Reisebericht: Wanderreise Südtirol – die Bergwelt der Dolomiten

30.08. – 06.09.2014, 8 Tage Wanderreise mit mittelschweren Wanderungen und Standorthotel in Kolfuschg: Kolfuschger Höhenweg – Col Alt – Langkofel und Plattkofel – Piz Boe – Berggipfel Sassongher – Puezhütten–Wanderung im Naturpark Puez–Geisler (ca. 76,5 Wanderkilometer)


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Die anspruchsvolle Wanderreise führt mit sechs Wanderungen auf Traumpfaden im alpinen Bereich zwischen 2000 und 3000 Metern zu den Gipfeln von Lagazoui und Sella sowie in den Nahbereich der Drei Zinnen, von Rosengarten, Langkofel-Plattkofel, Hoher Gaisl
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

30.08.2014 Auf in die Dolomiten

Neun Gäste - zwei Paare und fünf Alleinreisende - traten erwartungsvoll die Reise an. Alle hofften auf besseres Wetter als die Prognose erscheinen ließ. Erstmals probierten wir einen Midibus für nur zwanzig Gäste aus, hatten wir doch mit neun Gästen sogar die übliche Mindestteilnehmerzahl deutlich verfehlt. Unsere Bustour führte uns durch Bayern, an Innsbruck vorbei über die Europabrücke, den Brenner hinein nach Südtirol. Nachj einigen Staus trafen wirnach mehr als zwölfstündiger Fahrt in Kiens im Pustertal in unserem Hotel „Zur Post" ein. Wie bereits 2013 wurden wir von Seebachers lieb Willkommen geheißen. Nach einem guten 4-Gänge-Menü fielen wir dann alle bald ins Bett.

31.08.2014 Alpinisteig auf den Lagazoui

Was macht m,an an einem Tag mit Regengefahr und tiefen Wolken? - eine Tour, die nicht zu lang ist und sehr felsorientiert ist:. So entschieden wir uns für den Alpinisteig am Lagazuoui, zumal er auf über einem Kilomneter im ausgehölten Felsen aufsteigt. Am ersten Wandertag war vielleicht die Konditionierung noch nicht so gut vollzogen aber alle hatten gute Bergerfahrung. Vorab prüften wir die vorhandenen Stirn- und Taschenlampen und mieteten Klettersteighelme am Falzaregopass. Nach neun Uhr stiegen wir zunächst über den Hang aufwärts zum Lagazoiu. Unser Wegziel war ein Alpinisteig, ein Weg, den im ersten Weltkrieg die italienischen Alpini-Soldaten - und die kaiserlichen Soldaten der Österreicher machten es ebenso - in den Berg trieben. Über einige mit Drahtseil gesicherte Stellen erreichten wir den Stollen, der 1915 in den Berg getrieben wurde. Nun ging es vierzig Minuten im meist dunklen Kriegsstollen hinauf. Die Touristiker der Neuzeit haben Schwellen quer gelegt, so dass Stufen entstanden. Immer mal wieder ein Loch durch den Fels mit Blick in den Abgrund voller Wolkendunst, einst waren dies waren dies Geschütz- und MG-Stellungen an der „Dolomitenfront" - Weltgeschichte vor nunmehr fast hundert Jahren. Zehntausende Opfer forderte der Stellungskrieg in den Dolomiten; hunderte am Lagazoiu.
Freundlicheres Kapitel: Kurzes Aufatmen beim Austritt aus dem Stollen mit ohne die sonst grandiosem Blick auf die Tofane. Dann noch einige hunderte Meter bis zur oberen Seilbahnstation, teilweise durch alte Schützengräben.
Vom Gipfel des Kleinen Lagazoiu dann kaum Rundumsicht, nur manchmal schaute der Große Lagazoui heraus-
Nach der Pause stiegen fast alle Wanderer ab: vorbei an zahlreichen einstigen Unterständen und Kavernen ging es im hohen Dolomitgestein mit Blicke auf die Toffane-Gruppe, dann steil hinab.Zum Sonntagnachmittag brachte uns der Bus durchs Gadertal zurück zum Hotel, wo die gedeckte Sonntags-Kaffeetafel wartete.
Als wir an dieser saßen, setzte der angekündigte Regen und später noch ein mittelschweres Gewitter ein: da hatten wir aber unsere Wanderung schon lange Zeit hinter uns.
(Wanderung: 8 km; 800 Meter Auf- und Abstieg)

01.08.2014 Drei Zinnen

Wir haben uns entschieden, die leichteste Tour des Programms nun am zweiten Tag zu machen, da es in 2300 Meter Höhe geschneit hat.. Nur leichtes Auf und Ab auf gut ausgebauten Wegen boten eine gute chance, auch bei wenigen Graden über Null und bei etwas Schnee am Rande des Weges zu wandern. Nach eineinhalb Stunden Busfahrt und Entrichtung einer Mautgebühr hatten wir die Auronzohütte in 2320 Meter Höhe über NN erreicht. Von hier ging es zunächst an der Ostseite der Zinnen zum Patternsattel, dem heute höchsten Punkt mit 2454 Metern üNN und dann auf der Nordwestseite bis zur Drei-Zinnen-Hütte. Mit diesem schmalen Weg ein kleiner Test der Trittfestigkeit. Mittagspause an der Drei-Zinnen-Hütte bei Kälte und Wind, aber Zeit über Sepp Innerkoffler zu sprechen, bis 1915 Hüttenwirt dieser Hütte, der als Standschütze im 1. Weltkrieg über die Nordseite des Patternkofels nach oben stieg und tot nach unten stürzte - wodurch? - wechselbde Legenden der beteiligten Seiten. Vom Weg doch recht gute Sicht auf Toblinger Knoten, Dreischusterspitze, Gaisl, im Süden Monte Christallo und all die Gipfel in einem der zentralsten Gebiete des nördlichen Dolomiten. Gemächlicher Weiterweg an der Nordwestseite der Zinnen, unterhalb der Wände mit exponierten Kletterwegen über die Langenalm zum Bus an der Auronzohütte. Auf der Rückfahrt dann noch Fotostopps am Misurina-See bei zunehmend blauem Himmel und am Soldatenfriedhof Nasswand . Die polnischen, krainischen, ungarischen Namen der Toten luden ein zu einem kleinen Ausflug in die Geschichte des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaates und der Nachkriegsstaatenordnung Europas. An Toblach und Bruneck vorbei, mit Stopp an einer Polizeikontrolle, erreichten wir zu guter Spätnachmittagszeit das Hotel und konnten entspannen und Kräfte sammeln für den kommenden Tag.
(Wanderung: 12 km, 400 m Auf- und Abstieg)

02.09.2014 Pragser Tal

Endlich ein sonniger Tag, zumindest am Morgen. Nach knapp einstündiger Busfahrt waren wir schon kurz vor Neun auf dem Parkplatz Brückele im Pragsertal. Nun ging es bald steil hinauf; sechshundertfünfzig Höhenmeter bis zur Rossalm in 2138 M üNN. Nach zwei Stunden hatten alle Gäste dies geschafft- Auf schmalem Weg ging es dann nochmals leicht aufwärts und auf schmalem Pfad am Hang entlang. An einigen Stellen gaben Ketten zusätzliche Sicherheit. Nach 850 bewältigten Höhenmetern erreichten wir einen unscheinbaren Pass zwischen den Gaiseln: Zeit zur Mittagsrast. Vor uns tat sich der Blick zu den Drei Zinnen auf. Den Patternsattel, gestern unser höchster Wanderpunkt, konnten wir gut erkennen. Bald ging es nun steinig-geröllig hinab, da war wohl doch der Aufstieg fast angenehmer. Die letzte Stunde des Abstiegs war dann eher unkompliziert , so dass wir nach sieben Stunden den Busparkplatz erreichten. Es hatte sich eingetrübt, aber wir hatten eine Wanderung im Trockenen mit beeindruckenden Ausblicken in alpinem Gelände.
(Wanderung: 15 km, 900 m Auf- und Abstieg)

03.09.2014 Langkofel – Plattkofel – Umrundung

In Erwartung einer langen Wanderung um Langkofel und Plattkofel starteten wir 7:30 Uhr. Durch das Pustertal, das Eisacktal und das noch stille Grödnertal mit seinen Touristenorten St. Ullrich, St. Christina und Wolkenstein erreichten wir das Sellajoch. Gemeinsam ging es vom Sella-Joch über den König Friedrich-August-Weg an der Südseite des Langkofel-Plattkogel-Massivs bis zur Plattkofel-Hütte in 2300 m Höhe. Ein königlicher Weg! - nicht gerade gemütlich im leichten Auf und Ab, aber in zwei Stunden bis zur Plattkofelhütte gut begehbar. Am westlichen Punkt des heutigen Weges dann noch ein beeindruckender Blick auf Schlern, Rosszähne, Seiser-Alm. Mit den bisherigen Wandererfahrungen entschieden sich fast alle für die ausgeschriebene vollständige Umrundung der Gipfel. Nach sieben Stunden war die große Runde absolviert und alle sportlichen Gäste zufrieden und stolz auf das erreichte Ziel. Ein Gast ließ es mit dem Reisebegleiter gemütlicher angehen. Fast Vis a vis des Gletschers der Marmolada ging es über den Weg des sächsischen Königs zurück. Einige Wolken, manchmal kam die Sonne dahinter hervor: Szenerie einer traumhaften Gebirgslandschaft. Auf dem Rückweg dann für lange Zeit unser morgiges Wanderziel vor Augen: die Sella mit dem Piz Boe'. Auf der Rückfahrt über das Grödnertal nochmals die ganze Galerie der Bergkette zwischen Grödner- und Villnöstal mit den Geißlerspitzen vor uns. Ein aussichtsreicher Spätsommertag wurde mit dem Grillabend im Hotel „Zur Post" in Kiens beendet.
(Wanderung: 19 km, 800 m Auf- und Abstieg)

04.09.2014 Rosengarten

Einer der markantesten Felsstöcke der Dolomiten stand heute im Programm. Unterhalb des Gipfelaufbaus und über Klettersteige lässt er sich in einer Höhe von über zweitausend Metren umqueren und überqueren. Das Programm schreibt hierfür eine der leichteren Möglichkeiten , aber immer noch als „anspruchsvoll" (!) aus. 15 km teilweise schmaler Hochgebirgspfad, schottrige Abschüssigkeit, Höhenmeter im Aufstieg und Abstieg, sowie ein fast klettersteigartiger, kettengesicherter Aufstieg hinter der Kölner Hütte (Rosengartenhütte) rechtfertigen diese Eberhardt-Bewertung auf jeden Fall.
Mit der Erfahrung von vieri Wandertagen teilte sich die Gruppe: eine Gruppe durchstieg das Tschagerjoch, die andere umrundete die Südspitze des Massivs auf interessantem aber unkompliziertem Weg. Die Rotwandhütte an der Südostseite des Rosengartens war bedeutende Zwischenstation in der Runde beider Gruppen. Das kühle Wetter lud aber nicht zum Warten der Igel auf die Hasen ein. So nahmen die Gruppen den Abstieg differenziert vor. Auf der Fahrt zum Hotel stoppten wir noch am Karersee, wo sich im türkisblauen Wasser der Latemar spiegelte, bevor wir über das Eisacktal zurück in das Pustertal gelangten.
(Wanderung: 15 km, 750 m Auf- und Abstieg)

05.09.2014 Sella – der Balkon der Dolomiten in den Wolken

Über Alta Badia und den Hauptort Corvara fuhren wir direkt zum Pardoi Pass. Tief hingen die Wolken bei 2400 Meter, kein Gipfel war zu sehen. So wurde die „gemütlichere Tour" - geplant als Alternativtour - zur einzig möglichen Wanderung auf der Sella. Die Kabinenseilbahn brachte die Gäste vom Pardoi-Pass in 2952 Meter Höhe auf die Pardoi-Scharte. Bei einer Sicht von 50 Metern, scharfem Wind und vier Grad Celsius holten wir unsere Pullover und Wollmützen heraus, stülpten die Kapuzen über und schlüpften in die Handschuhe. Im Nebel und Wolkendunst entpuppte sich der Weg zur Boe-Hütte durchaus als anspruchsvoll. Gut zweihundert Höhenmeter mussten über manche Stufe und zwei Kettensicherungen genommen werden. Wo oft eine traumhafte Sicht über die Dolomiten möglich ist, im Norden eine Sicht bis zum höchsten Berg Österreichs dem Großglockner und dem gletscherbedeckten Großvenediger, im Süden die Marmolada und im Westen der König Friedrich August Weg und der Langkofel möglich ist: heute nur Nebel. Nach einer Kaffeepause auf der Boe-Hütte, dann Rückweg auf gleichem Wege. Die Sicht hatte sich von fünfig auf manchmal fünfhundert Meter erweitert. Als wir im Rückblick sahen, wo wir offenkundig entlang gingen, staunten wir doch mächtig - das sah aus Entfernung abschüssiger aus als beim direkten Gehen. Von der sonst so übervölkerten Sonnenterasse der Dolomiten ging es mit der Seilbahn hinab zum Bus. Zum Tagesausklang dann eine angenehme Busfahrt durch Hochabtei und Pustertal; bei Corvara noch einmal Hinaufblick zum Piz Boe im Nebel - wir hatten nichts verpasst.
Danke an Günther Tschurtschentaler, unseren Südtiroler Bergführer auf diesen anspruchsvollen Wanderungen in den Dolomiten.
(Wanderung: 6 km, 250 m Auf- und Abstieg)

06.09.2014 Heimfahrt

Nach einer Wanderreise über 75 Kilometer mit ca. 3500 Höhenmetern im Auf- und Abstieg hieß es am Sonnabend die Heimreise anzutreten. Bereits gegen neun Uhr hatten wir den Brennerpass überquert. Im Inntal und bei München kamen wir dann doch in den Stau des üblichen Sonnabendverkehrs. Auf unserer Weiterfahrt durch Franken und Sachsen holten wir die entgangenen dreißig Minuten wieder auf. Aber die Transfers waren eben auf eine verspätete Ankunft eingestellt.
Dennoch denke ich, kam jeder gut zu Hause an; mit einem sportlichen Wandererlebnis; zwei Gäste jedoch ohne ihre Trekkingstöcke ...
Dürfen wir diese bis zur nächsten Wanderreise mit Eberhardt Travel deponieren?
Bis dahin allen eine gute Zeit.

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