einem Plattformsitz auf den Elefantenrücken Platz nahmen und uns von diesen starken, grauen, teilweise schön bemalten Tieren gemütlich schwankend hinauf ins Fort tragen ließen. Man mag es nicht glauben, aber es stimmt. Seit einigen Jahren überwacht der TÜV Deutschland die Elefanten und ihren Einsatz. Heute gibt es noch rd. 80 Tiere, die nur am Morgen Touristen hinauf tragen dürfen, sich ab Mittag für den kommenden Tag ausruhen und vielleicht sogar an den Fußsohlen das TÜV-Siegel tragen? Gesehen haben wir es nicht, aber geritten sind wir. Unterwegs fotografierte man uns, verschiedenste fliegende Händler wollten uns echten Tand anbieten, aber wir blieben stark und begannen wenig später die Besichtigung des alten Palastes der ehemaligen Hauptstadt der Kachchwaha-Dynastie, welcher im Auftrag von Raja Man Singh I., einem Feldherr des Großmoguls Akbars in den Jahren um 1590 erbaut bzw. erweitert und später von Jai Singh I. im 17. Jh. weiter ausgebaut wurde. Tolle Malereien, Wand- und Gartengestaltungen begeisterten uns und als wir dann noch den Spiegelsaal im Diwan-i-Khas mit den vielen Spiegeln und der bengalisch gestalteten Decke sahen, waren wir vollauf begeistert. Der viele auch hier verbaute Marmor (komplette Verkleidungen und massive Marmorsäulen) ließ einen kleinen Einblick in den Reichtum der Mogule und ihrer direkt Unterstellten damaliger Zeiten zu. Später fuhren wir mit dem Jeep zurück an den Fuß des Fort-Berges, denn die Elefanten hatten nun schon Arbeitsschluss, woran man sich hier unter den stets wachsamen Blicken der Tierschützer strikt hält. Dafür schnüffelten wilde Schweine und deren Frischlinge um unseren parkenden Bus herum und wir zeigten uns die sehr preiswert erworbenen Fotos vom Elefantenritt, ehe wir weiterfuhren und noch einen kurzen Fotostopp am Wasserpalast von Jaipur einlegten. Danach besuchten wir eine Textilfabrik, in der wir das Stempeln auf Seide oder andere Materialien sahen, aber auch erfuhren, wie Teppiche geknüpft und für den Verkauf bearbeitet werden. Wir schauten uns um und bald ging es zum Mittagessen. Alles um uns ist rosarot. Im Jahr 1876 erhielt fast die gesamte Stadt diesen Anstrich in Vorbereitung auf einen Besuch des Prince of Wales, des britischen Thronfolgers. Rosa sei die Farbe der Gastfreundschaft, hieß es dazu in einer Erklärung. Danach wurde es Astronomisch. Oder doch eher Astrologisch? Auf jeden Fall interessant. Wir besuchten nun das weltweit größte der Maharadscha-Observatorien Jantar Mantar, in dem es zum Beispiel eine nur 22 Sekunden ungenau gehende Sonnenuhr gibt, man aber auch anhand verschiedener Aszendenten nach den Sternbildern seine Zukunft oder am Besten zu einem passende Partner in Liebe und Beruf bestimmen lassen kann oder eher konnte. Manch Erinnerung an den Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdner Zwinger daheim kam auf und wir staunten über die Präzession der teils hochhaushohen Gerätschaften, ehe wir, wacker vorbei an vielen Händlern, in den Stadtpalast von Jaipur gingen, der heute zum Teil immer noch von der Familie des letzten Maharajas bewohnt wird und in dem wir neben vielen interessanten Eindrücken, großen Silbergefäßen zum Transport von heiligem Ganges-Wasser auf Maharadscha-Reisen, traditionellen indischen Tänzen und Gesängen sowie vielen Erklärungen von Bhawani auch erlebten, wie ein Turban gewickelt wird. Dies führte uns gar ein Mitglied der Palastwache des Maharadschas vor. Toll und aufwendig zugleich. Nun jedoch waren wir dem Palast der Winde schon näher. Ein Spaziergang durch den riesigen Bazar der Stadt sollte uns hinführen. Wie immer bei Ausflügen durch belebte Straßen auf unserer Reise durch Indien, übernahm Bhawani die Spitze und Stefan den Schluss unserer Gruppe, sodass wir gut zusammenblieben. Trotzdem verlief sich leider ein Reisegast beim faszinierten Blick zum Palast der Winde, aber Stefan hatte alle im Blick und konnte uns so schnell wieder vereinen. Wir lachten alle gemeinsam über diese wie immer durch Bhawanis und Stefans Umsicht gut ausgegangene kleine Gefahreneinlage auf unserer Tour. Nach schönen Fotos am Palast der Winde, die wir von der Terrasse eines Hauses gegenüber aufnahmen, holte uns unser Bus ab und es ging zurück ins Hotel. Wer Lust hatte, der ging mit Bhawani und Stefan wenig später zu einer kleinen Schmuckpräsentation nahe des Hotels und danach trafen wir uns alle wieder zum Abendessen im Hotel, ehe wir unsere glücklich-müden Häupter zum Ausruhen in die Hotelbetten legten und dem nächsten, sicher wieder imposant werdenden Reisetag entgegen schliefen.

6. Tag, Donnerstag, 09.03.2017 Von Jaipur über Pushkar nach Udaipur, 300 km


Programme sind fest, Abläufe sind veränderbar. Heute leisteten wir uns alle zusammen eine kleine Veränderung des gedruckten Wortes in unserer Reisebeschreibung. Viele Kilometer Fahrstrecke nach Udaipur lagen vor uns und wir wollten uns zwischendurch einmal die Beine vertreten, dabei möglichst etwas Interessantes und vielleicht schon vom Namen her Bekanntes erleben und sehen. Eigentlich sollten wir nicht weit von unserem Tagesziel an einer der größten Festungsanlagen der Welt vorbeifahren. Sicher interessant, aber Forts sahen wir schon einige und ein anderer Ort war bei einer nur kleinen Routenänderung ebenso zu erreichen. Pushkar, bekannt vom Pushkarfest. So freuten wir uns auf den Tag, als wir zum frühen Frühstück gingen, später auscheckten und in den Bus stiegen. Trotzdem forderte das Land mit seinen Speisen, seinem Klima usw. nun langsam auch von uns seine Tribute. In den kommenden Tagen ging es dem Einen oder Anderen von uns nicht so gut, schlugen Magen und Körper auf die geänderten Bedingungen Indiens an. Durch die Umsicht Bhawanis und Stefans, das Vorhalten von wirklich wirksamen und gleichzeitig in solchen Situationen verträglichen homöopathischen Mitteln und Vorsicht aller Reisegäste im Umgang mit Leitungs- und Brunnenwasser, scharfen Speisen und Temperaturen hielten die für diese Region einfach üblichen Reise-Unpässlichkeiten nie lange an und vermiesten dadurch auch niemandem die erwarteten Erlebnisse. Die Fahrt begann und wenig später stoppten wir für einen ersten Fotostopp am mit morgendlicher Sonne herrlich anzuschauenden Palast der Winde. Dann verließen wir die Stadt mit vielen tollen Erinnerungen. Eine kleine Reifenpanne unterwegs störte nicht weiter, bescherte sie uns doch eine willkommene Pause vom Sitzen und gab Einblicke in die Rekonstruktion eines kleinen Hauses, an dem einige Inderinnen und Inder gerade dabei waren, die Wände neu zu errichten. Das war für Bhawani Anlass, Stefans Reisetipps in Bezug auf das Kastensystem bei der Weiterfahrt noch etwas zu erweitern. So erfuhren wir, dass wir da eben sogenannte ‚Unberührbare' sahen. Wieder bemerkten wir, wie freundlich die Menschen in Indien sind und wie fremd uns doch ihre Kultur noch war. Gegen Mittag erreichten wir Pushkar, wanderten durch den Bazar zu den Ghats, ließen uns dort, wer es wollte, durch einen Priester segnen und all unsere gelebten Verwandten und Bekannten mit einschließen, und sammelten interessante Eindrücke beim Wandern barfuß entlang der Ghats, ehe wir wieder im Bus saßen und über recht huckelige, aber viele spannend-interessante Ausblicke in Dörfer und Weiten bietende Straßen weiter gen Udaipur fuhren, später am Wege in einem hübschen Restaurant verspätet Mittag aßen, bald schon die Kilometer langen Lager des berühmten Udaipur-Marmors links und rechts der Fahrbahn sahen und nach dem Sonnenuntergang Udaipur und damit unser Hotel Rajarshan erreichten, wo uns Bhawani und Stefan eincheckten und wir uns wenig später zum gemeinsamen Abendessen vom übervollen Buffet wiedertrafen, ehe wir, trotz des langen Sitzens im Bus, müde aber erwartungsfroh für kommende Erlebnisse in die Betten sanken.

7. Tag, Freitag, 10.03.2017 In und um Udaipur


War der Kaffee geschüttelt oder gerührt? Er schmeckte zum Frühstücksbuffet gut und bald schon saßen wir im Bus, fuhren zum Stadtpalast und sahen ihn das erste Mal vor uns liegen, den Lake Palace. Na ja, das erste Mal live. Viele von uns sahen ihn bereits anderswo. Im Agentenfilm James Bond - 007 - Octopussy aus dem Jahre 1983 mit Roger Moore als James Bond. Der Blick war toll, doch erst einmal besichtigten wir den immer noch zum Teil von der Maharaja-Familie bewohnten Stadtpalast. Hier erfuhren wir etwas über die kunstvollen Holzschilder, die zur Hochzeit der Herschernachkommen über den Eingängen aufgehängt und dort als Zeichen dieser Verbindung und der zugehörigen Feierlichkeiten belassen werden. Im Palast sahen wir die berühmte 3D-Malerei, für die Udaipur und dessen Künstler bekannt sind. Bhawani zeigte uns z.B. ein Bild von einer Tigerjagd und fragte, wie viele Tiger wir darauf sahen. Offensichtlich waren es drei... oder gar mehr? Nein, meinte er lachend. Es war nur einer. Dieser jedoch wurde im Stand, im Sprung und in der Landung gezeigt, also als bewegte Szene und doch nur auf einem Gemälde. Faszinierend, was sich die Künstler bereits in damaliger Zeit alles ausdachten. Wie man angreifende Elefanten mit Pferden verwirren kann, erfuhren und sahen wir ebenso. Der Maharadscha brachte an den Köpfen seiner Pferde einfach Rüssel an und so konnten die Pferde ohne Aufsehen an die gegnerischen Elefanten heran und deren Reiter hatten leichtes Spiel bis hin zum Sieg trotz Übermacht des Feindes. Aber dann ging's ins Wasser. Nein, eher auf das Wasser. Gerade noch dachten wir an das eben entstandene Gruppenfoto vor einem Elefantenbildnis im Stadtpalastinnenhof, da saßen wir schon dick wie Elefanten mit orangen Schwimmwesten in einem kleinen Boot, fuhren direkt am 007-Lake Palace vorbei und landeten an einem der teuersten Cafés der Welt, wo wir uns umsahen, die Aussicht und die Parkanlage bewunderten, ehe es wieder zurück per Boot an Land ging. Noch ein Blick auf den See und schon fuhr der Bus in die Stadt zum Mittagessen, später in den Saheliyon ki Bari Park, den wir in Europa als Botanischen Garten, hier in Indien jedoch als normale, wenn auch besonders schön gestaltete Stadtparkanlage bezeichnen würden. Besonders lustig ist ein Wasserspiel am Eingang, welches von den Parkwächtern bedient wird und mit dem uns Bhawani erst einmal gehörig verblüffte. Später entdeckten wir noch den Elefantenbrunnen, an dem rings herum Elefanten aus Granit und Marmor stehen, aus deren Rüsseln der Brunnen mit Wasser gespeist wird. Sehr schön. Durch den dichten Bewuchs, besonders im vom Zugang gesehen linken Teil des Parks, nutzen diesen gern Liebespaare, um sich näher zu kommen, was uns gleich wieder zu Fragen rund um Freundschaft, Eheschließung, Familie und das Leben zwischen Mann und Frau führte, die uns Bhawani gern beantwortete. Wir bemerkten dabei wieder, dass Indien eben eine ganz andere Kultur und damit auch einen anderen Umgang zwischen Mann uns Frau sowie in der Familie lebt. Trotzdem meinte Bhawani, es gäbe bereits Veränderungen, eine Art Wandel hin zu fast europäischen Werten, die jedoch noch gut 10...15 Jahre oder länger Zeit benötigen, um sich wirklich zu etablieren. Tja, da war sie wieder, die Erkenntnis: In Indien hat man eben Zeit. Und man kann wunderbar malen. Warum? Nun, im Stadtpalast bewunderten wir bereits verschiedene Malereien, die bis hin zu Miniaturen einzigartige Ansichten in den verschiedensten Größen und Qualitäten darstellten. Nun, gleich gegenüber des Parks, besuchten wir eine Malereiwerkstatt, in der uns das Handwerk noch einmal erläutert wurde und wo wir die Gelegenheit hatten, verschiedene Miniaturen auf Seide, Papier oder Kamelknochen zu erwerben. Ein interessanter Tagesabschluss, dachten wir, aber der Tag war noch lange nicht zu Ende! Kaum saßen wir im Bus, stoppte dieser am Folk Museum von Udaipur und wir gingen zu einer traditionellen Puppen- und Tanzvorführung. Bunte Kostüme, handgemachte Musik und toller Tanz, Puppenführung und Gesang beeindruckten uns, sodass der alles in Dunkelheit tauchende kurzzeitige Stromausfall während der Veranstaltung gar nicht ins Gewicht fiel. Einer unserer Reisegäste besuchte auf dem Wege zur Toilette eine im selben Areal stattfindende Freiluft-Wahl-Veranstaltung, kam dann jedoch aufgrund des dort fehlenden Kunstgenusses schnell wieder zu uns zurück. Nachdem einer der Tänzer mit neun Keramikschalen übereinander auf dem Kopf balancierend einen besonders langen Tanz zeigte, war die Veranstaltung schließlich zu Ende, es ging zurück ins Hotel zum Abendessen und zum nach diesem ereignisreichen Stadttag sicher verdienten Ausruhen auf dem Zimmer.

8. Tag, Samstag, 11.03.2017 Von Udaipur über Ranakpur nach Khejrala, 200 km


Die Sonne lacht, Blende acht. Mit diesem Satz kann die jüngere Generation heute nichts mehr anfangen, denn Fotoapparate stellen sich heute automatisch auf die Umgebungsbeleuchtung ein. An diesem Morgen lachte die Sonne jedoch wie immer und wir brachen nach dem Frühstück auf, denn die nächste Nacht wollten wir in einem Fort verbringen und bis dahin lagen noch einige Kilometer Fahrtstrecke vor uns. Bhawani und Stefan versprachen uns einige Fotostopps und so schauten wir begeistert aus dem Bus, als dieser in einem kleinen Dorf das erste Mal hielt. Nicht nur, dass uns gegenüber gerade in einem Freiluft-Friseur ein Bartträger bearbeitet wurde, um wieder hübsch auszusehen, so wanderte unser Blick hinauf zum Wipfel eines Baumes direkt darüber. Über und über war er behangen mit schlafenden oder sich nur ausruhenden Flughunden. Einige starteten, kamen später wieder zurück. Dazu schauten die Dorfbewohner dieses offiziell als befriedetes Zigeunergebiet benannten Landstriches nach uns und wir sahen nur freundlich-lächelnde Gesichter um uns, als wir schließlich weiterfuhren. Bhawani erläuterte uns nun in Ergänzung zu Stefans Reisetipps, dass Indien das eigentliche Ursprungsland der heute überall in der Welt lebenden Zigeuner sei. Diese hatten vor den Mogulen und Maharadschas eine Hochkultur auf dem Gebiet des heutigen Indiens, aber sie ereilte der gleiche Fluch, wie andere Kulturen in Amerika, Inkas, Mayas, Azteken, die durch Eroberung nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Kultur verloren. So wurden aus den einst hoch entwickelten Ureinwohnern Indiens die leider meist verrufenen, überall bekannten und scheinbar unterentwickelten Zigeuner der Stämme Sinti, Roma und anderer. Man kann es sich kaum vorstellen, muss es leider an vielen fachlich geprüften und sonst geschichtlich korrekt berichtenden Stellen und Quellen so nachlesen. Also könnte es sogar stimmen. Die Zigeuner im Dorf mit dem Flughundebaum waren freundlich und wir winkten ihnen gern zum Abschied zu, ehe wir ein paar Kilometer weiter wieder stoppten und hier die Möglichkeit hatten, ein mit Wasserbüffeln bzw. Kühen angetriebenes Wasserschöpfrad zu betrachten und zu fotografieren. Inzwischen hatte unsere Buscrew, bestehend aus dem Fahrer und dem Busboy, ein neues Ersatzrad gekauft und montierten dieses bei diesem kleinen Stopp schnell und professionell am Bus. Dann ging es weiter zu einer imposanten Tempelanlage, einem Jain-Tempel, genauer gesagt dem Jain-Tempel Adinatha in Ranakpur. Bhawani erläuterte uns genau, wie diese Religion lebt und was ihre Anhänger tun oder nicht tun. Auf dem Wege zum Tempel sahen wir viele Affen und deren Affengott Hanuman am Fütterungsplatz. Einige von uns hatten inzwischen schon indische Lieblingsgötter. Die Hauptgötter Brahma als Schöpfer, Vishnu als Erhalter und Shiva als Zerstörer gehörten in der Regel nicht dazu. Besonders angetan hatte es inzwischen einigen der Sohn Shivas, Ganesha, der in manchem Reisegepäck in Holz, Jade oder Kamelknochen mit nach Hause wandern würde. Doch nun ging es in einen Tempel einer ganz anderen oder abweichenden Religion, was sich gleich bei den Zugangsvoraussetzungen zeigte. Dass wir die Schuhe auszuziehen hatten, war klar. Hier wurde jedoch die Mitnahme von allen Arten von Leder in den Tempel nicht gestattet. Keine Gürtel, keine Geldtaschen, keine Hüte oder Hosen aus Leder. Das liegt daran, dass die Jain-Anhänger jegliches Töten von Tieren oder Wesen ablehnen. Sie tragen sogar beim Schlafen und häufig zu anderen Anlässen einen Mundschutz, um nicht aus Versehen ein Insekt zu verschlucken. Auch wenn uns solches Denken nicht geläufig sein sollte, war der Besuch im Tempel ein Erlebnis. Herrliche Steinmetzarbeiten, durchdachte Architektur beim Bau der Tempelanlage von innen nach außen und die Kühle im Innern trotz der Hitze draußen beeindruckten ähnlich, wie manches Fort bisher auf der Reise. Nach der Besichtigung saß jede Hose wieder fest am Körper, denn die Gürtel durften nun wieder getragen werden, und so ging es vorbei an wunderbaren Pflanzen und posierenden Affen zurück zum Bus und gleich darauf zum verdienten Mittagessen in einem schönen Restaurant in der Nähe. Nach einigen Befindlichkeits-Zwischenstopps und dem von Stefan gesungenem Kaktuslied passend zu Kakteen am Wege, erreichten wir lange nach Sonnenuntergang unser Hotel Fort Khejrala im kleinen Dorf Khejrala, bezogen unsere fürstlich-morgenländischen Suiten im ältesten Teil des restaurierten und renovierten Forts von 1705, genossen später den Gesang und den Tanz am Vorabend des nun beginnenden Holi-Festes und ließen uns im Innenhof mit Blick auf den aufgehenden Mond und das beleuchtete Fort das reichhaltige Abendessen schmecken, woraufhin Stefan das allbekannte Lalelu-Lied anstimmte, ehe wir uns für Kommendes ausruhten. Manch einer erwarb auf dem Wege in sein Zimmer noch eine Tasche oder ein paar schicke Schuhe aus Kamelleder im Hotelhof. Irgendwie war der Gedanke an die Jain-Religion schon wieder so weit weg. Ist das nun gut? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall ist es eben anders, für uns fremd und doch so interessant. Gute Nacht.

9. Tag, Sonntag, 12.03.2017 In Khejrala, Beginn des Holifestes, Ruhetag und Jeep–Safari


Das Fest der Farben vermittelt vom Namen her den Eindruck, dass man dabei eine Menge Dinge in herrlichen Farben sieht. Am Morgen des neuen Tages stiegen wir darum aufs Dach des Hotel-Fort, sahen in die Ferne und Nähe und erkannten nichts extra Gefärbtes. Doch Bhawani erläuterte uns alles ganz anders. Das Fest der Farben besteht u.a. auch aus dem sich gegenseitig Färben. Schon teilten Stefan und Bhawani einfache weiße Baumwollkleidung aus, die wir nun zwei Tage lang immer tragen sollten, um unsere sonstige Kleidung zu schützen. Dazu mussten wir in der Gruppe beisammen bleiben, denn den Hindus, deren Fest das Holifest ist, dürfen nur an diesen Festtagen im Jahr Alkohol trinken und vertragen ihn doch darum gar nicht. Was da geschehen könnte, malten wir uns lieber nicht aus, waren aber wegen der bisherigen gezeigten Umsicht von Bhawani und Stefan optimistisch, das Farbenfest auch als Fest und nichts Anderes zu erleben. Nach dem Frühstück lud uns Bhawani zu einem Rundgang durchs Dorf ein, auf dem wir von den Kindern ordentlich mit Farbe beworfen und beschmiert wurden. Im Gegenzug schenkten wir ihnen Bonbons und Kugelschreiber. Fast nebenbei besuchten wir eine traditionelle Töpferei, durften auch einmal in eines der Häuser im Dorf hinein, tranken dann noch einen Massala-Chai im Dorf und sahen die süßen Knabberstände, denn der Inder mag Süßes furchtbar gern, gönnt es sich aber meist nur zu besonderen Tagen, wie eben zum Holifest. Außerdem war dieser Tag ja unser Ruhetag. Wer wollte, konnte nach Mittagessen und Ruhe im Hotel am Nachmittag an einer Jeep-Safari in die Steppenlandschaft und in ein traditionelles Opium-Dorf teilnehmen. Fast alle kamen mit. Wir sahen gut aus in unseren nun schon etwas bunten, aber doch sehr hellen Baumwollkleidern. Vielleicht extra darum wagten sich die Antilopen hervor. Manch Natur- und Tierliebhaber reist extra wegen indischen Antilopen hierher, wir sahen sie einfach nebenbei, die Hirschziegenantilopen und die Nilgauantilopen in größeren Mengen. Dazu beobachteten wir junge Eulen und Schildkröten. Dann taten wir es der Nilgauantilope nach und bewegten uns gen Opium, welches diese gern frisst. Keine Ahnung, wie es auf sie wirkt. Wir nahmen jedenfalls in einem kleinen Dorf mitten in der Steppe an einer traditionellen Opiumzeremonie mit Anrufung der Götter teil und durften dann ein klein wenig vom so entstehenden gefilterten Opiumwasser trinken. Bhawani, nun wissend, dass es schon einige von uns in Bezug auf Unstimmigkeiten im Magen und im Darm erwischte, erwarb für indische Verhältnisse legal etwas Opiumzucker, den er von nun an morgens jenen von uns verabreichte, die über Magen-Darm-Beschwerden klagten und sich seiner diesbezüglichen Behandlung nicht widersetzten. Ob es half? Nun ja, wir kamen alle wieder heil nach Deutschland. Wahrscheinlich, wie bei vielen Mitteln, muss man einfach daran glauben. Die Safari war auf jeden Fall spannend und interessant, denn auf deren Rückfahrt erlebten wir noch am Dorfeingang von Khejrala das Holi-Feuer, bei dem ein Stock in die Flammen gestellt wird, den dann junge Männer versuchen, den Flammen zu entreißen. Bald war der Stock heraus, der Jubel groß, es ging zurück ins Hotel und wir genossen später wieder im Schatten unseres beleuchteten Fort das Abendessen und später die Nachtruhe.

10. Tag, Montag, 13.03.2017 Von Khejrala nach Jodhpur, 80 km


Ein Fest in vollem Gange, ganz Indien, zumindest alle Hindus in Kontakt mit ihnen ungewohntem Alkohol. Wir trugen bereits zum Frühstück unsere besondere Holi-Kleidung, verließen später unser tolles Fort und saßen im Bus gen Jodhpur, das gar nicht weit entfernt war. Holi ist in Indien Feiertag. Ob wir unser für heute geplantes Besichtigungsprogramm einhalten konnten, stand derzeit noch in den Sternen. Jedoch errichten wir bald unser Hotel in Jodhpur, checkten mit Bhawanis und Stefans Hilfe ein und machten uns gemeinsam auf, das angeblich geöffnete Mehrangarh Fort zu besichtigen. Es war auch wirklich offen und um das Kulturgut zu schützen, waren Farben schon am Eingang strikt verboten. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir hinauf auf die Höhen des Forts, besichtigten u.a. die einzigartige Sänftensammlung hoch über der blauen Stadt. Traditionell symbolisiert die Farbe Blau die Zugehörigkeit der Bewohner zur Kaste der Brahmanen (Priester und Lehrer im Hinduismus), obwohl heute auch Nicht-Brahmanen diesen Brauch übernahmen. Man sagt, die Farbe sei ein effektives Mittel zur Abwehr von Moskitos. Im Fort sahen wir wieder tolle Malereien, hatten von dort einen guten Blick auf einen Vorläufer des Taj Mahal zu Füßen des Forts und ebenso zu einem dem Taj Mahal zumindest von Weitem fast gleichenden Luxushotel in der blauen Stadt. Nach dieser Besichtigung genossen wir das Mittagessen in einem kleinen Restaurant in der Stadt und fuhren schließlich trotz Holifest mitten in die Innenstadt, wo wir neben einem Spaziergang vorbei an verfärbten Geschäften und Indern einen Gewürzmarkt besuchten, da edlen Tee kosteten, später in ein Textilhandelshaus kamen und uns dort edle Stoffe und Decken, Schals und Tücher präsentieren ließen, So manches Stück wechselte hier den Besitzer und wanderte in unsere sich immer mehr füllenden Koffer. Als wir wieder im Hotel waren, erklärte uns Bhawani, dass das Holifest nun vorbei sei, wir uns reinigen konnten und wieder lockerer werden durften. Das Abendessen im Hotelgarten verlief daraufhin unkompliziert und trotz des guten Essens etwas farblos. Holifest vorbei, nichts Wesentliches passiert. Gut, wir können schlafen gehen.

11. Tag, Dienstag, 14.03.2017 Von Jodhpur über Osian nach Jaisalmer, 300 km


Alle Inder wieder nüchtern? Das war sicher die erste Frage, die einigen von uns beim morgendlichen Erwachen durch den Kopf geisterte. Beim Hotelpersonal stellten wir nichts fest, stärkten uns beim Frühstück für den sicher wieder ereignisreichen Tag, checkten bald aus und saßen dann im Bus, wo uns Bhawani den geschichtlichen Übergang von Maharadschas über Mogulherrscher und Briten zur heutigen indischen Unabhängigkeit unter Gandhi und Nehru sowie der stetigen Weiterentwicklung Indiens zum bald bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich stets aufstrebenden Land in der heutigen Welt erläuterte. Wir waren auf dem Wege vom Rande mitten hinein in die Thar-Wüste und machten am späten Vormittag Station zur Besichtigung des in Betrieb befindlichen Sachia-Mata-Tempels und anderer, nicht mehr betriebener Anlagen in Osian. Der Umgang mit Geschichte und deren Hinterlassenschaften ist in jedem Land anders. In den verlassenen Tempelanlagen ohne heilige Säulen am Rande von Osian fanden wir Unmengen von leeren Schnaps- und Bierflaschen und Bhawani meinte, einige Hindus würden dahin gehen, um heimlich zu trinken. Dabei war nicht der eine Alkoholtag zum Holifest gemeint. Um dies noch zu bekräftigen, kam während unserer Besichtigung eine Herde Ziegen in den ehemaligen Tempel und führte uns vor, wie man auch bei diesen Tieren Rangkämpfe ausführt. Geschichte ist vergessen und unwichtig, hatten wir den Eindruck, wenn sie nicht gelebt wird. Darum ging es nun in den Sachia-Mata-Tempel in der Mitte der Kleinstadt. Wir kletterten eine ellenlange Treppe hinauf, genossen von oben die Aussicht und sahen eine Menge schöner Steinmetzarbeiten und eine Zeremonie, wie wir sie noch nicht erlebten. Alles in allem sehr interessant. Opfergaben überall, das Holifest hinterließ auch Spuren von Farbe an verschiedenen Gottheiten und doch spürten wir den tiefen Glauben, der die indischen, eher die hinduistischen Besucher hierher führte und beseelt wieder gen Heimat ziehen ließ. Bhawani erläuterte uns in diesem Zuge, dass Hindus versuchen, so häufig und weit wie möglich auf Pilgerreisen zu gehen. Varanasi am Ganges ist einer der am Meisten besuchten Orte, aber auch andere, wie dieser Tempel in Osian, gehören dazu. Dafür bekommen Inder von ihren Arbeitgebern im Jahr mehrere Wochen frei. Für uns ging die Reise weiter gen Wüste Thar, die sich langsam um uns ausbreitete. Um die Mittagszeit hatten wir beim ersten Mittagessenversuch Pech, denn das kleine, ursprüngliche Restaurant schaffte es nicht, uns zu bekochen. So fuhren wir weiter, vorbei an spärlich werdender Vegetation, Dromedarherden und immer kleiner erscheinenden Dörfern, fanden dann ein besseres Restaurant und verschnauften erst einmal, ehe wir weiter fuhren und nach einigen Bedürfnispausen an Tankstellen der Indian Oil oder der HP schließlich gegen Abend Jaisalmer und unser Hotel Fort Rajwada erreichten, mit Unterstützung von Bhawani und Stefan eincheckten und unsere Zimmer bezogen. Vielleicht sei noch erwähnt, dass wir in jedem Hotel unserer Tour zur Ankunft ein ortstypisches Getränk kredenzt bekamen, uns mit kühlen Tüchern erfrischen konnten und man uns manchmal eine Blütenkette als Willkommen umhängte oder einen Farbpunkt auf der Stirn anbrachte. Gastfreundschaft wird groß geschrieben in Indien und dieses Hotel war wieder sehr schön. Bald trafen wir uns im Hotelgarten zum Abendessen am sehr reichhaltigen Buffet, lauschten den Klängen indischer Instrumente und ließen uns von Gesang und Tanz beim Essen und danach verzaubern, ehe wir wieder schlafen gingen.

12. Tag, Mittwoch, 15.03.2017 In der Wüstenstadt Jaisalmer, 80 km nach Sam und zurück


Der Muezzin hat angeblich keine Uhr, ruft jedoch jeden Tag zur gleichen Stunde. Hätte er heute nicht einmal verschlafen können? Egal, auch sein Ruf gehört zu unserer Reise und weckte uns nicht nur heute. So gab es bald Frühstück und dann waren wir bereit für neue Taten. Öfter auf der Reise berichtete Bhawani, wenn wir uns die Textilstempel der Händler anschauten, die sie uns verkaufen wollten, dass wir diese besonders günstig in Jaisalmer erwerben könnten. Am Morgen nach dem Frühstück fuhren wir zum heiligen See Garisar und besichtigten seine Ghats sowie die Fischfütterung und hatten endlich einen Stand vor uns, wo wir sehr schön gearbeitete Textilfarbstempel preiswert bekamen. Hier machten wir auch Bekanntschaft mit störrisch-bösen heiligen Kühen, die nach uns schnappten, ohne dass sie uns wirklich etwas tun konnten. Danach ging es in eines der wenigen in Indien vollständig bewohnten Forts, dem Fort Jaisalmer. Aus Lehmziegeln über Jahrhunderte errichtet, jedoch ohne Kanalisation gebaut, stürzten einige Gebäude in der Vergangenheit schon mehrfach ein, obwohl dieses Fort nie von Feinden eingenommen wurde. Heute baute man eine Kanalisation, versucht aber mit besonderen Angeboten, die Bewohner des Forts zum Fortzug zu bewegen, um die Gebäude besser zu schützen. Doch da Jaisalmer mit seinem Fort ein Touristenmagnet ist, will niemand gehen, denn jeder Bewohner hat so oder so ein paar wichtige Einnahmen durch die Touristen. Auch durch uns. Besonders wurden prähistorisch-fosile Versteinerungen verkauft, die von den Bewohnern von Jaisalmer und umliegenden wenigen Ortschaften in der Wüste an den Baustellen des Indira-Gandhi-Kanals gefunden werden, der von Punjab kommend, eines Tages die Wüste Thar bewässern und fruchtbar machen soll. Ein Milliardenprojekt, dessen Ende und Erfolg noch in den Sternen steht, den Bewohnern von Jaisalmer jedoch Versteinerungen beschert, die sie verkaufen können. Wir besuchten das Fort und sahen an den Eingangstoren Handabdrücke, Bhawani berichtete, dass noch bis 1980 Frauen ihren verstorbenen Ehemännern, in diesem Fall Herrschern, durch einen Freitod nachfolgten. Natürlich versucht man heute, den Touristen zu erläutern, dass dies ein Zeichen tiefer Liebe und Zuneigung der Frauen zu ihren Ehemännern war, doch in Wahrheit erklärt sich dies durch die entwürdigende Rolle, die Witwen in Indien und indischen Familien auch heute noch spielen müssen. Wir besichtigten das Fort mit seinen mannigfaltigen verschiedenen Sichten hinaus, den vielen Händlern und Läden, genossen hoch oben an schöner Aussicht auf die gelbe Stadt Jaisalmer zu Füßen des Forts einen Tee und gingen hinunter in die Altstadt, wo wir noch ein Haweli besuchten, in dem die uralte Familie heute Sammelstücke ihrer Vergangenheit zu Gunsten der Renovierung ihres Hauses verkauft, ehe wir auf dem Dach eines Hotels mit herrlichem Blick zum Fort Mittag aßen. Später besuchten wir noch eine Teppichweberei, in der vor allem Frauen aus den Wüstendörfern ihre Patchworkarbeiten verkaufen konnten, ehe es kurz zurück zum Hotel ging und wenig später starteten wir von hier aus nach Sam, einem der zwei Orte der Umgebung von Jaisalmer, wo Touristen einmal auf einem Kamel über die Sanddünen reiten können. Gut 40 km lagen bis dahin vor uns, aber die Strecke ließ sich aufgrund guter Straßenverhältnisse indienuntypisch schnell bewältigen. Neben der Straße in Sam saßen und warteten schon unsere Kamele und so kamen wir schneller in die Sättel, als erwartet. Die Sonne stand nicht mehr zu hoch, als unsere Karawane, begleitet von Händlern, die uns Getränke für nach dem Kamelritt anboten, von der Straße in die Wüste schwenkte und dann eine Düne nach der anderen erklomm. Schöne Fotos entstanden während des Rittes, bei dem, wir geben es offen und ehrlich zu, unser Guide Bhawani die beste Figur als Reiter machte. Schließlich saßen wir nach dem Ritt mitten in den Dünen, lauschten den klassischen Klängen der Musikanten und tranken eine Cola mit Rum oder einen Whisky, während vor uns die Sonne mitten in einer anderen Düne verschwand, Kamele und Kamelkarren vor und neben uns dahinzogen und wir uns ein wenig in die Wüstenabenteuer a la Karl May versetzt sahen, ehe wir, vorbei an im Sand verschwundenen Straßen, zurück zu unserem Bus wanderten, Sam verließen, unterwegs einen Fotostopp am erleuchteten Fort einlegten und dann zum Hotel fuhren, dort das Abendessen genossen und uns auf unsere Zimmer zurückzogen.

13. Tag, Donnerstag, 16.03.2017 Von Jaisalmer nach Bikaner, 300 km


Linksverkehr wie in Großbritannien, aber kein Vergleich mit den durch Regeln geordneten Straßenverhältnissen in Europa. Trotzdem sieht man kaum einen Unfall, hat nicht jedes Fahrzeug Schrammen in Indien. Heute lagen wieder viele Kilometer vor uns, die Straße sollte nicht zu gut werden und unser Bus fuhr nicht schnell. Wir waren froh, dass wir ihn hatten, denn mit der Indischen Staatsbahn müssten wir die heutige Strecke auf Grund der Streckenführung in mindestens 14 Stunden bewältigen. Etwas schneller, wenn auch nicht zu schnell, sollten wir unser Ziel erreichen. Ein den Tag ausfüllendes Programm also. Trotzdem wollten wir heute einiges besichtigen. So packten wir nach dem Frühstück unsere Koffer und ab ging es, um noch ein Vormittagsfoto vom Fort zu knipsen und dann ein Silberhandelshaus zu besichtigen, in dem man alte wie neue Gegenstände, Schmuck und Besteck sackweise vorführte und der Eine oder Andere ein Stück für zuhause erwarb. Dann jedoch war es Zeit, die gelbe Wüstenstadt, aufgrund ihrer vielen Häuser aus gelbem Sandstein so genannt, wieder zu verlassen. Erst fuhren wir die gleiche Straße wie zwei Tage vorher, nur in die andere Richtung, dann bogen wir ab gen Bikaner, hielten hin und wieder zur Bedürfnispause und hatten beim Mittagessen eine herrliche Sicht von einem Hügel, auf dem das besuchte Restaurant stand, auf die umliegende Savanne. Es wurde bereits Abend, als wir die Kamelzucht-Station von Bikaner erreichten. Entfernungen sind eben in Indien nicht mit unserem Zeitgefühl zu überwinden. Die Demut über die lange Busfahrt wurde belohnt mit herrlichen Blicken auf verschiedene Kamelrassen, Neugeborene und ganz nebenbei gar eine Menge grüner Sittiche, die es sich auf der Zuchtstation gemütlich machten. Ein toller Ausflug nach unserem gestrigen Kamelritt mitten in der Wüste. Zumal wir nun noch genauer sahen, welche Grimassen Kamele schneiden können, wie graziös und zur indischen Ruhe passend sie einherschreiten und wie sie auf Menschen reagieren. Das war, auf jeden Fall, in Gedanken an den nächsten Programmpunkt die eindeutig netter wirkende Tierbegegnung des Tages, denn nun wussten wir, dass der Bus das nächste Mal am Karni-Mata-Tempel in Deshnok, nahe Bikaner halten würde, dem berühmt-berüchtigten Rattentempel. Einige von uns hatten schon Angst vor dieser Begegnung und überlegten, ob sie wirklich mit hineinkommen würden, aber Bhawani und Stefan erklärten das, was uns alles dort erwartete, so hingebungsvoll und spannend, dass wir es uns doch nicht entgehen lassen wollten. Also harrten wir der Dinge, die da kamen und über unsere Füße laufen sollten. Am Tempel angekommen, hofften wir auf die abendliche Sonnenuntergangs-Zeremonie und waren etwas enttäuscht, dass die Sonne bereits verschwand, als der Bus hielt, doch das war nicht schlimm. Karni Mata lebte wohl im 14. und 15. Jh. und galt als Schutzheilige der Fürsten von Bikaner, die ihr einst einen toten Sohn brachten, dessen Leben sie ihm zurückgeben sollte. Sie versuchte in Trance den Totengott Yuma zu sprechen, der jedoch meinte, der Tote könne nicht wieder leben, da er bereits wiedergeboren sei. Karni Mata schwor, dass niemand in dieser Gegend je ins Totenreich gehen werde und alle als Ratten wiedergeboren würden. Nach dem Rattenleben würden alle als Sänger, Charans oder Barden wieder auferstehen, die unter den Rajputen stets als hoch angesehene Personen galten. Der Tempel, in dem die Wiedergeborenen als Ratten leben und von den Gläubigen gefüttert werden, soll nun bereits 600 Jahre alt sein und wurde wegen seiner Bedeutung als eine Art Palast erbaut. Am Eingang des Tempels zogen wir die Schuhe aus und schlüpften in Tempelsocken, eine milde Spende unserer schweizer Gäste, die einen Großpack davon bei sich hatten. Dann ging es hinein in den Tempel und schon sahen wir die ersten futternden und trinkenden Ratten an großen Tellern. Überall schauten Gläubige um sich, schienen etwas zu suchen. Wir erfuhren, man hoffe, eine weiße Ratte zu erblicken, denn die brächte besonders viel Glück. Den meisten Besuchern reichte es jedoch schon, wenn eine der normalen Ratten, die eigentlich eher einer größeren Mäuseart zuzuordnen sind, über den eigenen Fuß läuft. Das würde für ein kleines Wunder reichen. Nun ja, gewöhnungsbedürftig. Die Zeremonie sahen und hörten wir doch noch und waren zufrieden, wenn auch inmitten der vielen Ratten nicht unbedingt glücklich. Die Tiere selbst wirkten possierlich und hatten mehr Scheu vor den Besuchern, als diese. So ging dieser Besuch ohne Komplikationen zu Ende und bald saßen wir wieder im Bus, fuhren nach Bikaner und bezogen, beim Check-in unterstützt durch Bhawani und Stefan, unsere Hotelzimmer im Heritage Ressort am Rande der Stadt, aßen zu Abend und gingen schlafen. Ein weiterer interessanter Tag ging zu Ende.

14. Tag, Freitag, 17.03.2017 Von Bikaner nach Mandawa, 280 km


Morgens oder Abends? Egal. Die Zeremonie im Rattentempel war interessant und so besuchten wir nach Frühstück und Check-out heute am Morgen das Fort von Bikaner, genauer gesagt das Fort Junagarh. Faszinierend hier gleich beim Eingang, dass man die Tore mit Metallspitzen ausstattete, um Elefantenangriffe abzuwehren. Denn auch wenn diese großen Tiere sehr stark und kräftig sind, haben sie am Kopf einige empfindliche Stellen. Somit würden sie keinen Angriff gegen die Tore des Forts wagen. Im Fort, das eine sehr gut erhaltene Innenausstattung besaß, z.B. mit Keramikkacheln aus Delft, sahen wir herrliche Intarsienarbeiten, Malereien, einen Pfauenthron ähnlich dem, den Eroberer bereits ebenso aus Indien verschleppten, wie den größten Diamanten der Welt. Der Maharadscha Raj Singhji sammelte, wie seine Vorfahren, eine Menge, vor allem Waffen, aber die Familie machte sich auch in Kriegen auf verschiedenen Seiten einen Namen. So erhielt die Familie ein Flugzeug geschenkt, weil man sich auf Seiten der Engländer erfolgreich am 1. Weltkrieg beteiligte. All dies kann man heute zwischen Prunk und Göttern im Fort besichtigen. Nur ein Teil der Anlage ist für Besucher zugänglich, da auch hier immer noch ein Teil der Familie des letzten Herrschers lebt und noch einiges restauriert und rekonstruiert werden muss. Später fuhren wir weiter, verließen nun Bikaner und machten bald Stopp für ein nettes Mittagessen, während dessen wir mit Stefans Unterstützung unsere Adressen für spätere Kontakte tauschten und uns Stefan über das bisher ausgegebene Trinkgeld unterrichtete. Denn auch wenn wir es am Liebsten nicht wahr haben wollten, so erlebten wir heute bereits Tag 14 unserer 16-tägigen Reise durch den Norden von Indien. Bald ging es zurück. Das hieß auch, einiges für den letzten Tag in Indien zu organisieren. Nach weiteren Bedürfnispausen, u.a. an einem Party- und Stundenhotel das wir in solch einer Form im religiös geprägten Indien nicht unbedingt erwarteten, erreichten wir über eine sehr huckelige und schlechte, aber einzig vorhandene Straße Mandawa und damit den Ort der heute noch lebenden Hawelis, der alten Händlerhäuser, die durch ihre Funktionalität, aber vor allem durch ihre schöne Bemalung von sich Reden machten und dies immer noch tun. Leider werden derzeit viele der Häuser von Grund auf rekonstruiert, sodass wir keines von innen besichtigen konnten, aber die Zeichnungen außen und das Wissen, dass wir heute Nacht in einem Haweli gar nicht weit von hier übernachten würden, entschädigten uns dafür. Wir staunten später, als wir unser Hotel im zu Mandawa gehörenden Nachbarort erreichten, wie unser Busfahrer die engen Straßen und schmalen Kurven meisterte, um uns ans Ziel zu bringen. Zusammen mit Bhawani und Stefan checkten wir ein, bezogen unsere Zimmer und trafen uns wenig später zum Abendessen wieder. Für danach organisierte uns Stefan noch eine kleine Marionetten-Puppen-Show im Innenhof des herrlich bemalten und eingerichteten Haweli-Hotels Grand Haweli und so gingen wir wieder mit neuen, schönen Eindrücken ins Traumland.

15. Tag, Samstag, 18.03.2017 Von Mandawa zurück nach Delhi, 300 km


Ein letzter ganzer Tag in Indien lag vor uns. Am Morgen ging es nicht so spät nach dem Frühstück los. Unser Bus rollte gen Delhi. Wir waren alle gut gelaunt und doch etwas wehmütig, denn nach einer Besichtigung in der Hauptstadt Indiens sollte es ins Hotel gehen, von wo dann nur noch der Weg zum Flughafen folgte. Egal, noch einen ganzen Tag Indien genießen, das war unsere Devise. Am späten Vormittag hielten wir zur Bedürfnispause an einem geschlossenen Hotel, das sich, getreu unserer Erfahrungen in diesem Land, als gar nicht so geschlossen herausstellte, denn kurz nach unserer Ankunft gingen die ungeputzten Glastüren auf und wir durften die Toiletten im Innern benutzen, sahen, dass man zum Ende der letzten Saison einfach alles abschloss, inkl. des Souvenirshops, und nun auf allem darin eine dicke Staubschicht darauf wartete, durch von Touristenströmen träumenden Mitarbeitern irgendwann entfernt zu werden. Vielleicht war unser Zwischenstopp dort ein gutes Ohmen und man würde bald mit der Säuberung und Wiederinbetriebnahme des Hauses beginnen. Weiter ging es, wir machten Mittagspause in einem Restaurant am Wege und dann, vielleicht zwei Stunden vor Erreichen der Hauptstadt, sprach Stefan im Bus einige Abschiedsworte, worauf ein Gast unserer Reisegruppe ein während der Reise verfasstes Gedicht vortrug, worüber sich alle freuten. Zum Abschluss der kleinen Verabschiedung sang Stefan noch Auld lang syne und wir wünschten besonders unserem örtlichen Reiseleiter Bhawani eine gute Zeit und stets nette Reisegäste, uns allen eine gute Heimkehr und vielleicht irgendwann irgendwo ein Wiedersehen. Der Bus rollte weiter, vorbei an den Vororten und Managementvierteln von Delhi, bis wir das Qutab Minarett erreichten und den Ort besichtigten. Einigen kam es so vor, als stünden sie in Glastonbury, dem legendär-mystischen Begräbnisort König Arthurs, aber wir waren wirklich in Indien, wo einst Herrscher um das größte Minarett feilschten, die Zeiten doch nur eines davon überdauerte und wir den Sonnenuntergang zwischen den alten Ruinen erlebten, ehe wir wieder in den Bus stiegen und zu unserem letzten Hotel der Reise fuhren, dem Vaishree Boutique unweit des Flughafens. Noch einmal checkten wir mit Bhawanis und Stefans Unterstützung ein, machten unsere Mobiltelefone fit für letzte Nachrichten aus Indien nach Hause, bezogen unsere Zimmer, trafen uns zum Abendessen wieder, genossen noch einmal gute indische Küche, verabschiedeten uns von Bhawani, der noch in dieser Nacht nach Jaipur und in sein Heimatdorf zurück fahren musste, packten dann unsere Koffer und unser Handgepäck so um, dass alles den rechtlichen Vorschriften entsprach, verabschiedeten uns schon einmal von unseren etwas eher als der Großteil der Gruppe abreisenden Gästen aus der Schweiz, ruhten noch etwas und mussten schließlich die Zimmerkarten wieder abgeben, stiegen noch einmal in unseren Bus, der uns trotz nächtlichem Stau gut und pünktlich zum Flughafen Delhi brachte. Hier sagten wir nun auch unserem Fahrer und dem Busboy Lebewohl, betraten das Terminal, checkten ein, begaben uns durch die Sicherheitsschleuse, was eine ganze Weile dauerte, und warteten auf unseren Aufruf gen Deutschland.

16. Tag, Sonntag, 19.03.2017 Leider schon der Heimflug nach ca. 2.500 Bus–km in Indien, nun rd. 6.500 km Flug bis Frankfurt


Pünktlich und doch mitten in der Nacht stand unsere Lufthansa-Maschine gen Frankfurt zum Einsteigen bereit. Wir nahmen unsere Plätze ein und ergaben uns Multimediaprogramm und Versorgung an Bord, schliefen eine Weile auf dem rund 8 Stunden dauernden Flug gen Deutschland, dachten an die bereits auf anderer Linie unterwegs seienden Schweizer und landeten morgens nach Deutscher Zeit in Frankfurt. Hier sammelten wir uns zum gemeinsamen Weg zum Inlandsterminal, wo die Dresdner sich von den Leipziger und Hamburger Fluggästen verabschiedeten. Dann ging es in den jeweils letzten Flieger gen Heimat und pünktlich hoben alle Maschinen in Frankfurt ab, erreichten dann auch bald die Zielflughäfen. In Dresden verabschiedeten wir uns alle voneinander und sahen uns mit lachenden und weinenden Augen hinterher, ehe jeder seinen Weg zu den Heimatadresse antrat. Eine interessante, ereignisreiche, nachhaltige und schöne Reise ging zu Ende.


Fazit


Es war eine schöne Reise mit Ihnen, liebe Gäste, und natürlich mit unserem örtlichen Reiseleiter Bhawani Singh. Viel gab es zu erleben, wovon wir alle noch eine Weile zehren werden und uns sicher gern daran erinnern. Allen in der Gruppe hat es gefallen und vielleicht treffen wir uns auf einer meiner nächsten, anderen Reisen durch Deutschland, Europa oder die Welt einmal wieder. Ich würde mich sehr darüber freuen und wünsche Ihnen bis dahin eine gute und gesunde Zeit.
Ihr Reisebegleiter
Stefan Jahnke

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Vielen Dank für diesen interessanten Reisebericht und die schönen Fotos. Beim Durchlesen des Berichtes habe ich den gesamten Reiseablauf gedanklich noch einmal erlebt. Die Bilder sind eine sehr gute Ergänzung zu meinen eigenen.
Dir lieber Stefan ein Dankeschön für die sehr gute Reisebetreuung.

Viele Grüße von Ursula

Ursula Hallmann
26.03.2017

Liebe Ursula,

vielen Dank für Deine Rückmeldung zum Reisebericht.
Schön, dass er Dir genauso gefällt, wie unsere Reise durch Indien.
Ich wünsche Dir alles Gute und uns ein baldiges Wiedersehen auf einer meiner nächsten Reisen durch Deutschland, Europa und die Welt.

Viele Grüße
Stefan Jahnke

Stefan Jahnke 27.03.2017

Hallo Stefan
Vielen Dank für den schönen und ausführlichen Reisebericht und den trotz kleiner Kamera grossartigen Fotos. Die vielen interessanten Eindrücke der schönen Reise haben bei uns mit deinem Bericht wieder die richtige Reihenfolge gefunden. Jede Nacht verarbeitet das Hirn Teile der Reise im Traum. Vielen Dank nochmals an dich und Bhawani für die interessanten und schönen Ausschmückungen und die umsorgende Betreuung unserer gut gemischten Reisgruppe. Bis demnächst auf unserem Planeten.
Liebe Grüsse aus der Schweiz von Monika und Jakob

Monika + Jakob Bräker
27.03.2017

Liebe Monika, lieber Jakob,

vielen lieben Dank für Eure Zeilen.
Ihr wart alle zusammen eine prima Gruppe und es war eine schöne Zeit, die ich mit Euch erleben durfte.
Bis bald und Euch alles Gute.

Viele Grüße
Stefan Jahnke

Stefan Jahnke 28.03.2017

Liebe Regina,
hab vielen lieben Dank für Deine Zeilen. Schön, dass Dir die Reise gefallen hat. Bis zum Wiedersehen irgendwann in der großen, weiten Reisewelt Dir und allen Reisegästen alles Gute.
Viele Grüße
Stefan Jahnke

Stefan Jahnke
29.03.2017

Liebe "Reisegemeinde", lieber Stefan,
diese Indien-Reise war mit eine meiner Reise-Highlights! Beim Lesen des Reiseberichtes und Anschauen der vielen schönen Fotos begleitet mich ein freudiges Gefühl. Für mich war es eine rundherum schöne Reise mit sehr angenehmen Mitreisenden und tollen Reiseleitern. Dank an alle für diese schöne Zeit! Und: Man soll sich ja immer zwei Mal im Leben wiedersehen - wer weiß...
Herzliche Grüße an alle von
Regina aus Dresden

Regina Ulbrich
29.03.2017

Hallo, Stefan,
wie immer melden wir uns als letzte. Danke für eine unvergessliche Reise! Mit Deinen tollen Bildern bist Du uns weit voraus, wir stehen noch am Anfang von 4000 Fotos und 40 000 Eindrücken. Dein Bericht und die CD sind uns eine große Hilfe.
Danke auch an die ganze Gruppe - es war toll, mit Euch zu reisen.
Viele Grüße aus Dresden
Sibylle & Rainer
P.S.: Wir kommen bestimmt mal zu Deinem Konzert.

Sibylle und Rainer Purschwitz
03.04.2017

Hiebe Sibylle, lieber Rainer,
vielen Dank für Euren Kommentar.
Ja, es war eine schöne Reise durch Indien mit einer tollen Gruppe.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen vielleicht auf einer weiteren Reise durch Deutschland, Europa und die Welt, zu einer meiner Lesungen oder in der Adventszeit zu einer unserer gesungenen und mit Bergmannsschmaus gestalteten Mettenschichten im Marie-Louise-Stolln im schönen Kurort Berggießhübel.
Bis dahin Euch alles Gute.
Euer Stefan Jahnke

Stefan Jahnke 06.04.2017