Reisebericht: Mit dem Rad auf dem Trans Canada Trail unterwegs

16.05. – 05.06.2010, 21 Tage Radreise durch die Wildnis in British Columbia (ca. 750 km)


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Ein Bericht über 21 "spannende" Radeltage durch die Wildnis von Westkanada
Ein Reisebericht von
Martin Kunze

16.05.2010 Anreise nach Vancouver

0Pünktlich 9 Uhr traf ich mich mit 2 Gästen, die ebenso ab Dresden nach Frankfurt flogen. Mit dem Haustür Transfer Service hatte alles geklappt. Kleine Irritationen in Dresden bezüglich "Online - Check - In" und Anzahl der mitzunehmenden Gepäckstücke konnten noch vor Flugantritt ausgeräumt werden. Leider hat sich das Dresdner Flughafenpersonal dabei nicht gerade von seiner freundlichsten Seite gezeigt. Der Zubringerflug nach Frankfurt war recht sportlich, bei einer Flugzeit von 60 Minuten - 25 Minuten eher da zu sein - schafft auch nicht jeder Pilot... In Frankfurt dann ein sehr herzliches "Hallo"  mit den anderen Reisegästen und ab hier ging es gemeinsam in die Maschine zum Langstreckenflug nach Vancouver. Alles ohne Probleme und Luftlöcher. In Vancouver angekommen sind wir erst mal zum Hotel gefahren, uns frisch machen, und dann gemütlich zum Abendessen unter freiem Himmel geschlendert, mit wunderschönen Blick auf den Yachthafen von Vancouver. Es ist schon ein etwas seltsames Gefühl durch die Zeitumstellung, schließlich war es zu diesem Zeitpunkt 6 Uhr Morgens in Deutschland.

17.05.2010 Flug nach Castlegar

Am Jetlag stört man sich auf der Hinreise irgendwie kaum. Gut ausgeschlafen ging es erneut zum Flughafen und dieses mal mit einer wesentlich kleineren Maschine Richtung Inland und Gebirge. Was für traumhafte Aussichten auf die Schneebedeckten Gipfel der Berge! Die Täler waren natürlich schon frühlingshaft grün, sind ja nicht zum Winterurlaub hier. Der Anflug auf Castlegar in so einem Tal ist immer spektakulär. Am Flughafen warteten bereits Klaus (unser Reiseleiter und Chef der Reise) und Vitya (unser Fahrer, Koch und die gute Seele der Reise) auf uns. Anschließend waren wir in einem Freilichtmuseum russischer Auswanderer zu Gast. Nicht unbedingt dass, was man mit Kanada verbindet, aber eine spannende Geschichte steckt dahinter. Am frühen Abend erreichten wir unsere erste Unterkunft, ein wunderschönes Blockhaus Ressort in der Nähe von Silverton. Und genau das ist es, was Kanada ausmacht und den Charakter dieser Reise bestimmen wird. Wunderschön gelegene landestypische Unterkünfte, die alle ihren ganz individuellen Charme haben. Das Ressort war mitten im Grünen und mit herrlichem Blick auf den riesigen Slocan Lake, im Hintergrund die Berge der Kotneys mit Gletschern oben drauf. Ach ja, Fahrräder ausprobieren stand heute auch noch auf dem Programm. Und selbst wer noch nie auf einem Mountainbike saß, nach ein paar Runden war es so, als hätte man sein ganzes Leben nichts anderes gemacht.

18.05.2010 Radtour vom Summit Lake nach New Denver

Ein bisschen aufgeregt waren wir schon alle auf dem Weg mit dem Bus zur 1. Radtour. Aber die Aufregung ist schnell dem Spaß beim Radfahren gewichen. Schön, dass die ganze Gruppe in Punkto Geschwindigkeit und Fitness sehr homogen war. Und richtig lustig wurde es dann an den kleinen Hindernissen auf dieser Etappe. Meistens war es Wasser in all seinen Formen. Anfangs durch Pfützen, dann durch knietiefe Flüsse gewatet, später Wasser von oben und zu guter Letzt galt es einen rauschenden Gebirgsbach, mit einer eigens dafür konstruierten Gondel zu überqueren. Am Ende der ersten Tour waren wir alle klitschnass, aber es hat unheimlichen Spaß gemacht. Spätestens nach dem heutigen super leckeren 3-Gänge-Menü von Vitya war jedem klar - Abnehmen wird bei diesem Urlaub keiner!

19.05.2010 Radtour vom Slocan Lake nach Castlegar

Der Tag beginnt mit einer Genussabfahrt zum Slocan Lake hinunter. Entlang der alten und schon etwas zugewachsenen Straße immer wieder schöne Ausblicke auf den See. Dort angekommen, radeln wir gemütlich am Slocan River entlang. Es geht immer ganz leicht abwärts auf der alten Bahntrasse. Das Wetter ist prima und die Mittagspause genießen wir im freien vor einem Cafe. Das kleine Örtchen was dazu gehört wird auch als "Kiffer-Eldorado" von Kanada bezeichnet. Man riecht dies an der ein oder anderen Ecke. Der Höhepunkt des heutigen Tages ist für viele Gäste das Zelten. Für manche das erste mal im Leben und das im gesetzten Alter! Auch hier herrscht beim Aufbau viel Spaß, sicher auch weil das Zelt nicht bei allem beim 1. Versuch wirklich steht.

20.05.2010 Überwindung des Faron Passes

Die Zeltnacht haben alle gut überstanden und manche haben sogar besser als in manch andern Hotelbetten geschlafen. Die Schlafsäcke waren ja auch alle mollig warm. Nun haben wir auch Erkenntnisse gesammelt, wer die Schnarcher unserer Gruppe sind. Einige Gäste setzen bei der heutigen Etappe aus, ist sie doch als schwerste Etappe der Tour zu sehen. Wir radeln den ganzen Tag leicht aber beständig bergauf, um von 450 Meter auf 1250 Meter zu gelangen. Das merkt man schon in den Beinen! Ein Höhepunkt des Anstiegs war die Durchquerung eines 1 km langen alten Eisenbahntunnels. Das schönste am Tag war aber das Gefühl, als wir alle oben waren und den Pass erklommen hatten. Nun war es auch nicht mehr weit bis zur ausgefallensten Unterkunft dieser Reise: einer Blockhütte mitten im Nichts ohne Strom und fließend Wasser. Dafür aber mit einer urigen Küche und das schönste war, als wir ankamen war bereits gut eingeheizt und die nicht radelnden Damen hatten Vitya von seinem Kochjob entbunden und es gab Thüringer Roulade mit Klößen. Besser kann so ein Tag doch nicht ausklingen!

21.05.2010 Radtour hinab bis nach Grand Forks

Das Leben ist voller Überraschungen und so beginnt dieser Morgen mit ebenso einer - es hatte über Nacht geschneit und die Räder waren unter einem weißen Schneekleid verdeckt! Wir staunten nicht schlecht, aber die warme Morgensonne war kräftig dabei, die Luft wieder aufzuheizen und nur wenige Stunden später machten wir am Christina Lake unsere Mittagspause in kurzen Sachen bei 20 Grad. Das ist Kanada! Zuvor aber erst mal die Mutprobe der Morgenhygiene im 3 Grad kalten Gebirgsbach. Munter war danach jeder! In Grand Forks sind wir wieder in die Zivilisation eingetaucht und das komfortable Ramada Hotel wurde nach der letzten Unterkunft gleich noch viel mehr geschätzt. Hier konnte auch die Wäsche gewaschen werden und wenn der Reisebegleiter die Wäschenetze vor der Abgabe in die Großwaschmaschine richtig zu gemacht hätte, hätten wir im Anschluss beim auseinander sortieren der Unterwäsche nur halb so viel Spaß gehabt.

22.05.2010 Über den Eholt Pass nach Greenwood

Vor Beginn der Radtour waren noch einige Gäste im gegenüberliegenden Supermarkt und wer noch nie in einem Nordamerikanischen Supermarkt war, der kann schon einen Kulturschock erleiden. Es ist zwar alles wie in Deutschland, nur viel viel größer! Sowohl der Supermarkt als solches, aber vor allem die Verpackungen. Unter 3 Liter Packungen Milch und 500g Tafeln Schokolade geht gar nix. Überhaupt ist in Kanada alles größer. Besonders die Autos, LKW`S und was hier als Wohnmobil herumfährt, entspricht bei uns der Größe eines mittleren Reisebusses. Der Eholt Pass war deutlich niedriger und leichter zu erklimmen. Von da ab ging es auf der Strasse kräftig bergab bis nach Greenwood. In Greenwood kann man sich echt verlieben! Ein richtiges niedliches Städtchen mit Häuser - und Geschäftsfassaden, die einen in die Goldgräber und Westernzeit zurück versetzen. Im legendären Coper Eagle Kaffee haben wir den Radeltag bei Kaffee und Kuchen ausklingen lassen.

23.05.2010 Pausentag und Ausflug nach Osoyoos

Das mitten in den kanadischen Bergen gelegene Bad und Breakfast bei Rock Creek gehört mit zu den idyllischsten Unterkünften dieser Tour und bietet sich für einen Pausentag geradezu an. Den haben wir uns nach 5 Radeltagen auch verdient! Wir haben es alle genossen mal auszuschlafen und den Tag erst so richtig nach dem Mittagessen zu beginnen. Vorher hieß es lesen, Karten schreiben und auch die Räder haben von der Radreisebegleitung eine erste Generalpflege bekommen. Der Ausflug am Nachmittag ins Indianerreservat von Osoyoos hat uns einen guten Eindruck in das Leben der Ureinwohner dieser Region gegeben. Der Abend war wieder mal ein ganz besonderer und wird allen noch lang in Erinnerung bleiben: am wärmenden Lagerfeuer haben wir gesessen und gemeinsam mit einem Musiker aus der Region Lieder gesungen, begleitet vom Gastgeber auf der Gitarre und von Vitya mit der Tuba.

24.05.2010 Radtour nach Beaverdell

Sonnenschein und eine berauschende Abfahrt in das Tal des Ketlle River leiten den Tag an. Unten angekommen müssen zum ersten mal die Radersatzteile eingesetzt werden, es gilt den ersten Platten zu beheben. Dies ist aber im großen und ganzen das Einzige, was an den Top ausgestatteten Leihrädern passiert während der 21 Tage! Beaverdell ist wieder so ein Kaff, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Aber es hat einen alten urigen Salon und der wird von uns am Abend natürlich in Anspruch genommen. Und auch ohne viel Alkohol getrunken zu haben, kann man hier an der Wand singende Hirschköpfe bestaunen.

25.05.2010 Radtour zum Mc Culloch Lake

Es geht wieder aufwärts mit dem Rad. Natürlich erst nach dem Frühstück von Vitya und auch dieses ist ebenso lecker und reichhaltig wie das Abendessen. Frischer Kaffee, Kakao, frisch gepresste Säfte, Obstsalat, Müsli, Wurst, Käse, Marmelade, frisches Brot, immer ein warmes Gericht.... habe bestimmt noch viel vergessen zu erwähnen. Jedenfalls gut gestärkt starten wir in jeden Tag. Am frühen Nachmittag erreichen wir auch den idyllisch gelegenen Bergsee, an dessen Ufer wir unsere Zelte aufschlagen. Und beim gemeinsamen Sitzen am Strand auf unseren eigenen Liegestühlen und dem Blick in die untergehende Abendsonne kommt richtig Romantik auf. Kann es noch schöner sein? Ja! Denn am späten Abend am Lagerfeuer (mit selbst gesuchtem und gehacktem Holz, worauf wir sehr stolz waren) stimmt der Nachtvogel Loon uns mit seinem hinreißenden Gesang auf eine weitere Nacht im Zelt und unter dem Sternenkleid ein.

26.05.2010 Die Myra Canyons

Eine weitere Besonderheit auf dieser Radreise ist die Tatsache, dass man so gut wie nie andere Touristen oder Radler trifft. Es ist eben genau das Gegenteil vom Massentourismus. Der heutige Tag stellt nun eine kleine Ausnahme dar. Die Durchquerung des Myra Canyons ist eine Meisterleistung von Mc Culloch, dem Bahningenieurs dieser Trasse. Sie gelingt nur durch unzählige riesige Holzbrücken im Wechselspiel mit Tunneln. Manche Brücken sind mehrere hundert Meter lang und hoch! Es ist ein ganz besonderes Erlebnis auf diesem Teil der Strecke zu radeln. Noch dazu immer der grandiose Ausblick auf den 1000 Meter tiefer gelegenen riesigen Okanagan Lake. Am Ende des Tages bringt uns eine steile Abfahrt bis fast an den See und man hat plötzlich das Gefühl, in einer ganz anderen Vegetationszone zu sein. Überall wird Wein angebaut und riesige Obstplantagen säumen den Weg.

27.05.2010 Abfahrt nach Penticton

Mal wieder ein Tag zum Genußradeln. Es geht beständig bergab und am frühen Nachmittag erreichen wir die Stadt Penticton. Eine Stadt zum Wohlfühlen und viele Kanadier und Amerikaner verbringen ihren Lebensabend hier. Kein Wunder bei der Lage zwischen zwei großen Seen mit tollen Sandstränden, mildem Klima, super schicken Villen, Golfplätzen in allen Variationen und Größen... und und und. Haben uns am Abend auch mal in das Nachtleben von Penticton gestürzt und sind in einer kleinen alternativen Bar hängen geblieben. Gemütlich ist es hier! Nachdem wir klären konnten, was ein "Pint" und ein "Pitcher" Bier sind waren auch die Kehlen am Abend nicht trocken geblieben. Dazu gab es Live Musik und eine Live Lesungen von Gedichten. Zwar natürlich alles auf Englisch, aber sehr ausdrucksstark.

28.05.2010 Pausentag und Weinverkostung

Nach einem gemütlichen Spätfrühstück stand der Vormittag zur freien Verfügung. Viele nutzen die Zeit für eine kleine Shopping Tour in Penticton. Nach dem Mittag geht es dann mitten in die Weinberge zu einem Weingut mit dem schönen Namen und Wortspiel "See ya Later". Eine Führung durch die Weinberge, kombiniert mit der Verkostung von etwa 7 Weinen (irgendwann konnte ich nicht mehr mitzählen) gaben dem Ganzen einen sehr edlen Touch. Auch der Blick von der großen Terrasse ins Land hinein war Top! Kleine Anekdote am Rande: es gibt auch in Kanada Leute mit ner kleinen Macke und so war der Begründer des Weingutes ein absoluter Hundenarr. Er hat seinen verstorbenen Vierbeinern nicht nur einen Hundefriedhof mit teuren Grabsteinen gewidmet, sondern auch viele Weinsorten nach den Rufnamen seiner Hunde benannt. Ob das Marketing technisch so glücklich war?

29.05. Reiten – Zugfahren – Radfahren

Die Überschrift lässt es erahnen - dieser Tag war an Abwechslung kaum zu überbieten. Da wir wieder mal auf einer echten Ranch mit vielen Tieren übernachteten, bestand gleich nach dem Frühstück die Möglichkeit eines Reitausfluges. Einige Gäste haben davon Gebrauch gemacht und waren trotz Regenwetters total begeistert. Mit dem Pferd mitten durch die wild romantische unberührte Natur zu traben muss ein tolles Gefühl der Freiheit sein! Marlboro lässt grüßen. Anschließend ging es mit dem Bus nach Summerland, wo ein historischer Dampfzug auf uns wartete. Man hatte echt das Gefühl im 19. Jahrhundert zu sein! Die 30 Minuten Zugfahrt waren viel zu schnell vorbei, zumal ein ausgewanderter Wiener Original uns mit Cowboyhut und Banjo musikalisch begleitete. Überhaupt trifft man an fast jeder Ecke in Kanada irgendwelche ausgewanderten deutschsprachigen Menschen, die sich neue Existenzen aufgebaut haben. Immer wieder Gelegenheit für spannende Gespräche! Nachmittags radelten wir, diesmal auf einer wenig befahrenen Nebenstraße, nach Princeton.

04.06. Rückflug nach Deutschland

Tja, heute heißt es Abschied nehmen von Vancouver und von Kanada. Dank der günstigen Flugzeiten hatten wir aber alle noch den Vormittag zur freien Verfügung und somit konnte jeder fernab der sonstigen Gruppendynamik ganz für sich die vergangenen 20 Tage Revue passieren lassen, oder noch einmal in das Leben von Vancouver eintauchen. Auch der Rückflug verlief ohne Probleme. Durch die nördliche Route über Grönland wurde es nie dunkel und erschöpft, aber überglücklich mit den Reiseerinnerungen im Kopf, teilte sich in Frankfurt am 05.06. unsere Gruppe wieder auf. Viele Freundschaften sind auf dieser einmaligen Reise entstanden und eines steht fest - wir werden uns alle wieder sehen. Vielleicht auch auf einer weiteren Reise mit Eberhardt TRAVEL.

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