Reisebericht: Südtirol – Rundreise mit Rollstuhl

24.09. – 30.09.2012, 7 Tage barrierefreie Rundreise nach Südtirol in Italien mit Kalterer See – Seiser Alm – Meran – Brentnerdolomiten – Naturpark Trudener Horn – Fleimstal – Karerpass


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Südtirol, heute nördlichste Region Italiens ist ein vielfältiges Reiseland; blühende Natur, glasklare Seen, Weinanbaugebiete und lebhafte Städtchen welche die Nähe zum „eigentlichen Italien“ genauso verraten wie die lange Zugehörigkeit zum Land Tirol. Diese vielbereiste, wunderschöne Gegend wollen wir mit einer Gruppe von 13 Rollstuhlfahrern und ebensovielen „Fußgängern“ entdecken.
Ein Reisebericht von
Jörg Nesse
Jörg Nesse

1. Tag / Mo.24.09.: Dresden – Pflerschtal


Aus Dresden kommend fahren wir zunächst Richtung Franken. Am Rasthof Vogtland die erste Pause, in behindertengerechten Transferfahrzeugen treffen dort auch die restlichen Gäste ein. Vorbei an Nürnberg führt uns die A9 nach München. Es ist wenig Verkehr, also quer durch die Stadt. Wir fahren an der neuen BMW Welt, dem Olympiagelände vorbei und erhaschen aus einiger Entfernung einen Blick auf die Frauenkirche. Am Luise Kieselbach Platz wird an der Untertunnelung gearbeitet - ein gigantisches Projekt. Der Waldfriedhof und das Schloß Fürstenried sind für uns die letzten Impressionen der bayerischen Landeshauptstadt. Weiter die Autobahn Richtung Garmisch. In Tirol angekommen geht es  über Seefeld mit 16% Prozent Gefälle den Zirler Berg hinunter ins Inntal um bei Innsbruck unmittelbar wieder mit der Auffahrt zum Brennerpass zu beginnen. Die Autobahn welche auch über die berühmte Europabrücke führt, ist immer wieder ein Erlebnis. Vom Brenner aus folgen wir dem Eisack Fluss bis wir ins Pflerschtal abzweigen. Das Personal des Hotel Alpin erwartet uns schon.
 

2. Tag / Di.25.09.: Sterzing – Ridnauntal


Zunächst einmal Stopp in Sterzing. Vom Untertorplatz aus betreten wir die Neustadt. Diese wurde im 15.Jh. nach einem Stadtbrand errichtet. Das Sterzing damals durch den Bergbau reich geworden war sieht man noch heute. Wuchtige Bürgerhäuser mit aufwändigen Erkern bestimmen das Bild der durch Lauben gesäumten Hauptstrasse. Am Stadtplatz, wo der Zwölferturm Neustadt und Altstadt trennt, ist heute Markt. Nach einer Mittagspause fahren wir nun ins Ridnauntal. In der Bergbauwelt werden wir zur Führung erwartet. Wir erfahren viel über den Abbau von Silber, Blei und anderen Materialien und sind begeistert über die Transportwege des Erzes im ausgehenden Mittelalter; mit Bahnen unter Ausnutzung des Gegengewichtes über 2700m hohe Bergpässe! Mit gegenseitiger Hilfe können wir sogar, im wahrsten Sinne des Wortes, in den Berg einfahren. Zugegeben, die Navigation vor allem von großen Rollstühlen ist unter Tage nicht einfach, aber wann bekommt das schon geboten. Zurück durchs Ridnauntal, vorbei an Schloß Wolfsthurn zum Hotel.  

3. Tag / Mi.26.09.: Bozen – Seiser Alm


Es regnet in Strömen,die Wolken hängen tief. Eigentlich wollen wir heute auf die Seiser Alm, aber bei dem Wetter? Dann lieber nach Bozen. Nahe dem Waltherplatz steigen wir aus. Bei inzwischen Gutem Wetter durch die Laubengänge zum berühmten Bozener Obstmarkt. Nun, da wir das bunte Geschehen genießen, hier und da etwas probieren, beindruckt sind von der (auch farblichen) Vielfalt des Angebotes, können wir die Begeisterung nachempfinden, welche der traditionelle Markt schon zu Goethes Zeiten hervorgerufen hat. Leicht abgekämpft lassen wir uns wieder in den Bus heben. Es ist schön jetzt einfach zu entspannen. Als wir Bozen wieder verlassen ist der Blick zum Schlern frei. Also nichts wie auf die Seiser Alm! Das Massiv des Schlerns beginnt sich vor uns aufzubauen. Bevor wir in Compatsch aussteigen, genießen wir schon den Blick auf Langkofel, Plattkofel und den Sellastock. Einige von uns nutzen die Freizeit um mit der Kabinenbahn nach Seis zu fahren, auch mit den Rollstühlen problemlos möglich! Andere lassen sich zu einer Kutschfahrt hinreißen, manche lieber zu Kaffee und Kuchen im „Zentral - Cafe". Logisch, dass wir auf der Rückfahrt zum Hotel noch durch Kastelruth fahren. Unvermeidlich; eine CD der Kastelruther Spatzen beschallt dabei den Bus - „Junge Bergfee lass Dich küssen..."  

4. Tag / Do.27.09.: Dolomitenrundfahrt


Eine Fahrt auf der Großen Dolomitenstrasse ist ganz sicher einer der Höhepunkte jeder Südtirolreise. Sigi, ein erfahrener Bergfreund aus Sterzing und unser Begleiter beim heutigen Ausflug weiß viel über die schroffen Gipfel zu berichten. So geht es durch das Pustertal, vorbei an den Drei Zinnen zum idyllisch gelegenen Misurinasee. Hier verweilen wir länger und lassen das phantastische Panorama auf uns wirken. Nun beginnt die Fahrt über die Pässe; Tre Croci, Falzarego, Poroijoch, Sellajoch. Immer wieder geht es mittels zahlreicher Kehren auf über 2000 Höhenmeter und wieder talwärts. Die Ausblicke auf Tofana, Marmolada, Geisler- und Langkofelgruppe äußerst beeindruckend. Den Abschluss der Fahrt bildet das Grödnertal. Nach einem langen, erlebnisreichen Tag erreichen wir gerade rechtzeitig zum Abendessen wieder unser Hotel.

5. Tag / Fr.28.09.: Weinprobe Eppan


Heute Morgen lassen wir es gemütlich angehen. Erst kurz nach zehn Uhr starten wir zu unserem Ausflug. Zunächst fahren wir bis zum Ende „unseres" Tals. Das Pflerschtal endet in St. Anton am Fuße des mächtigen Tribulaun. Nun fahren wir von Sterzing aus hinauf auf das Penser Joch. Auf über 2200m Höhe legen wir eine Pause ein. Das Wetter ist heute mit uns, die Sicht Richtung Sarntal großartig. Durch eben jenes liebliche Tal, der Talfer folgend erreichen wir bei Terlan die Südtiroler Weinstrasse. In Eppan erwartet uns dann schon der Winzer der Kellerei Kössler. Mit ihm rollen wir durch den Weinberg und erfahren viel über Edelvernatsch & Co. Nun aber zum eigentlichen Grund unseres Besuches; in der „Sektlaube" vergehen die nächsten zwei Stunden bei einer umfassenden Probe wie im Fluge. Beschwingt und fröhlich fahren wir weiter entlang der Weinstrasse um am Kalterer See nochmals zu pausieren. Unglaublich wie viel Fläche hier für den Weinanbau genutzt wird. Entlang von Etsch und Eisack geht es nun zurück zum Hotel.    

6. Tag / Sa.29.09.: Meran – Schloss Trauttmannsdorff


Nach dem wie immer reichhaltigen Frühstück geht es zunächst Richtung Jaufenpass. Oben auf über 2000 Höhenmetern angekommen ein herrlicher Blick;  im Hintergrund erhebt sich die gewaltige Texelbergkette. Sie schirmt Meran nach Norden ab - sorgt so für das berühmte milde Klima. Unser Bus stoppt an Schloss Trauttmansdorff. 2001 wurde hier ein herrlicher Garten, genauer gesagt, mehrere thematische Gärten eröffnet. Bekannt war das Schloss aber schon früher; bereits 1870 verbrachte Kaiserin Sissi hier einige Monate. Daran, und an den daraufhin einsetzenden Tourismus erinnert eine Ausstellung im Inneren der Anlage. Wir berollen einen Teil der Gartenanlage, setzen uns zum Mittag an den Großen Teich und entgehen dann dem einsetzenden Regen im Museum. Nun fahren wir in das Zentrum von Meran. Die Passerpromenade entlang, vorbei am Kurhaus (nach so viel mittelalterlichem Städtebau nun mal Jugendstil) zum Bozener Tor. Auch mit den Rollstühlen lässt sich der Anstieg zur Stadtpfarrkirche meistern. 400m lange Laubengänge, mit weitaus mondänerem „Innenleben" als in anderen Südtiroler Städten, die wir nun genüsslich leicht bergab rollen waren die Anstrengung wert. Vorbei am schönen Stadttheater kommen wir wieder an die Passer - der Bus steht bereit.    

7. Tag / So.30.09.: Heimreise


Nach einem entspannten Frühstück beginnen wir gegen neun Uhr unser Gepäck in den Bus zu verladen. Das Hotel Alpin mit seiner hervorragenden Küche, den auf die Ansprüche von Rollstuhlfahrern ausgelegten Zimmern, ja sogar einem für uns nutzbaren Hallenbad und einer Sauna, wird uns in guter Erinnerung bleiben.

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Kommentare zum Reisebericht

2012 war versuchsweise meine erste Reise "mit Rollstuhl"nach dem herrlichen Südtirol-die Sonnenseite der Alpen.Es war faszinierend durch die Region der Dolomiten,wie Seiser Alm,Pordoi-Joch,Misurina usw.Alle ausgewählten Sehenswürdigkeiten und die gesamte Organisation und Betreuung auf der Reise waren einmalig und jeder,der sich wegen seiner Behinderung keine Reise zutraut,sollte es mir dieser Reise probieren-es war ein echtes Erlebnis.Günter Merkel

Günter Merkel
13.11.2012