Reisebericht: Wanderreise Irland und Nordirland – Natur und Kultur erleben

14.05. – 26.05.2023, 13 Tage Rundreise mit mehr Bewegung in der Natur: Dublin – Navan Fort – Giant's Causeway – Glenveagh–Nationalpark – Connemara–Nationalpark – Aran–Inseln – Burren – Cliffs of Moher – Ring of Kerry – Wicklow Mountains (58,5 Wanderkilometer)


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Die „Grüne Insel“ lockt auch 2023 mit Guinness, Whiskey, einer Geschichte voller Wunder und Heiliger sowie ihrer eindrucksvollen Landschaft. Eine liebenswerte, bunt zusammengewürfelte Wandergruppe begibt sich diesen Mai mit mir im Land der Kobolde und Feen auf die Suche nach dem besten Schokoladenkuchen und einem Topf voll Gold.
Ein Reisebericht von
Dr. Andreas Wolfsteller
Dr. Andreas Wolfsteller

1. Tag (Sonntag, 14.05.2023): Flug nach Dublin und Stadtrundfahrt

Diesmal kommen meine Gäste aus Berlin (eingeflogen von Kapitän MacManus in „St Conleth“), Düsseldorf, München und Frankfurt angereist, um mit Donal, Max, meinem Kobold MacGyver und mir die Geheimnisse Irlands zu ergründen. Per Abkürzung durch den Tunnel fährt uns unser heutiger Fahrer Willy (der Chef des Busunternehmens höchstpersönlich) vom Flughafen direkt in die Docklands am River Liffey. Damit sind wir schon mitten im Zentrum der irischen Hauptstadt. Am Hotel steigt unsere Stadtführerin Monika zu. Sie entführt uns sogleich in den Phoenix Park, das riesengroße grüne Naherholungsgebiet mit dem Dubliner Zoo, vielen Sportstädten und dem Wohnsitz des irischen Präsidenten. Wir halten am Ashtown Castle für einen ersten Fotostopp im viktorianischen Küchengarten und eine technische Pause. Das Wetter ist ziemlich gut für den ersten Empfang in Irland — es ist noch leicht bewölkt und mild, obgleich sich die Wolkendecke im Laufe des Nachmittags verdichtet. Vorbei an der Guinness-Brauerei erreichen wir unseren nächsten Halt: die berühmte St Patrick’s Cathedral, die dem irischen Nationalheiligen geweiht ist. Auf seinen Spuren werden wir morgen noch wandeln. Den letzten Fotostopp auf unserer Stadtrundfahrt machen wir dann am Fitzwilliam Square, wo wir die Doors of Dublin, die bunten Türen der georgianischen Stadthäuser, bewundern und festhalten können. Über den Merrion Square und die O‘Connell Bridge fahren wir zurück zu unserem zentral gelegenen Hotel unweit des Parnell Square. Trotz des bereits langen Tages lassen es sich einige meiner Gäste nicht nehmen, nach dem abendlichen 3-Gänge-Menü mit dem ersten Kartoffelbrei der Reise durch die Pubs im Kulturviertel Temple Bar zu tingeln. Respekt im Nachhinein für das Durchhaltevermögen!


2. Tag (Montag, 15.05.2023): Hill of Slane – Monasterboice – Navan Fort – Letterkenny

Wir verlassen Dublin am Morgen und beginnen unsere Erkundung der Grünen Insel. Dabei wandeln wir für den heutigen Tag auch auf den Spuren des berühmten Nationalheiligen. 433 entzündete er auf dem Hill of Slane das erste Osterfeuer und rief damit den Zorn des Hochkönigs hervor. Patrick, der Hochkönig und auch das Franziskanerkloster, das später auf dem Hügel stand, sind schon lange Geschichte. Geblieben sind Ruinen — und die tolle Aussicht. Für meine Gäste ein guter erster Eindruck von der Grünen Insel. Unser zweiter Stopp Monasterboice war eines der vielen Klöster, die von den Schülern Patricks gegründet wurden. Die Ruinen der steinernen Kirchen und des hohen Rundturms zeugen von einer längste vergangenen Zeit, als die irischen Klöster stolze Bewahrer des christlichen Glaubens waren und wie Leuchttürme über Europa erstrahlten, während der Kontinent vorübergehend in tiefe Dunkelheit verfiel. Hergeführt haben uns jedoch vor allem die berühmten Hochkreuze von Monasterboice darunter das mit 7,10 m höchste Kreuz der Insel und außerdem das reich verzierte Muirdachs Cross, eine faszinierende Mischung aus christlicher Evangeliengeschichte und keltischer Symbolik. Nach einer Mittagspause an einer Raststätte setzen wir unsere Fahrt in den Norden auf den Spuren von St. Patrick fort und landen schließlich in der Nähe von Armagh, dem Ort, an der er 445 die erste christliche Kirche Irlands erbaute. Allerdings sind nicht die beiden nach dem Heiligen benannten Kathedralen Armaghs unser Ziel, sondern das Navan Fort aus vorchristlicher Zeit. Hier werden wir in die Vergangenheit entführt und finden uns vor den Toren einer keltischen Stammessiedlung wieder. Reiseleiter Andreas wacht sogar in einer seltsamen roten Robe und mit Kriegsbemalung in der Vergangenheit auf. Wo sind wir nur gelandet? Eine mittelalte Frau, bewaffnet mit einem großen, angsteinflößenden Speer, heißt uns allerdings freundlich mit Nesseltee und Hafergebäck Willkommen und lädt uns in ihre Behausung ein. Sie weiht uns in ihr hartes Leben und die Sitten und Gebräuche ihres Stammes ein, von denen wir sogar für unsere Gegenwart lernen könnten. Schließlich werden wir am Ende unseres Besuchs in die keltische Kriegskunst eingeführt und können uns beim Speerwurf versuchen. Plötzlich landen wir wieder in der Gegenwart und werden von einem Guide auf den heiligen Hügel hinaufgeführt, der einst das politisch-religiöse Zentrum von Ulster bildete. Ob wir die Energie und Kraft des Ortes spüren könnten, werden wir gefragt? Nun, diese Frage muss jede/r selbst beantworten. Vielleicht ist es auch die Aussicht, die uns Kraft bzw. Energie verleiht. Im Besucherzentrum stärken wir uns mit Kaffee, Tee und Keksen. Ein zwölfminütiger Kinofilm entführt uns im Anschluss in die Welt der Sagen und Legenden aus Ulster. Mehr als drei Stunden Aufenthalt sind wie im Flug vergangen. Wir verabschieden uns vom Navan Fort und legen unser weiteres Schicksal wieder in die Hände unseres Fahrers Donal, der uns sicher und wohlbehalten quer durch Nordirland an unseren Zielort Letterkenny im County Donegal bringt.


3. Tag (Dienstag, 16.05.2023): Wanderung im Glenveagh–Nationalpark – Fahrt durch Donegal – Strandbesuch bei Dunfanaghy

Ich stutze für einen Moment, als ich auf der Fahrt zum Glenveagh-Nationalpark die Regentropfen auf der Windschutzscheibe bemerke. Es war doch für heute gar kein Regen angesagt? Doch meine Sorgen sind unbegründet. Als wir auf dem Busparkplatz anhalten, ist der leichte Schauer schon wieder vorbei. Einer schönen ersten Wanderung mit meiner Gruppe steht daher nichts mehr im Wege. Mit einem sehr gut gemachten Film werden wir im Besucherzentrum auf den Nationalpark eingestimmt und fahren anschließend mit dem Shuttlebus zum hübschen Glenveagh Castle. Es sitzt malerisch auf einem kleinen Kap am See inmitten einer herrlichen Gartenlandschaft und hat sogar einen beheizten Außenpool zu bieten! Ja, die neureichen Iren des 19. Jahrhunderts wie John George Adair wussten schon, wie ein gutes Leben auszusehen hat. Unsere Wanderung führt uns am See entlang bis zu einem kleinen weißen Cottage. Um uns herum blühen Ginster und Weißdorn und als wir durch das märchenhafte Wäldchen laufen, halten wir nach Kobolden und Feen Ausschau. Das frische Grün der Eichenblätter fällt mir diesmal besonders ins Auge. Auf dem Rückweg kommt sogar die gesamte Gruppe geschlossen mit hinauf zum Aussichtspunkt! Da ist der Reiseleiter Andreas mächtig stolz auf seine mutige Krieger(innen)schar. Das gestrige Training scheint sich ausgezahlt zu haben. Oben angekommen belohnt uns die Sonne mit ihrem Erscheinen und verhilft uns so zu tollen Fotos von Castle, See und Tal. Nach dem Abstieg finden wir uns inmitten des Parks mit seinem viktorianischen Garten wieder. Meine Gäste haben nun Freizeit, um Garten, Parkanlagen und das Schlosscafé zu erkunden. Einige Gäste schließen sogar noch die vier Kilometer zum Busparkplatz an die Wanderung an. Eine kleine Rundfahrt durch den Norden des Counties Donegal rundet unseren schönen Tagesausflug ab. Auch die Sonne bleibt uns treu, versteckt sich nur ab und zu hinter einer Wolke. Wir machen einen ersten Fotostopp am Mount Errigal oberhalb des Poisoned Glen, fahren dann weiter nach Dunfanaghy und bewundern dort den wunderschönen Sandstrand. Da meine Gäste für kleine Experimente zu haben sind, überrede ich Donal auf der Rückfahrt nach Letterkenny zu einem Abstecher zum Castle Doe. Dadurch können wir ein typisch irisches Tower House aus nächster Nähe erkunden und uns an den kleinen Schäflein auf der benachbarten Weide erfreuen. Eine halbe Stunde später sind wir dann schließlich zurück in Letterkenny und freuen uns nach weit über 20.000 Schritten auf das Abendessen.


4. Tag (Mittwoch, 17.05.2023): Ausflug nach Nordirland mit Derry, Mussenden Temple und Giant’s Causeway

Wir kehren für eine kleine Exkursion nach Nordirland zurück. Ein paar schöne Stopps und Spaziergänge erwarten meine Gäste, aber auch ein Ausflug in das dunkle Kapitel des nach wie vor im Untergrund schwelenden Nordirlandkonflikts. Damit beginnen wir heute auch sogleich, um den weiteren Tag heitereren Themen widmen zu können. Während des einstündigen Spaziergangs auf der Stadtmauer von (London)Derry erzähle ich meinen Gästen von der erfolglosen Belagerung durch den abgesetzten König Jakob II. im 17. Jahrhundert, von den Troubles, den Orange Men und Apprentice Boys, Molotowcocktails sowie vom Kloster-/Stadtgründer Columba. Da unser Donal ein sehr guter und zügiger Fahrer ist, haben wir vor dem Besuch am Giant‘s Causeway Zeit für einen Abstecher zur Old Bushmills Distillery. Den Giant‘s Causeway können meine Gäste auf eigene Faust erkunden; ich empfehle jedoch einen Aufstieg auf die Klippen, um die ins Meer ragenden Basaltsäulen aus der Vogelperspektive fotografieren zu können. Da sich das Wetter entsprechend hält, habe ich eine Überraschung eingeplant: Wir machen zusätzlich eine kleine Klippenwanderung entlang der Küste. Während unseres Aufenthalts am Causeway hat Donal schon den Bus am Ziel der Wanderung geparkt und holt uns nun ab. Der Weg führt uns an mehreren Buchten, einem herrschaftlichen Anwesen mit Luxusappartements und einem Sandstrand vorbei. Im Bus angekommen können meine Gäste dann Kraft für den letzten Programmpunkt schöpfen: den Besuch der Downhill Demesne mit dem Mussenden Temple. Zum Tempel, der einst als Bibliothek diente und ebenfalls auf einer Klippe thront, ist es allerdings nur noch ein kleiner Spaziergang vorbei an den Ruinen des Bischofspalasts. Wir genießen die Aussicht auf das Meer und den Sandstrand und bei Bedarf auch einen Kaffee vom kleinen Imbissstand. Nach einem weiteren ereignisreichen Tag fährt uns Donal zurück nach Letterkenny, wo wir unsere dritte und letzte Nacht im familiengeführten Station House Hotel verbringen.


5. Tag (Donnerstag, 18.05.2023): Mullaghmore – Westport – Croagh Patrick

Für die nächsten Tage fahren wir auf oder parallel zum Wild Atlantic Way entlang der Westküste gen Süden. Das Wetter ist hier in der Regel stürmischer, regnerischer und allgemein rauer als im Osten der Insel. Dafür ist die Küste wesentlich eindrucksvoller und romantischer. Den ersten Stopp machen wir heute im noch ziemlich verschlafenen und hübschen Örtchen Donegal, was zwar die County-Hauptstadt, aber wesentlich kleiner als Letterkenny ist. Rund um den Hauptplatz „The Diamond“ mit seinem Obelisken finden sich gemütliche Läden und Geschäfte und auch das Donegal Castle ist gleich um die Ecke. 40 Minuten später erreichen wir die Halbinsel Mullaghmore mit ihrem kleinen Hafen, die wir auf der heutigen Wanderung umrunden wollen. Diesmal kann Petrus das Wasser für uns nicht mehr zurückhalten, sodass wir tatsächlich eine Wanderung im (leichten) Regen machen müssen. Für uns jedoch kein Hinderungsgrund und schon gar kein Grund für schlechte Laune. Wir laufen an der Küste mit ihren schroffen, ins Meer ragenden Gesteinsschichten entlang, bewundern den herrlich blühenden Klee, haben tierische Begegnungen mit einem Hasen, einigen Pferden und grasenden Kühen und bewundern aus der Ferne das pittoreske Classiebawn Castle. Da wir leider mit zwei Gästen kurzfristig das Krankenhaus in Castlebar aufsuchen müssen, kommt der Rest der Gruppe in den Genuss eines zusätzlichen spontanen Aufenthalts beim Museum of Country Life. Das Nationalmuseum liegt nicht nur sehr idyllisch inmitten eines ehemaliges herrschaftlichen Anwesens, sondern vermittelt auch sehr anschaulich und eindrucksvoll das beschwerliche Landleben bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Hier könnten wir noch viel mehr Zeit verbringen, doch unser offizielles Programm führt uns weiter in das überaus bezaubernde und wuselige Städtchen Westport. Bei nunmehr fast wolkenfreiem Himmel können wir hier ein bisschen entlang der bunten Häuserfassaden schlendern, eine Hot Chocolate genießen oder uns ein Eis gönnen. Im Anschluss laufen wir am Croagh Patrick bis zum Aussichtspunkt mit Blick über die Clew Bay mit ihren vielen Inseln und fragen uns kopfschüttelnd, wie jemand so verrückt sein kann, sich barfuß und auf Knien den mit Steinen und Geröll übersäten Pilgerpfad hinaufzuquälen? Doch wir (also meine Gäste) sind ja im Urlaub und sollten uns nicht den Kopf über solche Fragen zerbrechen. Die Weiterfahrt in die prächtige Landschaft Connemaras mit ihren majestätischen Hügeln bringt uns gleich auf andere Gedanken. Und in unserem auf charmante Weise altmodischen Hotel am Fjord Killary Harbour werden wir am Abend noch dazu kulinarisch fürstlich verwöhnt.


6. Tag (Freitag, 19.05.2023): Wanderung auf den Aran Islands

Ein Wolkenschleier hängt über den Bergen von Connemara, als wir am Morgen zum Fährhafen aufbrechen. Er lässt die Landschaft noch rauer wirken, noch geheimnisvoller, als sie ohnehin schon ist. Wir treffen unterwegs einige Schafe, die sich auf die Straße verirrt haben — auf der Suche nach dem saftigsten Gras oder etwas Wärme. Die Überfahrt von Rossaveal nach Kilronan auf Inishmore dauert ungefähr 40 Minuten. Ein paar Wellen sind heute zu spüren, aber es ist auch nicht wirklich schlimm. Nach einer technischen Pause im Hafen von Kilronan beginnen wir unsere Wanderung auf Inishmore entlang der Küstenstraße. Noch ist es etwas frisch, vor allem durch den Wind, aber während des Laufens wird uns schnell warm. Die Wellen brechen sich an der Ferne an den schroffen Kanten der Insel, Trockensteinmauern erstrecken sich wie ein Spinnennetz soweit das Auge reicht. Auf den herrlich bunten Blumenwiesen zwischen den Mauern treffen wir auf einige Kühe mit ihren Kälbern sowie ein Pferd, das nach Streicheleinheiten und Futter bettelt. Unser Pausenpicknick wird als kleine Überraschung für meine Gäste wie immer durch Kegelrobben komplettiert, die sich auf den Kalksteinplatten räkeln, auf die Rückkehr des Wassers warten und uns aus der Ferne ebenso neugierig beäugen wie wir sie. Nach der Mittagspause führt uns der Weg für eine Weile von der Küste weg und mitten über eine Blumenwiese mit Klee, Gänseblümchen, Hahnenklee, Weißdornbüschen und ein paar kleinen Orchideen. Zwischendurch reißt die Wolkendecke immer mal auf, sodass wir ein paar Sonnenstrahlen abbekommen. Schließlich passieren wir den Badestrand und erreichen die kleine Ansammlung von Häusern und Geschäften, die quasi das Basiscamp für den Aufstieg zum Steinfort Dun Aengus bilden. War die Wanderung das Pflichtprogramm, so ist die Besichtigung des Steinforts oben auf den Klippen sozusagen die — sehr lohnenswerte — Kür. Wir stehen inmitten der uralten mächtigen Festung am Rand des Abgrunds und blicken vorsichtig auf die Brandung unter uns. Die restliche Freizeit reicht für eine wohlverdiente Kaffeepause oder ein Eis, bevor wir mit zwei Shuttlebussen zurück nach Kilronan gebracht werden. Die Rückfahrt nach Rossaveel verläuft sogar ruhiger und Donal bringt uns schließlich durch die wunderschöne Landschaft Connemaras zum Fjord zurück, während Märchenonkel Andreas seinen Gästen eine weitere Feengeschichte vorliest. Zum zweiten und leider auch schon letzten Mal genießen wir das leckere Abendessen im gemütlichen Leenane Hotel.


7. Tag (Samstag, 20.05.2023): Connemara–Nationalpark, Kylemore Abbey und Weiterfahrt nach Gort

Auch heute morgen liegt eine Wolkendecke über dem Fjord und einige Wolken hängen wie Nebelschwaden an den Hängen der Mweelrea Mountains. Wir widmen unsere Aufmerksamkeit zunächst ganz dem Killary Harbour und machen zwei Fotostopps, einen davon am Rosroe Pier, wo einst Ludwig Wittgenstein einige Monate verbrachte und seinen bedeutungsschwangeren Gedanken nachhing. Ich kann mir kaum einen besseren Ort vorstellen, als die Einsamkeit der rauen Atlantikküste, um mit sich und der Welt ins Reine zu kommen und unbeeinflusst von der Hektik der Welt einen klaren Gedanken zu fassen. Nur das Blöken der Schafe sorgt für Ablenkung, vielleicht noch der Westwind, aber heute weht er sehr schwach, was wir am freudigen Schwärmen der manchmal lästigen Midges bemerken. Im Connemara-Nationalpark streicheln wir ein kleines Connemara-Fohlen und wagen dann den Aufstieg auf den Diamond Hill (wer möchte) — die schwierigste Wanderung dieser Rundreise. Lohn für die Mühen ist einerseits der Stolz auf die eigene Leistung und Willenskraft, andererseits die Aussicht auf die Gipfel der Twelve Bens und die Kylemore Abbey unten im Tal. Mit einer Flasche Glendalough-Whiskey feiern wir im doppelten Sinne Bergfest im Bus und reinigen unsere durstigen Kehlen. Auf dem Gelände der Kylemore Abbey warten am Nachmittag neben der kleinen Ausstellung mit sprechenden Bildern im Hauptgebäude weitere Wanderwege unter alten Baumkronen sowie ein schöner restaurierter viktorianischer Garten darauf, von meinen Gästen erkundet zu werden. Sehr überraschend für uns alle fängt es am Ende unseres Aufenthalts doch an, ziemlich stark zu regnen, trotz vorheriger gegenteiliger Beteuerungen des Wetterberichts. Da wir aber nun erstmal im Bus sitzen und über Galway nach Gort weiterfahren, macht uns das wenig aus. Nur beim Zwischenstopp an der St.-Nikolaus-Kathedrale in Galway werden wir ein bisschen nass. Als wir im Lady Gregory Hotel in Gort eintreffen, ist das regnerische Intermezzo schon wieder beendet und die Wetterprognose für den Rest der Reise sieht überaus positiv aus.


8. Tag (Sonntag, 21.05.2023): Cliffs of Moher und Wanderung im Burren

Neben mir sitzt heute nicht Donal, sondern unser Ersatzfahrer Ray, da Donal nach 6 Tagen Einsatz pausieren muss. Ray fährt uns aber ebenfalls sehr sicher und pünktlich zu den Cliffs of Moher, mit deren Besuch wir unseren Sonntagsausflug beginnen. Die gute Nachricht: Es regnet nicht, es herrscht kein Nebel; die beeindruckenden, 200 Meter hohen Steilklippen sind gut sicht- und fotografierbar. Deshalb schnappe ich mir auch meinen Kollegen Max für ein kleines Fotoshooting. Nur etwas weniger bewölkt könnte es dafür gern sein, aber wie die Iren stets zu sagen pflegen: It could be worse. Ray fährt uns hernach zum Ausgangspunkt unserer heutigen Wanderung: dem Ballinalacken Castle. Von hier aus laufen wir – vom melodischen Zwitschern der Feldlärchen begleitet – auf dem Burren Way an Trockensteinmauern entlang, an neugierig starrenden Kühen und einsamen Ferienhäusern vorbei bis nach Fanore unten an der Küste. Der Irish Coffee im Pub am Ende der Wanderung erweist sich nicht nur als ausgesprochen gute Motivation. Er ist auch sehr lecker, ebenso die Fish & Chips. Doch meine Gäste dürfen sich heute nicht nur selbst mit diesen Gaumenfreuden belohnen. Ich habe auch wieder eine Überraschung für sie eingeplant. Entlang der Küste und durch karge Kalksteinwüsten entführe ich sie dann mitten in den Burren zur Caherconnell Sheep Farm. Hier dürfen wir den vier liebenswerten Border-Collie-Damen bei der Arbeit zuschauen. Geschickt treiben sie unter Anleitung des Schäfers die kleine Gruppe zusammen und separieren eine bestimmte Anzahl von der Herde. Nach dieser tierischen Begegnung wird von meinen Gästen auch die Möglichkeit für eine Kaffeepause gern genutzt. Beim abschließenden Besuch des irischen Pendants zum Schiefen Turm von Pisa lüfte ich schließlich das Geheimnis der irischen Rundtürme. Von hier aus sind es nur noch wenige Minuten zurück zum Hotel in Gort. Wir verabschieden uns von Ray, der sich als angenehmer Zeitgenosse und würdige Vertretung von Donal erwiesen hat, auch wenn natürlich niemand das Original wirklich ersetzen kann.


9. Tag (Montag, 22.05.2023): Coole Park – Fahrt über den Shannon – Lartique Monorail – Tralee

Über Nacht sind die letzten Wolken verschwunden und uns erwartet ein herrlich sonniger Tag. Wir beginnen ihn mit einem leichten Spaziergang im Coole Park, dem ehemaligen Landsitz von Lady Augusta Gregory, der Namenspatronin unseres Hotels. Überhaupt lassen wir es heute ein bisschen ruhiger angehen, auch um Kraft zu sparen für das fakultative Abendprogramm und den morgigen Tag. Viele berühmte Menschen wie die Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats und George Bernhard Shaw spazierten vor uns schon durch die sieben kleinen Wäldchen, bewunderten den See und die riesige Rotzeder, auf die wir mit Donals Hilfe sogar ein Stück hinaufklettern. Über die bereits bekannte Strecke fährt uns Donal nun nach Lahinch, wo wir an der Strandpromenade unsere Mittagspause machen. Wir beobachten dabei gebannt die Schüler/innen der Surfschule, die voller Elan in Richtung Wasser stürmen und sich in die kalten Fluten stürzen. Da wird mir schon vom Zusehen kalt! Verkehrmitteltechnisch ist dies der abwechslungsreichste Tag der Reise. Nicht nur überqueren wir am Nachmittag mit der Autofähre den großen Mündungstrichter des Shannon, sondern fahren in Listowel auch noch ein Stück mit der Eisenbahn — einer ganz besonderen noch dazu! Das mit großem Enthusiasmus betriebene Museum mit der Einschienenbahn nach Lartique ist heute einzigartig auf der Welt und ein sehr ausbalanciertes, wenn auch trotzdem manchmal noch sehr ruckliges Erlebnis. Die „rasante Geschwindigkeit“ während der kurzen Fahrt ist nicht Jedermanns Sache; Donal z. B. wäscht derweil lieber den Bus. So glänzt und glitzert dieser förmlich in der Sonne, als uns Donal vor unserem 4-Sterne-Hotel „The Ashe“ in Tralee absetzt. Glänzen tun ebenfalls meine Augen, denn ich weiß bereits von einer vorherigen Reise, dass uns hier ein sehr schönes Ambiente und eine sehr gute Verpflegung erwarten. Fast alle meine Gäste haben sich für den angebotenen abendlichen Besuch der hervorragenden Show „Celtic Steps“ entschieden. Spätestens als ich sie anschließend abhole, glänzen auch alle ihre Augen vor Begeisterung und Freude.


10. Tag (Dienstag, 23.05.2023): Ring of Kerry – Zusatzwanderung zum Derrynane Beach und Spaziergang zum Muckross House

Für den Tagesausflug zum berühmten Ring of Kerry habe ich dank des guten Wetters nicht nur eine zusätzliche Wanderung eingeplant, sondern mir auch eine weitere kleine Überraschung überlegt. Für den Anfang steuern wir jedoch planmäßig nach einer technischen Pause — mit Option auf einen frühen Irish Coffee am Morgen — das rekonstruierte Steinfort Cahergall an. Wir klettern auf die äußere Mauer und meine Gäste versuchen sich von dort an Schattenspielen — die Sonne macht es heute möglich. Die Überraschung ist dann ein Umweg zur Skelligs Chocolate Factory, die gut versteckt an der Atlantikküste liegt, aber gleichzeitig so perfekt, dass wir eine gute Sicht auf die beiden Skellig Islands haben. Natürlich dürfen wir auch verschiedene Schokoladensorten aus dem Sortiment verkosten. Sehr lecker! Zum Sattwerden reicht es natürlich nicht, weshalb in Waterville an der Ballinskelligs Bay eine Mittagspause eingeplant ist. Hier bietet sich bei dem heutigen tollen Wetter ein Picknick an der Strandpromenade an. Anschließend fahren wir zum Coomakista Pass, wo uns der Wind mächtig um die Ohren pfeift. Das nehmen wir für die tolle Aussicht aber gern in Kauf. Nur wenige Augenblicke später halten wir erneut und brechen zu einer weiteren zusätzlichen Wanderung auf. Sie führt an vielen blühenden Rhododendron-Büschen, netten Ferienhäuschen und schönen Aussichtspunkten vorbei hinunter zum Derrynane Beach, einem der schönsten Badestrände Irlands. Jetzt im Mai haben wir ihn fast für uns allein. Im Café am Derrynane House noch schnell ein Eis geholt oder einen Kaffee getrunken, dann geht es weiter auf unserer Ring-of-Kerry-Tour! Letzter Programmpunkt ist der Killarney-Nationalpark, den wir mit einem Fotostopp am Ladies’ View und einem Spaziergang vom Torc Waterfall zum Muckross House ebenfalls gebührend würdigen. Mein Wunschwohnhaus in Irland wird zwar ästhetisch für gut befunden, aber gleichzeitig als etwas zu groß bemängelt. Schade, dabei gefallen mir Aussicht und die zugehörige Gartenanlage sehr. Auf der Rückfahrt nach Tralee bedanke mich artig bei meinen Wetterengel, die uns allen heute mit ihrer wettergottgleichen Macht so schöne Fotostopps und Wanderungen ermöglicht haben.


11. Tag (Mittwoch, 24.05.2023): Desmond Castle in Adare und Nationalgestüt

Der letzte Abschnitt unserer Irlandreise bricht heran und wir müssen etwas wehmütig Abschied nehmen vom wirklich in allen Belangen sehr schönen Hotel „The Ashe” in Tralee. Über Adare und Kildare fliegt das Reise-Raumschiff mit Donal als Steuermann heute wieder hinüber an die Ostküste. Bei unserem Zwischenstopp in Adare werden wir in die Zeit der normannischen Invasion zurückversetzt und erhalten eine Führung durch die Ruinen des Desmond Castle, eine der größten normannischen Burganlagen Irlands und Europas. Unsere Führerin Maria erklärt uns die Verteidigungsanlagen und das geschäftige Leben in der mittelalterlichen Burg am River Maigue. Anschließend holt uns Donal wieder ab und fährt uns zurück zum Besucherzentrum, das bis zum Mittag für meine Gäste als Ausgangspunkt für die individuelle Erkundung von Adare mit seinen hübschen strohgedeckten Cottages dient. Auf der Weiterfahrt nach Adare passieren wir Limerick und fahren durch das County Tipperary, die Heimat von Donal, was ihn zu einer kleinen Gesangsanlage animiert, das mit tosendem Applaus belohnt wird. Das erfreut anscheinend auch die Sonne, die sich nun kräftig bemüht, die Wolkendecke über dem Zentrum von Irland aufreißen zu lassen. So bekommen wir während der Führung durch das irische Nationalgestüt mit unserem Guide Dave auch heute ein paar Sonnenstrahlen ab. Die vielen Informationen zu den Abläufen und Geldflüssen auf dem Gestüt sind sehr interessant; doch wir schließen vor allem die ganz jungen, teils erst wenige Tage alten Fohlen in unsere Herzen, die sich sogar z. T. ganz brav von uns streicheln lassen. Mir fällt es sehr schwer mich loszureißen, obwohl ich schon in drei Wochen wieder vorbeischauen darf. Bis Dublin kommen wir dann am Nachmittag sehr zügig voran, geraten allerdings wie fast immer auf der M50 bis Bray in den zähfließenden Feierabendverkehr. Donal meistert aber auch diese kleine Hürde mit Bravour und liefert uns pünktlich eine Stunde vor dem Abendessen im Parkview Hotel in Newtownmountkennedy ab.


12. Tag (Donnerstag, 25.05.2023): Wanderung in Glendalough – Powerscourt Gardens und Powerscourt Distillery

Für die letzte Wanderung der Reise haben meine Wetterengel sich noch einmal mächtig ins Zeug gelegt und für das allerbeste Wanderwetter gesorgt. Ich kann mich auch an keine Reise im Mai erinnern, auf der wir so wenige Regentage und so selten schlechtes Wetter hatten wie diesmal. Als i-Tüpfelchen sehen wir heute gleich bei der Ankunft auf dem Busparkplatz eine Hirschkuh, die sich von uns nicht von ihrem Frühstück abbringen lässt. Wir besichtigen die Ruinen des Klosters von Glendalough mit Rundturm, Kathedrale und St. Kevin‘s Kitchen (Hallo, Echo!) und starten zu unserer Wanderung zu den Ruinen der alten Bleimine am Ende des Tals. Am Ufer des Upper Lake stellen wir unterwegs im Sonnenschein die berühmte Gebetspose des Heiligen Kevin nach. Allerdings haben wir keine Zeit zu warten, bis die Vögel anfangen, Nester auf den ausgebreiteten Armen des Reiseleiters zu bauen, denn auf uns warten heute noch ein kleiner Film im Besucherzentrum, ein Spaziergang durch die Powerscourt Gardens und (endlich!) die Whiskeyverkostung in der Powerscourt Distillery! Besagter Film fasst unsere Reise durch Irland sehr schön zusammen und bringt uns an viele Orte zurück, die wir in den letzten 11 Tagen besucht haben. Die Powerscourt Gardens zählen zu den schönsten Gärten Irlands und kommen heute im Glanz der Sonne besonders gut zur Geltung. Nach zwei Stunden Gartenbummeln geht es dann aber endlich, endlich, endlich zur Whiskeyverkostung! Zwischen uns und dem kostbaren Wasser des Lebens steht nun nur noch die interessante und detaillierte Führung durch Produktionshalle und Lagerhaus. Dann dürfen wir gleich drei geschmacklich verschiedene Whiskeys verkosten, darunter sogar das neueste Produkt. Dabei treten unter meinen Gästen spannende verborgene Talente zu Tage — vielleicht sollten wir über den Aufbau einer eigene Destillerie nachdenken? Beim Abschiedsabendessen im Hotel wird dem Trio aus Donal, Max und mir gedankt; gleichzeitig haben auch meine Gäste dank ihrer liebenswerten Art und mystischen Wetterengelkräfte sehr zum Gelingen unserer Wanderreise beigetragen.


13. Tag (Freitag, 26.05.2023): Zugfahrt und Freizeit in Dublin – Heimflug

Und noch einmal Sonnenschein heute! Das muss doch wirklich ein Rekord sein (zumindest für den Mai)! Wie schön die Sonne unter uns im Meer glitzert, als wir entlang der Klippen mit dem DART-Zug von Greystones nach Dublin fahren! Auf den Wellen tanzen ein paar Boote und auf den Felsen tummeln sich Möwen und Kormorane. Später fahren wir am Yachthafen von Dun Loghaire und am Fußballstadion vorbei. Wie einst Heinrich Böll kommen wir im Bahnhof Pearse Street Station an. Hier warten zum Abschluss der Reise ein paar Stunden Freizeit und/oder ein Besuch der alten Bibliothek im Trinity College auf meine Gäste. Zuvor schauen wir jedoch alle zusammen bei der guten Molly Malone vorbei. Donal erscheint überpünktlich mit Bus und unserem Gepäck am vereinbarten Treffpunkt. Wehmütig nehmen wir Abschied von Dublin und damit auch der Grünen Insel. Aus dem Flugzeug heraus können wir beim Start noch einen letzten Blick auf die Bucht von Dublin und die schönen grünen Hügel im Umland der irischen Hauptstadt werfen.


Schlusswort

Liebe Gäste meiner Sonnenschein-Reisegruppe im Mai 2023, ich danke euch allen für das tolle Wetter während unserer schönen Wanderreise auf der Grünen Insel. Gemeinsam mit unserem irischen Fahrer Donal hatten wir viel Spaß und können auf viele wundervolle Erlebnisse zurückblicken, an die wir uns noch lange erinnern werden. Wir haben die schönsten Ecken von Irland gesehen, sind viel gewandert und haben uns kulinarisch mit viel Kartoffelbrei verwöhnen lassen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich euch bald wieder als Gäste auf einer Eberhardt-(Wander-)Reise begrüßen darf.

Herzlichst,

Euer Andreas Wolfsteller

Kommentare zum Reisebericht

Lieber Andreas,
vielen lieben Dank für Deinen so ausführlichen Reisebericht und die dazu gestellten Fotos. So kann man die Reise noch mal sehr gut Revue passieren lassen. Es war eine wunderschöne Reise und hat alle meine Erwartungen weit übertroffen. Mit Dir und Donal war es ein großes Vergnügen zu reisen. Wetter und auch die Gruppe hat einfach alles gepasst.
Herzliche Grüße Irene

Irene Scheffler
31.05.2023

Liebe Irene,
ich danke Dir für Deinen lieben Kommentar! Es war eine wirklich rundum schöne Reise mit euch allen und mir und Donal ebenfalls ein großes Vergnügen. Über ein Wiedersehen in der Zukunft würde ich mich sehr freuen! Donal werde ich am Sonntag liebe Grüße ausrichten!
Herzliche Grüße zurück
Andreas Wolfsteller

Andreas Wolfsteller 31.05.2023

Hallo Andreas,
ich möchte mich, wenn auch ein bissel später, vorallem bei dir u natürlich auch bei Donal, herzlich für die wunderschöne Reise bedanken. Ich schließe mich den Zeilen von Irene an, wir waren eine dufte, tolerante Gruppe u das Wetter hätte wirklich nicht besser sein können. Ich hoffe, du bleibst noch recht lange bei deinem Hobby u vielleicht sehen wir uns ja bei einer Gruppenreise-Wanderung wieder.
Ich wünsche dir Gesundheit, Glück u viele so nette Wandersleute wie wir es waren.
VG von
Ramona Brauer

Ramona Brauer
09.06.2023

Liebe Ramona,
auch Dir vielen lieben Dank für Deinen Kommentar. Ich bin gerade wieder im Leenane Hotel am Fjord. Donal und ich denken auf dieser Reise immer wieder gern an den Mai zurück.
Falls wir uns auf einer Wanderreise wiedersehen sollten, würde ich mich wirklich sehr freuen.
Herzliche Grüße aus Irland
Andreas Wolfsteller

Andreas Wolfsteller 10.06.2023