Reisebericht: Wanderreise Südtirol – die Bergwelt der Dolomiten

06.09. – 13.09.2015, 8 Tage Wanderreise mit mittelschweren Wanderungen und Standorthotel in Kolfuschg: Kolfuschger Höhenweg – Col Alt – Langkofel und Plattkofel – Piz Boe – Berggipfel Sassongher – Puezhütten–Wanderung im Naturpark Puez–Geisler (ca. 76,5 Wanderkilometer)


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Aus Korallenriffen im Thetysmeer entstanden die wildschönen Gebirge der Dolomiten.
Ein Reisebericht von
Annett Seese

1. Tag: Sonntag, 6.9.2015 – Anreise nach Südtirol


Viele von uns hatten lange davon geträumt, in den Dolomiten zu wandern. Einige waren schon einmal dort und freuten sich auf diese neue Reise ins Herz der Alpen. So fuhren wir am Sonntagmorgen nach Südtirol, vorbei an Nürnberg, München und Innsbruck.
Bei Rosenheim erblicken wir bereits die ersten Gebirge am Horizont. Kurze Zeit später tauchen wir in die hochalpine Landschaft ein, die vor zwanzig Millionen Jahren aus den Korallen des Thetysmeeres entstand. Nach dem Brennerpass fahren wir auf einer kurvenreichen Landstraße durch die immer höher hinauf steigende Bergwelt. Am Fuße des Sellastockes beziehen wir dann im Hotel „Belvedere & Kolfuschger Hof" unsere Zimmer und bereiten uns auf die spannenden Wanderungen der nächsten Tage vor.

2. Tag: Montag, 7.9.2015 – Kleiner Lagazuoi


8 km  3,5 Stunden + 50 m - 1663 m
Ein tiefblauer Himmel empfängt uns am Morgen und begleitet uns den ganzen Tag. Unser Busfahrer Ingo fährt uns zum Valzarego-Pass. Unterwegs schon sehen wir unser heutiges Ziel: den Kleinen Lagazuoi. Unser Bergführer Mirco zeigt uns bei der Fahrt die Contorines-Berge, in denen Höhen einst ein besonderer Höhlenbär lebte, den es nirgendwo sonst gab. Auf der anderen Seite des Tales erblicken wir den Piz Boe´mit seiner seit Tagen schon eingeschneiten Spitze. Dann erreichen wir die Seilbahn zum Valzarego-Pass und fahren mit ihr zum Rifugio Lagazuoi 650 Meter hinauf. Der Panoramablick von der Aussichtsterrasse über die Dolomiten ist fantastisch und wird noch beeindruckender, als wir den Gipfel des Kleinen Lagazuoi erreicht hatten. Gegenüber erhebt sich der Große Lagazuoi, gleich daneben der Trofana. Ebenso gut zu sehen sind der Sellastock und die Marmolada - zwei Wanderziele in unseren folgenden Tagen. Vor dem Abstieg hinunter zum Lagazuoi-See besichtigen wir einen Gebirgsstollen, der im ersten Weltkrieg als österreichische Verteidigungsstellung angelegt wurde. Quer durch die Dolomiten verlief damals die Alpenfront zwischen Österreich und Italien. Seit über 50 Jahren kann man auf dem Friedensweg „Sentiero della Pace" viele hundert Kilometer auf diesen Spuren wandern. Auf Serpentinenpfaden und über Dolomitengeröll steigen wir hinunter zum türkisgrünen Lagazuoi-See. Wir genießen die kleine Oase aus Nadelbäumen und weichem, erdigen Boden und steigen dann noch weiter in die Tiefe, an stürzenden Gebirgsbächen und schroffen Felsabhängen entlang. Schließlich erreichen wir die Scotoni-Hütte und kehren dort ein. Über einen steilen und langen Almwiesenhang gelangen wir nach einer weiteren Stunde hinab ins Tal beim Ort Armentarola. Bei unserer Reise zurück ins Hotel lassen wir die Eindrücke dieses ersten Wandertages noch einmal Revue passieren und freuen uns auf die nächste Wanderung.
 

2. Tag: Dienstag, 8.9.2015 – Rosengartenrunde


11 km  4,5 Stunden + 1000 - 1000  HA 500
Heute brechen wir etwas früher zu unserer Wanderung auf. Um zum Startpunkt im Rosengarten zu gelangen, fahren wir mit dem Bus das Vassa-Tal bis hinunter nach Karersee. Am Karer-Pass bringt uns der Sessellift hinauf zum Rifugio Coronelle. Nach ein paar Schritten bereits erreichen wir den ersten hohen Anstieg, hinauf zum Violonpass in dem wie ein Hufeisen geformten Rosengartenmassiv. Einige von uns entscheiden sich für den leichteren Weg und gehen zur Paolina-Hütte voraus. Dorthin führt nach einigen Stunden auch der Hauptwanderweg: zunächst über sehr hohe Anstiege und etliche Klettersteige auf die andere Seite des Berges. An seiner Rückwand entlang geht es immer weiter bergauf und bergab zur Rotwandhütte und nach einer Einkehr schließlich auf die Seite des Rosengartens zurück, auf der unsere Wanderung begann. Am Nachmittag trifft die Gruppe wieder zusammen und wir fahren gemeinsam von der Paolina-Hütte mit der Seilbahn hinab ins Tal. Schon nach zehn Minuten erreichen wir den Parkplatz. Der Bus bringt uns nun zum wunderschönen Karersee, von dem der Ort seinen Namen hat. Wir umrunden das blaugrün schimmernde Gewässer und spazieren zum Abschluss der Wanderung durch einen warmen, schattigen Nadelwald.

3. Tag: Mittwoch, 9.9.2015 – Wanderung am Sellastock


11 km  4,05 Stunden + 800 - 850  HA 400
Unser Tag beginnt mit einem grandiosen Farbenspiel der Sonne, deren Strahlen sich auf dem Dolomitengestein widerspiegelen. Wolken ziehen über die Berge, aber die Luft bleibt trocken und wir genießen den oft sehr kontrastreichen Anblick der Landschaft. Auch heute wanderen wir in zwei Gruppen. Die kleinere Wandergruppe steigt bereits in Corvara aus dem Bus und fährt mit der Seilbahn zur Station Piz Boe´ hinauf. Von dort aus erklimmt sie über einen steilen Anstieg den Bergsee Lech de Boe´ und fährt mit dem Sessellift weitere 300 Höhenmeter hinauf. Die Wanderroute zur Franz-Kostner-Hütte geht für diese Gruppe nur ein kleines Stück um den Gebirgsstock des Sella herum. Die größere Gruppe wandert mit unserem Bergführer Mirco vom Pordoi-Pass über die Pordoi-Scharte gleich zu Beginn einen Anstieg von 400 Höhenmetern hinauf. Dann führt sie ihr Weg immer weiter unter dem Sella-Joch entlang, bis sie ebenfalls die Franz-Kostner-Hütte erreicht. Wir hatten vor einigen Tagen bereits die vereiste Spitze des Piz Boe´ erblickt. Durch den plötzlichen Schneefall dort in der Höhe bleibt jenes Ziel von über 3000 Metern für uns dieses Mal noch in der Ferne. Wir feiern statt dessen das Bergfest unserer Wanderungen, mit Heidelbeer-Grappa, einer echten Spezialität der Region. Dann wandert die größere Gruppe über den See Lech de Boe´ hinab zur Seilbahnstation, die kleinere Gruppe fährt mit dem Sessellift voraus. Gemeinsam lassen wir uns von der Seilbahn hinunter bringen zum Bus und reisen zurück ins Hotel.

4. Tag: Donnerstag, 10.9.2015 – Langkofel–Plattkofel–Umrundung


19 km  5,5 Stunden + 800 - 800  HA 120
Morgens sind die Berge nebelverhangen, hier und da schaut ein Dolomitengipfel aus den weißen, wolkenähnlichen Schleiern. Wir fahren gemeinsam mit dem Bus zur Seilbahnstation Sella-Pass. Dort teilt sich unsere Gruppe erneut. Die kleine Gruppe wandert einen kurzen und bezaubernden Weg zur Emilio-Comici-Hütte. Sie geht den oberen Weg durch die Steinerne Stadt, die „Citta die Sassi". Das ist eine typische Dolomitenlandschaft und gehört zum Naturpark „Naturonda". Durch Bergstürze fielen häusergroße Felsen auf eine Alm, sie liegen dort scheinbar wahllos verstreut und doch geordnet wie nach einem bestimmten Muster. Die größere Gruppe startet die Langkofel-Plattkofel-Umrundung vom Sella-Pass aus gleich mit einem hohen Anstieg. Dann geht sie über den Friedrich-August-Weg, den meist begangenen Wanderweg am Plattkofel. Auf dem ganzen Rundwanderweg kann man sich einer 360-Grad-Panoramaaussicht erfreuen, und wir haben Glück: Der Nebel des Morgens verzieht sich nicht wirklich, aber er gibt uns immer wieder die Sicht frei auf die bizarren und dramatischen Gebirgsformationen um uns her. Nach der Einkehr in der Plattkofelhütte geht es weiter zur Emilio-Comici-Hütte, wo die kleine Gruppe schon Höhenluft und Sonne tankt und sich freut über gute Sicht bis an den Rand der Gebirge. Den Rückweg zur Seilbahnstation Sella-Pass gehen wir alle gemeinsam, diesmal auf dem unteren Weg durch die Steinerne Stadt. Auf den letzten paar Metern zum Bus beginnt es zu regnen. Und kaum sind wir am Hotel angekommen, blitzt und donnert es. Ein Berggewitter zieht heran, doch wir sind zum Glück im Trocknen.

5. Tag: Freitag, 11.9.2015 – Die drei Zinnen


12 km  4 Stunden + 400 - 400  HA 350
Auch an diesem Morgen steigen wir eine Stunde früher in den Bus. Wir fahren zwei Stunden bis zum Ausgangspunkt unserer Wanderung, zur Auronzo-Hütte. Hat es beim Frühstück nach den nächtlichen Regengüssen noch genieselt, so treffen wir nach dreißig Minuten Fahrt sogar auf Schnee. Mit diesem ganz anderen Weiß als dem der Kalk- und Dolomitenfelsen zeigt das Gebirge eine weitere Nuance seines interessanten Charakters. Wir fahren am Misurina-See vorbei, in dem sich die Drei Zinnen spiegeln - mächtige herausgestellte Felsen, die vielen als das Wahrzeichen der Dolomiten gelten. Gemeinsam wandern wir von der Auronzo-Hütte zur Lavaredo-Hütte und von dort zu den berühmten Drei Zinnen. Eine kleine Gruppe geht den Weg wieder zurück, bewundert die Berge aus der entgegengesetzten Perspektive. Die Mehrzahl geht weiter zur Drei-Zinnen-Hütte und gönnt sich dort eine Rast in der warmen Stube oder draußen, in Nebel und Schnee. Kaum haben wir unser Mittagsmahl beendet, kommt Bewegung in die Nebelwolken. Sie lassen die Sonne wieder hindurch und so kommt zur Umrundung der Drei Zinnen auch eine spannende Aussicht weit in die Dolomitenwelt hinzu. Am Nachmittag treffen alle wieder an der Auronzo-Hütte ein und gemeinsam reisen wir mit Ingo, unserem umsichtigen Busfahrer, nach Kolfuschg zurück.

6. Tag: Sonnabend, 12.9.2015 – Am Fuß der Marmolada zum Fedaia–See


10 km  3 Stunden  + 600  - 600   HA 130
Heute gehen wir wie am ersten Tag alle gemeinsam die gleiche Route. Nach der Busfahrt zum Pordoi-Pass, an dem wir schon unsere Wanderung am Sella-Stock begonnen hatten, steigen wir in unsere Wanderschuhe und starten zum Rifugio Fredarola. Nach 70 Höhenmetern Anstieg auf einem bequemen Spazierweg erreichen wir über den Bindelweg die Hütte Viel dal Pan. Zur rechten Seite hin kann man von dort weit ins Val die Vassa schauen. Zur linken Seite fängt sich der Blick im Fedaia-See, dem Stausee der Marmolada. Dieses Gebirge haben wir auf der ganzen Wanderung neben uns, sehen seine mit Schnee und Gletschereis bedeckten Höhen und Tiefen. Nach einer kurzen Rast wandern wir weiter, zum See. Fast am Ende des Weges geht es sehr steil hinab und ein Teil der Strecke ist mit Kettensicherungen ausgestattet. So sanft die weit hinabfallenden grünen Täler auch aussehen, sie ziehen sich schier endlos in die Tiefe. Am Fedaia-See rasten wir an der Marmolada-Hütte. Dann bringt uns der Bus zum Dorf Malga Ciapela. Von dort aus wandern wir die Sottoguda-Schlucht hinab. Neben unserem Weg rauscht ein wilder Gebirgsbach und über uns reichen die Felsen der Schlucht zum Himmel hinauf. Die Schlucht entlässt uns in den Ort Sottoguda und wir sind überrascht: An den Häusern zeigen Figuren aus Stoff, wie das Alltagsleben hier einmal aussah, oder - aussehen könnte. Am anderen Ende des Ortes steigen wir wieder in unseren Bus und fahren zurück nach Kolfuschg, denn wir haben heute noch ein Date. Am frühen Abend treffen wir uns vorm Hotel und fahren zum Hüttenabend in der „Ütja Pradat" auf 2034 Meter hinauf ins Edelweißtal.

7. Tag: Sonntag, 13.9.2015 – Heimreise


Unsere Wanderreise in den wildschönen Dolomiten dauerte nur eine Woche, aber die Dimensionen dieses Gebirges und seine ständig wechselnden Perspektiven ließen es eine ganz besondere Woche sein.
Auf unserer Heimreise nahmen wir bis zum Brenner-Pass Abschied von den Korallenbergen und fuhren dann über die Autobahn wieder zurück ins flache Land.
Schön, dass Sie mit uns diese einzigartige Landschaft per Pedes erkundet haben. Ich freue mich auf ein Wiedersehen bei einer weiteren spannenden Wanderreise,
Ihre Annett Seese 

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