Reisebericht: Wanderreise Nord–Spanien – Galicien und Jakobsweg

03.08. – 16.08.2014, 8 Tage Rundreise im Norden Spaniens: Galicien – A Coruna – Rias Altas – Atlantik – Fjorde – Jakobsweg – Kap Finisterre – Galizische Inseln – Rias Baixa – Santiago de Compostela (50 Wanderkilometer)


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Auf den Spuren der Santiago-Pilger durch Spaniens wilden und grünen Norden.
Ein Reisebericht von
Andreas Böcker
Andreas Böcker

3. August 2014 – Von Dresden bis Évry


Nach ca. 14 Stunden Fahrt - zumindest für die in Dresden zugestiegenen - über die Schlachtfelder diverser deutsch-französischer Kriege (u.a. Valmy, mit der von Goethe zu Weltruhm erhobenen Kannonade und dem Schlachtfeld von Verdun, wo im Jahr 1916 die Franzosen einen taktischen Sieg über die angreifenden Deutschen erringen konnten) kam der Bus an unserem ersten Übernachtungsort an, Évry.
Évry gilt als jüngste Stadt Frankreichs. Zudem gehört die Stadt zu den Cinque Ville Nouvelles, Trabantensiedlungen im Speckgürtel von Paris. In den 1960ern zur Stadt ausgebaut, verfügt die Stadt über ein in den letzten Jahren grundsaniertes Stadtzentrum mit einer modernen katholischen Kathedrale, die erst 2005 fertiggestellt wurde. Auf ihrem angeschrägten Dach befindet sich ein runder Kranz von Bäumen.
Nach dem Abendessen, welches mit einigen Schwierigkeiten verbunden war, weil das Hotel ein Bett und zwei Esser zu wenig berechnet hatte, machte ein Großteil der Gruppe einen Spaziergang zu Kathedrale, der etwa eine Stunde dauerte. Bei der Rückkehr waren alle Tore verschlossen, aber dank einiger Spanier und der Rezeptionistin des benachbarten Jugendhotels kamen wir problemlos dort wieder hinein, um die verdiente Bettruhe zu genießen.

4. August 2014 – Von Évry nach Bayonne


Von Évry ging es jetzt, ein Stück weit abseits der Autobahn auch an der Loire entlang, nach Bayonne, wo Napoleon schon den spanischen König Carlos IV. und seinen Sohn (oder sollte man sagen, den spanische König Ferdinand VII. und seinen Vater?) eingesperrt hatte. Bayonne, am Zusammenfluss von Nive und L'Adour gelegen, bietet eine sehr schöne Altstadt, mit Kathedrale, mittelalterlicher Burg und Stadtmauer und einer Festung und äußeren Stadtmauer im Vabaunstil.

5. August 2014 – Endlich in Spanien


Nach dem Frühstück fuhren wir, am Grenzort Irun-Hendaye vorbei, ins baskische Navarra, um dort die alte Königsstadt Pamplona, die bereits Hemingway so sehr liebte, zu besuchen.
Ein gemeinsamer Spaziergang führte zur Casa Consistoral, wo wir mit Stadtplänen ausgerüstet wurden und wo man Spuren der encierros, des berühmten Stierlaufs von Pamplona, sehen konnte. Von dort ging es paar- oder grüppchenweise weiter. Auch Pamplona verfügt über eine imposante Stadtmauer, zu der es einige zog.
Die Plaza Mayor, die Plaza de Toros (Stierkampfarena, arena sagen Spanier nicht, weil das 'Sand' bedeutet) und die Kathedrale wurden dabei unter anderem angesteuert. Dafür dass Pamplona so ein bekannter Ort des Stierkampfes ist, ist seine Plaza de Toros ein erstaunlich nüchterner Betonbau.
Wer in der Kathedrale den Eingang zum ehemaligen Kathedralkloster fand, landete nach Refektorium und alter Klosterküche im archäologischen Museum Pamplonas, wo die archäologische Geschichte der Stadt von ersten vorrömischen baskischen Dörfern über das römisch-westgotische Pompaelo, ein kurzes maurisches Intermezzo bis zum Kathralbau und darüber hinaus dargestellt wurde. Besonders wird mir hier der Leichnam eines totgeborenen oder bald verstorbenen etwa sieben Monate alten Frühchens in Erinnerung bleiben, welches im Haus beigesetzt worden war.
Von Pamplona aus ging es jetzt zur Kapelle von Eunate, einem achteckigen Kirchlein mit einem Pilgerfriedhof, welches den Templern zugeschrieben wird. Vielleicht haben es aber auch die Grafen von Ona/Oca errichten lassen. In manchen Reiseführern wird behauptet, die Templer hätten hier die Grabeskirche in Jerusalem zum Modell genommen. Ich glaube das nicht. Wenn die Templer, die ihren Namen ja von ihrer Residenz in Jerusalem, dem Tempelberg (Haram
aš-Šarif) haben, wo sie in der al-Aqsa ihren Konvent hatten und im Felsendom eine Kirche einrichteten, diese Kapelle errichtet haben, dann stand ihnen dafür viel eher der Felsendom als die Grabeskirche Modell.
Kurz darauf liefen wir über die namensgebende Brücke von Puente la Reina um dann, in Irache, an der Weinquelle zu pausieren. Leider war diese fast versiegt, so, dass nur wenige wirklich in den Genuss des sehr trockenen Weins kamen.
Nach einem Aufenthalt am Kloster chauffierte Maik uns weiter nach Vitoria-Gasteiz, wo gerade das Fest zu Ehren der Stadtpatronin, der Virgen Blanca, der weißen Jungfrau gefeiert wurde. Ein Spaziergang in die Altstadt lohnte sich, das Nebeneinander von Alt und Neu war sehr angenehm arrangiert. In Vitoria ist es gelungen, sehr behutsam moderne Elemente in die Altstadt zu integrieren. Mit einem ökologischen Gärten mitten auf dem höchsten Punkt des
elliptischen Berges, auf dem die Altstadt liegt, präsentierte sich die mittelalterliche Stadt als im 21. Jahrhundert angekommen.
Witzig waren auch die überdachten Rolltreppen, welche es erleichtern sollten, die zum Teil steilen Bergflanken aufzusteigen. Auch die durchbrochene Holzkonstruktion, welche den Verlauf der Stadtmauer nachempfindbar machen sollte, empfand ich als sehr gelungen.
Die Besucher der Feria de la Virgen Blanca erschienen zu einem großen Teil in baskischer Tracht, selbst die Punks hatten sich dem angepasst. Während an manchen Orten folkloristische Gruppen baskische Tänze aufführten, wurde jedoch an anderen Orten gesoffen und - ein verräterischer, leicht süßlicher Geruch verriet dies - dem Haschisch zugesprochen.

6. August 2014 – Salinas de Añana – Salto de Nervión – Burgos


Die erste Station des kommenden Morgens waren die Salinas de Añana. Hierbei handelt es sich um Terrassen am Zusammenfluss zweier salzhaltiger Bäche. Das Wasser wird in Holzleitungen über die Terrassen verteilt, wo es verdunstet und so das Salz durch Kristallisation gewonnen werden kann.
In der Sierra de Sálvada führte unsere Wanderung uns zunächst durch einen hayego (Buchenwald) zum Mirador Esquina Rubén und von dort, beäugt von Bart- und Gänsegeiern, welche die Winde nutzten, immer an der Steilkante des Karstgebirges entlang, zum Wasserfall des Nervión.
Nur... es floss kein Wasser...
Aber daran, dass nichts floss, waren wir ja bereits von der Weinquelle gewöhnt.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz kamen wir dann noch an einer 'lobera', einer Wolfsfalle vorbei. Davon gibt es im Nationalpark Monte Santiago drei Stück, sie funktionieren wie ein Trichter. Die Wölfe wurden in diesen Trichter hineingetrieben und bemerkten erst viel zu spät die Seitenmauern, welche ihnen die Auswege versperrten.
Über Santa Gadea del Cid gelangten wir, an der Sierra de Atapuerca, dem Fundort des in seiner Klassifizierung als eigener Art umstrittenen Homo antecessor vorbeifahrend, endlich nach Burgos, wo wir Stadtführer Mark Zoder begegneten, der uns die Stadt und besonders ihre nach ihrer jahrelangen Reinigung nun wieder weiß strahlende Kathedrale näherbrachte.
Natürlich warteten wir auch auf den Schlag des Papamoscas, denn wer den Papamoscas nicht
gesehen hat, der ist nicht in Burgos gewesen.
Der Papamoscas heißt natürlich nicht offiziell so. Es handelt sich dabei um einen anthropomorphen (menschengestaltigen) Apparat, der die Stunden schlägt. Dabei bewegen sich sein Arm zum Schlag und sein Mund, wohl um mitzuzählen. Das wirkt so als würde er nach Fliegen schnappen, weshalb man ihn den Fliegenschnapper - el Papamosacas - nennt.
Abends besuchten einige die Stadt erneut, u.a. ein Rockkonzert an der die
Stadt überblickenden Burg von Burgos.

7. August 2014 – León – Ponferrada


Eiligen Fußes verließen wir Burgos, um rechtzeitig nach León, der alten Legionärsstadt León (< legio VII) zu gelangen. Mark erwartete uns bereits und erklärte uns zunächst die Lage der Stadt, weiter als für Spanien gewöhnlich vom Fluss entfernt: Die Römer scheuten das Hochwasser. Die Stadtmauer, im Mittelalter immer wieder ausgebessert, folgte dabei auch in späterer Zeit dem römischen Verteidigungswerk.
Da der aus dem lateinischen Wort legio(nis) verschliffene Name der Stadt identisch mit dem des Löwen lautet, trägt die Stadt seit dem hohen Mittelalter den Löwen als Wappentier, so auch das Königreich Kastilien-León (mit der Burg) und so taucht das Wappen dann auch im spanischen Wappenw ieder auf.
Interessant auch der Aufbau der Kathedrale von León und ihrer Fenster. Zunächst hatte man das Mineralische, den Stein. Aus dem Stein erwuchsen die Pflanzen, die sich in den unteren Fenstern fortsetzten, darüber standen die Menschen mit Szenen aus dem Alltag und schließlich die Könige und Heiligen, als die eigentliche Krone der Schöpfung.
Die nächste Stadtion war das Ayuntamiento Antiguo, das Alte Rathaus im "feuchten Viertel".  Dieses allerdings besteht aus kaum mehr als seiner Fassade, weil der Stadt das Geld ausging, die dahinterliegende Kirche zu kaufen. Das "feuchte Viertel" hat seinen Namen erhalten, weil es tiefer lag als die Stadt intra muros und so häufiger Mal unter Hochwasser litt. Aber auch heute hat es, als Ort des Nachtlebens, den Namen durchaus verdient.
Nun ging es an einem alten Textillager, heute einer Bank vorbei, welche als Casa de Botines im neugotischen Stil am Rand der Altstadt steht. Es handelt sich dabei um ein Werk von Antoni Gaudí, der auch im benachbarten Astorga nach einem Brand den neuen Bischofspalast zu bauen begann, nach dem Tod des Bischofs aber mit dem Domkapitel in Streit geriet.
Eines der Highlights der Stadtführung war aber sicher die mit romanischen Malereien ausgestaltete Königsgruft in der Isidors-Kirche, welche die Geschichte des Lebens Jesu erzählt oder den Kalender mit den Jahresarbeiten des Bauers, der zu Beginn des Jahres darben muss aber zum Jahresende für seine Arbeiten belohnt wird. Im Kreuzgang sind Kopien römischer Grabsteine ausgestellt, nicht nur solche am Ort gefundener sondern sogar einer vom Niederrhein, wohin ein spanischer Legionär abkommandiert worden war.
Am Nachmittag stand der Besuch der Templerburg von Ponferrada an, wobei die eigentliche Templerburg nur der kleinste Teil der Burganlage ist. Der weitaus größere Teil ist erst in späterer Zeit entstanden.
Der Name der Burg stammt daher, dass der Bischof von Astroga die hiesige Brücke mit einem Eisengeländer versehen ließ: pons ferrata.
Besonderes Interesse weckte - neben dem Glanz in den Haaren des Kartenabreißers bei einigen der Damen - die Faksimile-Sammlung, in der auch einige gut lesbare deutschsprachige Handschriften des Mittelalters lagen. Außerdem gab es diverse medzinische Traktate, eines in hebräischer Quadratschrift, ein anderes, kastilisches, aus der Übersetzerschule Alfons des Weisen, von einem arabischen Original.
Im Anschluss stand ein kurzer Stadtspaziergang.

8. August 2014 – Las Médulas – Santiago de Compostela


Plinius der Ältere berichtete in seiner Naturgeschichte vor fast 2000 Jahren über die Methode des römischen Goldbergbaus in Spanien, welche er als 'ruina montium' bezeichnete. Dabei trieben die 'operatores', Arbeiter, die vom asturischen Adel, der nach der römischen Eroberung als Funktionselite weiterbestand, rekrutiert wurden, Stollen und Schächte in den weichen Untergrund. Gleichzeitig wurde Wasser herangeführt und in Becken gesammelt. Hin und wieder, berichtet Plinius, stürzte ein solcher Stollen auch mal ein und begrub die Arbeiter.
Am Ende wurden die Stollen und Schächte dann blitzgeflutet und mit lautem Getöse stürzten die Berge in sich zusammen, der Abraum wurde hinweggespült und die Arbeiter mussten "nur" noch Gold und Steine auseinanderklamüsern. Noch heute sind im Tal der eingstürzten Berge die großen Steinhaufen alle paar Meter zu sehen. Die Mühe galt den sekundären Goldseifen, die hier im Laufe der Erdgeschichte abgelagert wurden.
Zunächst fuhren wir zum Mirador de Orellán, von wo aus wir auf die Bergruinen, durch die wir später wanderten hinunterblickten. Hier seien noch einmal Maiks Fahrkünste hervorgehoben, der uns unbeschadet hoch und wieder herunter brachte.
Abends empfing uns Esteban Palomo zu einer etwas anderen Stadtführung durch Santiago. Er legte unser Augenmerk dabei nicht so sehr auf die einzelnen Gebäude als vielmehr auf die Stadt als Gebäudeensemble. Die Erbauer der Herrenhäsuer, Klöster und Kirchen hätten die Straßen und Plätze in ihre Arbeit mit einbezogen und so immer wieder Fluchten geschaffen, durch welche die Architektur der bereits bestehenden Gebäude miteinbezogen wurde. So sei es etwa kein Zufall, dass es wirke als reite der Heilige Martin von seinem Konvent über die Dächer der Häuser auf die Praza da Quintana, nein, der Architekt dieser Häuser habe diese so geplant, dass es so wirke.
Esteban zeigte sich auch davon überzeugt, dass der geometrische Barock, wie man ihn nur in den Granitbauten Santiagos kenne, richtungsweisend für die Arbeiten Gaudís und Picassos gewesen sei. Insbesondere der Kubismus habe diesem viel zu verdanken. Er räumte aber auch ein, dass er für diese These von Seiten seiner Kunstgeschichtsprofessoren schräge Blicke ernten könne, es sei also nichts offizielles, nur eine These.

9. August 2014 – Portugal und Miesmuscheln


Dieser fiese Reiseleiter! Hat er den Gästen doch glatt vorenthalten, dass sie zeitverschoben wurden. Und das gleich zwei Mal, hin und wieder zurück!
Ja, in Portugal ticken die Uhren anders. Dort schlägt dem Frommen die Stunde eine Stunde später. Aber wir waren ja nur mal eben über den Río Minho/Miño hinüber gefahren, um die imposanten Festungsanlagen im Vabaunstil, die Valença umgeben, zu besuchen. Die Portugiesen hatten Muffensausen vor einer spanischen Invasion, das konnte man hier deutlich sehen.
Während einige sich die Festungsanlagen ansahen und rüber ins spanische Tuy, welches sich mit einer mittelalterlichen Stadtmauer begnügte, schauten, leerten andere ihr Portemonnaie und kauften Mitbringsel aus Portugal, in erster Linie Wein und Frotteeprodukte.
Im Anschluss waren die Kelten an der Reihe mit ihrer für Nordportugal und Nordwestspanien eigentümlichen Cultura Castreña (Castro-Kultur). Wir besuchten an der Mündung des Miño, auf dem Berg der heiligen Tecla (port. Tegra) ein Castro, dessen Rundhütten Platz für ca. 3000 Bewohner boten. Nicht alle dieser Rundhütten (einige wenige waren auch eckig) waren dabei Wohngebäude, manche dienten auch als Werkstätten.
Anschließend ging es via Baiona, wo sich ein Disput darüber entzündete, ob das dort im Hafen liegende Boot wirklich eine maßstabsgerechte Replik der Pinta sei, zur Ría de Auseva, in die wir von O Grove aus hineinfuhren.
Zunächst zur Pinta. Ihre Repliken dümplen in den Häfen von Palos, dem Heimathafen der drei Schiffe der ersten Indienfahrt des Kolumbus und Baiona, weil die Pinta in Baiona nach der Entdeckung Amerikas erstmals wieder auf europäisches Festland traf.
Auf der Fahrt in die Ría de Auseva kredenzte man uns, nachdem wir zuvor einiges über die Muschelzucht erfuhren, Weißwein, Limonade und Miesmuscheln. Der Reiseleiter aß sogar Algen! 
Der letzte Punkt des Tages war die Ermita von Toja oder Toxa, welche außen ganz mit Jakobsmuscheln verkleidet ist. Nach den gotischen und barocken Kirchen der Tage zuvor war diese schlichte Kapelle in den Augen so manchen Gastes die schönste der besichtigten Kirchen.

10. August 2014 – Auf zum Ende der Welt – oder doch nur zum Ende des Landes?


Finisterra (oder galicisch Fisterra) bedeutet sowohl 'Ende der Welt' als auch 'Ende des Landes'. Es ist jedoch der falsche moderne Glaube von dem, was man meint, hätten die Menschen im Mittelalter geglaubt. dass Finisterra das Ende der Welt gewesen sei. Hier steckte die Vorstellung einer mittelalterlichen Vorstellung von einer Scheibenwelt drin. Im Mittelalter wusste man aber tatsächlich, dass die Erde eine Kugel war. Was man sich nur nicht vorstellen konnte war, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Sonnensystems war, weshalb man anstelle eines heliozentrischen Weltbildes einem geozentrischen anhing. Die beste Analogie zu Finisterra ist daher das englische bzw. cornishe Land's End.
Hierher, nach Fis- oder Finisterra, wandern viele der Pilger und verbrennen dort ihre Pilgerkleidung. Ein Brauch, der zwar verboten ist, aber, wie an zahlreichen Zeugnissen ersichtlich, dennoch praktiziert wird.
Das bäuerliche Galicien zeigt sich in den quer über Galicien verteilten hórreos, schmalen Speicherchen von ein paar Metern Länge auf Stelzen, mit winddurchlässigen Wänden, welche die Luft zirkulieren lassen - was sehr nötig ist im feuchten Galicien. Meistens haben die Speicher eine Länge von vielleicht fünf oder sechs Metern, doch in Carnota steht einer, der eine Länge von 34 Metern aufweist. Heute werden die hórreos kaum noch genutzt, aber es wird als Ehrensache verstanden, die kleinen Gebäude zu erhalten.
Anstelle eines Strandspaziergangs, den uns der Regen verleidete, besuchten wir den Wasserfall des Río Jalla bei Ézaro. Schließlich hielten wir in Mugía, wo ein Teil der Gruppe zum sturmumtosten Kapp und der Kirche der Virxe da Barca wanderte, die im Winter 2013/2014 durch Blitzschlag stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ein anderer sich auf einem spanischen Mittelaltermarkt vergnügte.
Am Nachmittag nutzten viele die Gelegenheit, der Altstadt von Santiago und vor allem ihrer Kathedrale einen Besuch abzustatten.

11. August 2014 – Abschied von Santiago


Der Kathedralenstrand liegt an der spanischen Nordküste. Hier herrscht Schiefer als Gestein vor, das in verschieden harten Schichten vom Meer umspült wird. So entstehen Säulen, die sich an die Felsküste anlehnen, Bögen und Höhlen. Bei mittlerweile wieder gutem Wetter genossen wir hier unseren Strandspaziergang oder hörten einem spanischen Gaita-Spieler zu.
Anschließend zeigte uns Marian ihre Heimatstadt Oviedo und deren Kathedrale, erzählte uns ihre Legenden und führte uns auch zu dem einen oder anderen versteckten oder unscheinbaren Örtchen.
Gegen Abend erreichten wir Ribadesella, wo gerade der Descenso Internacional del Sella, ein Kanurennen welches in Arriondas in den kantabrischen Bergen beginnt und nach fünfzehn Kilometern am Strand von Ribadesella endet, stattfand.

12. August 2014 – Vom Ursprung der Reconquista, Altamira und die Stadt der drei Lügen


711 landete Tariq ibn Ziyad an dem Berg, der bis heute seinen Namen trägt: Gibraltar (< Dschabal Tar[iq]). Kurze Zeit darauf besiegte er in der Schlacht am Guadalete nach Cádiz den Westgotenkönig Roderik (Roderich, Rodrigo) und es gelang ihm, Toledo zu besetzen, wo der westgotische Adel sich hätte zusammenfinden müssen, um einen neuen König zu wählen. Damit war das Westgotenreich nach etwa 200 Jahren Geschichte, lediglich regional wurde noch so etwas wie eine westgotische Herrschaft aufrechterhalten. Den Muslimen gelang es durch Eroberungen und Verträge, die gesamte iberische Halbinsel unter ihre Kontrolle zu bringen. Erst 722 regte sich, aus den Kantabrischen Bergen Widerstand. Um den Asturier Pelagius (Pelayo) herum hatte sich eine Gruppe von Leuten gebildet, welche von den Arabern nur als Barbaren in den Bergen, die sich nur von Honig und Ziegenmilch ernährten wahrgenommen wurden.
Der Legende nach, sollen ca. 200.000 Araber gegen knapp 30, in einer Höhle des Berges Auseva sitzende Asturier ausgezogen sein, um diese zu unterwerfen. Oppas, der Bischof von Sevilla, soll mitgekommen sein und Pelayo aufgefordert haben, die Höhle zu verlassen. Als dieser nicht folgte, wurde die Höhle beschossen, doch die göttliche Macht - manche sagen auch, die schnöde Physik und die Schwerkraft - wendete die Geschosse gegen ihre Schützen und ein Großteil des Heeres fiel durch durch das eigene Feuer. Der Rest floh und wurde durch eine Lawine in den nächsten Fluss gestürzt. Seitdem gilt die Covadonga (die Höhle der Jungfrau Maria) als Keimzelle der Reconquista und ist gewissermaßen ein spanisches Nationalheiligtum. Historiker sprechen von einem "notwendigen Mythos".
Covadonga ist aber nur eine Höhle unter vielen und außerdem eine recht kleine. Das gesamte Kantabrische Gebirge, das sehr verkarstet ist, ist von Höhlen durchzogen. Manche wurden erst durch den Abbau von Mineralien und Erzen entdeckt, andere zeigen Spuren von menschlicher Besiedlung über mehrere tausend Jahre. Insbesondere die der jüngeren Altsteinzeit zugehörigen Kulturen des Solutréen und des Magdalénien, die sich im Raum Südfrankreich/Nordspanien konzentrieren, sind hier durch viele Zeugnisse vertreten. Speziell das Magadalénien gilt den Prähistorikern als Zeit der Innovationen und des kulturellen Sprungs.
Zeugnisse des Magdalénien zeigen sich auch in der über mehrere tausend Jahre von nomadisierenden Jägern und Sammlern genutzten Höhle von Altamira. Der Höhleneingang war eingestürzt und die Höhle so erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt worden.
Besonders hervorzuheben sind in der Höhle Malereien von Pferden, Wisenten und Hirschkühen. Die prähistorischen Künstler verwendeten dabei Risse in der Höhlendecke und die konkaven und konvexen Unregelmäßigkeiten für die Gestaltung der Tiere.
Altamira liegt ganz in der Nähe von Santillana del Mar, dem schönsten Dorf Spaniens, wie Jean-Paul Sartre angeblich meinte. Santillana del Mar wird auch als die Stadt der Lügen bezeichnet, denn sie sei weder heilig (sant@), noch flach (llan@), noch liege sie am Meer (del Mar). Tatsächlich ist die Stadt nur wenige Kilometer vom Meer entfernt. Tatsächlich handelt es sich bei dem Namen um eine Verschleifung von Santa Juliana, der Märtyrerin, deren Gebeine in der hiesigen Kollegiatskirche liegen.

13. August 2014 – Von Bilbao nach Bayone


Wir hatten die Nacht bereits in Bilbao verbracht, jetzt war es Zeit, die Stadt ein wenig kennenzulernen. Ein gemeinsamer Spaziergang führte uns vom Guggenheim-Museum durch den Skulpturenpark am Nervión entlang zum Kongresspalast.
Im Anschluss gingen wir ins Guggenheim Bilbao, den berühmten Bau von Frank Gehry. Die abwärts führende, sich allmählich verjüngende Treppe erweckte den Eindruck, als würde das Guggenheim den Besucher geradezu einsaugen.
Im Guggenheim war eine dauerhafte Installation von Ricardo Sella zu bewundern sowie die Sonderausstellungen von Jaques Braque über dessen Lebenswerk sowie die Half-a-Wind-Show von Yoko Ono. Insbesondere letztere spaltete die Meinungen doch sehr. Die Video-Installation "Die Besucher" von Ragnar Kjartansson dagegen begeisterte.
Leider mussten wir nach dem Museumsbesuch schon fünf Mitreisende verabschieden, die schon mal vorflogen. Die übrigen achtzehn Mitreisenden besuchten als nächstes San Sebastián (bask. Donostia) und dort den Peine del Viento XV (Windkamm XV) von Eduardo Chillida und die ehemalige Sommerresidenz der spanischen Könige, den Palacio Miramar, der sofort Erinnerungen an England weckte. Kein Wunder, beauftragte die Königsfamilie doch dafür einen britischen Architekten, der den Sommersitz im Tudor-Stil plante.
Anschließend überquerten wir die Grenze nach Frankreich und übernachteten in Bayonne.

15. und 16. August 2014 – Burgund


Nach einer Nacht bei Lyon folgten wir der Saône hoch bis Dijon. Hier besichtigten wir die Altstadt und ihre Kirchen sowie den Palast der Herzöge von Burgund. Es wird sogar berichtet, dass einige Sachsen dem geliebten Bautzener Senf untreu wurden und Dijoner Senf probierten oder gar kauften.
Am Abend kamen wir, nach einer Tour an den Orangerien und den europäischen Institutionen vorbei, ins Straßburger Hotel. Wer danach noch die Muße hatte, bis zum Münster zu laufen, wurde mit einer eindrucksvollen Lichtshow belohnt. Wer das nicht nutzte, begab sich eben am nächsten Morgen bis zum Münster, dem Wahrzeichen der Stadt. Danach ging es dann in die heimatlichen Gefilde.

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