Reisebericht: Rundreise in Polen – Danzig & Masuren

10.06. – 16.06.2018, 7 Tage Busreise in die Masuren: Danzig – Oberlandkanal – Masuren – Nikolaiken – Heilige Linde – Zondern – Marienburg


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Bei milden Temperaturen den Norden Polens mit seinen bedeutenden Ordensstädten, den tiefen Wäldern und klaren Seen zu erkunden, ist so interessant, wie erholsam. Die gute Küche tut ein Übriges.
Ein Reisebericht von
Andreas Höhn

Sonntag, den 10. Juni 2018– Fahrt nach Danzig

Auf entspannt leeren Straßen fuhren wir von Hainichen über Dresden nach Berlin, dann bei Frankfurt/Oder über die Grenze nach Polen. Der Reiseleiter erzählte allerhand über seine brandenburgische Heimat und die Geburtsstadt Frankfurt/ Oder, sowie über das sich anschließende Lebuser Land und den hier im Mittelalter agierenden Templerorden. Weiter ging es nach Großpolen zur alten Handelsstadt Posen und vorbei an Polens ältester Haupt- und Bischofsstadt Gnesen mit der imposanten Doppelturmfront des gotischen Domes. Dahinter ein Blick auf Strzelno mit seinen beiden bedeutenden romanischen Kirchenbauten. Während der Fahrt erzählte der Reiseleiter wichtige Fakten über den Deutschen Orden und seine Landnahme im Pruzzenland, sowie über Stadt- und Burgengründungen und die Durchsetzung des Kulmer Rechts. Wir passierten so, immer auf nagelneuer Autobahn parallel zur Weichsel fahrend Kulm, das neben Thorn als schönste mittelalterliche Stadt Polens gilt, dann die Festungsstadt Graudenz, deren mächtige Speicher wie ein Wall an der Weichsel stehen, dann Marienwerder mit der Domburg und dem größten Dansker, einer Riesentoilette über dem Fluß, zuletzt noch Gnewe mit der Ordensburg und Pelplin mit seiner weitestgehend original erhaltenen Zisterzienserkirche. Gegen 17 Uhr kamen wir bei unserem Hotel an, das auf einer der Speicherinseln lag. Nachdem alle ihr Zimmer bezogen hatten, unternahmen wir mit dem Reiseleiter einen kleinen Stadtspaziergang, der von der Speicherinsel über die Mottlau durch das Grüne Tor auf den Langen Markt führte. Nach dem Abendessen gingen viele Gäste nochmals in die belebte Altstadt.

Montag, den 11. Juni 2018– Danzig

Pünktlich um neun holte uns Herr Peter im Hotel zur Stadtführung ab. Die Mottlau entlang ging es durch mehrere Gassen zur Marienkirche, der größte Backsteinkirche überhaupt. Ihre einst reiche Ausstattung ging zwar nach der Reformation und nach dem Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen verloren, ist aber immer noch eindrucksvoll mit gotischem Hauptaltar und Kreuzigungsgruppe, diversen Nebenaltären und der astronomischen Uhr. Durch die lange Straße liefen wir dann zum Ensemble aus goldenem und Königstor, sowie dem Stockturm, wo uns bereits der Bus erwartete um uns zum Zisterzienserkloster Oliva zu bringen. Wir passierten dabei die ehemalige Leninwerft mit dem Denkmal des Arbeiteraufstandes der Gewerkschaft Solidarität. Hier erzählte uns Peter, daß die gegenwärtige polnische Regierung gerade die Geschichtsbücher ändern und die Rolle von Lech Walesa tilgen lässt. Nach neuer Lesart haben allein die Zwillingsbrüder Kaczynski den Aufstand organisiert und die politische Wende in Polen herbei geführt. Leider fehlen Fotos, aber mit moderner Technik wird man schon geeignete finden. Danach fuhren wir am Bernsteinstadion vorbei, das für die Fußball-WM 2012 gebaut worden war und anschließend kam mit dem Stadtteil Langfuhr die Lebenswelt des Günter Grass in unseren Blick, zum Beispiel das Konradinum, an dem der Nobelpreisträger sein Abitur ablegte. In Saspe ist aus einem kleinen Fischerdorf ein riesiges Neubaugebiet geworden und in Oliva schien die Zeit stehen geblieben zu sein. 1186 hatten die Zisterzienser mit der Anlage ihres Klosters begonnen. Acht Dörfer hatte der pommersche Herrscher ihnen geschenkt, um zivilisatorisches Know how ins Land zu holen und um eine standesgemäße Grablege für sein Geschlecht zu stiften. Beide Pläne gingen auf. Die Mönche bauten am Olivabach Teiche und Mühlen, in denen sie auch Hämmer betrieben. Nach der Reformation, die in Danzig schon 1518 griff, wurde ihre Kirche von den Katholiken als Hauptkirche genutzt, ab 1925 war sie Sitz des neu gegründeten Bistums Danzig. Die alte Ausstattung wurde fast komplett zu Beginn des 17. Jahrhunderts von den Schweden geraubt oder vernichtet, die ziemlich einheitliche Barockausstattung entstand nach dem Frieden von Oliva ab 1688. Nur der an den Petersdom angelehnte Hochaltar von 1606 hat diese Raubzüge überdauert. Prunkstück der Kathedrale ist die Orgel, die eigentlich aus drei Instrumenten besteht, die von einem Tisch aus gespielt werden können. Sie 1763-88 von Johann Wulf aus Wormditt gebaut und besitzt 7876 Pfeifen Üppige Schnitzereien und diverse mechanische Teile lassen das Spiel auch optisch abwechslungsreich erscheinen. Wir konnten einem kleinen Konzert mit Stücken von Bach und Saint Saens, sowie technisch prägnanten Phantasien beiwohnen.
Danach ging es zurück nach Danzig, wo wir an den Speicherinseln ausstiegen. Einige Gäste folgten dem Reiseleiter auf einem Spaziergang in die Altstadt, bei dem die beiden mittelalterlichen Mühlen, das altstädtische Rathaus, die Nikolaikirche und die benachbarte historische Markthalle besichtigt wurden. Nach einem typisch polnischen Mittagsmahl mit altpolnischer Suppe und Piroggen ging es weiter zur Katharinenkirche, dann zur Brigittenkirche, in der die Solidarnocz im Untergrund wirkte und zum Schluss nocheinmal zum Krantor. Einige Gäste unternahmen eine Bootsfahrt zur Westerplatte, wo mit den Schüssen der Schleswig Holstein der Zweite Weltkrieg begann.

Dienstag, den 12. Juni– In die Masuren

Um halbneun fuhren wir mit Peter Richtung Osten nach Elbing. Die total zerstörte Stadt wurde erst seit der Wende wieder in ihren historischen Formen aufgebaut. Die monumentale gotische Kirche kann einige qualitätvolle hochgotische Schnitzaltäre präsentieren, die von den Zünften der einst reichen Stadt gestiftet wurden. Besonders schön ist die Bronzetaufe aus dem 14. Jahrhundert, deren Basis von mehreren verschiedenen Löwenfiguren getragen wird. Anschließend ging es zum oberländischen Kanal, der die Städte Elbing und Osterode verbindet. Bei Buchwalde bestiegen wir bestiegen das Ausflugsboot Cyranka, zu deutsch Entlein, mit dem wir über den spektakulären und berühmten Schienenweg fuhren.
Nach langen Diskussionen bei Parlament und Krone konnten sich die Großgrundbesitzer erst bei König Friedrich Wilhelm IV. mit dem Projekt eines Kanals zum Transport ihrer Produkte, vor allem Holz und Getreide, durchsetzen. Von 1844-60 wurde unter Leitung des Königsberger Wasserbaumeisters Georg Steenke von Elbing bis Osterode der Kanal gebaut, was einer Strecke von 87 Kilometern entspricht. Auf dem nicht einmal zehn Kilometer langen Abschnitt zwischen Buchwalde und Kussfeld müssen insgesamt fast einhundert Höhenmeter überwunden werden, was mit Schleusen zeitraubend und unwirtschaftlich gewesen wäre. Deshalb baute man auf fünf geneigten Ebenen Schienen, auf denen ein Rollwagen die Schiffe aus dem Wasser über die Ebene ziehen kann. Als Gegengewicht fungiert ein in Gegenrichtung fahrendes Schiff oder wenn dies nicht vorhanden, Gewichte. Täglich befuhren zwischen zehn und 57 Schiffe den Kanal, aber seit dem Bau einer Eisenbahnstrecke 1893 sank die Auslastung stetig, weshalb man immer mehr auf eine touristische Nutzung umschwenkte. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Schiffsverkehr eingestellt und 1948 nach einigen Reparaturen wieder aufgenommen. 1992 übernahm die Stadt Osterode den Verkehr, seitdem befahren jährlich vom ersten Mai bis Ende September mehr als dreißigtausend Gäste das einmalige Industriedenkmal.
Unsere Fahrt gestaltete sich recht kurzweilig, weil immer wieder interessante Informationen über den Kanal und die passierten Orte geliefert wurden. Dann gab es zum Mittagessen riesige Krakauer Würste mit Gurke und anschließend konnte man noch Kuchen essen. Natürlich fehlten auch nicht typisch polnische hochgeistige Getränke, mit denen das Personal herumkam. Nach der Fahrt ging es weiter nach Allenstein, der Hauptstadt von Ermland- Masuren. Wir stiegen an der gut erhaltenen Ordensburg aus und schlenderten in die Altstadt zum gotischen Rathaus. Ein Souvenirverkäufer warb mit einem reichen Angebot an deutschsprachigem Informationsmaterial für die deutsch- polnische Freundschaft. Nach dem Spaziergang ging es nach Sensburg in unser direkt an einem großen See gelegenes Hotel, wo uns ein leckeres Abendbrotbuffet erwartete.

Mittwoch, den 13. Juni– Masurenrundfahrt

Hochbarock baute der Jesuitenorden im Rahmen der Gegenreformation das Kloster Heilige Linde. Einem zum Tode Verurteilten soll die Madonna erschienen sein, die ihm ein Stück Holz gab, aus dem der eine wunderschöne Madonna schnitzte, die seitdem verehrt wurde und immer mehr Pilger anzog. Neben den illusionistischen Fresken auf Wänden und an der Decke ist die prachtvolle Barockorgel ein Hauptanziehungspunkt. Das unlängst von der Firma Sauer aus Frankfurt an der Oder restaurierte Instrument besitzt fast viertausend Pfeifen und 42 Register. In einem kleinen Konzert konnte man ähnliche mechanische Spielereien bewundern, ähnlich denen von Oliva. Nach einer konzertanten Präsentation fuhren wir durch dichte Waldgebiete nach Rastenburg zur Wolfsschanze, dem ehemaligen Hauptquartier der nationalsozialistischen Heeresleitung unter Führung von Adolf Hitler. Auf dem Weg lag das Örtchen Karlshof, wo sich eine der bedeutendsten psychiatrischen Heilanstalten Ostpreußens befand. Als die Organisation Todt unweit von dort den Bau der Wolfsschanze beschlossen hatte, bedeutete dies das Aus für die Insassen und der gesamte Gebäudekomplex wurde requiriert. Ein Stück weiter liegt mitten im Wald das von der Wehrmach beim Abzug gesprengte Areal der Wehrmachtsführung. Dem Stabsoffizier Graf Schenk von Stauffenberg misslang am 20. Juli 1944 hier ein Attentat auf Hitler, woraufhin viele Beteiligte verhaftet und nach einem Schauprozess hingerichtet wurden. Zu den Verschwörern zählten auch Angehörige alter ostpreußischer Familien, wie den Dönhoffs. Der Herr, der die Gruppe führte, hat sich seit Jahrzehnten mit der Region beschäftigt, über die er auch mehrere Bücher veröffentlicht hat. Anschließend konnte man bei ihm auch seine deutsch publizierten Bücher erwerben. Nach einem Busimbiss am See in Rhein fuhren wir in das kleine Örtchen Zondern zur Pension von Christel. Uns erwartete frisch gebackener, noch warmer Hefekuchen und Kaffee. Dazu erzählte Christel in breitem ostpreußischen Dialekt über ihre Familie und das Leben im abgelegenen Ostpreußen. Wir durften ihr mit viel Engagement eingerichtetes Heimatmuseum bestaunen, angefangen von der Sammlung alter Kaffeekannen und Puppen bis hin zum komplette eingerichteten masurischen Bauernhaus und den alten landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Auf dem Rückweg zum Hotel stiegen einige Gäste aus, um sich noch vom Reiseleiter das Städtchen Sensburg mit einer bedeutenden evangelischen Kirche zeigen zu lassen.

Donnerstag, den 14. Juni 2018– Nikolaiken und Eulalia

Nach entspanntem Frühstück ging es nach Nikolaiken, dem wohl bekanntesten touristischen Ort der Masuren. Nach einem Stadtbummel unternahmen wir eine Bootsfahrt auf dem Spierdingsee, mit 113 Quadratkilometern Oberfläche dem größten in Polen. Die breiteste Stelle ist 22 Kilometer breit, dafür die tiefste Stelle ist nur 23 Meter tief, was der Form des eiszeitlichen Geschiebes geschuldet ist. Uns begegneten viele Segler und an den Ufern konnte man viele Wasservögel beobachten. Anschließend ging es nach Krutinnen, wo wir zunächst ein leckeres polnisches Essen auf der Terrasse einer Gastwirtschaft genießen konnten. Danach
Wurde die Gruppe auf zwei ganz flache Boote, ähnlich den Spreewaldkähnen, verteilt und über die Krutinne gestaakt. Der Fluß hat kristallklares Wasser mit vielen kleinen Fischlein, ist an den Rändern üppig bewachsen und viel Schilf und Seerosen geben der Bootsfahrt die Illusion, dass man durch einen Urwald fährt.
Nach der Bootsfahrt ging es zur Fondation Eulalia, wo uns mitten im Wald Eulalia auf ihrem Wallach wie eine Räuberbraut empfing. Während einer Fahrt durch den Wald auf einem Planwagen umkreiste uns die Reiterin mit Pferd und vier Hunden. Auf ihrem am Wald gelegenen Anwesen führte Eulalia die Gäste zunächst über ihre Wirtschaft und zeigte die Tiere ihres Gnadenhofs. Anschließend gab es ein von musikalischen Einlagen umrahmtes, sehr leckeres Essen. Nach Schmalzstullen folgte die Hochzeitssuppe, dann ein kleines Grillsteak und zum Abschluß Kaffee und frischer selbst gebackener Kuchen. Herr Roman spielte hervorragend auf seinem Weltmeister- Akkordeon und Eulalia sang am Schlagzeug. Zum Schluß brachten uns Eulalia und ihre Tochter sogar noch den polnischen Nationaltanz, den Krakowiak bei. Alle fanden, dass dies ein äußerst gelungener und stimmungsvoller Abend war.

Freitag, den 15. Juni 2018– Marienburg und Heimfahrt

Nach dem Frühstück verließen wir durchaus mit ein wenig Trauer die Masuren. Die Landschaft und das Hotel in Sensburg mit seinen freundlichen Mitarbeitern hatten es allen angetan. Über Allenstein, Osterode und Elbing ging es nach Marienburg. Allein diese an historisch bedeutsamen Orten so reiche Strecke wäre mehr als eine Tagestour wert, aber uns zog es zur Marienburg, dem größten profanen Backsteinensemble überhaupt, in dem seit 1309 der Hochmeister des Deutschen Ordens residierte. Hier hatten wir mit der Deutschlehrerin Frau Anna eine sehr kompetente Führerin, die uns zunächst durch die Vorburg in den Innenhof und dann durch Rempter, Hochmeisterpalast, Schatzkammer und Küchentrakt in die erst letzten Winter komplett eingewölbte Kirche führte, in der neben diversen Wandmalereien und gotischen Figuren gleich zwei noch spätromanische Portale mit überreichem Figurenschmuck erhalten sind. Bei den klugen und törichten Jungfrauen denkt man unwillkürlich an Bamberg oder Naumburg. Selbst ein aussagekräftiges Stück Fußboden darf man betreten, allerdings mit Plexiglas zwischen Kacheln und Schuhen. Seit kurzem zu bewundern ist ein spätgotischer Altar mit einer Marienkrönung und einem Stifterwappen aus der Markgrafschaft Meißen, schließlich war der zeitgenössische Hochmeister ein Wettiner. In einem Kellergewölbe sind mit guter Beleuchtung historistische Kirchenfenster vom Leipziger Kunstprofessor Johann Baptist Haselberger (1840 - 1900) ausgestellt, die sich an einen mittelalterlichen Fensterzyklus einer Kirche aus Kulm anlehnen, der um 1400 geschaffen wurde.
Die Marienburg ist einmalig in ihrer Ausdehnung am Fluß Nogat, der unweit in die Weichsel mündet. Und noch immer stoßen Archäologen auf weitere Grundmauern von Vorburgen und Wirtschaftshöfen. Jedes Jahr kommen neue Bauten oder Teile davon hinzu. Im Keller dann die schönsten gotischen Altäre und Skulpturen, sehr gut präsentiert und ausgeleuchtet. Nach der Führung konnte man sich noch weitere Details ansehen oder rittermäßig rustikal im Zelt speisen, bevor es zur Königin der Hanse nach Danzig ging. Hier bei unserem Hotel auf der Speicherinsel angekommen, verabschiedeten wir unseren kundigen Gästeführer Peter und die meisten Gäste gingen nochmals mit dem Reiseleiter oder allein in die so alte und doch lebendige Stadt.
Am nächsten Tag traten wir nach dem Frühstück die Heimfahrt an und kamen mehr als pünktlich an unsere Ausstiegsorte. Eine schöne Reise, auf der viel gesehen und viele schöne Bekanntschaften geknüpft wurden, ging zu Ende.

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