Schweizer Impressionen per Bahn und Bus gesammelt
Reisebericht: 23.07. – 31.07.2024
„Eine Reise gleicht einem Spiel. Es ist immer etwas Gewinn und Verlust dabei – meist von der unerwarteten Seite.“ wußte schon der reisefreudige Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Seine Worte haben sich auch auf unserer Reise durch die Schweiz bewahrheitet. Die 22 Reisegäste haben mancherlei Überraschungen erlebt. Und wieder einmal hat sich bewiesen, dass die große, weite Welt manchmal doch ganz klein ist. Da treffen sich zwei ehemalige Schulkameraden, die sich aus den Augen verloren hatten, nach gut fünfzig Jahren wieder. Ein Mitreisender trifft die ehemalige Kollegin seiner verstorbenen Frau. Und gern hören wir von einem ehemaligen Bergsteiger in der Gruppe, dass das Matterhorn gar nicht so schwer zu besteigen ist, wenn man vorher in der Sächsischen Schweiz das Klettern geübt hat.
Ein Reisebericht von
Irmela Körner
Annäherung an die echte Schweiz
Die Schweize werden jetzt immer kleiner, und so gibt es nicht bloß mehr eine Märkische, sondern bereits auch eine Ruppiner Schweiz.“ hatte der Dichter Theodor Fontane einmal gespottet. Er hat damit aber auch darauf aufmerksam gemacht, dass es viele Landschaften gibt, die mit dem Begriff Schweiz beschrieben werden. Diese Mode entwickelte sich in der Zeit der Romantik und die so genannten Schweizen hatten meist blaue Seen, grüne Wälder, möglichst auch hügelige Landschaft. Oft hatten auch die Schweizer, die im Ausland lebten, Regionen in ihrer neuen Umgebung als Schweiz bezeichnet. Deshalb gibt es die Schweiz auch in Kanada und in der Karibik. Unser Ziel war die eine Schweiz, die amtlich Schweizerische Eidgenossenschaft heißt und im 13. Jahrhundert aus den Zusammenschluss von drei Urkantonen gegründet worden war. Über Nürnberg, vorbei an Ulm und mit einem kurzen Abstecher durch Österreich erreichen wir nach angenehmer Fahrt unser erstes Ziel, die Stadt Davos, die größte Gemeinde im Kanton Graubünden.
Fahrstrecke 740 Kilometer
Nicht platt wie ein Pfannkuchen, sondern bergig und kurvenreich
Wenn die Schweiz platt wäre, wie ein Pfannkuchen, wäre sie größer als Preußen, hatte einmal Goethe angemerkt. Doch die Schweizist alles andere als platt. Sie hat 48 Gipfel, die die 4000 Marke überschreiten. Das hat bei der Erschließung des Landes mancherlei technische Höchstleistungen im Bahn- Tunnel- und Straßenbau erfordert. Wir fahren kurvenreich über den Flüelapass und den Berninpass bis nach Tirano in Italien.Unterwegs gibt es phantastische Ausblicke auf den Morteratsch-Gletscher, die diversen Wasserfälle und Bergseen am Rande. In Tirano schmeckt das originale italienische Eis und dann ist es auch schon Zeit in unsere rhätische Bahn zu steigen. In den gut zwei Stunden Fahrt bis nach Pontresina können wir von der Bahn aus nochmals eine andere Perspektive auf Landschaft, Bahnstrecke und Straßen genießen. Am Spätnachmittag ist noch Zeit für einen Bummel durch das im Landwassertal weit ausladende Davos mit seinen Hotels und den in vielen unteschiedlichen Materialien und Stilen gestalteten Häusern.
Unser Bus hat 240 Kilometer zurück gelegt, wir sind mit ihm 120 km gefahren.
Im Ober– und Unterengadin unterwegs, Sehnsuchtsziel nicht nur der Dichter
Heute lernen wir das vom Inn geschaffene Hochtal des Engadin näher kennen. Hier kann man die Sprachenvielfalt der Schweiz erleben, bewundert das Licht, die grünen Matten und das glasklare Wasser aus den Bergen. Früher lebten die Menschen hier eher ärmlich von der Landwirtschaft und hier hat sich auch ein besonderer Stil der Häuser entwickelt. Sie werden Wohn- Stall-Häuser genannt, weil Mensch und Tier unter einem Dach ungergebracht waren. Die Häuser mit ihrer Schauseite zur Straße sind mit Graffititechnik verziert, die nach hinten gerichteten Stalltüren sind mit oft geschnitzten Holztüren verschlossen. Häuser dieser Art kann man vor allem beim Bummel durch den hübschen Ort Zuoz bewundern.
Schon im 19. Jahrhundert mauserte sich die Region des Engadin zum beliebten Touristenort. Die Dichter schwärmten für das besondere Licht und auch die Wanderer und Wintersportler kamen hier jeweils auf ihre Kosten. Friedrich Nietzsche erholte sich in Sils Maria, Hermann Hesse, Thomas Mann und Friedrich Dürenmatt zog es immer wieder nach Sils oder Sankt Moritz. Auch wir machen Station in Sankt Moritz und flanieren entlang der noblen Hotels und Haut Couture Läden durch den Ort.
Unsere Rückfahrt führt uns über den tatsächich schon zur Römerzeit genutzten Julierpass über Tiefencastel wieder zurück nach Davos.
Fahrstrecke 172 Kilometer
Schatzalp und Weißfluhgipfel nach Wahl
An diesen Tag ist Eigeninitiative gefragt. Mit der Gästekarte von Davos gibt es mit den Bussen freie Fahrt, auf den Bergbahnen Rabatt und so können wir ausschwärmen. Einige fahen auf die Schatzalp und genießen Ausblick und Spaziergang, andere erkunden Klosters oder fahren mit der Parsenn Bahn auf den Weißfluhgipfel. Von dort kann man einen steilen Schotterweg bis zur nächsten Station der Bergbahn hinunterlaufen und sich kaum satt sehen an den Blumen, die auch auf dem Gestein üppig gedeihen.
Am Abend treffen wir uns alle wieder beim leckeren Abendessen und können mancherlei Eindrücke austauschen.
Ein Höhepunkt der Reise: die Fahrt mit dem Glacier–Express
Am Bahnhof gesehen haben wir ihn schon, jetzt aber sind wir Passagiere und fahren selbst mit dem Glacier-Express. Er behauptet stolz von sich, der langsamste Schnellzug der Welt zu sein. Aus den tief gezogenen Panoramafenstern schenkt er uns wunderbare Ausblicke auf Seen, in Täler, auf die Gipfel und die teilweise atemberaubende Streckenführung über Viadukte und Brücken hinweg.
Von Davos nehmen wir zunächst den Regionalzug nach Filisur, dort steigen wir dann in unseren Glacier-Express ein. Bald ziehen köstliche Essensdüfte durch den Waggon, das macht Appetit und auch uns wird ein kräftiger Älplerimbiss serviert. Das, was die Hirten im Gepäck hatten, wenn sie zu ihren Tieren untewegs waren, schmeckt uns auch. Wurst, Käse, Brot, etwas Gemüse und frisches Obst und Nüsse.
Bis Brig genießen wir die Landschaft, dann heißt es Umsteigen. Die schweren Regenfälle, die im Juni rund um Zermatt niedergegangen waren, haben Schäden hinterlassen, die sich nicht von heute auf morgen beheben lassen. Teile der Strecke sind unterspült und so wechseln wir in Brig vom Glacier-Express in bereitstehende Busse und fahren bis Täsch.
Täsch ist der Ort, in dem Busse und Autos Halt machen und alle Gäste auf den Zug nach Zermatt umstiegen müssen. Zermatt ist seit vielen Jahren autofrei. Gepäck wird am Bahnhof Zermatt auf Elektrowagen verladen und zu den Hotels gebracht. Es geht im Prinzip problemlos, unser Gepäck läßt sich Zeit und kam erst um 18.00 Uhr im Hotel an.
Zum Abendessen sind es nur ein paar Schritte zum Swiss Chalet, wo wir nicht nur sehr freundliche empfangen, sondern auch köstlich bewirtet werden.
Jan fährt mit unserem Bus 359 Kilometer, wir sitzen entspannt im Glacier-Express
In Zermatt– Weltdorf am Fuß des Matterhorns
Wenn wir Wolken schieben könnten, wäre der Gipfel des Matterhorns sicherlich immer ganz unverhüllt zu sehen. So aber müssen wir auf günstige Wetterbedingungen hoffen. Als wir am Morgen zum Gornergrat hochfahren, hat der Gipfel noch ein Wolkenband, so als müsse er sich noch den Hals wärmen. Doch je länger wir schauen und staunen, die Gelegenheit nutzen, um einen Film und eine 3-D- Animation anzuschauen, umso heller wird es. Wir fahren mit der Bergbahn eine Station wieder talabwärts, steigen dann aus und wandern gemütlich hinunter bis zum Riffelsee. Unterwegs gibt es die Blumenpracht zu bestaunen, unbekannte Blüten mit Hilfe der App zu deuten. Dabei geht der Blick immer wieder zum Gipfel, der ganz allmählich die Wolken zur Seite schiebt und sich dann silbrig glitzernd oben ohne im Sonnenlicht präsentiert. Wow. Kein Zweifel, das Matterhorn ist einer der schönsten Berge Europas, ganz ohne Wenn und Aber.
Wir erleben ihn ohne Wolken und feiern das mit einer gemütlichen Kaffeepause an der Riffelalp. Zufrieden und immer noch mit dem Blick auf diesen Berg der Berge geht es wieder ins Tal.
In luftiger Höhe auf Schnee und Eis
Kleines Matterhorn wird das Plateau auf einer Höhe von rund 3800 Metern genannt, von dem aus die erfahreren Bergkletterer auf das schneebdeckte Breithorn steigen oder die Sckifahrer am Theodulgletscher ihre Schwünge drehen. Die Bergbahn, die uns in zwei Etappen in großem Gondeln nach oben bringt, gilt als die höchstgelegene Station dieser Art Europas. Auch die Unsportichen kommen in luftiger Höhe auf ihre Kosten. Auf der Panorama- Terrasse geben die Alphornbläser ein kleines Konzert. Es gibt Filme zu sehen und man kann in eine tief in den Berg reichende Gletscherspalte gehen, wo Skulpturen aus Eis und glitzernde Eiskristalle eine märchenhafte Welt zaubern. Und wieder zeigt sich das Matterhorn majestätisch und wolkenlos.
Am Nachmittag knnen wir im Matterhorn- Museum einiges über die Entwicklung des Alpinismus und die mutigen Männer aus der Zeit der Erstbesteigungen erfahren. Auch das gerissene Seil, durch das bei der Erstbesteigung im Jahr 1865 vier Menschen zu Tode kamen, ist ausgestellt. Auch unser Matterhornbesteiger aus der sächsischen Schweiz kann da nochmals einige seiner Erlebnisse erzählen.
Um 17.00 Uh werden die Ziegen durch den Ort getrieben. Wir lassen ihnen den Vortritt und schlendern dann nochmals gemütlich zur Bergbahn, um nach Furi zu fahren. Das ist die erste Station der Bahn hinauf zum kleinen Matterhorn. Hier wartet im Restaurant ein gemütlicher Abend auf uns. Zum Aperitiv im milden Licht der Abendsonne hören wir draußen ein Alphornkonzert und können uns erläutern lassen, wie man aus dem langen Rohr verschiedene Töne heraus bekommt.
Wir lassen uns das Raclette schmecken und nehmen die eine oder andere Lebensweisheit von den holzgeschnitzten Schmucktafeln an der Wand mit. "Reise vor dem Sterben, sonst reisen deine Erben" ist der Favorit.
Wie von Zauberhand gelenkt, öffnen sich um 21 Uhr die Türen der Bergbahn nach unten für uns und wir bummeln durch das noch immer belebte und hell erleuchtete Zermatt zurück zum Hotel.
Heimwärts durch die Urschweiz
Wir schicken unser Gepäck früh am Morgen nach Täsch auf den Weg, fahren dann selbst mit einem der späteren Züge hinterher und starten unsere allmähliche Rückreise. Bei der Fahrt bis zum Fuße des Säntis verändert sich die Landschaft, wird flacher, lieblicher. Wir können neue Regionen der Schweiz zumindest beim Vorbeifahren in Augenschein nehmen. Mit der Fahrt über die weit ausladenden Kurven des Grimselpasses kommen wir vom Wallis in die Region der Berner Alpen. Auf der Passhöhe schimmert der Totesee im Licht, in einem Gehege können wir Murmeltiere aus der Nähe anschauen. Immer wieder sehen wir Seil- oder Zahnradbahnen, die an den steilen Hängen der Berge gebaut wurden. Sie schmücken sich alle gern mit Superlativen, längste, steilste, oder auch höchste Bahn.
Wir kommen vorbei an Meiringen, wo man die eindrucksvolle Schlucht der Aare durchwandern kann und duchstreifen auf der Fahrt auch die Gegend, in der Wilhelm Tell, Nationalheld und Sagengestalt, in der hohlen Gasse auf den Landvogt Gessler gewartet haben soll.
Sanfte grüne Hügel charakterisieren die Landschaft und bald sehen wir die Wetterstation des Säntis vor uns und erreichen unser letztes Quartier vor der Heimreise, die Schwägalp.
359 Kilometer Fahrstrecke
Am Abend haben uns die Kuhglocken in den Schlaf geklingelt, am Morgen wachen wir damit auf. Das ist ländliche Idylle pur. Mit der ersten Bergbahn fahren wir auf den Säntis, wo ein reichhaltiges Frühstücksbuffet auf uns wartet. Der Säntis, mit 2500 Metern der höchste Berg der Ostschweiz, gilt als Wetterberg, der Säntis wird nachgesagt, er sei der nässeste Ort der Schweiz. Hier herrschen schwierige Temperaturbedingungen aufgrund der exponierten Lage, zum anderen hat man dort bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine Wetterstation errichtet. Im Jahr 2009 hatten Bergsteiger an der Wand des Säntis die seinerzeit weltgrößte Schweizer Fahne zur Feier des Nationalfeiertages am 1. August angebracht. Diese hatte der Wind zerfetzt, doch die Schweizer haben sich davon nicht beeindrucken lassen. Jedes Jahr wird eine 80x80 Meter große Fahne, an deren Kosten sich die Schweizer über Patenschaften beteiligen können, zum Nationalfeiertag am Säntis aufgespannt. Die Vorarbeiten haben wir noch beobachten können. Dann starteten wir zur Heimfahrt vorbei an St. Gallen. Wir konnten einen Blick aus der Ferne auf den Bodensee werfen, ließen den Turm des Ulmer Münsters links liegen und kamen über Nürnberg und Bayreuth wieder zurück ins schöne Dresden.
Mitgebracht haben wir nicht nur viel Käse, sondern unvergessliche Eindrücke, jede Menge Fotos und Begegnungen und Widerbegegenungen mit neuen und alten Bekannten.