Reisebericht: Zugreise Schweiz – die schönsten Panorama–Strecken

17.06. – 23.06.2012, 7 Tage Rundreise Schweiz mit Sarnen – Gotthard Panorama Express – Lugano – Centovallibahn – Brig–Naters – GoldenPass Panoramic – Interlaken


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Diese Reise ist ein "Trudeln" durch die Berg- und Seenwelt der Schweiz sein, in Panoramazügen und im bequemen Bus. In dieser entspannten Atmosphäre erschließen sich die die Schönheiten dieser Welt noch viel mehr und intensiver
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Reisebericht

17.06. - 23.06.2012. Ein Bericht von Peter Großer
Trudele durch die Welt.
Sie ist so schön, gib dich ihr hin,
und sie wird sich dir geben.
Kurt Tucholsky (1890 - 1935)
Sonntag, 17.06.2012
Diese Reise in die Schweiz ist sicher ein kleines bisschen anders als die Rundreisen mit dem Bus von Stadt zu Stadt, mit ständig wechselnden Eindrücken und vielen Informationen zu Geschichte und Kultur.


Diese Reise wird eher ein Trudeln durch die Berg- und Seenwelt der Schweiz sein, in Panoramazügen und im bequemen Bus. In dieser entspannten Atmosphäre erschließen sich die die Schönheiten dieser Welt noch viel mehr und intensiver. Schon bei der Anfahrt gibt es einen Vorgeschmack: die Bergkette des Fürstentums Liechtenstein, die zackigen Churfirsten über dem Walensee, die schneebedeckten Spitzen der Glarner Alpen, den Zürichersee mit seinen dichtbesiedelten Ufern und seinen Weinbergen und schließlich die berühmten und markanten Berge der Zentralschweiz: Pilatus und Rigi am Vierwaldstätter See. Noch vor 18 Uhr haben wir Luzern erreicht, eine der schönsten Städte der Schweiz, vielleicht die schönste (die Japaner werden sich doch wohl nicht irren). Unser Hotel liegt ganz zentral, nach einigen Minuten erreicht man die Reuss und die berühmte Kapellbrücke. Viele nutzen das zu einem kleinen Abendspaziergang.
Montag, 18.06.2012
So eine Stadt kann man natürlich nicht verlassen, ohne durch eine fachkundige Stadtführung in die Gassen der Altstadt einzudringen und über die Geschichte und das Leben in Luzern mehr zu erfahren. Dann wartet aber der Raddampfer „Schiller“ auf uns. Nach der Wende hat das bekannte Verkehrsmuseum in Luzern in Kenntnisnahme der Weißen Flotte auf der Elbe den ursprünglichen Titel auf „älteste und größte Raddampferflotte der Welt auf einem Binnensee“ präzisiert. Statt Sächsischer Schweiz nun die eindrucksvolle richtige Schweiz. Ständig wechselnd die Aussichten: die Hotelpromenade von Luzern, das Wagnerhaus in Triebschen, der zackige Pilatus, Vitznau mit der Bahn zum Rigi, der Schillerstein vor der Rütliwiese, die Tellkapelle auf dem Felsvorsprung, auf den Wilhelm Tell vom Boot sprang, der fjordähnliche Urnersee. Das Oberdeck lädt zum Schauen ein, der Salon 1. Klasse zu Mittagessen. In Flüelen warten Busse, angezeigt durch große Schilder und mehrere Lotsen. Ein Felssturz bei Gurtnellen


hatte Anfang Juni die Eisenbahngleise dieser wichtigen Nord-süd-Verbindung unterbrochen. 2 Stunden vor unserer Vorbeifahrt waren 2000 t instabiles Gestein abgesprengt worden. Anfang Juli wird die Strecke wieder befahrbar sein. Der Bus bringt uns bis nach Göschenen am Eingang zum Gotthardtunnel und wird können unsere Fahrt wie geplant mit dem Zug fortsetzen. Nur 10 Minuten dauert die Durchfahrt durch den Tunnel , dann geht es fast 1000 m von Airolo aus hinab, durch das Levantinatal des Ticino, vorbei an Dörfern mit romanischen Kirchen, durch Bellinzona, dem Tor zur Innerschweiz mit 3 mächtigen Festungen, bis zum Ziel: Locarno am Lago Maggiore (Langensee). Natürlich steht wie immer der Bus zur Abholung bereit und es gelingt dann auch, mit ihm unser Hotel mitten im Zentrum von Locarno an der Piazza Grande zu erreichen. Im Ort wechseln italienisches Flair mit Schweizer Sachlichkeit und auch unser Hotel könnte in Oberitalien stehen.
Dienstag, 19.06.2012
Heute „trudeln“ wir durch die Täler des Tessins. Wir beginnen im Tal der Maggia, die mit ihrem Geröll ein Delta in den Lago Maggiore vorgeschoben hat. Schon bald, dort wo das Centovallital abzweigt, verengt sich ihr Bett. Von der Brücke bei Ponte Brolla aus sehen wir, wie tief der Fluss in den Felsenuntergrund hineingesägt hat, es sind bis zu 10 m. Das Wasser ist kristallklar. In Celio unternehmen wir einen kleinen Rundgang, ausgehend vom Landvogteihaus Pretorio aus dem 17.Jhdt., dessen Fassade mit Kantons- und Familienwappen geschmückt ist. Bei Bignasco biegen wir in das Bavonatal ab. Hier ist die Zeit stehengeblieben. Die Häuser sind in Trockenbauweise aus Granitblöcken erbaut und tragen schwere Granitplatten auf dem Dachgebälk aus Kastanienholz. Bis zu 400 kg kommen hier auf den Quadratmeter.


Überall liegen riesige Felsbrocken herum, sogenannte Balois, mitunter werden sie als Abdeckung eine Kellers (Splüi) genutzt. Die grauen Steinmassen der Häuser, die im Winter meist unbewohnt sind, sind mit Blumen geschmückt und stehen inmitten grüner Wiesen voller Feldblumen. Bei Foroglio stürzt das Wasser von Fels. Ist der Wasserfall zwar schmaler als der Niagarafall, ist aber mit 110 m höher. In Faedo kann der Bus nicht weiter in das Tal eindringen, wir besichtigen das vielleicht typischste Granitdorf. So hat sich wohl niemand das Tessin vorgestellt.
Es bleibt noch genügend Zeit für ein weiteres Tal. Wir müssen allerding erst nach Locarno zurück, um dann in das hochgelegene Verzasca-Tal hineinzufahren. Nach steilem Anstieg kommen wir an einer Talsperre vorbei, die von einer 220 m hohen Staumauer gebildet wird. Dabei ist es nur die vierthöchste der Schweiz. Immerhin hat sich hier James Bond in „Golden Eye“ herabgeschwungen, ganz Mutige können es am Bungee-Seil nachvollziehen.
Aber auch die Jugend ist mutig. In Lavertazzo spannt sich eine doppelbögige Brücke über das felsige Bett des Flusses und einige Jungen springen aus immerhin 14 m Höhe vom Rand der Brücke in die grüne Flut. Es gehört schon viel Körperbeherrschung dazu, erst einmal auf dem gemauerten Rand der Brücke zu stehen. Von der tieferen Klippe zu springen ist wohl einfacher, aber erfordert auch noch sehr viel Mut.
Nach einem kurzen Aufenthalt auf der Staumauer der Talsperre kehren wir rechtzeitig nach Locarno zurück, um noch etwas durch den Ort zu bummeln, oder mit Tucholskys Worten, zu trudeln.
Mittwoch, 20.06.2012
Wir verlassen Locarno mit der Centovalli-Bahn, nachdem wir noch einmal Gelegenheit zu einen Spaziergang am See hatten. Die schöne Panoramastrecke leidet allerdings etwas unter dem starken Bewuchs, Baumgruppen und Ausblicke wechseln rasch nacheinander. Ist das Fotomotiv dann ausgemacht, kommt wieder einer der 34 Tunnel. Fotografieren wird zum sportlichen Ereignis. Fast 600 m muss die Schmalspurbahn in die Höhe klettern im Centovalli - den hundert Tälern - bis der Scheitel in S.Maria Maggiore erreicht wird. Da sind wir schon in Italien. Über enge Serpentinen fährt dann der Zug in das breite Ossolatal hinab, nach Domodossola. Hier wartet unser Bus schon wieder am Bahnhof. Über die tiefe Gondoschlucht geht es wieder in die Schweiz, hinauf zum Simplonpass (2005 m). Dieser wichtige


Alpenübergang war lange Zeit durch die Familie Stockalper aus Brig beherrscht worden. Mit ihrem Warentransportrecht, dem Salzmonopol und den Erzschürfrechten hat sie ein riesiges Vermögen angehäuft. Davon künden ihre beiden Palais, das ältere ist ein schöner Renaissancebau, das jüngere der größte weltliche Barockbau der Schweiz, italienische Architektur nördlich der Alpen. Bemerkenswert ist auch, dass bereits 6 Jahre nach dem ersten Motorflug in der Geschichte ein Peruaner von Brig aus den Pass per Flugzeug bezwang, wenn er auch unglücklich endete. In Brig erinnert ein Denkmal daran. Wir folgen dem Lauf des Rhone (dieser Flussgott ist bei den Franzosen männlich) im großen Kanton Wallis (so sagen die Deutschschweizer) oder Valais (so die Welschschweizer). Bei Sierre/Sider liegt die scharf gezogene Sprachgrenze. Bei Sion liegen 2 steile Hügel im Tal: der Valeria-Hügel trägt eine Kirche, der Tourbillon die Reste der Sommerresidenz der Bischöfe. Weinberge ziehen sich an den Hängen hoch hinauf. Bei Martigny biegt der Rhone rechtwinklig nach rechts ab, der Ort liegt an den wichtige Zugängen zum Großen St.-Bernhard mit dem Übergang in das Aostatal und dem Col de Forclaz, Zugang zum Montblanc-Gebiet. Nicht weit davon biegen wir in die Berge ab und erreichen unser sehr gutes Eurotel Victoria in Villars. Und auch die Weinkarte abends zeigt, dass wir in der Nähe eines Weingebietes sind, dem Chablais. Die Schweizer erzeugen mehr Wein, als man vermutet, aber er ist so gut, dass sie ihn lieber selbst trinken und nicht sehr viel exportierten.
Donnerstag, 21.06.2012
Simplon war gestern, heute geht es noch 1000 m höher. Nicht weit von Vliiars liegt der Gebirgsstock Les Diablerets, der Teufelshörner. Vom Col du Pillon (1526) führt die Kabinenbahn (sie fasst immerhin 125 Personen) in zwei Sektionen auf den Gipfel des Scex Rouge (2971 m). Das Gebäude der Bergstation


stammt vom schweizerischen Stararchitekten Mario Botta. Von hier aus sind es noch 182 Stufen bis zum Gipfel. Etwas tiefer liegt das Skigebiet Glacier 3000 auf dem Plateau des Tsanfleurongletschers, auf dem bis zum Mai Skisport betrieben wird. Ein Sessellift bringt uns zum Gletscher, wir stapfen im tiefen, nassen Schnee. Wolken ziehen über das Massiv und geben immer einmal einen anderen Ausblick frei. Leider (oder glücklicherweise) baut man zur Zeit an der Sommerrodelbahn, ihre steilen Geraden, Schleifen und Bögen lassen jedoch vermuten, dass die meisten Gäste ohnehin auf eine Fahrt verzichtet hätten.
Um noch einmal das Wort zu gebrauchen: wir trudeln vom Oberland des Kantons Vaud (Pays d’Enhaut) in das Saanenland hinein, die angrenzende Deutschschweiz. Eine Landschaft zum Genießen, bei schönstem Sonnenschein. Kleine Dörfer mit ihren Häusern aus Lärchenholz, den Chalets mit ihren flachen Satteldächern, die weit überstehen und den verzierten, blumengeschmückten umlaufenden Balkons, alte Dorfkirchen und bunte Gaststätten. Waldstücke wechseln mit saftigen Wiesen, alles wird von Bergstöcken überragt. Die Chaletbauweise ist auch im berühmten Dorf Gstaad Vorschrift. Roger Moore war hier, Bernie Ecclestone, Elizabeth Taylor, Fürstin Gracia Patricia, Yehudi Menuhin, Axel Springer - und auch die Gäste von Eberhardt Travel. Was hat sie nach Gstaad gezogen? Sicher war es die Ruhe des Ortes und seiner Umgebung, der Urlaub von diesem aufreibenden Promidasein.
Auch wir genießen die ruhige Landschaft, die Durchfahrt durch Saanen, durch Chateau d’Oeux (das Simmel in einem Roman als schönsten Ort der Welt gelobt hatte), biegen in die Schlucht von Pissot ab, kaufen den berühmten Alpkäse in Etivaz und fotografieren Alpenblumen am Col de la Croix (1727 m). Wieder Ausblicke in die wilde Gebirgslandschaft der Teufelshörner. So eine Landschaft muss der Schweizer Gottfried Keller gesehen haben als er ausrief: "Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluss der Welt!"
Freitag, 22.06.2012
Vom Genfer See geht es zurück in die Innerschweiz, an den Vierwaldstätter See. In der Schweiz ist der Genfer See mehr als Lac Léman bekannter. Es ist der größte Alpensee und der größte See der Schweiz, wenn man davon absieht, dass 40 % seiner Ufer in Frankreich liegen. Neben Genf ist Montreux der bekannteste Ort, ein internationales Touristenzentrum, Aufenthaltsort gekrönter Häupter (die arme Sissy !) und großer Persönlichkeiten wie Tolstoi, Tschaikowski oder Hemingway. Eine Perle am See vor der Kulisse der Savoyer Alpen, geeigneter Hintergrund für ein Gruppenbild. Der Golden Express der Montreux-


Oberland-Bahn windet sich ein Serpentinen nach oben, jede Sitzplatzreihe bekommt die Aussicht auf Berge und See. Der Zug rollt weiter in das Saanenland hinein, das wir gestern schon bewundert hatten und fährt in das Tal der Sinne hinab. Umsteigen. Dann erreichen wir, vorbei an der Pyramide des Niesen bei Spiez den Thuner See und bald auch zwischen ihm und dem Brienzer See - inter lacus - das Tor zum Berner Oberland: Interlaken. Eiger, Mönch und Jungfrau haben schon immer Touristen angezogen, aber jetzt ist der Ort fest in japanischer Hand. Die Jungfrau schaut tatsächlich strahlend weiß in einem Taleinschnitt herüber. Jeder nutzt die 2 Stunden Aufenthalt auf seine Weise, nutzt das Angebot einer der vielen Gaststätten. Zum letzten Male bringt uns ein Zug weiter durch die Schweiz. Am Ufer der Brienzer Sees fährt er durch den Schnitzerort Brienz nach Meiringen, dort wo die Aare nach dem Durchbruch durch eine enge Schlucht frei fließen kann. Dann wechselt der Zug die Richtung und steigt an Felswänden entlang zum Brünigpass empor (1002 m). Ohne Zahnstange würde er die Steigung nicht schaffen. Den Abstieg bewältigt er wegen des Gefälles und der engen Kurven sehr bedächtig, kommt am Lungernsee und Sarner See vorbei und erreicht dann Luzern. Der Kreis hat sich geschlossen.
Sonnabend, 23.06.2012
Wir fahren bei schönstem Wetter zurück. Jeder hatte den Wunsch, noch ein oder zwei Tage anzuhängen. Aber die Schweiz ist ja nicht so weit entfernt und so mancher Gast war schon mehrere Male hier und wird auch wieder zurückkehren. „Die Schweiz ist ein armes Land“, sagte mir einmal ein Schweizer. „Wir sind ein kleines Land. Wir haben keine Bodenschätze, weder Kohle, Eisen noch Erdöl. Wir haben nur Wasser, Luft und Berge. Aber wir machen etwas daraus.“ Schön, dass es dieses Land in Europa gibt, schön dass es seit 2 Jahrzehnten von Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt aus erreichbar ist.
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