Reisebericht: Schweizer Berg–Ausblicke zum Träumen

13.07. – 31.07.2023, 19 Tage Rundreise Engelberg – Titlis – Fieschertal – Eggishorn – Zermatt – Rothorn – Kleines Matterhorn – Interlaken – Jungfraujoch – Schilthorn – Thun – Luzern – Pilatus – Zürich – Schwägalp – Säntis – St. Gallen – Appenzell


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23 Gipfelstürmer reisten in die Schweiz und waren rundum begeistert. Nicht nur die landschaftlichen Schönheite der Schweiz, die Berge, Seen und Täler erfreuten das Auge. Auch das Programm war gut getaktet und abgestimmt und so gut wie jeden Tag spannte sich ein blauer Himmel über die frohgestimmte Gruppe.
Ein Reisebericht von
Vivian Kreft
Vivian Kreft

Anreise nach Engelberg

6 Uhr, zum Glück ist es schon hell, der Tag sehr freundlich, so ist das zeitige Aufstehen und Losfahren keine so große Mühe. Mit den ersten Gipfelstürmern fahren wir vom Dresdner Flughafen los, um auf unserem Weg weitere Gäste einzuladen.
Es ist eine halbe Deutschlandreise, die wir an diesem Tag unternehmen. Durch das Vogtland geht es durch die Fränkische Schweiz, das Fichtelgebirge, vom Freistaat Sachsen zum Freistaat Bayern, dann durch Baden-Württemberg an den Bodensee. Welche vielfältigen Landschaften tun sich rechts und links der Autobahn auf. Und die Fränkische Schweiz erinnert daran, dass es auch die Holsteinische, die Sächsische und die Märkische Schweiz gibt. Allesamt sind diese Landschaften geadelt durch den Zusatz „Schweiz“, schon damals ein Qualitätsmerkmal.

Vom Bodensee sehen wir nicht viel, da ein langer und eindrucksvoller Tunnel uns versteckt und uns nach Bregenz führt. Liechtenstein lassen wir links liegen, eines der kleinsten Staaten der Welt und doch wirtschaftlich so „powerful“. Wir überqueren den Rhein, der in Graubünden entspringt, sich zwar entwickelt, doch auch hier eher wie ein schmaler Jüngling entlang fließt. Nichts verspricht, dass dieser Fluss mit einer Länge von 1232 km von hier bis ins Meer fließt und die verkehrsreichste Wasserstraße der Welt ist.

Die Fahrt entlang des Walensees offenbart die große technische Fertigkeit der Schweizer, Tunnel zu bauen, dem Berg durch Passerellen Wege und Straßen abzutrotzen. Früher nutze man für den Warenverkehr Schiffe, da man über Land kaum vorankam. Auch heute ist Quinten auf der gegenüberliegenden Seite nur mit Schiff oder mit einer dreistündigen Wanderung aus zu erreichen. Das Feeling von früher kann man also auch heute noch erleben, heute aus Freude, früher bedeutete es harte Arbeit.

Wir kommen die ganze lange Fahrt über zügig voran. Jan fährt sehr gut. Und wir sind eine geduldige Fahrgemeinschaft. Wenn wir Engelberg um 18 Uhr erreichen, sind wir 12 Stunden unterwegs gewesen.

Vorbei am Zürichsee, durch das Steuerparadies Zug gelangen wir in den Kanton Luzern. Und werden über ein raffiniertes Tunnelsystem an Luzern und dem Vierwaldstättersee vorbeigeführt. Fast könnte man meinen „gucken verboten“, doch wir haben ja noch so viel zu schauen in den nächsten Tagen. Der Tunnel spuckt uns wieder aus, einmal rechts rum nach Engelberg und dann fahren wir durch sattes Grün, an den Hängen fällt regelrecht das Wasser zu Tal, die Talseiten werden steiler. In Kehren windet sich die Straße nach oben. Nach einer so langen Fahrzeit meistert Jan und sein Begleitteam – das sind wir – auch das. Und wir staunen schon, als wir nach dieser Straße, auf der wir recht alleine unterwegs sind, nach Engelberg kommen. Ein Städtchen mit Bahnanschluss, umgeben von Bergen, einer schöner als der andere. Herr Barmetlter, der Hotelinhaber des Schweizer Hof, nimmt uns in Empfang, die Schlüssel sind schon vorbereitet, alles geht ganz schnell. Jeder verschwindet aufs Zimmer, um um 19 Uhr zum Essen zu erscheinen. Quirlige Unterhaltung erfüllt die Stube. Die Gäste aus Berlin, die mit dem Zug gekommen sind, stoßen zu uns. Die Gruppe ist komplett, die Strapazen der Anfahrt liegen hinter uns. Jetzt beginnt der Urlaub und mit Zürcher Geschnetzeltem kann man es wohl angehen lassen.

Unser erster Gipfelsturm: rauf auf den Titlis und rund um den Trübsee

Gegen 5 Uhr leuchten die Bergspitzen im Morgenlicht. Als ich um 7 Uhr bereit bin, aufzustehen, schaue ich auf eine Fototapete. Der Berg steht fast in meinem Zimmer. Es ist grandios, die Sonne scheint. Das Wetter soll heute schön bleiben. Es wird ein hinreißender Tag. Beim Frühstück noch kurze Beratung, was anziehen und was mitnehmen.

Dann laufen wir zur Talstation der Titlisbahn und fahren über eine Zwischenstation mit der sich drehenden Gondel auf den Titlis (3238 m). Die Fahrt an sich ist schon ein Erlebnis. Höher und höher, erst durch Wald, Engelberg entfernt sich mehr und mehr. Das Kloster in seiner Mächtigkeit ist gut zu erkennen. Der Trübsee, um den wir am Nachmittag wandern wollen, wird kleiner und kleiner. Der Rundwanderweg ist gut zu erkennen. 3238 m hoch, überblicken wir alles. Doch zunächst heißt es, alles anzuziehen, was noch im Rucksack steckt: Jacke, Mütze, Handschuhe, Gamaschen. Die Stöcke werden gerichtet, denn nun heißt es, über Schnee zu laufen. Unser erstes Ziel ist ein Aussichtsbalkon, den wir erreichen, indem wir ein Stück hangaufwärts laufen. Gutes Schuhwerk ist wichtig, um nicht auszurutschen. Wir schauen über ewiges Eis zu den nächsten Gipfeln. Dann geht es weiter zum Ice Flyer, einem Sessellift, der über den Gletscher führt und wieder zurück. Es macht Freude, sich in alle Richtungen drehen zu können und zu schauen. Oben angekommen, laufen wir über eine Hängebrücke, den Cliff Walk. Die Kinder haben Freude und laufen hin und her, können gar nicht genug davon bekommen. Am Ende führt eine Treppe in die Gletscherwelt. Ein Tunnel ist in das Eis gehauen und wir laufen hindurch, durch mehrere Tausend Jahre altes Eis. Es macht demütig und schwermütig. Oben schmilzt der Gletscher erkennbar, hier unten wird alles zur Unterhaltung. Fotoecken, in denen man seine Fotos machen soll, gebrandet mit „Titlis“.

Wir fahren runter zum Trübsee. Ich komme mit einem Ingenieur ins Gespräch, der hier oben arbeiten, denn auf der Höhe gibt es einige Baustellen. Das Projekt mit mehreren neuen Listen soll 2028 fertig sein und 120 Mio. CHF kosten. Es gibt also weitere Ausbaupläne für den Berg, der das geduldig alles mit sich machen lässt.
Wir umrunden den See. Kleine Tafel erläutern die Blumen entlang unseres Weges. Auf dem See fahren Ruderboote, die Bergwelt um uns ist eine Kulisse, an der man sich nicht satt sehen kann. Der See wird vom Gletscher gespeist, in der Ferne ergießt sich ein Wasserfall. So viel Wasser von einem Gletscher, der keinen Zufluss hat, sondern nur aus ewigem Eis besteht.

Eine Pause mit Eis, Kuchen oder Flammkuchen am Alpstubli, dann fahren wir mit der Gondel wieder zurück nach Engelberg. Runter zu scheint es steiler zu sein als nach oben. Der Ort kommt näher und näher. Nochmal das Kloster von oben, bevor wir dorthin laufen. Unten angekommen, weist uns das Flüßchen Aa den Weg zum Kloster. Das Bachbett ist gut gefüllt, es rauscht mächtig. Ebenso mächtig ist die Klosteranlage. 1120 ist es gegründet worden, wurde groß. Nach einem Brand 1729 wurde es barock wieder aufgebaut. Die Kirche ist hell und licht, Maria Himmelfahrt als Altarbild. Das Motiv passt zu unserem heutigen Tag sehr gut.

Über Gotthard– und Nufenenpass ins Fieschertal

Die schlechtere Wetterprognose für heute bewahrheitet sich. Der Berg lacht in mein Zimmer, der Himmel strahlt
Heute heißt es, Koffer packen. Wir ziehen weiter und werden vom Gipfelstürmer zum Passerklimmer. Denn heute werden wir über den Gotthard- und den Nufenenpass nach Fiesch fahren.
Entlang des Vierwaldstättersees geht es nach Altdorf. Einmal fahren wir See und Alpenpanorama so entgegen, als wenn wir geradezu hineinfahren würden. Wir bekommen heute viel Schönes zu sehen.

In Altdorf kommen wir in den Verkehr, des Samstagsvormittageinkaufs. Das würden wir zu Hause wohl auch so machen, wenn wir nicht auf Reisen wären. Ganz entspannt sind wir, im kühlen Bus. Das Wilhelm-Tell-Denkmal schauen wir uns an, klettern auf den Uhrenturm und bekommen über ein Tonband Auskunft über den Ort und die nahegelegenen Häuser. Altdorf hat vom Gotthardpass sehr profitiert, denn als Anfangs- bzw. Endpunkt hatte es eine politische und wirtschaftliche Bedeutung.

Dann steuern wir den Gotthard an. Und sind so froh, die Passstraße zu nutzen, denn unten auf der Autobahn stehen die Autos im Stau. Samstag, Ferienbeginn. Im Block werden die Fahrzeuge abgefertigt, d.h. sie fahren stoßweise vorwärts, reguliert von einem ausgetüftelten Ampelsystem.
Wassen ist den Zugfahrern ein Begriff, denn der Zug windet sich um den Ort herum und mal sieht man die Kirche links und mal rechts. Dreimal erscheint sie vor dem Fenster.

Die Teufelsbrücke kommt dann ganz unvermittelt. Diese Stelle wurde erst 1230 über eine Brücke passierbar. Steile Wände links und rechts, wo da einen Übergang schaffen? Der Teufel hat geholfen, laut Legende. Doch heute bekommen wir den Eindruck, die Schweizer sind überhaupt mit dem Teufel im Bund. Denn durch das ganze Tal verweben sich Autobahn, Eisenbahn, die alte Passstraße und Wanderwege. Auf dem Weg vom Gotthard zum Nufenen weiten sich die Kurven in die Landschaft, gehalten nur von leichten Stützen. Es sieht aus wie ein Autokarussell.
Aus dem engen, grünen Tal gelangen wir auf die Gotthardebene (2106 m), weit, die Felsen rund geschliffen. Windräder drehen sich im Wind. Was waren die Säumer, Fuhrleute und Pilger früher froh, oben angekommen zu sein, denn nun ging es wieder runter, dem Ziel entgegen. Eine Musikband spielt auf, viele Motorradfahrer sind heute unterwegs. Es ist diesig, auf der weiten Ebene fühlt man sich ausgesetzt. Das Hospiz wirkt klein und selbst ein wenig schutzbedürftig. Nur gut, dass man hier nicht weiter ausgebaut hat. Was mag Goethe damals gedacht haben, als er hier vorbeikam, denn dreimal ist er nach Italien und wieder zurück. Ein schöner Umstand, dass der Pass nach einem deutschen Heiligen benannt worden ist.

Es geht nun in Kehren – wie der Schweizer die Kurven nennt – wieder ganz runter. Die Strecke sehen wir unten vom Tal aus noch einmal. Abenteuerlich, die Passerellen, die in die Landschaft weit ausladenden Straßenrundungen.
Über den Kanton Tessin erreichen wir den Nufenenpass. Er wirkt wie eine Mondlandschaft, hier möchte man nur ankommen, um weiterzuziehen, den Pass hinter sich zu lassen. Auf dem Weg ins Gomstal kommt uns ein Reisebus gerade in einer Kurve entgegen. Plötzliches Bremsen. Alles bleibt im Gepäcknetz, zum Glück. Dann heißt es auf der Straße rangieren. Die Autos hinter uns müssen zurücksetzen, damit wir auf die gerade Strecke und aneinander vorbeikommen. Unser toller Busfahrer Jan hat natürlich alles im Griff und nachdem wir wieder in Fahrt kommen, danken wir ihm mit einem herzlichen Applaus.

Wir kommen ins Gomstal, durch das die Rhone fließt. Die Orte wirken wie Museumsdörfer. Die Holzhäuser im Walliser Stil mit Blumenkästen geschmückt. Die Schober auf Stelzen, Steinteller schützen das eingelagerte Gut vor hungrigen Nagern. Wir steigen in Niederwald aus, wo César Ritz geboren worden ist. Im Ort bescheinigte man ihm, dass er es aufgrund seiner Faulheit zu nichts bringen würde. Doch er hatte den richtigen Riecher, dann die richtigen Kontakte und eine große Portion an Zutrauen, um ein Luxushotel nach dem anderen nach seinen Vorstellungen zu eröffnen – mit eigenem Badezimmer, Beleuchtung und ausgesuchtem Mobiliar. Er liegt auf dem kleinen Friedhof mit seiner Familie begraben. Ein Grab, das sich nicht hervortut und in Reihe mit den anderen liegt.
Wir fahren ins Fieschertal in unser Hotel Alpenblick und freuen uns, nun auch angekommen zu sein.
Ein ganz großer Dank geht an Jan, unser großartiger Busfahrer. Traumwandlerisch führte er das Steuer und fuhr uns durch Kurven und über Pässe – rauf und runter.

Auf das Eggishorn – Blick auf den Aletschgletscher

Welche App zeigt das schönere Wetter an? So gut hatten wir es uns jedenfalls heute morgen nicht gedacht und starten zuversichtlich in den Tag.
Die Station Fiesch ist Postbusstation, Bahnhof und von hier aus fährt man mit der Gondel aufs Eggishorn, ein Verkehrsknotenpunkt im besten Sinn. Wir steigen zunächst auf der Fiescheralp aus. Das Tal sehen wir, doch auf der Höhe scheint es dunstig. Wir laufen zum Matterhornausblick, sehen viele andere Berge, doch das Horn selbst nicht. Das kann sich auch gerne noch verschämt verhüllen, denn es ist ja erst in zwei Tagen dran

Die Gondelbahn bringt uns aufs Eggishorn (2927m) und wie groß ist unsere Überraschung, als vor uns der Aletschgletscher liegt. Ein breites weißes Band mit wie schwarzer Tusche gemalten Möranen zieht an uns vorbei. Begeisterung bei allen. Wir sind so gut wie unter uns, was sich in einer Stunde ändert. So gehen wir von Station zu Station, lesen die Erklärungstafeln, nutzen die vielfältigen Sitzmöglichkeiten, um auf dieses Wunder vor uns zu schauen. Die Zeit vergeht sehr schnell. Zum Mittagessen werden wir in der Fiescheralp erwartet zu Älplermagronen. Sonntag mittag an einem langen Tisch wie eine große Familie. Nach dem Essen haben wir noch Zeit und jeder geht seiner Wege. Mit zwei Gästen gehe ich den Weg zum früheren Hotel Jungfrau-Eggishorn. Es ist kaum zu fassen, dass dort ab 1870 ein Luxushotel stand, auf diesem schmalen Stück, gehalten von einer Stützmauer. Einiges erfahren wir über den frühen Bergtourismus, der besonders von den englischen Touristen gefördert worden ist.

Zum Abendessen bekommen wir einen köstlichen Zander serviert. Was für ein schöner Tag.

Über Brig und Raron nach Zermat

Unsere Koffer hievt Jan in den Bus, dann geht es weiter nach Brig. Ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, ähnlich Altdorf, die Kopfstation des Simplonpasses. Herr Stockalp hat gut verdient daran, an seinem Postkutschenmonopol und wohl noch an dem einen und anderen. Sein Palais, das größte weltliche Barockgebäude der Schweiz, mit hohen Türmen und dem weiten, von Arkaden gesäumten Innenhof steht an der alten Simplonstraße und demonstriert Macht. Im Hof steht eine Postkutsche und wir können uns ein Bild vom damaligen Reisen machen. Unser Reisebus ist auch gelb und eine höchst bequeme Kutsche. Brig scheint um 10 Uhr noch gar nicht richtig wach zu sein; ein ruhiger, sehr gepflegter Ort.

Es geht weiter nach Raron, bedeutsam durch seine moderne Felsenkirche, 1974 geweiht, und das Grab von Rainer Maria Rilke. Die Kirche mit ihren 500 Sitzplätzen, gänzlich von Fels umhüllt, ist beeindruckend. An diesem heißen Tag erfrischt uns auch die Kühle. 10 Unentwegte nehmen auch den steilen Anstieg zur Kirche auf sich, die genau über der Felsenkirche liegt. Hier steht eine Burg, das ehemalige Pfarrhaus und eine sehr schöne Kirche mit alten Wandfresken, die das Jüngste Gericht mit Fabelwesen zeigen. An der Südseite der Kirche mit Blick ins Tal liegt der Dichter Rilke. Mit 51 – 1926 – starb er an Leukämie und wollte hier begraben werden. Der Grabspruch stammt von ihm „Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern.“ Ein wenig mehr Zeit wäre schön, es gibt ein kleines Museum zur hiesigen Burg und Rilke, doch unsere Gruppe wartet auf uns und so eilen wir nach unten. Die Pause wurde nicht lang, auf Bänken unter Bäumen und wir winkten uns hier und dort auch zu, von der Höhe nach unten und wieder hinauf.

Die Fahrt setzen wir fort nach Täsch. Das Tal hinaus zeigt eine unglaubliche Landschaft. Hinabstürzende Wasserfälle, in der Höhe ein Gletscher, der nach unten zu stürzen scheint und doch sicher hält. Ein großes Felsloch, aus dem auch wieder Wasser sprudelt wie aus einem riesengroßen Brunnen. In Täsch steigen wir auf den Zug um und Jan packt das Gepäck auf einen kleinen Wagen, den wir keine zwei Stunden später vor unserem Hotel Perren sehen. Wir laufen vom Bahnhof eine kurze Strecke zum Hotel, achtpassend auf die vielen Elektrowägelchen, die recht schnell fahren. Und dann halten wir abrupt inne, denn vor unserem Blick erhebt sich das Matterhorn. Im Sommerlook, denn die Werbung wird immer mit dem schneebedeckten Berg gemacht. Vor unserem Hotel rauscht die Visp, wieder ein ungestümes Flüsschen. Wenn man länger hinschaut, kann einem schwindlig werden. Doch soviel Wasser die Schweiz auch hat, die Wiesen werden gesprengt, damit die Kühe auch die gute Milch geben und die Butter schmeckt. Der Geschmacksunterschied wird sehr wohl wahrgenommen von der Gruppe.

Nun also drei Nächte Zermatt. So muss das Schweizer Paradies aussehen.

Aufs Rothorn und Wanderung auf dem Blüemliweg

Der Tag beginnt mit – Sonne.
Die Standseilbahn bringt uns durch einen 1500 m langen Tunnel auf die Sunnega. Aussteigen zum Akklimatisieren. Und sehr gerne bleiben wir erst einmal hier, denn der Blick auf das Matterhorn ist überwältigend. Dann geht es weiter mit Kabinenbahn und Gondel über Blauherd aufs Rothorn, 3103 m hoch. Auf dem Gipfel sind alle Berge in Sichtweite genannt mit ihren jeweiligen Erstbesteigern und den Bergführern, ohne die diese Leistung nicht möglich gewesen wäre. Wir sehen unser morgiges Ziel, das Kleine Matterhorn. Das Gornergrat, die Hörnlihütte, das Basislager für die Erklimmung des Matterhorns – all das ist in unserem Blick.
Als wir aufbrechen wollen, werden Vorbereitungen getroffen, das schwere Bündel, das auf der Restaurantterrasse liegt, für den Abflug vorzubereiten. Der Hubschrauber kommt, nimmt die Last an den Haken und – bricht ab. Das Paket ist zu schwer und das ziemlich. Der Hubschrauber kann 700 kg fliegen, das Gut wiegt jedoch 1000 kg. Da hat sich jemand ordentlich verschätzt.

Wir fahren runter zum Blauherd und unternehmen von dort die Wanderung auf dem Blumenweg. Über die blühende Alp führt der Weg, entlang von Hinweistafeln, die einzelne Blumen, die wir sehen, beschreiben. Blumen und Ausblick buhlen um unsere Aufmerksamkeit. Wir erreichen Tufteren, ein Ausflugslokal mit einer schönen Terrasse und – einem grandiosen Blick auf das Matterhorn. Dieser markante Berg ist omnipräsent und allzugerne schaut man ihn an. Stärkung mit Kaffee Fertig, Kuchen, Bier – wir bleiben sitzen und genießen.

Der höchste Gipfelsturm: aus Kleinmatterhorn

Es kann, es darf einfach nicht wahr sein – es regnet. Die Wolken hängen im Tal. Das muss ein Missverständnis sein, wir wollen doch heute aufs Kleine Matterhorn – 3800 Meter in die Höhe. Es regnet auch beim Frühstück. Zwei Gäste ziehen sich vom Ausflug wieder zurück. Laut Wetterbericht soll es ja um 10 Uhr schön werden, da kommt die Nachricht, der Himmel reißt erst um 13 Uhr auf.
Als wir uns um 8.30 Uhr auf den Weg machen, sind alle dabei, auch die zwei, die nicht in den Wolken stehen wollten. Und es passiert ein Schweizer Wunder – der Himmel reißt auf und wir sind noch nicht einmal an der Talstation angekommen. Was für eine Erleichterung. Mit der Gondel fahren wir zur ersten Station, um uns zu akklimatisieren. Hier sind wir dem Matterhorn am nächsten, die Hörnlihütte, die Basisstation für die Kletterer erkennen wir und durch das Fernglas die Solveighütte. Wir fahren weiter zum Trockenen Steg, wo wir von einer vorzüglichen Ausstellung über den Bau der Gondelbahnen informiert werden. Hier auch noch mal ganz wichtig: Auf der Höhe erreicht der Sauerstoffgehalt im Blut nur 60%, also immer schön langsam.

Dann geht es mit der großen Gondel aufs Kleine Matterhorn. Wir überqueren einen Gletscher, schauen in Gletscherspalten, auf Moränen und erfahren von einem erfahrenen Gast, dass der Gletscher vor fünf Jahren bis zur Station reichte. Jetzt fehlen etliche Meter. Diese Wunderwelt aus Bergen, Gletscher, reißenden Bächen und Wasserfällen bestaunen wir nun jeden Tag und es immer wieder aufs Neue schön und faszinierend. Vom Ausguck des Berges schauen wir aufs Breithorn, auf dem sich wie auf einer Ameisenstraße die Seilschaften nach oben und unten in einem Kreis bewegen. Das Matterhorn zeigt die Spitze immer wieder in Wolken, doch es gibt ja so viel anderes zu gucken. Mit uns sind drei Zollbeamte hochgefahren. Mit dem neuen Lift, der von Italien hier herauffährt, haben die drei Männer nun einen neuen Arbeitsplatz in luftiger Höhe.
Der Gletscher-Palast ist sehr sehenswert und viele Tafeln informieren über den Gletscher, wie er entsteht, wie er sich bewegt. Eine Gletscherspalte kann man sich anschauen und friert beim Anblick noch ein bisschen mehr. Hier unten bewegen wir uns in Tunneln aus Jahrhunderte altem Eis, frieren und oben schmilzt der Gletscher.

Wir fahren wieder nach unten und steigen bei Furi aus. Hier beginnt unser Wanderweg, der sich durch satte Wiesen schlängelt. In Blatten steht ein Gasthaus wie in einem Museumsdorf. Wir finden zu 18 tätsächlich zur besten Mittagessenszeit Tische und lassen uns verwöhnen mit Aprikosenwähe, Kaffee, Rösti und Bier. Was für ein herrlicher Tag und so hatten wir es uns auch gewünscht, doch am Morgen ließ das Wetter nicht auf diesen Verlauf schließen. Wir wandern runter nach Zermatt und beglückwünschen uns zu diesem gelungenen Ausflug.

Über den Grimselpass, durch die Aare–Schlucht nach Interlaken

Wir haben keine Opfer dargebracht, nicht dem Wettergott gehuldigt – es passiert einfach. Strahlendes Blau hinter leuchtendem Matterhorn und die Landschaft ein kräftigeren Farben getaucht als noch gestern. Es heißt Koffer packen. Um 7.15 Uhr werden sie aufs Wägelchen gepackt, um zum Bahnhof und nach Täsch zu gelangen. Wir frühstücken in aller Ruhe und gehen dann gemeinsam zum Bahnhof.

Dort wartet eine Überraschung – gestern habe ich Werner mit seinem Alphorn gegenüber dem Bergsteigerfriedhof getroffen auf meinem Abschiedsrundgang durch Zermatt. Wir kommen ins Gespräch und er bietet mir an, für die Gruppe ein Abschiedsständchen zu halten. Was für ein liebes Angebot, vom Himmel gefallen. Und dort steht er nun, der Ton füllt den Bahnhof und zieht mehr Zuhörer an. Meine Gäste sind überrascht, ich gerührt.

Wir sitzen im Zug – und mich packt das Entsetzen. Wir fahren an unserem Gepäckwagen vorbei, der friedlich auf dem Bahnsteig steht und schon längst unten in Täsch sein sollte. Die Koffer von Jan im Bus verstaut. – Nun stehen wir unten an dem schönsten gelben Bus, den es gibt – und warten. Der nächste Zug kommt, kein Gepäck dabei. Es kommt mit dem darauffolgenden Zug. Der Bahnbeamter hilft beim Auspacken. Die Gäste nehmen lebhaft freundlichen Anteil an dem Missgeschick, haben in der Zwischenzeit noch den einen oder anderen Einkauf erledigt. Wir fahren endlich los Richtung Grimselpass.

Der Pass ist nun der dritte, nach dem Gotthard und dem Nufenen, und unterscheidet sich von beiden. In Kehren schraubt sich der Bus nach oben. Da die Passstraße erst 1972 durchgängig fertiggestellt worden ist, ist die Straße trotz ihrer Kurven gut zu fahren. Wir schrauben uns nach oben, rechts der Furkapass mit dem Hotel Belvedere. Auf dem Pass kurze Pause, wir grüßen die Murmeltiere und genießen die Aussicht, bevor es wieder nach unten geht. Jan erinnert sich an eine Parkbucht, die er ansteuert. Was für eine grandiose Aussicht, die wir während unserer Mittagspause nun haben.

Weiter geht es zum Käsewagen von Judith, die uns ein paar Kostproben bereitet hat. In den letzten Tagen hat sich die Gruppe als käsebegeistert gezeigt. Auf dem Frühstücksbuffet gibt es keinen Scheiblettenkäse, sondern guten Schweizer Käse, der mundet. Somit ist die Schlange lang. Kulinarische Souvenirs lassen die Urlaubserinnerungen nachwirken. Das Gepäckrag im Bus füllt sich mit Käsetüten.
Die nächste Station ist die Aareschlucht. Die Aare ist der wasserreichste Zufluss des Rheins. Mehr als Mosel und Main zusammen. Die Schlucht ist 200 Meter tief und über Stege, die im Fels verankert sind, zu erleben. Ein Naturschauspiel – wir nehmen einen Ausschnitt wahr in rund einer Stunde. Ein Wimpernschlag in der Erdgeschichte.

Weiter geht es nach Brienz und wir würden am liebsten in dieses wunderbar grüne Wasser springen. Ein lieblicher Ort mit einem alten Dorfteil, einer von Badenden belebten Seepromenade in Heiterkeit und Ruhe.
Unser letztes Ziel ist unser letzter Hotelstandort in Interlaken. Wir beziehen die Zimmer und treffen uns erfrischt zum Abendessen.

Aufs Jungfraujoch

Es regnet in Strömen und heute soll es aufs Jungfraujoch gehen. Das Lauterbachtal ist bekannt für seine vielen schönen Wasserfälle. Doch Petrus zeigt uns am Morgen, wer mehr Wasserkraft hat. Es ist ein Schauspiel am Frühstückstisch: die Wolken ziehen, es wird heller, dann dramatische Dunkelheit und erneut Regen.

Unverdrossen machen wir uns auf den Weg, fahren von Lauterbrunnen mit der Bahn – in einem für uns reservierten Zugabteil – vorbei an Wengen auf die Kleine Scheidegg. Hier machen wir erst einmal eine Pause, lassen die anderen Reisegäste an uns vorbei und genießen die Stille. Und dann – siehe da – heben sich die Wolken und zeigen uns Eiger, Mönch und Jungfrau fast unverhüllt. Was für ein Schabernack uns das Wetter heute spielt. Wir sind gut gelaunt ob dieser Offenbarung und besteigen den Zug auf die Jungfrau. Am Eismeer machen wir halt und schauen mit Ehrfurcht vom verglasten Balkon aus auf die Gletscherbrocken, die aus dem Verbund brechen. Wie Philadelphia Käse.

Die Logistik der Bahn ist bemerkenswert. Alles ist getaktet und aufeinander abgestimmt. Wir sind oben und verstreuen uns, sehen uns erst um 14.30 Uhr für die Abfahrt wieder. Es ist unglaublich, was für große Räume in den Fels gehauen worden ist, um das Ziel noch attraktiver zu machen. Allein die Fahrt ist eine technische Meisterleistung, denn rund 10 km führen auf der Innenseite der Eiger Nordwand nach oben. 1912 ist die Strecke eröffnet worden. Welche Vision, über zehn Jahre an dieser Strecke zu bauen.
Beeindruckend ist der Blick vom Ausguck über den Aletschgletscher. Man schaut bis zum Eggishorn, wo wir vor einigen Tagen standen, fasziniert von der Natur und dem Gletscher. Es ist ausreichend Zeit, alles anzusehen, doch die Natur schlägt alle vom Menschen ersonnen Attraktionen, die unter „Fun“ summiert werden können.

Wir trennen uns vom Berg und fahren über Eigergletscher mit der Gondelbahn nach Grindelwald. Die Gondel fasst unsere gesamte Gruppe – ein hübsches Erlebnis, über die Landschaft zu gondeln, die sich unter uns wie eine Modelleisenbahn ausnimmt.
Jan nimmt uns unten in Empfang und wir fahren zurück nach Interlaken, wo uns kurz nach unserer Heimkehr ein nächster Regenschauer begrüßt – wie unter alten Freunden.

Das Schilthorn – James Bond war auch schon hier

Heute erstürmen wir den letzten Gipfel – das Schilthorn. Wir fahren durch den hübschen Ort Lauterbrunnen und das dahinter liegende liebliche Tal, das nur einen Zugang hat, nach Stechelberg. Dort nehmen wir die Bahn über Gimmelwald und Mürren nach Birg. Es ist zwar hell, doch wir stehen in Wattewolken, so dass der Thrill Walk uns bei schönem Wetter ganz sicher sehr beeindruckt hätte.

Es geht weiter auf den Gipfel. Und dort ist das Museum über den Dreh des James-Bond-Films „Im Auftrag ihrer Majestät“ sehr sehenswert. Es wurde kein Aufwand gescheut, Schnee tonnenweise mit dem Hubschrauber herangeflogen, die Bobbahn wieder in Schuss gebracht, um den letzten Kampf zwischen Bond und seinem Widersacher zu filmen. Da es noch keine Drohnen gab, wurde aufwendig aus der Luft gefilmt. Es macht Freude, sich das alles anzusehen, v.a. die Filmausschnitte, denn nun stehen wir hier, und haben dem Film die Fertigstellung der Bergstation zu verdanken.
Das Mittagessen nehmen wir im Drehrestaurant ein und freuen uns über jedes Wolkenloch, das den Blick auf die imposante Bergkulisse freigibt. Die einen fahren danach runter ins Tal, die anderen bleiben noch. Wann ist man wieder in dieser Höhe und mit der Luft?

Danach freuen wir uns auf einen Besuch der Trümmelbachfälle, doch die werden gerade jetzt von so vielen bestaunt, dass wir leider weiterfahren müssen und somit früher im Hotel sind, um noch die einen oder anderen Einkäufe zu erledigen.

Zu unserem Abschied segeln viele Gleitschirmflieger über unsere Köpfe hinweg wie bunte Schmetterlinge im blauen Himmel. „Uf Wiederluege, du schöne Schweiz“, was hatten wir für wunderherrliche Tage. Zusammengerechnet ergeben die Höhenmeter aller Berge, die wir besucht haben, und die drei Pässe, die wir in Kehren hoch- und runtergefahren sind, 26.333 Meter. Und nur einfach gerechnet, wir mussten ja auch wieder runter. Am Thuner See geht es vorbei, die Fischerboote holen hier Egli und Fellchen heraus, Fische, die in den Schweizer Seen heimisch sind. Wir fahren an Solothurn vorbei. Bis hierher – 100 Kilometer weit – reichten die Ausläufer des Aletschgletschers in der Würmeiszeit vor 20.000 Jahren. Wir kommen gut voran, doch zähflüssiger Verkehr an zwei Baustellen lässt die Zeitreserven schmelzen. Am späten Abend sind wir über mehrere Ausstiege wieder in Dresden. Im Gepäck den Käse von Judith vom Grimselpass, im Kopf unzählige schöne Erlebnisse und Fotos und im Herzen den bleibenden Eindruck, was für ein wundervolles Reiseland die Schweiz doch ist.

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Ein toller Reisebericht, der genau das wiederspiegelt was wir erlebt haben!
Das ist die beste Vorabinformation für Leute, die sich für diese Reise interessieren und noch Unentschlossene.
Als Teilnehmer dieser Reise lässt dieser Bericht das Ganze nochmals im Detail erleben und die schönen Fotos verstärken das noch.
Klasse gemacht!!

Klaus Rosenmüller
26.07.2023