Reisebericht: Schottland aktiv erleben – Großbritannien

28.07. – 09.08.2019, 13 Tage Kultur– & Wanderreise in Schottland: Glasgow – West Highland Way – Glen Nevis – Jacobite Steam Train – Great Glen Way – Loch Ness – Orkney–Inseln – Edinburgh – Hadrianswall


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Schottland ist für viele Kultur- und Naturbegeisterte ein echtes Traumziel, weshalb sich 19 liebe Reisegäste freiwillig als Versuchskaninchen gemeldet haben, um mit mir zum ersten Mal eine neue Aktivreise durch das Land nördlich des Tweed zu absolvieren.
Ein Reisebericht von
Dr. Andreas Wolfsteller
Dr. Andreas Wolfsteller

1. Tag (Sonntag, 28.07.2019): Ankunft in Glasgow

Unsere Rundreise beginnt und endet auf dem Flughafen von Glasgow, der größten schottischen Stadt. Schon seit einiger Zeit ist die Metropole am Clyde dabei, sich von einer armen Arbeiter- und Industriestadt zu einem Zentrum für Dienstleistungen und Kultur zu wandeln. 1990 konnte sie sogar den Titel als Kulturhauptstadt Europas ergattern und steht seitdem auch bei Touristen immer höher im Kurs. Neben Kunst- und Gemäldegalerien ziehen vor allem auch die kostenlosen (!) Museen jede Menge Besucher an. Am modernen Riverside Museum, entworfen von der Star-Architektin Zaha Hadid, in dem vor allem alte Fahrzeuge und Lokomotiven ausgestellt sind, machen wir einen ersten Fotostopp. In der mondänen Kelvingrove Art Gallery gewähre ich meinen Gästen einen längeren Aufenthalt, damit sie sich von der Anreise erfrischen, eine Kleinigkeit essen und natürlich die sehr vielfältigen und abwechslungsreichen Ausstellungsräume bewundern können. Wir kommen sogar genau zur rechten Zeit und werden mit einem kleinen Orgelkonzert begrüßt. Nach der Besichtigung des größten Glasgower Museums schlendern wir hinüber zur renommierten University of Glasgow, deren Hauptkomplex eher an ein Märchenschloss erinnert. Völlig untypisch für das schottische Wetter werden wir sogar von den warmen Strahlen der Abendsonne liebkost. Mit der viertältesten (und vielleicht knuffigsten) U-Bahn der Welt fahren wir zurück in die Innenstadt, wo wir durch die Fußgängerzone bis zum Rathaus (den City Chambers) am George Square bummeln, hinter dem sich unser Hotel befindet.

2. Tag (Montag, 29.07.2019): Wanderung am Loch Lomond auf dem West Highland Way

Vielleicht dämmert es meinen Gästen heute, dass sie sich auf eine echte Abenteuerreise eingelassen haben. Zumindest wird ihre Konstitution einem ersten Belastungstest unterzogen, denn die 12 Kilometer lange Wanderung auf dem West Highland Way, dem beliebtesten Fernwanderweg Schottlands, ist durchaus anspruchsvoll. Zeit haben wir aber genug für die Strecke, nachdem uns die Fähre am Inversnaid Hotel am Ostufer des Loch Lomond abgesetzt hat. Doch wir müssen auch vorsichtig sein, denn wir befinden uns in den Landen des Clans MacGregor, dessen berühmtester Vertreter, Rob Roy, ein berüchtigter Viehdieb und Gesetzloser war. Räuber lassen sich aber nicht blicken, während wir auf dem Weg in südlicher Richtung laufen, nur andere Wanderer, die freundlich grüßen und sich fast ausschließlich ebenfalls als Germanen entpuppen. In einer verlassenen Schutzhütte legen wir unsere Mittagspause ein und blättern neugierig im Gästebuch. Zwischendurch werden wir immer mal wieder von einem leichten Regen heimgesucht, aber nie wirklich nass. Die meiste Zeit über verläuft der Weg parallel zum Seeufer, streift mehrere kleine Wasserfälle, entführt uns gelegentlich in den Wald, nur um uns dann wieder neue Perspektiven auf den Loch Lomond und die umliegenden Hügel und Berge zu eröffnen. Wir liegen gut in der Zeit, als wir am Nachmittag die Jugendherberge in Rowardennan erreichen, von der wir später mit der Fähre wieder abgeholt werden. So können wir uns einen Abstecher in den örtlichen Pub gönnen, wo wir uns mit einem Kaffee, Bier oder Eis belohnen, und vor dem nun doch heftiger werdenen Regen in Sicherheit sind. Bei einer Tasse Kakao tuckern wir dann gemütlich über den flächenmäßig größten Süßwassersee Schottlands, der besonders im Süden mit vielen kleinen malerischen Inseln gesprenkelt ist. In Tarbet erwartet uns unser Fahrer Jim mit seinem blitzblank geputzten silbergrauen Bus und fährt uns sicher zurück nach Glasgow.

3. Tag (Dienstag, 30.07.2019): Schlachtfeld von Bannockburn – Stirling – Wanderung im Glen Nevis

Am heutigen dritten Tag verlassen wir Glasgow und nehmen Kurs auf das heimliche Herz Schottlands, die Region um Stirling. Hier wurden zwei wichtige Schlachten um die Zukunft und Unabhängigkeit Schottlands geschlagen, hier lehrten zwei schottische Nationalhelden die Engländer das Fürchten: William Wallace und Robert the Bruce. Während ersterer in der Battle of Stirling Bridge einen Überraschungserfolg landete, später jedoch vernichtend geschlagen, verraten und grausam hingerichtet wurde, gelang es Robert the Bruce einige Jahre später in der Battle of Bannockburn die Vorherrschaft der Engländer in Schottland endgültig zu brechen und die Weichen für ein unabhängiges Königreich zu stellen. Bei unserer Ankunft beginnt sich der Nebel auf dem ehemaligen Schlachtfeld zu lichten und gibt den Blick auf das Reiterdenkmal zu Ehren des schottischen Königs frei. In der Ferne wird das Stirling Castle auf seinem Vulkansockel thronend von der Morgensonne angestrahlt. Wir lassen uns zurückversetzen in eine Zeit voller Verrat, Intrigen und wechselnder Allianzen, in der den Adligen das eigene Wohl, der eigene Aufstieg stets mehr galt als das Wohl des Volkes. Vom Parkplatz vor dem Stirling Castle aus erkunden wir dann zur Mittagszeit die geschichtsträchtigen Gassen der Altstadt und decken uns mit ein bisschen Proviant ein. Am Nachmittag erreichen wir über das geheimnisvolle Glen Coe, Schauplatz eines der blutigsten Massaker auf den Britischen Inseln, die Highlands. Schroffe schwarze Felsen türmen sich um uns herum auf und glitzern im Licht der Sonne zwischen den gras- und moosbewachsenen grünen Hängen. Unterhalb des höchsten Berges in Schottland, dem Ben Nevis, unternehmen wir zum Abschluss des Tagesprogramms bei schönstem Wetter eine kleine Wanderung, während der wir auch einen Blick auf den ausnahmsweise nicht von Wolken umhüllten Gipfel werfen können. In unserem neuen Hotel etwas südlich von Fort William genießen wir zudem ein sehr leckeres Abendessen.

4. Tag (Mittwoch, 31.07.2019): Jacobite Steam Train – Isle of Skye – Eilean Donan Castle

Alle Harry-Potter-Fans kommen am Vormittag voll auf ihre Kosten, denn wir fahren mit dem Jacobite Steam Train von Fort William nach Mallaig. Der Zug ist Filmenthusiasten wohl besser bekannt als Hogwarts Express. Unterwegs fahren wir entlang der Küste, durch einige Tunnel, vorbei an malerisch gelegenen Lochs und auch über das berühmte Glenfinnan Viaduct. In Mallaig erwarten uns dann sowohl unser neuer Busfahrer Paul mit dem Bus als auch die Fähre auf die Isle of Skye. Die Insel gilt unter Wanderern und Kletterern als landschaftlich besonders reizvoll. Im Örtchen Armadale auf der größten Insel der Inneren Hebriden residierten aber auch die Herrscher des Clans MacDonald, die Lords of the Isles, die die anderen Highland Clans lange Zeit terrorisierten. Auch der Clan Macrae kann davon ein Liedchen singen, denn sein Stammsitz ist das Eilean Donan Castle, das sich - heute über eine Brücke erreichbar - zwar auf dem schottischen "Festland", aber nicht weit von der Isle of Skye entfernt befindet. Noch heute rühmt sich der Clan damit, die MacDonalds bei einem Überfall mit nur drei Verteidigern erfolgreich in die Flucht geschlagen zu haben. Die in den 1920er Jahren originalgetreu rekonstruierte Burg ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Schottlands und diente in vielen Filmen als Kulisse. Hatten wir bis jetzt großes Glück mit dem Wetter, so holt uns nun doch der angekündigte Regen ein. Wie gut, dass wir uns mit Audio Guides bewaffnet in das Castle flüchten können. Der Wohnturm beeindruckt uns mit seinen dicken Mauern, der großen Halle, verborgenen Geheimgängen und einer großen Küche, in denen mit sehr authentisch wirkenden Puppen das geschäftige Treiben der Vergangenheit nachgestellt ist. Als Besucher sollen wir drei kleine Mäuse finden, die in der Küche und in der Vorratskammer versteckt sind. Auf der Rückfahrt zum Hotel genießen wir die Aussicht auf die wunderschönen Highlands und freuen uns auf das Abendessen.

5. Tag (Donnerstag, 01.08.2019): Neptune's Staircase – Wanderung von Fort Augustus nach Invermoriston – Urquhart Castle – Inverness

Auf unserer Reise nähern wir uns heute immer mehr der Hauptstadt der Highlands, Inverness. Theoretisch könnten wir auch das Boot nehmen, um den Great Glen zu durchqueren, denn Fort William und Inverness sind seit 1822 durch den Caledonian Canal verbunden. Den Beginn des Kanals markiert die Schleusentreppe Neptune's Staircase mit acht Schleusen. Bei einem Fotostopp beobachten wir, wie eine Familie mit Kind und Hund ihr kleines Segelboot nach und nach durch die einzelnen Kammern schleust. Der ganze Prozess dauert 90 Minuten. So viel Zeit haben wir dann aber doch nicht eingeplant, denn wir wollen lieber wieder wandern und die tolle Landschaft genießen! Die Gelegenheit dafür bietet sich uns auf der Wanderung von Fort Augustus bis nach Invermoriston auf einem Teilabschnitt des Great Glen Way. Nachdem wir uns im hübschen kleinen Örtchen am Westende des Loch Ness, in dessen Mitte sich ebenfalls eine Schleusentreppe befindet, etwas umgesehen und die nötigen Besorgungen erledigt haben, brechen wir auf und entscheiden uns dann am Abzweig nach einer kurzen Beratung für den oberen Weg, der zwar dank des Aufstiegs etwas beschwerlicher ist, uns aber dafür mit einer traumhaften Aussicht über Fort Augustus, den Great Glen und den gesamten Loch Ness entschädigt. Das Wetter spielt auch mit; sogar die Sonnencreme muss heute zum Einsatz kommen! Paul und Bus warten in Invermoriston auf uns und ganz geschwind geht es dann weiter zum Urquhart Castle. Nachdem sich der Vorhang nach der einleitenden Videopräsentation geöffnet hat, dürfen wir die Ruine der einst stolzen Burg erkunden und am Ufer des Loch Ness nach Nessie Ausschau halten. Doch das scheue Monster lässt sich leider nicht blicken. Wäre ja auch zu schön gewesen. Bis nach Inverness sind es nun nur noch 40 Minuten mit dem Bus. Nach dem Abendessen im Royal Highland Hotel (dessen majestätische Lobby sehr beeindruckend ist) biete ich meinen Gästen noch einen Abendspaziergang zum Inverness Castle und entlang des River Ness an. Auf dem Rückweg stolpern wir sogar über eine Veranstaltung mit Livemusik und Tanz vor dem Theater, bei der wir eine Weile zuschauen, bevor wir dann doch erschöpft aber glücklich in unsere Hotelbetten fallen.

6. Tag (Freitag, 02.08.2019): Glenmorangie Distillery – Wanderung zu den Stacks of Duncansby – Fähre nach Stromness

Wir verlassen die Haupttouristenroute und beginnen mit unserem Abstecher nach Norden, der uns bis auf die Orkney-Inseln führen soll. Für den heutigen Tag könnte man auch sagen: wir schauen uns mal an, womit die Schotten ihr Geld verdienen. Uns fällt zunächst auf, dass an der Ostküste viel Landwirtschaft betrieben wird; es regnet hier weniger und die Temperaturen sind stabiler. Nördlich von Inverness fahren wir dann an einigen Ölplattformen vorbei. Im weiteren Verlauf des Tages sehen wir auch einige Offshore-Windparks. Ungefähr acht Prozent aller Erwerbstätigen sind in der Whisky-Industrie beschäftigt. Sowohl im In- als auch Ausland ganz besonders beliebt ist der Whisky aus der Glenmorangie Distillery, weshalb wir der Brennerei einen Besuch abstatten und an einer Führung teilnehmen, die natürlich mit einer Kostprobe endet. Ganz besonders fallen uns die hohen Brennblasen auf, die höchsten in Schottland. Sie sollen angeblich für das ganz besonders milde Aroma des Whiskys verantwortlich sein. Unseren Whisky-Rausch können wir dann auf der Weiterfahrt nach John O'Groats ausschlafen, wo wir bereits zum Mittagessen erwartet werden. Typisch britisch gibt es Suppe und ein Sandwich - ein ganz gewaltig großes Sandwich, um genau zu sein. So sind wir auf jeden Fall gestärkt für unsere Wanderung entlang der Küste zu den Stacks of Duncansby. Auch heute ist wieder das Auftragen von Sonnencreme angebracht. Von den vielen Schafen und ein paar Seehunden neugierig beäugt spazieren wir oberhalb des Strandes entlang bis zum Leuchtturm und dann weiter Richtung Süden, bis sich die imposanten Felsnadeln von vielen Seevögeln umschwärmt majestätisch vor uns erheben. Tolle Fotos sind da garantiert. Doch der eigentliche Höhepunkt des heutigen Tages ist die Überfahrt von Scrabster nach Stromness auf der Orkney-Insel Mainland, die an den über 400 Meter hohen Klippen der Insel Hoy vorbeiführt. Unter den wachsamen Augen des Old Man of Hoy passieren wir die Sandsteinfelsen, die rotgolden in der Abendsonne glänzen. Nach der Ankunft in Stromness fahren wir noch eine halbe Stunde quer über die größte Insel des Orkney-Archipels bis zu unserem Hotel in Kirkwall.

7. Tag (Samstag, 03.08.2019): Skara Brae – Churchill Barriers – Kirkwall

Trotz ihrer abgeschiedenen Lage gibt es auf den Orkney-Inseln viel zu entdecken - und zu lernen. Die vielen bedeutenden Fundstätten aus der Steinzeit haben einige Wissenschaftler sogar zu der These verleitet, dass die größte Orkney-Insel Mainland vor 5.000 Jahren das kulturelle und geistige Zentrum der Britischen Inseln und Hauptstadt einer großen Zivilisation war. Zu den stummen Zeitzeugen aus jener Epoche zählen die Standing Stones of Stennes und der Ring of Brodgar, zwei Steinkreise, die vielleicht einmal Tempel oder Observatorien waren. Der Ring of Brodgar bestand ursprünglich aus 60 aufgerichteten Steinen und ist vom Durchmesser her größer als das viel bekanntere Stonehenge. Eine Zeitreise in die Vergangenheit wie in der Outlander-Saga ist damit jedoch nicht möglich (zum Bedauern einiger Reisegäste). So fahren wir alle weiter und besichtigen die Steinzeitsiedlung Skara Brae, auf die man 1850 gestoßen ist, nachdem ein mächtiger Sturm einen Teil der Dünen weggeweht hatte. Die zehn Häuser der kleinen Siedlung waren alle durch ein Labyrinth von Tunneln miteinander verbunden und faszinieren durch ihr Steinmobiliar. Warum die Menschen die Siedlung damals verlassen haben, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Der Wettergott ist uns auch heute gewogen, weshalb wir im Anschluss einen spontanen Spaziergang auf den Klippen von Yesnaby wagen, um Sonne zu tanken und uns die bekannte Felsnadel mit dem Loch anzuschauen. Ein Relikt aus einer viel späteren Epoche der Menschheitsgeschichte sind die Churchill Barriers, die während des Zweiten Weltkriegs von italienischen Kriegsgefangenen errichtet wurden, nachdem es U47 gelang, in Scapa Flow das britische Schlachtschiff Royal Oak zu versenken. Die Barrieren blockierten einige der Zufahrten zum britischen Hauptmarinestützpunkt und dienen heute als wichtige Verbindungsstraßen zwischen den südöstlichen Inseln des Orkney-Archipels. Nach unserer Fahrt über die Barrieren mit zwei Fotostopps können wir dann auch behaupten, auf mehreren der Orkney-Inseln gewesen zu sein. Den Nachmittag verbringen wir in der Hauptstadt Kirkwall. Der erste Versuch, die gewaltige, noch von den Wikingern erbaute St.-Magnus-Kathedrale zu besuchen, scheitert an einer Hochzeit, weshalb wir zunächst die benachbarten Ruinen des Earl's Palace besichtigen. Das herrliche Wetter verlockt außerdem zu einem Bummel durch die Fußgängerzone zum Hafen. Und natürlich gibt es auch viele kleine Cafés mit leckerem Kuchen. Zum Abendessen treffen wir uns alle wieder im Hotel und tauschen uns über unsere Erlebnisse aus.

8. Tag (Sonntag, 04.08.2019): Dunrobin Castle – Culloden Battlefield – Inverness

Wir müssen heute etwas zeitiger aufstehen, denn am Vormittag wollen bzw. müssen wir die Orkney-Inseln wieder verlassen und mit der Fähre zurück nach Scrabster fahren. Die Überfahrt verläuft ähnlich ruhig und die Klippen von Hoy haben einfach etwas Magisches an sich. Nach 1,5 Stunden Fahrt mit dem Bus erreichen wir dann das Dunrobin Castle, den Stammsitz des Clans Sutherland. Die Earls und späteren Dukes haben sich hier an der schottischen Ostküste nach und nach ein wahrhaft märchenhaftes kleines Schlösschen mit nur 189 Zimmerchen und einem wunderschönen Garten errichtet. Vor allem beim Blick vom Garten auf das weißgetünchte Schloss fühlt man sich fast wie in einem Disney-Film. Ein Teil der Zimmer kann besichtigt werden, und natürlich wurden auch bei der Inneneinrichtung keine Kosten und Mühen gescheut. Eine Falkenvorführung gibt es auch noch - das ist ja fast zu viel des Guten. Jetzt brauchen wir ein Kontrastprogramm, das uns wieder auf den harten, verlustreichen Boden der schottischen Realität zurückholt. Und mit der Besichtigung des Schlachtfelds von Culloden Moor steht dafür auch der perfekte Programmpunkt auf der Tagesordnung. Am 17. April 1746 endete hier der zweite - und vorerst letzte - Aufstand der Jakobiten mit einer vernichtenden Niederlage. Bonnie Prince Charlie konnte zwar durch die Highlands auf die Isle auf Skye fliehen, doch für die verarmten Highlander begannen nun schreckliche Zeiten; ihre Traditionen und ihre Kultur blieben für mehrere Jahrzehnte verboten. Das Museum vermittelt sehr anschaulich die Vorgeschichte der Schlacht und das eigentliche Schlachtgeschehen. Bei unserem anschließenden Spaziergang über das unwirtliche Schlachtfeld regnet es Tränen der Trauer. Wir fahren die vier Meilen nach Inverness und quartieren uns noch einmal für eine Nacht im Royal Highland Hotel ein.

9. Tag (Montag, 05.08.2019): Wanderungen um den Loch Morlich und zu den Birks of Aberfeldy – Dunkeld Cathedral – Edinburgh und Military Tattoo

Zwischen Inverness und Edinburgh liegt der Cairngorms National Park, der zweite Nationalpark Schottlands. Auch ihm statten wir einen Besuch ab und absolvieren eine Wanderung. Sie führt uns um den malerisch gelegenen Loch Morlich herum und eröffnet uns verschiedene Perspektiven auf die umliegenden Hügel und Berge. Nicht weit von hier liegt eines der beliebtesten Skigebiete und die gesamte Gegend ist sehr beliebt bei Familien, Sportbegeisterten und Outdoorfans. Am Nachmittag folgt gleich die zweite Wanderung - zu den von Robert Burns besungenen Birks of Aberfeldy. Die berühmten Birken befinden sich in einer tiefen Schlucht, und wir müssen auf der einen Seite hinauf und auf der anderen Seite, nach der Überquerung eines Wasserfalls, wieder herunter. Nachdem wir uns gleich zu Beginn der Wanderung noch über eine schottische Familie amüsiert haben, die im eiskalten Wasser des Baches badeten, und neben einer Statue des Dichters höchstselbst sitzend den Anblick genossen haben, werden wir auf dem Rückweg zur Strafe selbst von einem plötzlich einsetzenden Wolkenbruch bis auf die Haut durchnässt. Da müssen wir uns in Aberfeldy erstmal bei einem Kaffee, Tee oder Bier im Pub aufwärmen bzw. notdürftig die Klamotten trocknen, bevor wir zurück in den Bus steigen. Im hübschen Städtchen Dunkeld am River Tay statten wir nun der Kathedrale einen Besuch ab, in der ab dem 9. Jahrhundert die sterblichen Überreste des Missionars Columban von Iona aufbewahrt wurden. Der erste schottische König Kenneth MacAlpin machte Dunkeld damit zum religiösen Zentrum seines Reiches. Auf dem Weg nach Edinburgh müssen wir nun aufgrund eines schweren Verkehrsunfalls auf der A9 eine Umleitung fahren und kommen dadurch vielleicht 30 Minuten später im Hotel an als geplant. Kurz vor Erreichen der schottischen Hauptstadt überqueren wir den Firth of Forth auf einer von drei beeindruckend großen Brücken. Rechts von uns sehen wir auch die berühmte Forth Bridge, die erste vollständig aus Stahl gefertigte Brücke der Welt. Vor dem Hotel angekommen müssen wir uns von unserem Fahrer Paul verabschieden, der sein Pensum an Tagen erreicht hat, uns aber trotz einiger dialektbedingter Verständigungsschwierigkeiten dank seiner freundlichen Art sehr ans Herz gewachsen ist. Nach dem Abendessen gehen dann fast alle Gäste mit mir zum Royal Edinburgh Military Tattoo. Wir erleben eine faszinierende Darbietung von Militärmusikkapellen aus aller Welt, die in einem großen Finale mündet, bei dem hunderte Dudelsackspieler, weitere Musiker und Tänzerinnen gleichzeitig auftreten. Was für ein toller Höhepunkt des heutigen Tages und der bisherigen Reise!

10. Tag (Dienstag, 06.08.2019): Stadtrundfahrt in Edinburgh und (kein) Arthur's Seat

Nach dem gestrigen Abend können wir heute etwas länger schlafen. Erst um 09:30 Uhr wartet unsere Stadtführerin Marion auf uns. Sie möchte uns ihre Wahlheimat bestmöglich vorstellen, weshalb sie uns nach einer Fahrt durch die Neustadt auch auf den Calton Hill entführt, von dem aus wir einen fantastischen Blick auf die Altstadt mit dem Castle, die Neustadt, den Firth of Forth, den Holyrood Palace und den Arthur's Seat haben. So bekommen wir einen guten Eindruck vom Aufbau der Stadt. Anschließend fahren wir an der Residenz der Königin vorbei, schlängeln uns durch den Holyrood Park und biegen dann am Parlamentsgebäude vorbei auf die Royal Mile ab, bis wir die Stadtrundfahrt schließlich unterhalb des Edinburgh Castle beenden. Marion besorgt uns die Eintrittskarten und führt uns dann auf den Burgberg, wo sie uns nach einer Kurzfassung der Geschichte noch die wichtigsten Gebäude und Sehenswürdigkeiten erklärt, bevor sie sich planmäßig gegen Mittag von uns verabschiedet. Meine Gäste dürfen nun alleine losziehen und sich in Castle, Altstadt und Neustadt austoben. Schwer wiegt meine Enttäuschung, als sich nach und nach alle von der für den Nachmittag geplanten Wanderung auf den Arthur's Seat ausklinken. Ein bisschen kann ich aber verstehen, dass sie die Zeit nutzen und lieber weiter Edinburgh erkunden wollen, denn es gibt viel zu sehen und zur Hauptsaison (neben dem Military Tattoo findet parallel im August das Edinburgh Festival statt) ist jede Menge los. Wir treffen uns daher erst am Abend vor dem Hotel wieder, um gemeinsam zu dem hübschen kleinen Pub zu spazieren, in dem wir unser Abendessen einnehmen.

11. Tag (Mittwoch, 07.08.2019): Melrose Abbey – Hadrianswall – Carlisle Castle – Dumfries

Für meine Gäste viel zu zeitig verlassen wir die schottische Hauptstadt wieder und setzen unsere Rundreise fort, die uns heute sogar zeitweilig über die Grenze nach England führen wird. Doch zunächst besichtigen wir die Melrose Abbey, eine von vier großen ehemaligen Abteien in den Scottish Borders. Von der deutschen Synchronstimme von Agent Scully aus Akte X (die leider im Februar 2019 verstorbene Franziska Pigulla) werden wir über das Gelände und durch die Geschichte der Abtei geführt. Bekannteste Sehenswürdigkeiten und Fotomotive in der Abteiruine sind ein Wasserspeier in Form eines Dudelsack spielenden Schweins und natürlich das einbalsamierte Herz von Robert the Bruce. Doch wir lernen auch viel über die Zisterzienser und die Bedeutung der Abteien für das schottische Königreich. An der schottisch-englischen Grenze machen wir natürlich einen kurzen Stopp und fotografieren die Grenzsteine und die im Wind wehenden Fahnen - musikalisch untermalt von der britischen Nationalhymne. Am frühen Nachmittag wird es dann Zeit für unseren Patrouillengang am Hadrianswall. Ohne diese römische Grenzbefestigung, mit deren Bau im Jahre 122 n. Chr. begonnen wurde, wären die Schotten wohl keine Schotten geblieben und die Menschheitsgeschichte um ein spannendes, wenn auch grausames Kapitel ärmer. Der Hadrianswall diente der Kontrolle der Waren- und Menschenströme und stellte keinesfalls den nördlichsten Außenposten des Imperiums dar. Vercovicium war das größte Kastell am Wall und sollte den mittleren Abschnitt schützen. Für Archäologen stellt es einen der wichtigsten Fundorte aus der Zeit der Römer auf den Britischen Inseln dar. Nachdem auch wir die Ruinen inspiziert haben, brechen wir ganz diszipliniert zu unserer letzten offiziellen Wanderung auf. Vom Weg entlang der alten Mauer können wir weit nach Norden und Süden ins Land blicken. Ein Ansturm der Pikten bleibt heute jedoch aus. Unterwegs passieren wir den Sycamore Tree, eine alte Platane, die im Film Robin Hood - König der Diebe in einer Schlüsselszene als Kulisse diente. In Carlisle statten wir dem Castle noch eine Stippvisite ab. Die abgesetzte schottische Königin Maria Stuart war einige Monate in der englischen Festung inhaftiert. Eine Mitarbeiterin des Museums fällt uns auf, da sie einen riesigen Schlüssel trägt. Es handelt sich tatsächlich um den Schlüssel zum Tor des Bergfrieds und wir dürfen ihn fotografieren. Beim Verlassen der Festungsanlage bemerken wir zudem ein Skelett in einem Fenster, doch wir sind uns schnell einig, dass es sich dabei höchstwahrscheinlich nicht um die Überreste Maria Stuarts handelt. Unser Hotel in Dumfries gefällt meinen Gästen sehr gut. Es liegt sehr ruhig auf einem parkähnlichen Campusgelände und außerdem gibt es ein leckeres Menü zum Abendessen.

12. Tag (Donnerstag, 08.08.2019): Robert Burns Museum – Culzean Castle – Ayr – Glasgow

Seit gestern Abend schon befinden wir uns im Burns Country, der Region Schottlands, in der sich der Nationaldichter die meiste Zeit seines Lebens aufgehalten hat. In Dumfries ist er im Alter von nur 37 Jahren gestorben, sein letztes Kind kam am Tag seiner Beerdigung zur Welt. Seine Familie stammt jedoch ursprünglich aus Alloway. Dort befinden sich sowohl sein Geburtshaus als auch das Robert Burns Museum. Beide Gebäude besichtigen wir am Vormittag und erhalten faszinierende Einblick in sein Leben und Schaffen. Um diese Erfahrung weiter zu vertiefen, werden neben dem Geburtshaus heute von zwei sehr freundlichen Mitarbeiterinnen traditionelle Dinkelpfannkuchen gebraten, die wir probieren dürfen. Vorletzter Programmpunkt des heutigen Tages und der gesamten Reise ist der Besuch des Culzean Castle & Country Park unmittelbar an der Westküste. Das hübsche Schloss wurde im 18. Jahrhundert vom berühmten schottischen Architekten Robert Adam für den Clan Kennedy entworfen und sitzt ebenfalls auf einer Klippe. Es ist jedoch ganz anders als das Dunrobin Castle, wenn auch nicht weniger prunkvoll. Das zugehörige Gelände ist jedoch weitaus größer: es gibt eine Herde Rehe und Lamas, einen Schwanenteich, einen viktorianischen Garten, Höhlen, die nur bei Ebbe zugänglich sind, und viele Kilometer Wanderwege, die meine Gäste in gut drei Stunden und bei wieder einmal herrlichstem Wetter ablaufen können, sofern sie denn möchten. Sind wir wirklich noch in Schottland, werde ich erstaunt gefragt, als wir am Nachmittag an der Promenade in Ayr aussteigen, um ans am Sandstrand im strahlenden Sonnenschein noch ein bisschen die Beine zu vertreten oder ein Eis zu gönnen. Ja, sind wir, sogar nur ungefähr eine Stunde von Glasgow entfernt. Dort checken wir am frühen Abend wieder im uns bereits bekannten Hotel hinter dem George Square ein. Unser Abschiedsabendessen findet allerdings nicht im Hotel statt, sondern in einem sehr guten typisch schottischen Restaurant in der Merchant City, dem ehemaligen Quartier der Händler und Kaufleute, nur wenige Gehminuten entfernt. Es schmeckt allen vorzüglich, was die leicht melancholische Stimmung dämpft, die sich nun eingestellt hat, nachdem unsere schöne Reise fast vorüber ist, und wir uns von den ersten Gästen verabschieden müssen, die morgen einen späteren Flug haben und natürlich ausschlafen dürfen.

13. Tag (Freitag, 09.08.2019): Rückflug nach Deutschland

Für die meisten Gäste beginnt der Tag heute sehr zeitig, denn unser Rückflug nach Berlin startet schon um 7:15 Uhr. Vom Hotel mit einer Frühstückstüte ausgestattet machen wir uns auf den Weg zum Flughafen, wo wir uns von unserem Fahrer Jim verabschieden. Kofferabgabe, Sicherheitskontrolle, Boarding - auf dem Flughafen Glasgow läuft alles glatt, und wir landen wohlbehalten und planmäßig wieder in Berlin.
Sicher werden wir nun einige Zeit brauchen, um die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Schließlich wurden wir, insgesamt betrachtet, auch mit sehr schönem Wetter verwöhnt. Daher ist es nun an dieser Stelle an der Zeit, mich bei euch, meinen lieben Gästen und Wetterengeln, für die wunderbare Aktivreise durch Schottland zu bedanken. Wir hatten viel Spaß zusammen und kehren mit vielen schönen Erlebnissen, an die wir uns noch lange erinnern werden, in die Heimat zurück.
Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn ich euch bald wieder als Gäste auf einer Eberhardt-(Wander-)Reise begrüßen darf.
Herzlichst, euer
Andreas Wolfsteller

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Kommentare zum Reisebericht

Es war eine wundervolle Reise, von der ich noch lange zehren kann. So viele schöne und neue Eindrücke. Einen ganz lieben Dank an Andreas W., der die Reise sehr gut koordiniert und zusammengestellt hat.
LG Manu S.

Skiebe Manuela
03.09.2019

Liebe Manu,
vielen Dank für Deinen lieben Kommentar. Es freut mich sehr, dass Dir die Reise so gut gefallen hat. Auch mir hat es großen Spaß gemacht. Ihr wart auch eine sehr nette und lustige Reisegruppe. Vielleicht klappt es ja mal wieder.
Viele Grüße
Andreas

Andreas Wolfsteller 05.09.2019