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Das andere Ende liegt gerade gegenüber

Reisebericht: 15.03. – 06.04.2025

Neuseeland - das Ende der Welt. Doch der Globus ist rund. Was hat es mit dem Ende auf sich und was werden wir auf dieser Reise, die einer Sehnsucht entspringt, sehen und erleben?

Vivian Kreft

Ein Reisebericht von
Vivian Kreft


Von der Heimat in die Ferne

Wo ist das Ende der Welt? Um diese Frage zu beantworten, besteige ich zunächst ein Berliner Verkehrsmittel und fahre zum BER, treffe zwei Fluggäste und gemeinsam fliegen wir nach Frankfurt. In Frankfurt müssen wir in den Bereich B, in die Abteilung Asien. Hier starten die Flüge nach Singapur, Peking, Tokio und viele weitere asiatische Destination. Man fühlt sich hier ein bisschen dem Ende der Welt näher. Die Werbung zeigt Straßenbilder aus Bangkok, die Chinesische Mauer, Schattenboxen, das Gate of India in Delhi, Kabukitheater. Hier sind wir noch nicht richtig. Wir müssen weiter und so besteigt die Gruppe den Flieger nach Singapur.

Der große Vogel steht schon eine ganze Weile auf dem Rollfeld und wird beliefert. Die Zugangsgalerien sind auf zwei Ebenen angedockt. Als der Flug aufgerufen wird, erhebt es sich plötzlich aus allen Sitzen. Von allen Seiten strömt es zusammen und verteilt sich auf die Suiten, Business Class, Gold Standard - das Flugzeug bietet Platz für ein bis fünf Sterne-Komfort. In die Suite fährt man per Rolltreppe. Eine großartige Logistik. Wie auf Ameisenstraßen finden die Passagiere in kurzer Zeit zu ihren Plätzen.

Das Flugzeug, ein A380-800, mit seinen zwei Etagen braucht einen langen Anlauf und rollt diese Strecke zurück an den Start. Es ist ein Erlebnis, wie diese mächtige Maschine rollt und rollt, Geschwindigkeit aufnimmt, doch nicht hochkommt, bis dann der Schub einsetzt und sich dieses fliegende Mehrfamilienhaus vom Boden löst. Heißa, wir sind auf dem Weg.

Boxenstopp in Singapur

Der Flug ist sehr angenehm. Die zartgliedrigen Stewardessen möchte man lieber auf Händen tragen, als sich von ihnen bedienen zu lassen. Die Werbung entspricht vollständig dem Image, das Singapur Airlines in die Öffentlichkeit trägt. In unserem Superflieger A 380-800 ist selbst für die Kleinsten gesorgt: Eine Wiege wird an die Bordwand gesteckt und das Kindchen schläft die ganze Nacht über ruhig.

11.751 km später sind wir in Singapur. Der Flughafen ist luxuriös und äußerst großzügig gebaut. Der mit einem großflächigen Design versehene Teppichboden geleitet uns bis zur Einreise – erst Pass auflegen, dann den richtigen Daumen für den Abdruck. Die Koffer der mehr als 300 Passagiere kommen zügig. Alwin unser örtlicher Reiseleiter, nimmt uns in Empfang. Schnell noch ein wenig Geld getauscht für die Garküchen, in den Bus gestiegen und nach einer Fahrt von 20 min. sind wir im Hotel.

Wann habe ich das letzte Mal so gestaunt? Es bleibt einem der Mund offenstehen, der sich auch erst beim Abflug wieder schließt. So schnell kann man gar nicht gucken, was wir alles auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel sehen. Zunächst begleitet uns eine wunderbar lange blumengeschmückte Allee, dann überqueren wir die Formel-1-Strecke, die Teil der städtischen Verkehrsführung ist, am Riesenrad vorbei auf der linken Seite Marina Sands Bay, unzählige Hochhäuser mit schmucken Fassaden und halten dann atemlos vor unserem Hotel.
Kaum im Hotel, können wir nur das schöne Zimmer beziehen, uns schnell umziehen entsprechend der hohen Luftfeuchtigkeit, die einem den Atem verschlägt.

Alwin bietet uns an, uns zu einem besonderen Platz für die Flower Show zu begleiten. So laufen wir entlang der National Gallery, über den großen Sportplatz mitten in der Stadt. Ein Denkmal erinnert an den Ersten Weltkrieg. Und kurz dahinter war das Ufer. Alwin zeigt uns anhand alter Fotos, wie Singapur um 1900 aussah. Mittlerweile erstreckt sich die Stadt weit hinaus ins Meer. Wir laufen an einem Kulturzentrum entlang und kommen nach einer dreiviertel Stunde zu Alwins Lieblingsplatz, der erhöht ist und von dem aus wir besonders gut sehen können. Kaum da, beginnen auch schon die Bäume zu blinken zur Musik von Johann Strauss. Die Eile hat sich nicht gelohnt, das ist Bling-Bling.

Nach der Vorstellung verlassen wir uns auf unsere Orientierung, das einzige, das zählt in einer großen Stadt, die man nicht kennt und zum ersten Mal im Dunkeln besucht. Ich gehe mit meiner Gruppe einen Weg entlang, der mir nicht vertrauenswürdig erscheint, von der Richtung jedoch stimmt. Es kann mir aber auch keiner sagen, ob es eine Sackgasse ist. Es gibt einen Ausgang – zum Glück – doch wir hätten auch kürzer laufen können. Ich habe keinen Anhaltspunkt, wo wir sind und komme ins Schwitzen. Vor einer Umgebungskarte beratschlagen und schlagen den richtigen Weg ein und kommen zur Event Plaza, wo das Wasserspiel stattfinden soll.

Die Stadt ist sehr jung, viele junge Menschen sitzen auf dem Gras, habe etwas zu essen dabei und unterhalten sich angeregt. Es ist eine sehr gepflegte, sehr belebte Stadt, ohne angestrengt zu wirken.
Auf der Event Plaza ist Unterhaltung angesagt. Mehrere Girlie-Gruppen mit ihren Make-up-Stylisten, Beleuchtern und Kameramann lassen sich bei ihrer Tanzperformance aufnehmen, die dann später sicher in den Sozialen Medien erscheinen wird. Die jungen Frauen habe mächtig Spaß und ebenso die Zuschauer.

Die dahinterliegende Einkaufspassage läuft über drei Ebenen. In der untersten verläuft ein Wasserkanal, auf dem man sich in einem Boot starken lassen kann, die Pradatüte neben sich. Hier sind nur teure Mode- und Schmuckläden zu finden, Luxus pur und Gucken kostet nichts.
Das Wasserspiel zeigt Fontänen, Licht und Farben und auf Wasserschleiern werden Laserprojektionen gezeigt. Ganz nett. Doch die beiden Shows waren die Rennerei nicht wert. Da hätten wir uns lieber in Ruhe frischgemacht, wären in Ruhe zur Marina Bay gelaufen, hätten auf dem Weg was gegessen und die Wassershow aus der Entfernung betrachtet. Und wir hätten keinen verloren. Nun sind wir doch ein wenig hungrig und kehren auf dem Rückweg in einer Zeile von Garküchen ein, um dann erschöpft und gut gesättigt im Hotel in unsere Betten zu sinken.

Stadtführung durch Singapur

Morgens fahren wir mit einem Großraumtaxi zum Flower Dome. Das Gelände, das wir letzte Nacht gesehen haben, zeigt sich nun in einem ganz anderen Licht: Es ist ruhig und hell und wir sind unter den ersten Besuchern. Im Flower Dome sind verschiedene Klimazonen repräsentiert, wie die mediterrane Pflanzenwelt oder die Trockenzone. Eine Sonderausstellung ist der japanischen Kirsche und ihren unterschiedlichen Arten gewidmet.

Der Cloud Forest begrüßt mit einem Wasserfall, den man auch von oben betrachten kann. Der Aufzug bringt einen hoch und von dort aus schraubt man sich über ausladende Brückenkonstruktionen nach unten. Der Blick geht von den Pflanzen durch die großen Fenster des Schauhauses auf die Stadt. Das Riesenrad, dort die Tribüne der Rennstrecke, auf der anderen Seite neue Apartmenthäuser und weiter hinten Schiffe, die auf die Zufahrt zum Hafen fahren. Es ist alles sehr beeindruckend und so sind die mehr als zwei Stunden in Kürze rum.
Wir fahren mit dem Taxi zurück ins Hotel und besteigen um 13 Uhr den Bus für unsere Stadtrundfahrt.
Keine Hochhausfassade gleicht der anderen. Ja, sie sind gerastert wie in Deutschland der Trend auch ist. Doch sie variieren in der Tonalität je nach Lichteinfall, springen vor und zurück oder folgen einer Bewegung über die ganze Breite. Hier scheint ein Wettbewerb ausgetragen zu werden, wer ist die Schönste im ganzen Land.

Und die Marina Bay Sands mit ihren drei Wohnblöcken und der darüberliegenden Aussichtsplattform, einem Flügel oder Surfbrett gleich, dominiert die Skyline. Hier fahren wir hoch, um uns einen Überblick zu verschaffen und schauen auf das, was uns schon vertraut ist. Die Lichterbäume, die zwei Schauhäuser, Riesenrad und dort hinten der Hafen, der größte der Welt. So ist Malaysia der größte Produzent von Kautschuk, der über Singapur ausgeführt wird.

Unter uns liegen die Gardens by the Bay, eine künstlich aufgeworfene Fläche. Der Stadtstaat gewinnt Raum, indem er sich ins Meer hinein vergrößert. Indonesien hat rund 14.000 Inseln, die allmählich weniger werden, da sie Inselmasse für neuen Baugrund an Singapur verkaufen. Und da der Untergrund aus Granit besteht, haben die neuen Bauten einen guten Stand. Wie tief mögen die Fundamente reichen?
Vor Corona hatte Singapur 19 Mio. Touristen, heute sind es 13 Mio. Die Wirtschaftsfaktoren sind der Hafen sowie die Messe und der Finanzplatz, einer der bedeutendsten der Welt nach New York und London.

Wir fahren zum Botanischen Garten, der ersten UNESCO-Weltkulturerbestätte Singapurs. Ein Hinweisschild weist den Garten in den vier offiziellen Landessprachen aus: Englisch, Mandarin, Indisch, Malaysisch. D.h., dass die Schilder nicht nur groß genug sein müssen, sondern dass man für diese und die vielen amtlichen Formulare Sprachkundige braucht, die die Texte ins „Amtsdeutsch“ übersetzen.
Den Botanischen Garten gibt es seit 185 Jahren und er gehört zu den ältesten der Welt gehört. 1928 gelingt es hier erstmals, Orchideen zu züchten. Der elitäre Besitz der exotischen Pflanze in privaten Gewächshäusern ist Vergangenheit und so ist sie heute selbst im Supermarkt zu kaufen. Wir sehen Muskatnuss- und Nelkenbäume, die aus Indonesien stammen.

Die Orchad Street, die Orchideenstraße, weist nicht nur den Weg zum Botanischen Garten, sie ist auch die Einkaufsstraße mit teuren Geschäften, Gucci hat auf jeder Straßenseite ein Geschäft, damit die Kunden nicht extra die Straße überqueren müssen.
1988 wurde die erste U-Bahn eröffnet, seitdem ist die sechste in Planung. 28 km Luftlinie nach Malaysia, für diese Strecke soll ein Tunnel gebaut werden, denn 100.000 Pendler kommen täglich aus dem Nachbarland. Die Stadt setzt auf öffentliche Verkehrsmittel und besteuert die Autos hoch. So kostet ein Mercedes C-Klasse 277.000 Euro, was uns Alwin anschaulich vorrechnet. Obgleich eine Megastadt, rollt der Straßenverkehr flüssig und ruhig dahin.

Vier Landessprachen und damit auch Religionsfreiheit für Christen, Buddhisten, Hindus, Mohammedaner, Juden. Jede Kultur hat ihr eigenes Viertel mit eigener Andachtsstätte. Wir fahren durch Little India und sehen von den Ladenmarkisen die Blumenketten hängen. Exotische Früchte türmen sich in Pyramiden auf, den Duft der Gewürze und von Jasmin, der dekorativ in Schalen angerichtet ist, scheint man durch das Busfenster zu riechen. Endstation Chinatown. Hier schlendern wir durch die lebhaften engen Gassen mit einem Warenangebot. Hier werden die ersten Grüße in die Heimat versandt. Alwin bietet uns an, die Postkarten zu frankieren und zur Post zu bringen. Und siehe da, WhatsApp & Co. sind nicht alles – das Angebot wird gerne angenommen.

Wir steigen vor dem historischen Parlamentsgebäude und der National Gallery Singapore aus. Die Gallery besteht aus zwei nationalen Denkmälern - dem ehemaligen Gebäude des Obersten Gerichtshofs und der City Hall. Diesem früheren Regierungsviertel ist viel Raum gelassen, umstanden von alten Bäumen, die extra hierher verpflanzt worden sind. Der Merlion Park liegt gegenüber, Touristenhotspot. Von hier geht die Aussicht auf die Marina Bay. Singar bedeutet Löwe im Indischen. Der Merlion ist ein Fabelwesen mit Löwenrumpf auf Fischschwanz. Ihn gibt es erst seit 2015 und nun ist es neben der Marina Bay Sands das Wahrzeichen. Meerjungfrauen gefallen mir jedoch einfach besser als Meerlöwen.

Nach einem vollen Tag in Singapur und einem Zeitunterschied von sieben Stunden, der noch nicht ganz verkraftet ist, bringt uns Alwin am Abend zum Flughafen. Dort wechseln wir erstmal die Kleidung von Sommer auf die kühlere Temperatur im Flugzeug. Dann geben wir die Koffer auf, werden dabei sehr hilfreich unterstützt vom Personal. Die Check-In-Halle ist gigantisch - fast leer, riesengroß und über die ganze Rückseite zieht sich eine mit Pflanzen versehene Rückwand. Alles wird unglaublich aufgeräumt, symmetrisch schön und gut ausgeleuchtet, so dass das Auge eigentlich gar keinen Halt bekommt.

Ohne Gepäck laufen wir daraufhin zu „The Jewel“. Dieses Juwel sind von oben herabstürzende, in einem Kreis zusammengehaltene Wassermassen, die immer wieder in anderen Farben illuminiert werden. Drumherum fast wie in einem Amphitheater sind Grünpflanzen arrangiert, die sich nun im Dunkeln zeigen und auch beleuchtet werden. Nachdem wir heute so viel gesehen haben und auch in einem der ältesten Botanischen Gärten waren, sind wir doch ein wenig platt und steuern unsere Abfluggate an. Dich Sicherheitskontrolle ist zügig, der Einstieg in den Flieger geht schnell. Nun noch mal 11 Stunden stillsitzen, dann haben wir unsere Ziel erreicht.

In Neuseeland angekommen

12 Stunden Zeitunterschied. Singapur – Auckland 8.537 km. Nun sind wir rund 20.000 km von Zuhause weg
In Auckland angekommen geht die Einreise sehr rasch vonstatten. Nachdem wir die Fragen, ob wir Bananen, Pflanzen, sonstige Dinge, die wir nicht dabei sein haben sollten, mit Nein beantwortet haben, kommen wir sehr schnell durch. Sehr freundlich ist das Personal und all unsere Ängste, ob wir noch die Schuhsohlen zeigen und anderes von innen nach außen kehren sollen, sind völlig unberechtigt.
Mit einem strahlenden Lächeln nimmt uns Walt, unser örtliche Reisereiter, in Empfang. Wir steigen in den Bus, der uns für die nächsten 20 Tage Ersatzheimat sein wird.

Zunächst geht es stockend voran, denn der Neuseeländer kann auf sein Auto nicht verzichten – was viele von uns gut verstehen können – sodass die größte Stadt Neuseelands mit 1,7 Mio. Einwohnern verstopfte Straßen hat. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl an Autos verdoppelt und liegt nun bei 4,5 Mio. Die Autokennzeichen geben hier nicht Auskunft über den Wohnort des Halters, sondern folgen allein einem numerischen System, das bisher in drei Serien aufgelegt worden ist. Persönliche Botschaften in einer Dreierbuchstabenkombination zu entdecken, machen den Stau unterhaltsam.

Die Auckländer scheinen streßresistent, sie stehen jeden Tag im Stau und bauen ihre Häuser nah an die Autobahn, um auch hier nichts zu verpassen. Jedem sein Auto, jedem sein Eigenheim - die Häuser stehen direkt am Gartenzaun zum Nachbarn, so dass man sich das zu leihende Ei vom Nachbarn geradezu von Fenster zu Fenster rüberreichen kann.

Ist Rom auf sieben Hügeln gebaut, liegt Auckland auf 50 Vulkanen. Hier ist das Tasmanische Meer und auf der anderen Seite der Pazifik, nur zwei Kilometer voneinander getrennt. Eine unglaubliche Besonderheit, doch leider bekommt man davon nicht wirklich was mit, denn da keiner auf sein Eigenheim verzichtet, erstreckt sich die Stadt auf 1.000 km², eine der größten Städte weltweit und reicht somit von einer Seite zur anderen – ziemlich verbaut.

Der Regen ist der Sonne gewichen, wir steigen am Hafen aus, genießen die Brise und die Sonne. Der Hafen zeigt, die Neuseeländer sind wasserverliebt. Rudern gehört zum Schulsport und die Segler gehören zu den besten der Welt. Wir fahren dann hoch zum War Memorial Museum, einem Museumstempel mit einem Denkmal vor der Tür zu Ehren der Gefallen. Was auf den ersten Blick verwirrt – ein Museum in Gedenken des Krieges – wird uns nun jeden Tag begegnen. Das Land ist von einem Trauma befallen.

Kauri–Wald und Paihia an der Bay of Islands

Heute beginnt unsere Rundreise. Wir fahren über den Highway 1, der sich über beide Inseln zieht von Süden nach Norden, von Cape Reinga bis nach Bluff auf der Südinsel sind es 1.700 km.
Wir überqueren den Waikatu, den mit 425 km längsten Fluss Neuseelands.
Das Kauri Museum in Matakohe ist unglaublich toll. Hier wird die Holzernte der Kauribäume und die Suche nach dem wertvollen Baumharz vorgestellt. Unzählige Fotos dokumentieren die harte Arbeit des Fällens und des Transports. Ein Baum wird mit 26 Ochsen gezogen, Staudämme werden extra errichtet aus Holz, um die Stämme zu triften. Der Boden wurde systematisch umgegraben, um Harz zu finden. Ein Schausägewerk zeigt die Weiterverarbeitung. Die Arbeit ist entbehrungsreich und anstrengend.

Das Holz des Kauribaums gehört zu den besten Holzarten, aus dessen gewaltigem Stamm lange breite Bretter makellosen erstklassigen Holzes geschnitten wurde. Dass man bis zu 2000 Jahre alte Bäume fällte, um daraus Bauholz zu machen und die Insel ratzekahl schor, ist von großer Tragik. Wie gründlich man beim Holzschlagen vorgegangen ist, das sehen wir in den nächsten Tagen. Raubbau erster Güte.
Das Harz verwendeten die Maori zum Feuermachen und Kochen, Fackeln lockten nachts die Fische an und der Pigmentstoff wurde für die Tätowierungen benutzt. Die Europäer nutzten das fossile Harz für Lacke und Farben, für Linoleumboden, Siegelwachs oder zum Abdichten von Schiffen.
In großen Schaufenstern wird der Alltag des Bürgertums darstellt sowie einzelne Handwerksarten. Hier findet man die Familie am Tisch, die Braut wird im Schlafzimmer hergerichtet und man schaut in die Werkstatt des Schusters oder in die Praxis des Zahnarztes. Die Räume sind liebevoll ausstaffiert, so dass es eine Menge zu gucken gibt.

Wir fahren durch einen solchen verwunschenen Wald - den Waipoua Wald. ¾ aller Kauribäume sind noch hier hu finden, mit einer Höhe von bis zu 60 m und einem Durchmesser von über fünf Metern. Hier steht ein mächtiger Kauribaum, genannt Tane Mahuta. Der Name stammt aus der Sprache der Maori und ist nach dem gleichnamigen Gott des Waldes Tane benannt. Noch heute ist der Baum den Maori heilig (auf deren Grund er steht). Das Alter des Baums wird auf bis zu 2000 Jahren geschätzt. D.h. er könnte zu Christi Geburt gepflanzt worden sein. Unser Zeremoniell, ihn besuchen zu können, sieht vor, dass wir unsere Schuhe einer Unterbodenwäsche unterziehen: erst grob abbürsten, dann wird die Sohle desinfiziert. So sauber waren die Schuhe noch nie. Über 20.000 Farnarten gib es auf der Insel und die unglaubliche Vielfalt zeigt sich schon auf dem kurzen Weg zum Baum. Walt zeigt uns einen Silberfarn, neben dem Kiwi das zweite Wahrzeichen des Landes. Die Unterseite des großen Blattes glänzt silbrig. Die Natur zum Wahrzeichen eines Landes, das so grob mit ihr umgeht.

Ein angelegter Pfad führt in den Urwald vor den Kauribaum. Seine Majestät macht demütig. Und es wird als Entweihung betrachtet, wenn Außenstehende ihn berühren. Die Vorstellung, an einen solchen Urwaldriesen die Kettensäge anzulegen, macht sprachlos. Eine sündige Tat. Damit das nicht passiert, hat Tane Mahuta einen Bodyguard, einen Ranger, der acht Stunden am Tag auf ihn aufpasst.

90% von Neuseeland waren dicht bewachsen, davon sind noch 10% Wald übrig. In Deutschland sind es 32%. Seit 1800 gibt es die Kiefer, die für die kommerzielle Forstwirtschaft eingeführt worden ist. Wir werden auf der Fahrt große aufgeforstete Flächen sehen und ganze Berghänge, die kahlrasiert sind. Es ist, wie wenn man Getreide aussäht und erntet, nur in sehr viel größerem Maßstab. Und so, dass es massiv in das Landschaftsbild einschneidet.

Paihia, ein Badeort, der Blick auf die wie von Kinderhand gemalten Inseln in der Bucht ist hübsch. Hier wurde 1840 der Vertrag zwischen Maoria und den „Neubürgern“ geschlossen, der Vertrag von Waitangi. Mit diesem Gründungspapier Neuseelands gaben die Maori ihre Souveränität auf. Seit 1975 gibt es ein Waitangi-Tribunal, in dem die Rechte der Maori vertreten werden und das damals begangene Unrecht nach und nach wiedergutgemacht wird. Dadurch haben die Maori in Neuseeland Anerkennung und Selbstbewusstsein erlangt, von dem die Aborigines in Australien nun träumen können.

Zu dem Vertrag von Waitangi gibt es hier auch ein Museum. Auf der anderen Seite der Bucht liegt Russell, die erste europäische Ansiedlung, in der bereits 1840 das erste Weihnachtfest gefeiert wurde. Die Bucht ist für ihr Hochseeangeln bekannt; hier werden Thunfisch und Schwertfisch aus dem Wasser gezogen.

Das Tauchen nach Wracks ist eine weitere Attraktion. Zwei ausgemusterten Militärschiffe liegen hier auf Grund. Die vom französischen Geheimdienst 1985 versenkte Rainbow Warrior von Greenpeace hat hier auch ihre letzte Ruhe gefunden.

Ausflug nach Cape Reinga

Wir brechen auf, als das Licht den Tag sucht und erleben eine schöne Stimmung über der Bay of Islands.
Ein Bus holt uns ab für den Tagesausflug nach Cape Reinga. Barry ist Fahrer und Guide und erklärt uns allerhand entlang der Strecke. Walt hat uns gestern gut eingeführt, so dass wir auf die von Motorenlärm übertonenden Erklärungen nicht angewiesen sind. Wir fahren durch eine „Fruit Hall“ genannte Region, in der Obst und Gemüse angebaut werden.

Wir halten am Ninety Miles Beach, der allerdings 60 Meilen misst. Mit dem Bus fahren wir den Strand entlang, um an einem Dünenzug die Rodelbretter aus dem Bus zu holen. Berry macht vor, wie man auf dem Brett am besten die Düne herunterrutscht – auf dem Bauch. Dann beginnt der Spaß für viele, während das Motorengeräusch des Busses das Wellenrauschen übertönt. Gibt es keine Attraktionen, schafft man sie sich.

Cape Reinga – im doppelten Sinne Land’s End: der nördlichste Punkt Neuseelands. An diesem Ort verlassen die Seelen der Verstorbenen nach Maoriglauben die Erde und treten ihren Weg in die Unterwelt an. Eine sehr schöne Vorstellung, die eine Bucht formende Küstenlinie ist wie eine Umarmung, die sanft ins Meer leitet. Hier könnte es sein, das Ende aller - ein schönes Ende. Hier treffen auch der sanfte Pazifik und das rauhe Tasmanische Meer aufeinander. Da der Pazifik tiefer ist, ist er somit auch dunkler, das Tasmanische Meer leuchtet heller und treibt dem dunklen Bruder mit weißen Wellen entgegen.

Auf dem Rückweg halten wir wieder am Kaurimuseum, wie schon auf der Hinfahrt. Ein neu erbautes Gebäude mit Möbeln und Gebrauchsgegenständen aus dem Holz, die zum Verkauf angeboten werden.
Beim Abendessen erzählen wir uns rege von unseren verschiedenen Ausflügen, denn einige haben eine Bootsfahrt von mehreren Stunden unternommen, andere haben die Fähre nach Russell genommen.

Zur Coromandel–Halbinsel

Die Pazifikküste mit ihren vielen Buchten lockt einheimische Touristen und uns an. Hier liegen auch die Häfen. Ansonsten lebt man in Northland von der Landwirtschaft und von Straßenbau. Der Wohlstand ist niedrig.

Ein Wegweiser bewirbt die Route „Twin Coast“, die Ost- und die Westküste, die hier so nah beieinander liegen. Es gibt im Land einige Routen, die die Landschaften und Sehenswürdigkeiten touristisch aufwerten.

Auf einem Rastplatz steht ein Schwerlasttransporter mit einem Wohnhaus auf dem Rücken; das sieht aus wie eine Schildkröte. Da die Häuser ohne Keller und aus Holz gebaut werden – beides Konsequenzen aus dem Erdbebengebiet - lassen sie sich auch versetzen. So kann man ein gebrauchtes Haus kaufen und auf ein neues Grundstück versetzen. Dafür braucht es einen Laster mit Oversize und eine gute Vorbereitung, denn Verkehrsschilder müssen abgenommen, Straßen gesperrt werden, damit der Laster mit seiner Überbreite sicher ans Ziel kommt.
Unser Highway führt mitten durch den Ort Wellsford, wo wir eine Pause machen. Gegenüber ein Gedenkort für die Gefallenen. Vom Café Cozy aus hat man den Blick auf das, was auf der Straße vorbeikommt.

Coromandel grüßt schon von weitem mit dichtbewachsenen Bergen. Die 85 km lange Halbinsel ist eine beliebte Urlaubsregion. Sie wird von einem Bergrücken geprägt, der sich über die Insel zieht, mit einer Höhe von bis zu 1.000 m. Vor vier Mio. Jahren wurde dieses Vulkangebiet geprägt. Die charakteristischen Kegel sind mit subtropischem Regenwald überzogen. Hier wurden die ersten Fundstücke gefunden, die über die ersten Bewohner Auskunft geben und auf 1300 datiert werden.

Der Name der Halbinsel stammt von einem englischen Handelsschiff, das 1820 hier ankerte. Das Schiff wiederum erhielt den Namen einer südindischen Küstenregion.

Ausflug zu Cathedra Cove und Hot Water Beach

Pauhui hat 800 Einwohner und in der Urlaubssaison 25.000! Daher ist der Ort heute gottverlassen. Die Rasenbahn für Flugzeuge ermöglicht den Ungeduldigen eine schnelle Anreise. Ihr Flugzeug parken sie wie andere ihr Auto direkt vor dem Haus an der Landebahn.

In der Bay of Plenty sind die Kiwiplantagen zu finden. Die große Stachelbeere kam aus Asien und wurde hier weiter kultiviert. Da sich ein Neuseeländer im Ausland als Kiwi bezeichnet, wurde das neue Obst kurzerhand genauso bezeichnet. Ein weiterer Markenartikel, der für die Insel wirbt.Wenn man die Frucht bei 1 Grad lagert, hält sie sich neun Monate frisch. Ein unglaublicher Vorteil.

Heute ist Freizeit bis Mittag und dann Badetag. Mit Badezeug und Schaufeln besteigen wir bei schönstem Wetter den Bus – es ist ein bisschen wie ein Familienausflug – und fahren nach Taupia. Eine Personenfähre verbindet hier und drüben – Paunia – doch die Autos müssen die Bucht umfahren. Der Blick über die Bucht auf den kleinen Vulkan – er ist gerade 600 Jahre alt – ist hübsch. Er erinnert an Lummerland, wo Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, jeden Tag ihre Runden um die Insel gedreht haben. Pause zum Einkaufen oder für ein kurzes Mittagessen, dann geht es weiter zu Cathedral Grove.

Cathedral of Cove und der Strandabschnitt sind sehr schön. Der weiche Sandstein wird vom Meer stetig bearbeitet, so dass daraus das bizarre Loch im Felsen entsteht. So viele Nationalitäten sitzen hier zusammen, schauen aufs Wasser und baden. Es ist wunderschön, blaues Wasser, blauer Himmel und rundherum Inseln und grüne Ufer.
Nach einer Stunde laufen wir wieder hoch zum Bus und fahren nach Huhai. Nach dem Baden gibt es ein Eis, so wie früher so auch heute. Dann geht es weiter nach Hot Water Beach.

Diese Sehenswürdigkeit ist sehr besonders, da hier heißes Wasser aus dem Boden tritt, erhitzt durch einen heißen Stein tief unter der Erdoberfläche. Sobald Ebbe ist, wird mit Schaufeln nach heißem Wasser gegraben, um sich – zuvor mit kälterem Wasser gemischt – in das Bassin hineinzulegen. Als wir kommen, sind die Claims abgesteckt. Alle buddeln – Kinder und Erwachsene – und legen sich in die warme Badewanne. Daneben schäumt die Brandung des Pazifiks.
Genug gesehen für heute. Wir steigen in den Bus und genießen auf der Rückfahrt das warme Sonnenlicht des frühen Abends.

Hobbiton Film Set und Rotorora mit Maori–Abend

Der Film „Herr der Ringe“ hat eine große Reiselust ausgelöst, Neuseeland zu besuchen. Das Filmset von Hobbingen, in dem „Der Herr der Ringe“ und „Der kleine Hobbit“ verfilmt worden sind, gehört einer Familie, die hier eine Schaf- und Rinderfarm unterhält. Bei einer Größe von 1.250 Hektar war genug Platz für beides: das Filmset und die Tiere. In zeitaufwendiger Detailarbeit ist hier ein „Zwergendorf“ entstanden, in dem man den Eindruck hat, die Bewohner könnten jederzeit herauskommen, die Wäsche abhängen, den Garten bearbeiten oder den Käse am Stand vor dem Haus feilbieten. 290 Mitarbeiter arbeiten in Hochsaison, um bis zu 2.500 Besucher täglich zu betreuen.

Wir fahren nach Rotorua, dem Zentrum der Geothermalregion. Am Abend sind wir zu einer Maori-Veranstaltung geladen, auf der wir das Hangi-Essen kennenlernen werden und verschiedene Bräuche.

Die Maori stammen aus Harawaki (Polynesien) und haben gegen 1300 die Insel bevölkert, wie Ausgrabungen beweisen.
Die Sprache der Maori ist ein polynesischer Dialekt, der weithin zu verstehen ist. Die Maorisprache kommt mit 15 Buchstaben aus. Erst mit der Ankunft der Europäer wurde die Schriftsprache entwickelt, um damit das Christentum unter den Einwohnern zu verbreiten. Seit rund fünf Jahren achtet man auf durchgängige Zweisprachigkeit – Englisch und Maori – um letztere zu fördern und zu erhalten.

1642 unternahm der holländische Kapitän Alwin Tasman, nach ihm ist die Tasman See benannt, einen Landungsversuch in der Golden Bay. Doch es kam zu einer kämpferischen Auseinandersetzung mit den Einheimischen, so dass er unverrichteter Dinge wieder umkehrte. Immerhin hatte er die ersten Karten über diese Neuentdeckung auf dem Rückweg mit dabei und einen Namen für die Insel. Zeeland ist eine holländische Provinz, deren Name übersetzt heißt „von viel Wasser umgeben - Neuseeland.

Als Thomas Cook 1769 die Insel betrat, lebten 100.000 Einwohner auf der Nordinsel. Er war besser vorbereitet als Alwin Tasman, dessen Landungsversucht 1642 vereitelt wurde. James Cook brachte einen Übersetzer mit.

Um 1900 gab es noch ein Drittel der ursprünglich 100.000 Maori (30.000 Maori und eine Million Europäer), dezimiert durch die von Europäern eingeschleppten Krankheiten sowie durch kriegerische Auseinandersetzungen mit anderen Stämmen, die nun mit der Feuerwaffe ausgetragen wurden. Heute leben 750.000 Maori auf den Inseln.

Da Englisch Alltagssprache war und auch in der Schule gelehrt wurde, trat die Maorisprache in den Hintergrund. Der Wunsch bestand, sich zu integrieren und eine Arbeit zu bekommen. Seit rund 15 Jahren werden beide Sprachen offiziell geführt. Einige Maorivokabeln finden sich in der Alltagssprache wieder.

Te Puia – Kiwi–Aufzucht – Wairakei–Terrassen – Taupo – National Park

Es dampft selbst aus den Kanaldeckeln auf dem Weg nach Te Puia und bezeugt, dass es hier unter unseren Schuhen ganz schön warm ist. In der Umgebung von Rotorura gibt es elf Kraftwerke: acht Wasser-, zwei Geothermie- und ein Kohlekraftwerk. Beim Geothermiekraftwerk treibt der heiße Wasserdampf die Turbinen an.
Te Puia ist ein geothermisches Wunderland, über das uns ein Maori führt. Er gehört zu einem Stamm mit 56.000 Mitgliedern. Sein Gesicht ist überzogen mit einer Tätowierung, dem Ta moko. Jedes sieht anders aus, handelt es sich doch um eine individuelle Handarbeit, die etwas über den Träger erzählt, seinen Lebenslauf, die Herkunft abbildet.

Die Schnitzereien sind wie ein Buch zu lesen. Die Volksstämme unterscheiden sich in ihrer Symbolik Und die Schnitzschule soll dieses Wissen erhalten. Drei Jahre dauert die Ausbildung, die Männern vorbehalten ist. Denn bei dieser künstlerischen Arbeit setzt man sich mit dem Tod auseinander, Krieger werden auf den Artefakten dargestellt, Feinde sollen abgeschreckt werden. Die Frauen stehen für das Leben, gebähren und nähren.
Die Ausbildung wird mit einem Stipendium finanziert. Werkstoffe sind Holz, Stein, Knochen.. Die Schule pflanzt Bäume als Werkstoff an, die in rund 100 Jahren die nächste Generation ernten kann.

Die Flachspflanze begleitet uns auf der ganzen Reise, als Wegböschung, zieht sich die Hänge hoch. Ein überall zur Verfügung stehender Werkstoff, der so stabil ist, dass er früher auch für die Herstellung von Tauen genutzt worden ist. Dicke der Stränge, Farben, Oberflächenbehandlung – und daraus entstehen unendliche Möglichkeiten der Fertigung wie Kleidung, Taschen, Tischsets, Bodenmatten u.v.m.

Der Geysir trug den Namen Prince of Wales. Die europäischen Anleihen weichen nun Maorinamen, so dass der Wassersprudel nun Tahota heißt.

Unser nächstes Ziel ist die Aufzuchtstation von Kiwis. Es gibt acht Einrichtungen in Neuseeland. Seit Einrichtung 2005 wurden hier 2602 Eier ausgebrütet, in diesem Jahr sind es bisher 80. Obgleich der Kiwi der Nationalheilige des Landes ist, wird dieses Engagement nicht staatlich gefördert.
September bis April ist Hochsaison. Suchhunde helfen beim Aufspüren der Eier mit, die in Erdhöhlen liegen. Das Ei ist im Verhältnis zur Körpergröße des Vogels das größte Vogelei der Welt – es erreicht bis zu 30 Prozent des Körpergewichts des Weibchens. Übertragen auf den Mensch würde eine Frau ein Baby von 16 kg gebären!
Der Kiwi lebte schon vor 30 Mio. Jahren auf Godwanaland. Er ist nachtaktiv, hat kleine Augen und sieht nicht sehr gut, hat ein gutes Gehör und Barthaare, ähnlich einer Katze. Die Weibchen sind gut 500 gr. Schwerer als die Männchen.
Vom Ausbrüten bis zur Auswilderung bleiben die Tiere sechs bis acht Monate in der Obhut der Station. 70 Tage lang werden die Eier bebrütet, zwei bis vier Tage dauert das Schlüpfen.

Wir haben das große Glück, beim Füttern eines Kükens dabei zu sein. Das flaumige Tier sitzt recht benommen auf dem Schoß seiner Pflegerin und weiß nicht so recht, was es tun soll. Der lange Schnabel ist ja noch ganz neu. Der Babybrei wird dem Tier immer wieder vor den Schnabel gehalten, der sich zaghaft ein klein wenig öffnet. Um zu sehen, ob das Vögelchen genug gefressen hat, wird es auf die Waage gelegt und dann geht es zurück in die warme Kinderstube.

Weiter zu den Warakei-Terrassen, wo wir auf Maori begrüßt und nachher auch so verabschiedet werden. Ein schöner Brauch. Auch wenn wir die Sprache nicht verstehen, hört man am Tonfall, dass es freundliche Worte sind.
Die Schnitzereien am Haus, das vor uns steht, erzählen vom Eintreten in die Welt der Vorfahren. Der hohe Pfahl markiert ein Grundstück; drei Schnitzer haben sechs Wochen daran gearbeitet. Verschiedene Wächter sind dargestellt wie Mutter Erde, der Hüter der Vulkane, der Hüter der Gewässer.

Auch hier dampft und blubbert es. Das Wasser hat eine Temperatur von 38 Grad. Ein Geysir kommt mit einem Druck von 2.500 psi aus dem Boden geschossen, im Vergleich: Der Druck eines Autoreifens liegt bei 30 psi.
Wir sind zum Tee und einem Gespräch mit einem Maori geladen. Auch die Tea Time wird mit einem kurzen Gebet eingeleitet.
Unser Gesprächspartner erklärt uns noch einmal die Gesichtstätowierung, die eine Auszeichnung der Lebensleistung bedeutet und in der Regel Höhergestellte vorbehalten war. Heute ist sie ein Zeichen von Zugehörigkeit. Die Aussage des Tattoos ist wichtig, das ein individuelles Kunstwerk ist. Die Frauen haben nur am Kinn eine Tätowierung: „the true voice behind the man“.

Auf unserer Weiterreise machen wir kurz Halt am Huka-Wasserfall, der in einer Minute fünf Olympia-Schwimmbecken füllt.
Lake Taupo ist der größte See Neuseelands mit 600 km² - ein Kratersee eines vor rund 26.500 Jahren kollabierten Vulkans. Dieser gehört zu den Supervulkanen wie der Yellow Stone (USA) oder der Santorin (Griechenland).

Wir fahren zum Tongariro Nationalpark. Drei Vulkane stehen hier auf Hochplateau nebeneinander: Torgario, Ngyuruhoe und Ruapehu, mit 2.800 m der höchste Berg der Nordinsel. Leider verdecken sie Wolken. Die Landschaft ist karg, Heide wächst hier, niedrige Buschvegetation, die Schafe geben sich damit zufrieden.
Hier könnte das Ende der Welt sein. Es sieht gottverlassen hier oben aus. Unser Hotel wirkt wie das Wirtshaus im Spessart - einladend, man freut sich, angekommen zu sein. Wir sind auf 800 m Höhe.

Der bekannteste Wanderweg ist bis Mittwoch geschlossen, da dort ein Wanderer tödlich verunfallt ist. Die Maorisitte gebietet, den Weg für einige Tage nicht zu betreten in Gedenken an den Verunglückten. Es ist gut, nicht gleich zum Alltag überzugehen, auch wenn die Wanderer sich die Tage nun anders vertreiben müssen.

Neuseeland ist für seine zahlreichen Wanderwege bekannt, die in verschiedene Kategorien eingeteilt sind, abhängig von der Länge, dem Schwierigkeitsgrad. Great Walks ist die höchste Kategorie. Elf Great Walks gibt es. Wer mit seiner Zeit großzügig umgehen kann, durchwandert Neuseeland auf dem Te Araroa, auf einer Strecke von 3.000 km.

Wellington

Am Ort National Park führt eine Zugstrecke vorbei, für die eine aufwendige Schleife sowie Tunnel Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut worden ist. Diese Zugverbindung Auckland – Wellington dauert 12 Stunden und führt abwechselnd einen Tag nach Wellington, den anderen nach Auckland. Eine Strecke für Liebhaber. Die zweite Strecke führt auf der Südinsel von Christchurch nach Picton und die dritte von Christchurch nach Greymouth, den TranzAlpine, den wir auch fahren werden. Drei Verbindungen, die regelmäßig verkehren, neben einigen Strecken, die zum Vergnügen von nichtstaatlichen Einrichtungen unterhalten werden. Wie in Ostdeutschland wurde die eine oder andere Strecke aufgehoben und zu einem Fahrradweg gemacht. Schön für die Radfahrer, doch unumkehrbar. Und letztlich fahren in diesem Land außer dem Regionalverkehr keine Überlandzüge, allein aus finanziellen Erwägungen.

Der Zug hat in diesem Land keine Zukunft, da es kaum Busse gibt, die zu den in der Regel kleinen Bahnhöfen fahren. Das Land ist so zersiedelt, dass man nur mit dem Auto weiterkommt. So erhalten die Kiwis schon mit 16 den eingeschränkten Führerschein, mit dem sie nur alleine unterwegs sein dürfen bis 22 Uhr. Nach zwei Jahren erhalten sie dann den regulären Führerschein.

Taihape, hier findet im März das jährliche Gum Boot Festival statt – Gummistiefelweitwurf. Der Frauenrekord liegt bei 34 m, jener der Männer bei 48,65 m. Es liegen verschiedene Stiefel herum, große, kleine, schwere, leichtere. Es gibt sicher eine sehr genau berechnete Wurflinie für die ideale Fluglinie eines Gummistiefels. So schnell finden wir das an diesem Morgen jedoch nicht heraus.

Wellington, die Hauptstadt, hat 400.000 Einwohner und kann sich nicht beliebig ausdehnen, da die Fläche begrenzt ist vom Meer und von der sie umgebenden Hügelkette. „Wingy Wellington“ „Blown away by Wellington“.

Ein freier Tag in Wellington

Nach einem gemütlichen Frühstück brechen wir auf zum Cable Car, zur Standseilbahn, die mitten aus dem Stadtzentrum über drei kurze Stationen in ein Wohngebiet fährt, das seit der Stadtgründung beliebt ist. Von hier aus schweift der Blick über die Stadt und die Bucht, auf der gegenüberliegenden Seite der Mount Victoria, auf dem wir gestern standen.

Das Cable Car Museum ist im früheren Maschinenraum der damals dampfbetriebenen Bahn eingerichtet. Der alte Bahnwagen hatte Außensitze, die schräg angeordnet waren, damit man nicht schief saß. Anstatt Anschnallgurten hielt man sich an Lederriemen fest. Das ging nicht immer glimpflich aus….
Von hier aus verläuft ein schöner Weg durch den Botanischen Garten in die Stadt zurück. Oder man besteigt den Shuttlebus nach Zealandia. Hier versucht man, die Biodiversität auf einer ökologischen Insel von 225 Hektar Wald wiederherzustellen und zeigt die Tier- und Pflanzenwelt des Landes in begehbaren Volièren.

Wir lassen uns von der Bahn wieder zurück in die Stadt bringen und laufen entlang des Hafenbeckens zum Nationalmuseum, dem Te-Papa-Museum. Dieses großzügig dimensionierte Haus vereint das gesamte Wissen über Neuseeland. Es stellt alle Tiere vor, auch jene, die ausgestorben sind. Die Entstehung der beiden Inseln über 80 Mio. Jahre wird im Zeitraffer gezeigt, ebenso wie die Bildung vom Taupo See, der vor rund 27.000 Jahren entstand. Spannend und gut erklärt die Vulkane, Geysire und Erdbeben
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Wie in England auch, trifft man sich zum Feierabendbier mit den Kollegen im Pub. Die Cuba Street, an der unser Hotel liegt, ist eine lebendige Fußgängerzone und bietet viele Einkehrmöglichkeiten.

Überfahrt auf die Südinsel

Schon früh um 7.15 Uhr fahren wir im Dunkeln im Berufsverkehr von Wellington zur Fähre, die uns auf die Südinsel bringt. Was für eine Logistik, Laster, Autos, Wohnmobile und Motorränder platzsparend durch den Schlund der Fähre im Inneren auf fünf Spuren zu parken. Lastwagen und Motorräder werden noch einmal extra gesichert, Hunde in die dafür vorgesehenen Boxen verstaut, mit mitleidigem Blick und einem eigenen Sitzpolster zum Trost. Die Wagen stehen in zwei Decks übereinander, faszinierend, wie sie über Rampen verschoben werden und der Frachtraum in kurzer Zeit gefüllt und am Ankunftsort noch schneller geleert ist – dank vieler hilfreicher Mitarbeiter, die sich über Funk die wichtigen Informationen zuwerfen.

Oben auf Deck 10 haben wir den Überblick über alles, die Stadt, den Holzabladeplatz mit Stämmen aus vielen Wäldern, den festgezurrten Tauen, der Gesamtlage. Aus dem Schornstein raucht es und ganz sanft setzt sich der Koloss in Bewegung, dreht sich im Hafenbecken und nimmt dann Richtung und Fahrt auf. Es ist sehr windig, die Sonne kommt durch und wir ziehen an den die Bucht von Wellington umschmiegenden Armen vorbei.

Nun verblasst das Land und vor uns liegt die Cook Street. Es ist angenehm im Freien, die Sonne scheint, es ist wie eine kleine Kreuzfahrt. Eine Stunde später taucht die Südinsel auf und saugt uns durch den Queen Charlotte Sund ein. Ganz schön eng ist die Zufahrt nach Picton, unserem Zielort. Die Ufer stehen dicht, der grüne Bewuchs scheint nahtlos ins grünschimmernde Wasser überzugehen.
Vor dem Anlegen dreht das Schiff noch einmal sanft um die eigene Achse und macht dann fest. Wir sitzen wieder im Bus, im Bauch der Fähre, und kommen vom Dunkeln ins Helle. Und weil die Sonne so schön scheint, fährt uns Walt gleich zum Queen Charlotte Lookout. Von hier oben sehen wir unsere Fähre, den kleinen Ort Picton, an dem die meisten Automassen wohl vorbeifahren und den Sund – ein schönes Bild.
Dann runter in den Ort mit seiner hübschen Promenade und den Palmen mit malerisch ausladenden ebenmäßigen Wedeln. Eine Hauptstraße mit vielen Souvenirläden – endlich – und die Zahl der Taschen in den Händen der Gäste zeigt, der Halt hat sich gelohnt. Eine rechte Freude habe ich an den musizierenden Toiletten. Kaum betreten, wird man freundlich begrüßt und darauf hingewiesen, dass man nicht länger als 10 min. verweilen dürfe. Was passiert dann – wird der Schleudersitz ausgelöst? Und dann swingt es auch schon durch den Lautsprecher, dass es eine Freude ist und die Annahme besteht, dass die Toilette auch mal länger besetzt sein kann und in dem Fall sich wohl der automatische Schließmechanismus öffnet.

Wir setzen unsere Reise auf dem State Highway 1, den wir von der Nordinsel kennen, weiter fort. Diese Straße führt von Norden nach Süden über beide Inseln.

Während die Nordinsel mit rund 114.000 km² von ¾ der Bevölkerung bewohnt wird, leben auf der mit 150.000 km² größeren Südinsel nur ¼ der Bevölkerung. Die Westküste, entlang State Highway 6, mit 500 km Länge ist mit 30.000 Menschen dünn besiedelt. Als wir dort sind, wird uns klar, warum das so ist.

Auf dem Weg nach Kaikoura passieren wir Blenheim und das Weinanbaugebiet. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ließen sich europäische Winzer hier nieder, ausgehend von einem guten Klima und einem vulkanischen Boden, der die Wärme speichert. Die Regionen Malborough an der Ost- und Tasmen an der Westküste sind die sonnenreichsten des Landes. Rund 1.000 Weingüter gibt es, die alle eigenständig arbeiten, Genossenschaften wie bei uns gibt es nicht. Die grünen Reihen der Weinreben haben sich bizarr von den sie umgebenden sonnenverbrannten Weiden ab. Hier werden die Pflanzen, anders als bei uns, künstlich bewässert.

Die markante Bergkette der Südalpen zieht sich über 600 km über die Insel. Hier wurde die Insel durch Aufschiebung der Kontinentalplatten geformt, im Norden schob sich eine Platte unter die andere, was im Te-Papa-Museum sehr verständlich dargestellt wird.
Als 2011 ein Erdbeben den Landstrich erschütterte und den Boden aufschob, was man an den unterschiedlichen Farben der Steine erkennen kann, die wir entlang der Straße sehen, verschoben sich Bahnlinie und State Highway 1, der ein Jahr gesperrt war für Reparaturarbeiten.
An einem besonderen Halt haben wir große Freude: Wie von einem Theaterrang schauen wir vom Parkplatz auf eine Robbenkolonie. Auf das Planschbecken der Jungtiere, in dem sie ihre großen Schwimmfähigkeiten entdecken. Die älteren Tiere liegen bräsig in der Sonne, einige jagen sich hier und dort über den Felsen. Es macht große Freude, diesen in ihrem Körperbau scheinbar unbeholfenen Tieren zuzusehen, wie sie flink über die Steine wieseln, sich mit anderen kabbeln oder ihrer Badefreude nachgehen,

Pottwale leben auch hier. Das Meer fällt an der Küstenlinie steil bergab, es ist kälter und es gibt reiche Jagdgründe für die schweren Säuger.
Der Ort, der uns für die Nacht beherbergt, heißt Kaikoura. Kai-Koura heißt übersetzt: Essen Langusten Und so stehen an der Straße kleinere Häuschen, die Langusten, Crayfish, anbieten. Das weckt den Appetit der Gäste. Doch zuvor sitzt jeder auf seiner Terrasse, dem Balkon, mit einem Sauvignon Blanc im Glas und genießt die letzten Sonnenstrahlen und den Blick aufs Meer.

Unser Abendessen nehmen wir in einem gemütlichen Restaurant am Meer ein. Und nach Rücksprache mit der Küche können wir tatsächlich sieben halbe Langusten bestellen. Das ist ein Gaumenfreunde und herzlichen Dank an das Servicepersonal, das uns diesen Wunsch erfüllt hat.

Christchurch – Lake Tekapo

Die Südalpen von Ost nach West zu überqueren, gelingt über drei Pässe: 1) der Louis Pass 900 m hoch, von Nelson nach Christchurch, 2) die wichtigste Verbindung, da zentral, ist über den Artus Pass, der höchste Pass und unter 1.000m, 3) der niedrigste Pass, knapp über 600m, ist Haast Pass auf State Highway 6.

Christchurch ist die größte Stadt der Südinsel und zweitgrößte von Neuseeland nach Auckland. ¼ der Bewohner der Südinsel leben hier. Am 22. Februar 2011 zur Mittagszeit zerstörte ein Erdbeben große Teile der Stadt, es gab 200 Tote. Geschäfte wurden geplündert, der Notstand ausgerufen. Fünf Jahre lang war die Innenstadt Sperrzone mit einem Durchmesser von 1,5 km, mit der Kirche als Mittelpunkt. Über 1.000 Gebäude wurden abgerissen, die Randzone als unbebaubar erklärt. Unter städtebaulichen und erdbebensicherem Bauauflagen wurde Innenstadt nach und nach neu bebaut. Eine große Fußgängerzone entstand dabei. Die Überlegung, die Stadt nicht wieder aufzubauen, gab es auch. Denn welches Erbe gibt man mit der Wiedererrichtung den nächsten Generationen mit auf den Weg? Doch man entschied sich dagegen. Wie siedelt man eine Stadt dieser Größe um? Bei der Kathedrale von 1850 war man lange unsicher, ob man sie nicht doch niederlegen sollte. Man entschied sich dagegen und baut sie nun wieder auf. Ihre Fassade wird mit Stahlgerüsten abgestützt, ein Bauwerk im Korsett. Die Stadt hat deutlich sichtbare Wunden. Viele Flächen sind noch unbebaut und warten als Parkplatz darauf, eine neue Nutzung zu bekommen.

Die Siedler kamen damals aus Oxford und Cambridge und brachten ihren Baustil mit. So sprach man davon, dass Christchurch „more british“ ist als das Mutterland. An der Uni, die inzwischen zu einem Arts Center mit Musikschule, Ausstellungsräumen, Hotel u.a. geworden ist, sieht man das sehr deutlich. Ein schöner Campus, auf dem man gerne verweilt. Das älteste Gebäude, das wir auf unser Reise sehen. Die Stadt wird auch „Garden City“ genannt, da Parks und große Grünstreifen die Stadt durchziehen.

Wir durchfahren die Canterbury Plains, Neuseelands größte Ebene, die Kornkammer des Landes. Haushohe Hecken schützen die Anbauflächen gegen die Fallwinde der Alpen. Kilometerlange schnurgerade Straßen durchziehen die Gegend, unzählige glückliche Kühe beißen hier in Gras, das mithilfe künstlicher Bewässerung grün und saftig bleibt. Da die Tiere ganzjährig draußen bleiben, wachsen Zuckerrüben als Winterfutter heran.
Der Rakaia River mit seinen ausladenden Ufern wird von der längsten Brücke Neuseealdns überspannt: 1,7 km auf Stelzen.
Die Straßenschilder weisen den Hauptdarsteller der Region aus: Mount Cook/Aoraki. Mit 3724 m ist er der höchste Berg des Landes und ist nicht immer geneigt, sein Haupt unverhüllt zu zeigen.

Auf dem mächtigen Mackenzie-Hochplateau liegen fünf Seen, die in den 1930-er Jahren als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme miteinander verbunden wurden, um auf diese Weise mehrere Wasserkraftwerke betreiben zu können, was das Nord-Süd-Gefälle des Plateaus ermöglicht. Dieses gewaltige Projekt, das mit Weitblick geplant wurde, war in den 1970-er Jahren endlich beendet.

Wir übernachten am Lake Tekapo. Auf dem nahegelegenen Mount John stehen mehrere Observatorien der Universität Canterbury. Die Luft ist hier kaum verschmutzt und für Sterngucker ideal.

Das Angebot steht, mit einem Propellerflugzeug in die Bergwelt vorzudringen und was wir sehen, ist atemberaubend. Gletscher, Moränen, Gletscherzunge, Faltengebirge, alles mal in der Schule durchgenommen und jetzt versucht das Hirn, in Windeseile das verschüttete Wissen wieder hervorzukramen. Was ist das für eine wunderbare Welt hier oben. Bis zu 600 m dick ist der Tasmen Gletscher. Die weiße dicke Schneehaube lässt das gestauchte Gestein frei, das sich vor Jahrmillionen faltete, zusammensackte, von neuem faltete und sich nach und nach so hoch auftürmte, wie es sich vor dem Fenster des Flugzeugs nun darbietet. Geographieunterricht live. Es ist, wie wenn wir einen Blick in die Schöpfungsgeschichte werfen.

Lake Tekapo – Oamaru – Moeraki Boulders – Otago Halbinsel

Wir packen die Koffer in das Wägelchen, das die ganze Zeit über brav am Bus hängt, und laufen zum Kirchlein des Guten Hirten. Hier oben weiden Merinoschafe, die früher sicher einen guten Hirten brauchten. Und den Hütehund, dem ein Denkmal gesetzt ist.
Mit dem Bus geht es nun zum Lake Pukaki, der Boden ist stellenweise von Bodennebel überzogen, die Laubbäume zieren gelbe Spitzen, die Landschaft wirkt herbstlich. Von der südlichen Seespitze sollten wir jetzt in gerader Richtung nach Norden einen wunderbaren Blick auf Aoraki/Mount Cook haben. Aoraki heißt übersetzt „der die Wolken durchstößt“, und heute hängen die Wolken zu tief, dass wir nicht mal den Fuß des mächtigen Berges sehen. Schade und ab zur nächsten Sehenswürdigkeit. Walt hält ein tolles Angebot bereit – die Stadt Oamaru, dort scheint dann auch die Sonne.

Wir überqueren die Kanäle, die die fünf Seen verbinden und mit Manneskraft und den damals zur Verfügung stehenden Maschinen ausgehoben worden sind. Nahe ihres Arbeitsortes wohnten auch die Arbeiter, z.B. in Twizel, wo wir vorbeifahren. Das Gletscherwasser dreht nicht nur die Turbinen der Kraftwerke, sondern ist auch Lebenswelt der Lachse, die hier gezüchtet werden.

Der Benmore Staudamm ist der größte Neuseelands und treibt das zweitgrößte Kraftwerke an. Wie klug, das durch fünf Seen laufende Wasser mehrmals hintereinander für die Stromerzeugung nutzen zu können. Und da der Wasserstand, den man für die Stromerzeugung braucht, reguliert werden kann, ist für eine konstante Energiegewinnung gesorgt.

Über den Waitakifluss gelangt das Gletscherwasser in den Pazifik. Im gleichnamigen Tal wachsen Wein und Steinobst wie Aprikosen, Pfirsiche und Kirschen, geschützt durch die uns bereits bekannten grünen Wände aus Bäumen.
Der tiefe Süden der Südinsel ist die Hochburg der Schafzucht. Von den ehemals 90 Mio. Tieren in der Hochphasen sind heute noch 30 Mio. Schafe auf den Weiden zu sehen.

Die Schafe, diese bedürfnislosen Tiere, waren die Einkommensquelle der neuen Siedler in Land. Als 1882 das erste Schiff mit neuseeländischem Tiefkühlfleisch gen England fuhr, erschloss man sich einen neuen Markt.
Die Merinoschafe fühlen sich hier oben wohl. Außen grau, innen wollig weich – Merinowolle ist ein Qualitätsprodukt und wird zu hochwertigen Bekleidungsstücken verarbeitet. Die Wolle der anderen Schafrassen findet sich z.B. im geknüpften Teppich wieder. Ein Großgrundbesitzer, anders kann man es nicht umschreiben, hat Schafe auf einer Fläche von 6.300 Hektar. Hier oben scheint Größe keine Rolle zu spielen, die Fläche ist ja da.

In Oamaru brach der Wohlstand aus, denn von hier aus fuhren die Schiffe in die alte Welt und mit dem Handel und dem Verladen ließ sich gutes Geld verdienen. Die Holzhäuser wichen Häusern aus weißem Kalkstein, der hier abgebaut wurde. Kalkstein besteht aus organischem Material wie Muscheln und Knochen und so wurden Dinosaurierknochen in Neuseeland gefunden, obgleich die Tiere hier nicht gelebt haben, was beweist, dass die Kontinentalplatten sich in der letzten Eiszeit vor 15.000 Jahren verschoben haben und nicht nur Gletscher und Berge entstehen ließ, sondern auch den Kalkstein an die Oberfläche schob.

Warenhäuser, Kontore, zwei Banken mit Säulenportal, sogar eine Oper, Handwerksläden belebten die Stadt. Im Hafenviertel mit den Lagerhäusern, die entlang einer Straße malerisch stehen, finden sich nette Läden, Cafés, Restaurants.

Auf dem Weg zu unserer letzten Tagesetappe schauen wir uns die Moeraki Boulders an. Diese sind ungewöhnlich große kugelförmige Zusammenschlüsse von Mineralien. Diese liegen einzeln oder in Gruppen an der Küste. Die Erosion von Wind und Wellen legt regelmäßig weitere Kugeln frei. Alle Beschreibungen über die Entstehung sind schwierig zu verstehen und so belassen wir es dabei, uns einfach von den Kapriolen der Natur faszinieren zu lassen.

Dunedin ist mit 120.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt auf der Südinsel nach Christchurch. 1869 bekam sie die erste Universität des Landes und hat heute 20.000 Studenten. Neuseeland hat acht Universitäten. Die Siedler von Dunedin kamen aus Schottland und so heißt Dunedin in der keltischen Übersetzung Edinburgh. Die regionale Rugbymannschaft nennt sich „Highlanders“ und in der einen oder anderen Schule wird der Schottenrock als Schuluniform getragen.
Die Stadt hat einen auffallend schmucken Bahnhof im Stil der flämischen Renaissance. Das Geld dafür kam aus dem Goldrausch, der um 1860 einsetzte. Otago war das Zentrum des Goldrausches und Dunedin hat davon im großen Maße profitiert, als Verkehrs- und Handelszentrum, als Versorgungsstation jener, die auszogen, ihr Glück zu machen. Der Shot-Over-River war der ertragreichste Fluss, hier fanden die Goldwäscher das Edelmetall, was weitere Glücksritter aus Übersee anzog.
Geld braucht man auch für das Studium. Da sich die Universitäten selbst verwalten, fallen Studiengebühren an und zusammen mit den Lebenshaltungskosten liegt man pro Jahr bei 30 bis 50.000 NZD Ausgaben (15 – 25.000 Euro).

Vom Hafen laufen Expeditionsschiff in die Antarktis aus. Hier ist der letzte Anlaufpunkt der Zivilisation – ein Ende des Bekannten.

Mit dem früheren Fischkutter „Monarch“ gehen wir auf Tiersafari. Auf unserer einstündigen Schifffahrt sehen wir einen Seelöwen, Robben, Kormorane und tatsächlich auch zwei fliegende Albatrosse. Zwei andere Riesenvögel schnäbeln ganz possierlich, was durch das Fernglas gut zu erkennen ist. Ein anderes Tier füttert einen Jungvogel im Gras. Mit einer Größe von 1,20 m und einer Flügelspannweite von bis zu 3 m sieht man den Nördlichen Königsalbatros nicht im Zoo, nur in der Natur. Sie können bis zu 100km/h fliegen, legen bis zu vier Millionen Kilometer im Leben zurück und gehören damit zu den größten Langstreckenfliegern der Welt. Daran werde ich wieder auf unseren Rückflug denken, der uns über 20.000 km von Neuseeland nach Hause bringt. Ein Albatros könnte diese Strecke demnach 200 Mal zurücklegen…

Unser Hotel liegt gegenüber dem Botanischen Garten, eine wunderbar angelegte öffentliche Anlage mit Rosengarten, Kamelien, Baumsolitären. Nach dem langen Tag lässt es sich hier gut auslüften.

Fiordland Nationalpark – Milford Sound

Wir fahren über den Unicampus zum Bahnhof. Wann besucht man in einer Stadt einen Bahnhof als Sehenswürdigkeit? Im besten Fall kommt man dort an. Die einen haben einen Schloß, Dunedin hat diesen prächtigen Bahnhof im Stil der flämischen Renaissance. Wie mag dieser Geschmack nach Neuseeland gekommen sein? Eine Empfangshalle mit Mosaiken, die Motive rund um die Eisenbahn zeigt. Schön gearbeitete Schwingtüren führen zum Bahnsteig. Eine Treppe, jede Stufe mit NZR – New Zealand Railway – eingelegt, das ist Marketing, führt zu einer Empore mit Blick auf die Eingangshalle und den üppigen Fußboden. Der Bahnhof wird geschont, wenige Züge fahren von hier ab. Ein Jammer.
Es geht durch die Stadt zum „Octagon“, dem zentralen Platz. Mit Häusern aus der Entstehungszeit zeigt der Ort ein gewachsenes Bild unterschiedlicher Baustile, was sie attraktiv macht.
Dann zielen wir eines der Highlights der Reise an: den Milford Sound, der einzigen Fjord, der über eine Straße zu erreichen und das große Aushängeschild von Neuseeland ist. Der Sound gehört zum Fiordland Nationalpark, der mit 1,2 Mio Hektar der größte Neuseelands ist. Von den 14 Fjorden sind zwei für den Tourismus erschlossen.
Wir durchfahren Waihole. „No doctor, no hospital, one cementary“ steht am Ortseingang – eine pfiffige Mahnung, langsam durch den Ort zu fahren.
Die vielen Schafe sehen aus wie über die Wiese gewehte weiße Papierschnipsel oder wie weiße Schaumkronen auf dem Meer.
Infolge der Weltwirtschaftskrise bot man Arbeit im Straßenausbau an und legte die Zufahrt von Te Anau bis Milford Sound, 1930 - 1954, unterbrochen vom Zweiten Weltkrieg. Der Homer-Tunnel ist 1,2 km lang und wurde von 1935 - 1953 gebaut. Damit entstand die längste Sackgasse von Te Anau nach Milford.

Ein Fjord ist geformt von Eis und hat ein flaches Becken, ein Sound ist eine versunkene Flußlandschaft und läuft nach unten hin in einer Spitze aus. Nach dieser Definition ist der Milford Sound falsch benannt. Nun ist diese landschaftliche Sehenswürdigkeit jedoch unter diesem Namen bekannt und Milford Fiord lässt sich nicht leicht aussprechen
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Moose und Flechten ziehen sich über die Felsen, in denen die Bäume ihre Wurzeln miteinander verzahnen und sich an die steile Felswand klammern. Doch durch Regen und Schnee schält sich das Moos vom Felsen, so dass Baumlawine Narben auf den Hängen hinterlassen und auch zu Straßenschäden führen.
Das Eglington Valley öffnet sich vor unseren Augen – ein topfbodenflaches weites Hochtal.

Der Unterhalt der Straße ist teuer, die nur touristisch genutzt wird. Der Homer-Tunnel mit 1,2 km lang hat 120 m Gefälle. Auf der anderen Seite fahren wir 800 m runter - wieder auf Meereshöhe
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Wir fahren über den 45. Breitengrad, die Mitte von Äquator und Antarktis, beides scheint so unerreichbar weit weg zu sein, hier in Fiordland von Neuseeland

Was für ein Privileg, auf dem Sound übernachten zu können. Die meisten Touristen fahren für einen Tagesausflug von Queenstown dorthin, das sind 600 km. Und wir heuern auf der Milford Mariner an, mit Gepäck, das in eine Hand passt, denn die Kajüten sind klein, doch sehr zweckmäßig. Der Kapitän begrüßt uns, stellt seine Besatzung vor, unter der die Frauen die Oberhand haben. Nach einem 5-O’Clock-Tea setzen sich die einen ins Motorboot, die anderen ins Kanu, um Tuchfühlung mit dem Ort aufzunehmen. Ganz Mutige gehen auch noch eine Runde schwimmen.
Ein bisschen Bewegung tut gut, denn das Abendessen ist reichlich und ausgezeichnet.

Weiterreise nach Queenstown

Nach dem Frühstück fährt die Milford Mariner ans Ende des Sound, dort, wo er auf die Tasmanische See trifft. Die Stimmung ist geheimnisvoll – mal taucht dort eine Bergspitze auf, dann legt der Nebel eine gegenüberliegende Wand frei. Es gibt was zu Gucken.
Nachdem wir das Schiff verlassen haben, fahren wir die lange Sackgasse wieder zurück. Uns entgegen kommen die Tagesausflügler in unzähligen Bussen. Was haben wir es gut gehabt.

Mousbourne liegt auf unserer Strecke, die Hauptstadt des Rotwildes. Wapiti, Elche, Rotwild wie auch Bergziegen wurden für die Jagd eingeführt und haben keine natürlichen Feinde. Als sie überhandnahmen, schoss man die Tiere ab oder fing sie ein für die Zucht, die man in den 1960-er Jahren begann. 1 - 1,5 Mio. Vieh werden auf kommerziellen Farmen gehalten, 90% gehen in den Export nach Deutschland. Nun verstehe ich auf, warum in meinem Edeka Wildfleisch aus Neuseeland angeboten wird. Die Geweihe werden getrocknet, gemahlen und nach China exportiert. Die Haltung des Wildes ist noch pflegeleichter als jene von Schafen, da jene nicht geschoren werden müssen und ideal für die kühleren südlichen Regionen.

Der Lake Wakatipu, der drittgrößte See Neuseelands mit 80 km Länge wird von dem Bergzug „The Remarkables“ gerahmt. Diese stehen in Nord-Süd-Ausrichtung, was selten ist, denn es gibt nur zwei Höhenzüge, dieser und die Rocky Mountains. „The Remarkables“ waren auch Filmkulisse für „Herr der Ringe“.

Auf der anderen Seite des Sees liegt Queenstown. Die Stadt ist ein touristisches Zentrum, das sehr viele Aktivitäten anbietet, besonders auch Wintersport. Ein quirliger Ort, in dem alles ein bisschen teurer ist. Auch die Immobilienpreise. Vom Flughafen erreicht man Australien direkt, von hier kommen die meisten Touristen nach Neuseeland und Queenstown. Im Sommer verdoppelt sich die Anzahl von Bewohnern.

Ein freier Tag in Queenstown und mit dem Dampfschiff zum Barbecue

Um 17 Uhr geht unsere Schifffahrt mit der Earnslaw los, bis dahin vergeht ein gemütlicher Morgen.

In der Stadt arbeiten viele junge Leute, an der Rezeption eine junge Frau aus Italien, die sich hier verliebt hat. In der Bäckerei eine Verkäuferin aus Kiel, im Weinladen eine junge Frau aus Osnabrück und im Souvenirgeschäft bedient mich eine Slowenin. Für alle bedeutet das Land eine Chance.

Das Kiwi Center lockt einige von uns. Hier kommt man den fluglosen Tieren in einem Nachttierhaus näher. Und in großen begehbaren Volièren sind die Vögel zu Hause, die hier leben, die wir jedoch noch nicht zu Gesicht bekommen haben. In einer Flugshow werden die Tiere vorgestellt und breiten ihre Schwingen aus. So sieht jeder Besucher das Federkleid und das Flugverhalten der Vögel.

Am Nachmittag klart die Lage auf und wir fahren mit der Seilbahn auf Bob’s Peak. Die Wolken heben sich und wir haben eine großartige Sicht auf den See und die ihn umgebenden Berge. Die Sonne scheint.

Die TSS Earnslaw ist das letzte Dampfschiff, TSS steht für Twin Screw Steamer. Somit müssen zwei Schrauben kontinuierlich unter Dampf gesetzt werden und was dazugehört, davon kann sich der Reisende ein Bild machen. Denn von oben ist der Maschinenraum zu betreten, von hier aus sieht man, wie die vier Öfen befeuert, die Maschinen beölt werden und stampfen. Ein herrliches Erlebnis, das uns über den See setzen lässt. An der Walter Peak Farm angekommen, werden wir zu einem ausgezeichneten Barbecue gebeten. Es ist so gut organisiert, dass sich die vielen Gästen nicht im Weg stehen und jeder ausreichend Zeit hat, von allem zu probieren.

Danach gehen wir zur Schaf-Show, die in einem dafür errichteten Amphitheater stattfindet. Eine junge Frau legt sich das Schaf zu Füssen, das ein wenig belämmert guckt. Keine Kleinigkeit, ein solch großes Tier von allen Seiten zu scheren. Ein Scherer kann 200 – 300 Tieren am Tag das Fell abnehmen – erst den Bauch und die Seiten, das ist die verschmutzte Wolle, dann der Rücken, am besten in einem Vlies. Für ein Kilo Merinowolle erhält man 35 NZD, ungefähr 18 Euro.

Der kleine und flinke Hütehund, der mit einem Satz über den Zaun setzt und genau weiß, wie er die Befehle seines Frauchens umzusetzen hat, beeindruckt. Ein Hütehund ist zwei bis drei Jahre im Training und kann ausgebildet bis zu 14.000 NZD, kosten, 7.200 Euro. Kein Wunder, ersetzt er doch mehrere Menschen.

Über Arrowtown und dem Haast–Pass nach Fox

Auf dem Weg von Queenstown nach Arrowtown zeigen einige Bäume schon die erste Herbstfärbung. Ganze Hänge sind bald in leuchtenden Farben zu sehen – Laubbäume, die nicht nach Neuseeland gehören, da nicht immergrün. Doch das intensive Farbenspiel möchte man jetzt nicht mehr missen und ist eine Attraktion in der Region geworden.

Arrowtown fällt aus dem Rahmen des bisher gesehenen. Ein ehemaliges Goldgräberstädtchen mit einer Vielfalt an Fassaden, die an das damalige Waren- und Dienstleistungsangebot denken lassen: Hufschmied, Küfner, Konsum, Bekleidgungsladen und und und. Statt der Pferde stehen jetzt Autos in der Straße.
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Wir fahren über die Drive Range nach Wanaka. Tussokgras bedeckt die Flächen, kein Baum, kein Strauch, nur dieses robuste Tussokgras.
Wanaka liegt vor uns, am viergrößten See des Landes mit 30 km Länge. Der fünftgrößte See Hawea liegt in unmittelbarer Nähe. Nun haben wir eine ganze Seensammlung nach Größe zusammen.

Kurz danach ein markanter Wechsel von Zentralotago zur Westküste: bewaldete Hänge mit Südbuche. Der Haast-Pass markiert die Grenze zwischen Otago und der Westküste, the Coast.
Viele Brücken, die nur einspurig zu befahren sind, zeugt von wenigen Einwohnern.

Die Straße, die wir fahren, wurde in den 1960-Jahren angelegt und erst in den 90-er Jahren asphaltiert. Früher fuhr hier ein Zug von Wanaka aus, nun gibt es nur die Straße.

Haast ist ein Regenloch, einsam, am Ende der Welt, 50 km weiter südlich liegt noch Johnson’s Bay, dann ist Schluss. Wer hier lebt, hat eine Entscheidung getroffen, die mit Verzicht einhergeht. Kein großes Supermarktangebot um die Ecke, kein Treffen im Café oder im Pub, keine Apotheke, kein Schuster in Reichweite.

Die Besonderheit, dass ein neuseeländischer Gletscher an einen Urwald heranreicht, dieses Bild muss heute korrigiert werden. Denn den Gletschern geht es nicht gut. Sie schmelzen schneller als anderswo und stehen damit an dritter Stelle. Und so gibt es dieses Alleinstellungsmerkmal – Gletscher trifft auf Regenwald - das es auf der ganzen Welt nur zweimal gab, nun nur noch in Argentinien.

Die Westküste hat eine schroffe Kante, hier gibt es keine Häfen und man muss über die Pässe, um auf diese Seite des Landes zu gelangen. Die Region ist dünn besiedelt, die aufwendig unterhaltenen Straßen, die von Bergrutschen auch mal verschüttet werden können, sind wenig befahren. 30.000 Menschen haben sich für das Leben in dieser wasserreichen Region entschieden, die meisten von ihnen wohnen in Greymouth.
Es windet stark, ein Zeichen für eine Regenfront. Die Straße scheint durch den Regenwald geschlagen zu sein, Farnwedel reichen vom Boden bis in die Höhe des zweiten Stockes eines Hauses und wehen in Fahrtwind wie ein Federkleid.

Fotostopp am Tasmanischen Meer, das in starker Brandung auf den Kieselstrand trifft. Ein schönes und selten gehörtes Geräusch, wenn das zurückweichende Meer die Kiesel bewegt, wie ein Glasperlenvorhang.

Aufgrund der Wetterlage wird heute nicht mehr geflogen, wir warten auf morgen. Nahe des Hotels ist ein Wanderweg durch den Regenwald. Was wir dort sehen, lässt uns staunen. Jeder Stamm ist in üppiges Grün gepackt, Flechten, Farne, Gräser. Das Moos lässt sich tief runterdrücken und polstert weich aus. So viele verschiedene Grüntöne, so viele verschiedene Blattformen und Strukturen. Querfeldeinlaufen, auf den Gedanken kommt man nicht. Man wüsste nicht, wohin den Schritt setzen; der Boden ist dicht überwuchert. Der Wald saugt uns regelrecht ein. Regen und Stille. Jede Biegung, jede Kurve, jeder Lichteinfall macht neugierig, weiterzulaufen. Dicke Stämme, weit ausladend, wo fängt er an, wo hört er auf und geht in Farnlaub und anderes Grün über? Wenn jetzt hier ein freundlich lächelnder kleiner Dinosaurier hervorträte, es würde nicht verwundern.

Am Abend brechen wir erneut auf. Leuchten die Glühwürmchen auch im Regen, haben sie Hunger? Diese fachspezifische Frage können wir mit „ja“ beantworten. Die Larven, diese kleinen Dinger, setzen eine chemische Reaktion frei im Austausch mit Sauerstoff, um mit Licht ihre kleinen Opfer anzulocken, die sich dann in klebrigen Fäden, die ebenfalls die Larven aussondern, verfangen. Ebenso faszinierend ist der Regenwald im Dunkeln. Die großen Blätter der Farnbäume sehen viel größer aus als am Tag und greifen wie ausladende Arme über uns. Im Licht der Taschenlampe hebt sich der Bewuchs am Baumstamm wie ein Schattenriss ab. Ohne Taschenlampe ist es dunkel, stockdunkel, schwarz. Man sieht nicht einmal die Hand vor den Augen und den Nebenmann schon gar nicht. Schweigeminute, das Tropfen des Regens auf dem Anorak, auf den Blättern, das dichte Schwarz um uns.
Ein Eindruck, den ich mir ins Gedächtnis tätowieren möchte. Natur Natur sein lassen und sich gewahr sein, dass dieser alte Wald im Zusammenspiel aller Pflanzen ein Überlebenskünstler ist (der gebeugt wird durch den Eingriff von uns Menschen).

Franz–Josef–Gletscher – Hatiki – Greymouth

Das freundlichen Personal im Hotel hat eine braune Gesichtsfarbe und ist hier nicht großgeworden, an der Regenküste. Blumen hinter dem Ohr deuten daraufhin, dass sie aus Polynesien stammen. Eine Grundfröhlichkeit hilft ganz sicher, hier für eine Saison zu arbeiten. Es ist schwer, Personal zu finden: für eine Saison, für diese Gegend.

Es hat die ganze Nacht über geregnet und hört auch jetzt nicht auf. Als wir im Bus sitzen, weht der Regen in Böen über die Landschaft. Die Scheibenwischer arbeiten verlässlich und doch fühlt man sich wie in einem U-Boot. Die Ausführungen über die Baumlawinen, die vom Hang gleiten, sind nicht mehr abstrakt. Jetzt versteht man, wie der unaufhörliche Regen den Boden aufweicht und der Bewuchs ins Rutschen kommt. „Roaring 40“ – der 40. Breitengrad ist bekannt für sein Brüllen. Die Flüsse sind angeschwollen, ganz anders als gestern, als sie behäbig ihr breites Kieselbett kaum ausfüllten.

15.000 Jahre liegt die letzte Eiszeit zurück, bis zu einem Kilometer dick war der Eispanzer, die hier lag und der nun zusammenschnurrt. Gletscherwanderungen finden nicht mehr statt, bei der Bewegung des Eises von ein bis drei Meter am Tag müsste man immer wieder neue Pfade für die Führungen schlagen. Der vom Eis befreite Grund heizt sich auf und beschleunigt das Abschmelzen des Gletschers zusätzlich.
Das Kaiserreich und Franz Josef sind Vergangenheit und so ereilt den Gletscher ein ähnliches Schicksal.

Die Brücke über den Franz-Josef-Abfluss, den Waiho River, war vor einiger Zeit weggespült worden und die Küstenverbindung dadurch unterbrochen, bis eine Behelfsbrücke errichtet worden ist. Die Infrastruktur ist vulnerabel. 27 Brücken ziehen sich die Küste entlang und es gibt keinen kurzen Umweg, sollte eine ausfallen. Der State Highway 6 führt die Küste entlang.

Wir kommen an einer Moa-Skulptur vorbei. Dieser straußenähnliche Vogel mit einer Höhe von drei Metern war schon aufgegessen, als die ersten weißen Siedler ins Land kamen. Sein Fressfeind, der Haarst-Adler mit einer Flügelspannweite von drei Metern, ähnlich dem Albatros, verlor seine Lebensgrundlage und starb auch aus. 30 Vogelarten sind bereits verloren, weitere sind bedroht bis stark bedroht. Daher sind die auf kleineren Inseln eingerichteten Vogelschutzgebiete so wertvoll, da die Tiere hier unter sich sind.

Die Küste ist an ihrer breitesten Stelle 20 Kilometer breit. Ein Boden, der aus dem Geschiebe der Südalpen besteht und eigentlich nicht viel hergibt, wenn da nicht der Regen wäre. Was für ein Glück, dass wir einen solchen Regentag heute kennenlernen. Die Milchkühe fühlen sich hier auch wohl – im Regen, den grünen Grashalm vor dem Maul. In Hokitika wird die Milch weiterverarbeitet.

Hokitika hatte zu seinen besten Zeiten 80 Hotels und war die größte Stadt Neuseelands, damals, als es mit dem „Gold losging“. Der Ort hatte einen lebhaften Flusshafen, Schatzsucher und Handelswaren gingen von Bord. In Ross, das Straßendorf passieren wir zuvor, kann man sein Glück versuchen und im nahegelegenen Fluss Gold waschen. Immerhin wurde hier der bisher größte Fund eines drei Kiloklumpen Goldes gemacht. Wenn das kein Anreiz ist. Konkurrenz hat man in der hiesigen kommerziellen Goldmine. Ein lohnendes Geschäft bei einem vermuteten Vorkommen des Edelmetalls im Wert von mehreren 100 Millionen NZD.

Die seltenen Vögel nehmen es mit Queen Elizabeth II. auf, ziert doch der Kiwi die Ein-Dollar- und der Silberreiher die Zwei-Dollar-Münze, auf der jeweils anderen Seite der Kopf Ihrer Majestät.

Hokitika ist das Zentrum der Jadeverarbeitung. Der Stein ist v.a. in Flussmündungen zu finden. Bei einem Härtegrad von 1 - 10 liegt Jade bei knapp sieben und wird mit Diamantschneiden und -schleifern bearbeitet. Er ist transluzent und von milchgrün bis dunkelgrün in jedweden Schattierungen zu haben. Die vielen Geschäfte machen die Entscheidung nicht einfach. Doch da es weiterhin in Strömen regnet und es nur nasse Hosenbeine gibt, wenn man sich hinaustraut, verbringen wir die Zeit mit dem Kauf letzter Mitbringsel für uns und die Lieben daheim.

Greymouth, der Name des Gouverneurs Grey und die Mündung des Flusses – „Mouth“ – geben der größten Stadt an der Küste ihren Namen. 15.000 Einwohner, Verwaltungssitz, Steinkohleabbau. Das ideale Wetter heute, um und zu zeigen, warum auch dieser Flusshafen mit großen Schwierigkeiten kämpfte: Ebbe und Flut, Sandbänke, eine Brandung, die in die Flussmündung drängt und der Fluss hält dagegen. Uns beutelt der Wind. Wie kann ein Schiff unter diesen Bedingungen sicher den Hafen anlaufen?

Pancake Rocks – Greymouth – Zugfahrt mit dem TranzAlpine

Es regnet weiterhin und wir sind froh, nicht auf einem Wanderweg unterwegs zu sein, sondern in den Bus einsteigen zu können.

Eine Gesteinsformation ist der erste Programmpunkt, die Pancake Rocks. Durch Ablagerung verschiedener Sedimente sind Kalksteinschichten entstanden, was allein schon hübsch anzusehen ist. Ein kreativer Mensch hat darin aufeinandergeschichtete Pancakes gesehen und bei dieser Namensgebung blieb es. Um das zu verdeutlichen, bieten die Cafés am Parkplatz Pancakes an – mit Foto, damit der Vergleich auch eindeutig ist.
Die Felsen sind durch das Wetter noch geschliffen worden, so dass eine Ähnlichkeit mit dem Elbsandsteingebirge nicht weit hergeholt ist. Ein wunderbar gewundener Weg führt durch gezähmten Regenwald, Flachspflanzen säumen den Weg. Immer wieder neue Aussichtspunkte eröffnen den Blick auf die raue Tasmanische See und die Felsformationen.

Da das Wetter sich nicht bessern will, fahren wir ohne Fotostopp nach Greymouth, ins Zentrum. Entlang des Flusses Grey wird auf vier Infotafeln die Geschichte des Ortes mit alten Fotos dargestellt. Ein ganz hübscher Ort mit einem großen Zollgebäude, das heute Pub und Hotel ist.

Am Bahnhof erwarten wir die Einfahrt des TranzAlpine. Der Zug ist 20 Minuten verspätet, ganz anders als die deutschen Züge tröstet uns ein Wartender. Unsere Bahn hat im Ausland immer noch einen guten Ruf. Der mächtige Zug fährt ein, mit zwei Loks und einer Menge schön gestalteter Wagen mit großen Fenstern. Das Besondere machen die zwei Aussichtswagen aus – mit großen Ausblicken, die mit dicken Streben gesichert sind, damit auch ja keiner rausfällt. Das ist ein ganz großartiges Angebot. Nach der Abfahrt ruckelt der Zug durch die Landschaft, die sehr weit und grün ist. Ein Sonnenstreifen zaubert einen Regenbogen, der ein einem flachen Bogen sich über die Wiesen wölbt. Wir sehen davon noch einige, immer im flachen Bogen. Es geht an einem See vorbei, an dem viele Ferienhäuser liegen. Der Information nach, die über Ansage und App gegeben wird, ist hier zu Weihnachten und dem Jahreswechsel viel los.

Wir fahren durch den Otira-Tunnel, der mit 8,5 km der damals längste Tunnel in der südlichen Hemisphäre war und der 1923 eröffnet werden konnte. In drei Schichten wurde der Tunnel gegraben, Tag für Tag, 15 Jahre lang, bis er fertiggestellt war. Unseren Aussichtswagen müssen wir für diese Tunnelfahrt verlassen, da die Diesellok uns den Atem nehmen würde. Das merken wir bei kurzen Tunneln, die wir auf dem Wagen passieren dürfen. Kurz hinter dem Tunnel liegt Arthur’s Pass, einer der drei Pässe der Südalpen. Hier haben wir einen kurzen Halt. Auf Infotafeln ist anhand Fotos nachzuvollziehen, dass der Pass früher auf Schotterpisten auf Pferdewagen überquert worden ist. Das Leben hier war eine ganz schöne Schinderei,

Die Landschaft ist vielgestaltig und die Windungen des Zuges lassen uns von rechts nach links laufen, ständig sind wir in Bewegung, um alles in uns aufzunehmen und aufs Bild zu bekommen. Irgendwann wird es ganz grün, die hohen Windschutzhecken tauchen auf, wir sind in der Canterbury Plain, die wir genau vor einer Woche durchfahren haben.

Um 19 Uhr sind wir in Christchurch, Walt holt uns mit dem Bus ab, wir fahren ins Hotel und haben einen letzten gemeinsamen Abend mit hervorragendem Essen. Ein gelungener Abschiedsabend, an dem wir Neuseeland und Walt „Good Bye“ sagen
.
Das Ende der Welt – ein Ende in verschiedenen Ausprägungen – Cape Reinga als Übergang in das Totenreich, Landschaften, die kein Weiterkommen ermöglichen wie an der Westküste, die letzte Station vor der Fahrt in die Antarktis – haben wir in Neuseeland gesehen. Doch es gab zum Glück immer eine Möglichkeit, „auszuscheren“ und damit ist das Ende noch nicht in Sicht. Auch nicht in Neuseeland, dem angeblichen Ende der Welt.

Christchurch – Singapur

Nach dem Frühstück brechen wir zum Flughafen auf. Es ist sehr entspannt, das Gebäude ist großzügig bemessen mit viel Tageslicht.
Nach dem Start überfliegen wir die Canterbury-Ebene und aus dieser Perspektive sieht man die hohen grünen Heckenzäune gegen die Fallwinde so gut, was die Erklärungen von Walt noch einmal in Erinnerung ruft.

Nun dürfen wir uns elf Stunden dem aufmerksamen Service von Singapure Airline überlassen und dem reichen Filmangebot.

Wieder in der Heimat

24 Stunden reine Flugzeit von Neuseeland bis Frankfurt – irre. Dank der Bildschirme vor uns, auf der die Reiseroute angezeigt wird, kann man mitverfolgen, wie viele Länder wir überfliegen, die halbe Welt. Über Indien ist der Himmel klar und man sieht nachts um vier ein Spinnennetz aus Lichtern.

Am Sonntag, 7.18 Uhr hat uns die Heimat wieder. Wir landen wohlbehalten in Frankfurt.


Liebe Gäste,

was für eine Reise auf die andere Seite des Globus.

Es waren 23 Tage voller neuer Eindrücke. Zunächst der Boxenstopp in Singapur, der uns geholfen hat, die Zeitdifferenz schneller überwinden. Eine faszinierende Stadt, in der uns Alwin wie im Zeitraffer sehr viel gezeigt hat.

Dann Neuseeland, Nord- und Südinsel. Auf diesen 3.700 Kilometer Fahrt haben wir die unterschiedlichen Landschaftsformen des Landes kennengelernt, geologische Besonderheiten besichtigt, landschaftliche Schönheiten bestaunt und Städte wie Queenstown und Wellington besichtigen können.

Die vielen Fotos, die jeder mitgebracht haben, sind ein guter Leitfaden, sich diese intensive Reise noch einmal Tag für Tag vor Augen zu führen.

Walt war ein hervorragender Führer durch seine Heimat. Er kennt die beiden Insel wie seine Westentasche und konnte uns von der Maorikultur über Flora und Fauna, über die geologischen Besonderheiten, die die Inseln auszuzeichnen, bis hin zu den einzelnen Städten, alles erzählen. Dazu fuhr er gewandt Auto und hatte die Lage voll im Blick.

Ich wünsche Euch alles Gute, Gesundheit und freue mich, wenn wir uns wiederbegegnen auf einer Reise,
Eure Vivian


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