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Rundreise Balkan – Von Serbien bis Mazedonien: Vom Balkan verführt – eine Reise in 6 Ländern durch wilde Schönheit und bewegte Geschichte

Reisebericht: 25.04. – 08.05.2025

Jeder kennt das Wort Balkan. Viele meinen etwas anderes damit. Das Gebirge? Die Halbinsel? Ex-Jugoslawien? Etwas wildes Unbekanntes, wo ständig Konflikte ausgetragen werden? Oft vergessen wir dabei, wie vielfältig, historisch aufgeladen und widersprüchlich diese Region wirklich ist. Zwischen Orthodoxie und osmanischem Erbe, Bergdörfern und Küstenmetropolen, zerfurchter Vergangenheit und aufblühender Gegenwart liegt ein Europa im Spannungsfeld. Doch was ist der Balkan wirklich? Wir sind losgezogen, um es herauszufinden.

Jana Wessendorf

Ein Reisebericht von
Jana Wessendorf


1. Tag, Freitag, 25.04.2025: Flug nach Belgrad in Serbien – Weiterreise nach Novi Sad

Am Mittag landen wir auf dem Flughafen Nikola Tesla in Belgrad. Ein sympathischer Start, endlich mal ein Flughafen, der nach einem Wissenschaftler und nicht nach einem Politiker benannt ist. Nikola Tesla, ich dachte der sei Kroate? Und schon sind wir mittendrin in der Komplexität des Balkans.

Unser Tag begann früh. Aus Dresden, Leipzig, Berlin und Hamburg reisen wir nach Frankfurt, wo sich unsere Gruppe komplettiert. Gemeinsam starten wir zu unserer Rundreise zu den Edelsteinen des Balkan, und hoffen sehr, dass der Name Programm ist.

In Belgrad begrüßt uns Bogdanka, unsere örtliche Reiseleiterin, die viele Geheimnisse und Geschichten des Balkan kennt, stilecht mit ihrem Markenzeichen: eine Sonnenblume. Die ist gut gewählt, passt sie doch perfekt zu ihr: lebensfroh und quickfidel.

Wir bleiben heute nicht in Belgrad, sondern reisen weiter nach Novi Sad, Serbiens zweitgrößter Stadt. Durch die topfflache pannonische Tiefebene der Vojvodina, einer Kornkammer des Landes, erreichen wir nach rund 60 Kilometern unser Hotel. Wie erfahren den Zusammenhang zwischen den Donauschwaben mit ihren Ulmer Schachteln und der Region. Im Hotel ruhen wir uns kurz aus. Es liegt direkt gegenüber des Bahnhofs der Stadt, der am 1. November 2024 traurige weltweite Berühmtheit erlangte, als ein Betondach auf darunter wartende Menschen fiel. Die 16 Toten und die schlimmen Einzelschicksale der Überlebenden prägen noch immer die Atmosphäre der kleinen Stadt, in einer Mischung aus Traurigkeit und Ärger. Seit jenem verhängnisvollen Freitag schwellen Proteste im ganzen Land über, wöchentlich, immer um 11.56 Uhr, für 16 Minuten, gegen die Korruption im Land und für eine vollumfängliche Aufarbeitung des Unglücks.

Dabei ist der Name Novi Sad ein Inbegriff von Freude, Lebenslust und Hoffnung, ähnlich wie Bogdankas Sonnenblume. Es war und ist eine Tradition bei einer Hochzeit eine Reihe Weinreben zu pflanzen. Beide, das Hochzeitspaar und die Weinreben, sollen gemeinsam wachsen und gedeihen. Ein schönes Bild. Novi Sad, wörtlich übersetzt Neusatz, bildlich gemeint: neu gepflanzt, ein neuer Anfang.

Bei einem ausgiebigen Spaziergang durch die kleine Altstadt beobachten und erleben wir Typisches: Radwege, omnipräsent und gut genutzt, Kiebitzfenster (selber herausfinden!), charmante Mikromärkte (=Konsum), viele Kinder und noch mehr Bäume. Wussten Sie eigentlich, dass die ehemalige Nummer 1 der Tennisweltrangliste, Monica Seles, aus Novi Sad ist, ebenso wie die Ehefrau Albert Einsteins, Mileva Maric? Das Zentrum der Stadt überzeugt mit kleinstädtischen Charme und einer bequemen Wuseligkeit. Am serbischen Volkstheater sind Bodenplatten eingelassen, die auf besondere historische Ereignisse Novi Sads und seiner Bewohner hinweisen.

Am Abend frischt der Wind auf, berühmt für seine Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h. Manche Bäume sind stumme Zeugen mit ihrer krummen Haltung. Sein Name: Košava. Doch wir haben das Glück auf unserer Seite. Als ein starker Regenguss mit Gewitter sich über der Stadt entlädt, sitzen wir gerade im traditionellen Lokal Sokace, welches auch von Einheimischen besucht wird. Serben essen gerne und viel Fleisch, entsprechend groß ist die Fleischplatte, die serviert wird. Keine wird vollständig aufgegessen. Musiker begleiten uns mit volkstümlicher Musik, die uns die Müdigkeit vergessen lässt.

Als wir wieder im Hotel zurück sind, freuen wir uns über einen ganz gelungenen Reiseauftakt wie auch auf's Ausruhen. So erlebnisreich darf es weitergehen!

2. Tag Samstag, 26.04.2025: Besuch der Festung in Novi Sad – Sremski Karlovci – Belgrad (Serbien)

Novi Sad war die Kulturhauptstadt Europas 2022, als bisher einzige Stadt außerhalb EU. Die kleine Stadt mit nicht einmal 300.000 Einwohnern bezieht ihre historische Bedeutung von der Festung Petrovaradin, die weithin sichtbar über der Donau thront. Erbaut über 88 Jahre, zwischen 1692 und 1780, in turbulenten Zeiten, bildeten die Festung und ihre Unterstadt für lange Zeit das administrative-kulturelle Zentrum Novi Sads. Die strategisch positionierte Festung, die zweitgrößte ihrer Art in Europa, muss über knapp 100 einfache Treppenstufen erklommen werden. Oben angekommen belohnen wir uns mit einem fantastischen Blick über die Donau, Novi Sad wie auch bis zum Nationalpark Fruška Gora mit seinem inmitten der Wälder versteckten 16 orthodoxen Klöstern. Das berühmte Wahrzeichen Petrovaradins, der Uhrenturm, wird gerade restauriert. Das Besondere daran? Stunden- und Minutenzeiger sind verstauscht. Warum das so ist, darum wanken sich Reiseleitergeschichten, denen man am besten vom Aussichtspunkt oberhalb der Donau lauscht. Wir erfahren, dass gerade die Renovierung dieser Zeit-Zeiger-Systematik viel Aufwand und Aufmerksamkeit braucht.

Vorbei an der Kirche Maria von Schnee, die ihren Namen einer Legende um Prinz Eugen verdankt, erreichen wir den beschaulichen Ort Sremski Karlovci. Der eher unscheinbar wirkende Ort beherbergt die zweitälteste orthodoxe Priesterschule Europas (nach der in Kyjiw) wie auch eines der besten und schönsten Gymnasien Serbiens.

Ausführlich informiert mit viel Wissenswertem steigen wir in unseren Bus, in dem Božidar, unser Fahrer, übersetzt "Gottes Gabe", bereits auf uns wartet. In einer Stunde erreichen wir Serbiens Hauptstadt, die uns einen gesamten Nachmittag beherbergen wird. Belgrad, wortwörtlich übersetzt, bedeutet "weiße Stadt". Einheimische nennen ihre Stadt "Phoenix-Stadt", weil sie trotz 40maliger Zerstörung immer wieder neu aufgebaut wurde. Eine Folge dieses regelmäßigen Wiederaufbaus ist eine fehlende Altstadt wie auch ein nicht abgestimmtes Sammelsurium an Baustilen und Architektur. Es wirkt wild, auf den ersten Blick befremdlich und für Menschen, die östlich des Eisernen Vorhangs aufgewachsen sind, hin und wieder nostalgisch.

Vom Studentenplatz spazieren wir zur Fußgängerzone Kneza Mihaila, wo jeder in einem der vielen und gut besuchten Straßencafés und Restaurants etwas zum Stärken findet. Der weite Platz mit Nationalmuseum und Volkstheater ist ein Hingucker und von dort spazieren wir in Richtung der Festung Kalemegdan. Dort oben, in einem großen Park, genießen die Belgrader ihren sonnigen Samstag mit Blick auf den Zusammenfluss von Donau und Save. Ein Denkmal thront über den Flüssen, ein Symbol des Friedens, mit einem nach unten gerichteten Schwert und einer Friedenstaube in der anderen Hand. Vielleicht sollte ein solches Bild um unsere Welt geschickt werden?

Belgrad ist zu groß, zu chaotisch, zu komplex, zu vielseitig, um es an einem Nachmittag zu erfahren oder zu begreifen. Viele Eindrücke nehmen wir mit zum wieder sehr leckeren Abendessen (die Vorspeise war ein Gedicht!), bevor wir unser exzellentes Hotel beziehen und all die Impressionen und Informationen Gelegenheit bekommen, sich zu setzen. Der Balkan hat eine reiche Geschichte, interessante Gegenwart und vielschichtige Zukunft. All das hat uns am heutigen Tag begleitet.

3. Tag Sonntag, 27.04.2025: Weiterreise über Topola und Oplenac nach Vrnjacka Banja (Serbien)

In unserem feinen Hotel haben wir gut ausgeruht und ganz lecker gefrühstückt. Frisch gestärkt und beschwingt lassen wir Belgrad hinter uns und fahren durch die Schumadija in Richtung Topola.

Die Schumadija ist eine Region, die bekannt ist für den erfolgreichen Anbau von Obst und Wein. Es überrascht also nicht, dass hier der serbische Sliwowitz und auch lokale Weine hergestellt werden. Kulinarisch können wir nach zwei Tagen zusammenfassen: Die Serben mögen sehr gerne Fleisch und Schnaps. Gerne in großen Mengen, alles sehr lecker. Unser erstes Ziel heute ist die Kleinstadt Topola, was übersetzt Pappel heißt, und den Charakter der Schumadija trifft. Viele Orts- und Flurnamen sind so betitelt, was der in einem frischen Grün in Wald und Wiesen erscheinenden Region das Gefühl von Naturliebe und Naturerhalt vermittelt.

Topola war auch ein bevorzugter Erholungsort des serbischen Königshauses mit seinem König Alexander I. Bogdanka macht uns vertraut mit der Geschichte der serbischen Königsfamilie, den dazugehörigen politischen Intrigen und unerwarteten diplomatischen Unterstützungen. Wussten Sie, dass es zu Churchills Zeiten für einige wenige Stunden serbisches Territorium in einem Londoner Hotel gab?

Auf einem vulkanartigen Hügel thront weithin sichtbar die monumentale Kirche des Heiligen Georg mit ihren vielen farbenfrohen Mosaiken und einer nicht minder imposanten Krypta mit Särgen der königlichen Kardordevic-Dynastie. Heute ist die serbische Königsfamilie auf der Suche nach ihrer früheren politischen Bedeutung. In einem Land, einer Region die schon jahrhundertelang im geo-politischen Spannungsfeld zwischen Ost und West angesiedelt ist, dürfte sich das Rad der Zeit nicht so einfach zurückdrehen lassen. Sollten Sie in Serbien auf handgestrickte Wollsocken stoßen, hier ein Symbol der mütterlichen Liebe und Geborgenheit, lassen Sie sich die rührende Verbindung zu König Alexander I. erzählen.

Inmitten der umliegenden Weinberge besuchen wir das Königliche Weingut, welches 1931 vom König gegründet wurde. Nach Irrungen und Wirrungen erfolgte 2022 die Rückgabe an die königliche Familie und seit 2024 wird das Weingut wieder aktiv bewirtschaftet. 40 Hektar groß, werden im Moment schon 11 Hektar beweint. Mit Stiftungsgeldern soll das gesamte Gut touristisch wieder auf Vordermann gebracht werden. Wir dürfen zwei der Weine verkosten. Gleich danach besuchen wir das stimmungsvolle private Restaurant "Vozd" im Ort, dass uns köstliche Mini-Kardjordjeva kredenzt. Sogar das Essen hat königlichen Einfluss! Was sich hinter dieser Köstlichkeit versteckt, findet ihre Zunge am besten vor Ort selbst heraus. Wir stoßen mit einem Sliwowitz an (Wow!) und runden diesen entspannten wie aufschlussreichen Vormittag gelungen ab. Entspannt, mit einem Lachen im Gesicht und Sliwowitz sowie lokalem Wein im Gepäck steigen wir wieder in unseren Bus.

Zwei weitere Fahrstunden durch eine wirklich schöne und grüne Kultur-Natur-Landschaft bringen uns in den in Serbien wohlbekannten Naherholungsort Vrnjacka Banja. Banja, der Name ist Programm, sprudeln doch hier am Fuße der Berge Quellen, die Thermalbäder und Wellness-Hotels und deren Besucher magisch anziehen. Das kleine Flüsschen, das frisch die lebendige Promenade vom dahinterliegenden Park trennt, lädt zum Spazieren ein. Hier findet jeder, was er sucht, vor allem aber bietet dieses kleine Örtchen Ruhe, Vogelzwitschern und lässt die Hektik von Alltag und Großstädten schnell vergessen. Individuell lassen wir den Tag ausklingen.

4. Tag Montag, 28.04.2025: Fahrt durch das Zlatibor–Gebirge – Kloster Žica – Bauernmuseum – Zlatibor (Serbien)

Der Aufenthalt im charmanten Kurort Vrnjacka Banja gefällt uns. Hier ist die Welt noch in Ordnung und die Zeit dreht sich weniger schnell als anderswo. Das tut der Seele gut, nicht nur derer von Reisenden. Wieder starten wir erst um 9 Uhr. Zeit für Ausschlafen, ein ausgiebiges Frühstück - ein sanfter Beginn für unseren neuen Reisetag.

Das Ziel ist Zlatibor, gleichzeitig ein Ort und eine Bergregion. Die höchste Erhebung, der Berg Tornik, liegt auf 1.496m. Man vermutet, dass der Name Zlatibor von den Weißkiefern mit gelben Nadeln in der Farbe von Altgold herrührt, die einst die welligen Berghänge der Gegend säumten. "Goldene Kiefer" also ist unser Tagesziel. Bis dorthin werden wir viel Gelegenheit haben, die grüne Naturlandschaft Südserbiens zu bestaunen, führt uns unsere Reise doch durch welliges Gelände und Schluchten, vorbei an Wiesen und Wäldern. Das satte Grün ist eine Wonne. Das Frühjahr singt und lacht, denn heute kommt auch zum ersten Mal dauerhaft die Sonne raus.

Unseren ersten Stopp machen wir beim serbisch-orthodoxen Žica-Kloster, welches 1208 von Stefan Nemanjic, dem „Erstgekrönten“, auf Initiative des Heiligen Sava von Serbien gegründet wurde. Bekannt ist es für seine rote Fassade und seine Fresken. Diese Fresken, zum Teil noch erhalten, zum Teil restauriert, sind vorwiegend mit drei essenziellen Farben gestaltet, die sich durch die Motive ziehen und ihre Bedeutung in der serbisch-orthodoxen Religion haben: byzantinisch-blau, sehr teuer zur damaligen Zeit, purpurrot und goldfarbig. Das kleine Nonnenkloster überzeugt mit einem schönen Garten und einem Blick in die Berge, die uns jetzt erwarten.

Durch die enge Schlucht der Zapadna Morava windet sich die Fahrstrecke. Hoch oben, an den Hängen der Berge, findet sich das ein oder andere kleine versteckte Kloster. Wir passieren das Städtchen Zlakusa, das für sein hochwertiges Tongeschirr bekannt ist. Vorbei an Steinbrüchen erreichen wir kurze Zeit und viele Kurven später die Stadt Užice. Wie aus dem Nichts tauchen auf einmal in einem grünen Talkessel (alte) Industrieanlagen und Hochhäuser auf. Ein Stilbruch in der Landschaft. Užice war eines der größten Industriezentren in Ex-Jugoslawien, vor allem für Metallverarbeitung. Warum man dieses hier im grünen Nirgendwo errichtet hat, geht vermutlich auf seine Ursprünge in vorchristlicher Zeit zurück wie auch die Rolle der Partisanen im Zweiten Weltkrieg.

Weiter geht die wellig-kurvige Fahrt durch Serbiens bergiges Hinterland bis ins Dorf Sirogojno. Dort befindet sich das einzige Freilichtmuseum Serbiens, das einen Status von nationaler Bedeutung innehat und 2014 international ausgezeichnet wurde. Es zeigt das traditionelle Leben und Arbeiten in der Region Zlatibor, und liegt sanft eingebettet in einem Nadelwald mit Blick über die angrenzenden Dörfer. In einem gemütlichen Holzhaus essen wir schmackhaftes Hochzeitskraut zum (gewollt) späten Mittag.

Die letzte Fahrtetappe führt uns zu unserem Tagesziel, dem Ort Zlatibor. Wer ein Bergdorf im Stile der Alpen erwartet hat, sieht sich kolossal getäuscht. Zlatibor ist eine kleine Hotelstadt gewonnen, unfassbar populär bei den Einheimischen. Ein angrenzendes Skigebiet zieht die Gäste auch im Winter an, so dass der Ort boomt - mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt. Der Spagat zwischen Natur- und Landschaftserhaltung und wirtschaftlichem Erfolg ist ein schwieriger, auch in den Bergen Serbiens. Landschaftlich wunderbar gelegen verbringen wir den Abend individuell und genießen den Aufenthalt in unserem schönen Hotel mit geräumigen Zimmern.

5. Tag Dienstag, 29.04.2025: Schifffahrt auf dem Fluss Drina – Weiterreise nach Bosnien und Herzegowina – Višegrad – Sarajevo

Was für ein Hotel! Begeistert treffen wir uns am Morgen beim Frühstück, rundum erholt und voller Energie. Heute fahren wir nach Bosnien-Herzegowina. Land Nummer 2 auf unserer Balkan-Rundreise.

Wir verlassen Zlatibor, den Ort und das gleichnamige Gebirge, in Richtung Tara-Gebirge, Nationalpark und Fluß. Die Landschaft bleibt bewundernswert schön und grün. Vorbei am Örtchen Kremna, das einer Legende nach für Prophezeiungen zweier Bauern bekannt ist, die im 20. Jahrhundert auch wirklich so eingetroffen sind (Jugoslawien, Weltkriege, Fernseher ...), erreichen wir das Grenzgebiet. Hier wurde eine Teilstrecke einer schmalspurigen Gebirgsbahn errichtet, die für 3.5 Kilometer Luftlinie rund 13 Kilometer schienen sowie Tunnel, Viadukte und Brücken gebraucht hat. Eine Zugfahrt, die gerade bei Touristen gefällt.

Was erwartet uns an der Grenze? Es ist immer ein Glücksspiel, weil tagesformabhängig von der Laune der Grenzer. Wir erreichen die Grenze direkt hinter einem slowenischen Reisebus, dessen Abfertigung länger dauert und gestenreiche Kommunikation der Beamten und des Busfahrers hervorruft. Wir dagegen dürfen problemlos passieren und winden uns dann durch eine weiterhin beeindruckende Gebirgslandschaft hinunter in den kleinen Ort Višegrad.

Dieser ist eigentlich nur aus einem Grund bekannt: wegen seiner Brücke über den Fluss Drina. Erbaut zwischen 1571 und 1578 spielt sie eine Hauptrolle im Roman "Die Brücke über der Drina" von Literaturnobelpreisträger Ivo Andric, der Serbe ist. Er beschreibt das Leben der Bewohner an der Brücke im Laufe der Zeit und der Jahrhunderte. Auf jeden Fall aber haben wir die schöne Brücke von allen Seiten, sogar von Aussichtspunkten, fotografisch festgehalten.

Bevor wir das Städtchen zu Fuß erobern, begrüßt uns Nenad, ein ehemaliger serbischer Marineoffizier, an Bord seines Bootes. Nenad selbst ist ein Erlebnis, der Schnaps fließt, es wird gesungen und wir schippern an einem Traumtag auf der Drina auf und ab - und genießen die Langsamkeit und Ruhe eines kleines Bootes. Das Leben in Višegrad scheint ebenso einen gemächlichen Gang zu gehen, wie das in Bosnien-Herzegowina nicht unüblich ist, auch wenn Višegrad selbst in der autonomen Teilrepublik Srpska, die vorwiegend ethnische Serben beheimatet, liegt.

Der Drina folgend verlassen wir den landschaftlich sehr schön liegenden Ort und fahren in Richtung Sarajevo. Bosniens Herz und multikulturelle Metropole erwartet uns. Bosnien-Herzegowina ist ein kleines Land, landschaftlich einmalig schön, sehr wald- und bergreich sowie gesellschaftlich und politisch hochkomplex. Bogdanka bezeichnet es als "verwundetes und zerrissenes Herz des Balkans", den Ereignissen in den 1990er Jahren folgend.

Das Land hat fast keine Autobahn. Kurvenreiche Straßen treffen auf heißblütige Fahrer. Autounfälle gehören zur Tagesordnung, so leider auch heute. Als uns auf einer solchen schmalen Strecke ein LKW überholt, geht ein Raunen durch unseren Bus.

Sarajevo begrüßt uns mit seiner Wuseligkeit gegen 18 Uhr. Nach dem Einchecken treffen wir uns alsbald wieder, um gemeinsam Saravejo-Cevapcici zum Abend zu essen, der traditionell mit Somun (Brot) und roher Zwiebel serviert wird. Nach dem Essen schlendern wir individuell durch die lebendigen Gassen der Altstadt und nehmen Sarajevos einzigartige Atmosphäre in uns auf.

Ein Tipp: Am Abend ist das Rathaus, die ehemalige Nationalbibliothek, mit dem Sarajevo-Schriftzug davor beleuchtet, was ein schönes und gern genommenes Fotomotiv ist.

6. Tag Mittwoch, 30.04.2025: Sarajevo – Hauptstadt von Bosnien–Herzegowina

Sarajevo ist bekannt für drei Großereignisse: der Mord an Erzherzog Franz Ferdinand 1914, der den ersten Weltkrieg unmittelbar auslöste, die Olympischen Winterspiele 1984 sowie den Bosnienkrieg von 1992 bis 1995. Letzterer ist noch immer präsent, war Sarajevo doch mehr als drei Jahre (länger als Stalingrad im Zweiten Weltkrieg) belagert. Über 11.000 Tote, davon mehr als 1.600 Kinder, und im Durchschnitt 300 Granaten täglich hatte die Bosnier und die Stadt in dieser schwierigen Epoche zu beklagen. Der Durchhaltewillen und die Resilienz der Einheimischen beeindrucken, auch heute noch, wenn sie von dieser schweren Zeit erzählen. Mohammed, ein schwäbischer Bosnier, führt uns durch seine Stadt, mit Witz und interessanten Details, die so nicht jedem bekannt sind. Das Herz der Stadt ist die Altstadt mit ihrem wuseligen Markt, Bašcaršija (=Hauptmarkt) genannt. Zwei Dinge sind besonders sehenswert: Die Kupfergasse, UNESCO-Weltkulturerbe und einziges Überbleibsel des osmanischen Marktes nach einem Stadtbrand, sowie eines der Wahrzeichen der Stadt, der Sebilj-Brunnen (mit seinen hunderten Tauben). In der Kupfergasse werden noch heute Kupferprodukte und Souvenirs von Hand hergestellt. Hier ist noch jeder fündig geworden ... In einer Karawanserei trinken wir zusammen stilecht bosnischen Kaffee.

Am Nachmittag erkunden wir Sarajevo individuell. Es gibt einiges zu entdecken, unter anderem eine sehr sehenswerte Ausstellung über die schlimmen Geschehnisse in Srebrenica 1995, ein "War Childhood Museum" in der Logavina-Straße, ein Olympisches Museum, das ganz alte Vratnik-Viertel der Stadt mit einem zu Fuß erreichbaren Aussichtspunkt, die Bierbrauerei Sarajevsko (die im Krieg weiterproduzierte) sowie die Seilbahn hinauf zum Hausberg Trebevic, der auch Startpunkt der olympischen Bobbahn ist. Wussten Sie eigentlich, dass noch viele der damaligen Sportstätten in Nutzung sind (Ausnahme: Skisprungschanzen und eben jene Bobbahn)?

Am Abend dinieren wir noch einmal landestypisch inmitten der quirligen Altstadt.

Sarajevo, Du Perle, ich komme gerne wieder. Vielleicht hast Du auch andere verzaubert?

7. Tag Donnerstag, 01.05.2025: Ausflug nach Mostar – Weiterreise nach Trebinje (Bosnien und Herzegowina)

Wir verlassen den charmanten und pulsierenden Schmelztiegel der Kulturen, Sarajevo, um ans andere Ende des Landes, in die Herzegowina, zu fahren. Dabei lernen wir Bosnien-Herzegowina auch als Schmelztiegel des Klimas kennen, herrschen doch gerade in Mostar im Sommer subtropische Temperaturen, während Sarajevo uns mit frühmorgendlichen Temperaturen um 10 Grad verabschiedet.

Vorbei am Ort Ilidza, einem Kurbad ähnlich, in dem der Fluss Bosna, Namensgeber des Landes, entspringt, spuren wir beschwingt ein auf den kurzen Autobahnabschnitt (35 km), der in Richtung Mostar führt. Heute ist der 1. Mai, der Tag der Arbeit, ein im Land wichtiger Feiertag. Die Einheimischen begehen diesen bei schönem Wetter gerne bei Picknick und Grillen in ihrer so schönen Natur. Wir sind nicht allein unterwegs, wie wir feststellen, was unseren Zeitplan ein bisschen umwirft. Als erfahrene Reisende gehen wir alle damit gekonnt um. Bogdanka nutzt die Zeit, um uns das Leben und Wirken von Josip Broz Tito näherzubringen, dem Staatspräsidenten Jugoslawiens nach dem 2. Weltkrieg bis hin zur Zeit des Kalten Krieges, der in beiden Städten an der Strecke, Konjic und Jablanica, Eckpunkte seines Schaffens und seiner Unterstützer hatte. Gerade in Konjic entsteht über Jahre eines der am besten gehüteten Bauprojekte, ein Bunker, der ihm, der Staatsführung und den wichtigsten Militärs im Falle eines Atomkrieges sechs Monate Unterschlupf bieten sollte. Manchmal muss man wirklich an der Menschheit verzweifeln ...
Mit kleinen Gesten und einem wirkungsvollen Schnaps versüßt uns Bogdanka das Schneckentempo und Božidar bleibt trotz der Verkehrslage ruhig und gelassen, wie wir ihn kennen. Chapeau!

Durch Jablanica hindurch, mit einem Hinweis auf die berühmte und verfilmte "Schlacht der Verwundeten", erreichen wir die Schlucht, durch die sich die türkisfarbene Neretva schlängelt. Ihrer Schönheit verdankt der Fluß seinen Namen: Nera Etva heißt "Göttliche Geschenk".

Am Nachmittag kommen wir in Mostar an. Dort erwartet uns Ado, unser örtlicher Stadtführer, der uns Interessantes zur Altstadt erklärt. Die Stadt quillt über vor Besuchern, wie so häufig. Die engen Gassen und, natürlich, die Alte Brücke von Mostar, Weltkulturerbe der UNESCO, ziehen die Gäste magisch an. So viele Menschen tummeln sich auf der Brücke, dass wir fast gar nicht mitbekommen, dass einer der kühnen Brückenspringer sich tatsächlich die 21 Meter in die Tiefe fallen lässt. Zum Glück ist das Wasser der türkisfarbenen Neretva dort 60 Meter tief. Erst wenn die zahlreichen Touristen genug Geld gespendet haben, wird gesprungen. Der Preis variiert saisonbedingt und kann zwischen 50 und 100 Euro liegen. Mostar, wörtlich übersetzt, heißt übrigens Brückenwächter. Vielleicht wäre es eine Idee, wieder einen einzusetzen? Andere Zeiten, andere Herausforderungen. Weniger bekannt ist, dass der Kirchturm der Peter-Paul-Franziskanerkirche mit 107 Metern der höchste im Land ist - mit Aussichtsterrasse.

Um zu unserem Tagesziel, Trebinje, zu kommen, fahren wir durch eine weitere besondere Landschaft in diesem kleinen, so vielseitigen Land. Die Landschaft hat sich stark verändert, seit wir Sarajevo am Morgen verlassen haben. Die dichten Wälder Bosniens sind gewichen und in eine Karstlandschaft Herzegowinas übergegangen, die nun in der Ebene Mostars in weite Wein- und Obstanbaugebiete übergegangen sind. Zwischen Sarajevo und Mostar liegen gerade rund 150 Kilometer. Auf unserem Weg in Richtung Trebinje fahren wir durch ein welliges Hügelland mit lichten Nadelwäldern, unterbrochen von mehreren großen Ebenen mit zarten Versuchen eines Weinanbaus. Es ist auch ein Gebiet, in dem Bogomilen, eine religiöse Minderheit mit interessanter Geschichte, in früheren Zeiten gelebt hat.

Am späten Nachmittag erreichen wir dann das charmante Städtchen Trebinje, am Fusse der Dinariden gelegen, mit seinem namensgleichen Fluss Trebišnjica, dem längsten Karstfluss in Europa. Die Stadt überzeugt uns sofort mit einem lebendigen, dennoch angenehm ruhigen Flair, in dem Kinder glücklich auf einem Platz spielen und Menschen den Frühlingsabend in Bier- und Weingärten genießen. Unser Abendessen lässt einen verrückt-intensiven Tag perfekt ausklingen, bewirtet uns die Familie des Restaurants "Porto Bello" nicht nur mit Herz, sondern auch mit leckeren Köstlichkeiten. Wir genießen das schöne Mahl und das Flair in vollen Zügen.

Nach einem langen Tag ist der restliche Abend kurz. Morgen verlassen wir Bosnien-Herzegowina, dieses besondere und vielseitige Land mitten im Herzen des Balkans.

Eine überraschende Nebenanekdote: In Sarajevo treffe ich einen Gast, mit dem ich letztes Jahr auf der Rundreise "Bosnien-Herzegowina - Städte, Klöster und Natur" war. Auch er hat sich sofort in das Land verguckt und kehrt zurück, um tiefer einzutauchen.

8. Tag Freitag, 02.05.2025: Ausflug nach Dubrovnik in Kroatien – Weiterreise nach Montenegro – Kotor – Budva

Unser erwartet ein früher Morgen. Nicht um 9 Uhr fahren wir los, sondern bereits eine Stunde früher. Zweimal fahren wir über Landesgrenzen. Ein Tag, drei Länder. Oder besser gesagt: Ein Tag, zwei Länder und Dubrovnik.

Wie Kinder freuen wir uns, als wir die bosnisch-kroatische Grenze als erster Reisebus erreichen. Wir sparen viel Wartezeit, die uns in Dubrovnik bleibt. Morgenstund' hat Gold im Mund.

Schon bald begrüßt uns Violetta auf dem Pile-Platz in Dubrovnik, der sich bezeichnenderweise als "Tor zur Stadt" übersetzen lässt. Durch eines der Stadttore betreten wir die von einer massiven Stadtmauer geschützten Altstadt. Wir hören die Legende vom Heiligen Blasius, dem Schutzpatron der Stadt, erfahren von Dubrovniks historischem Namen Ragusa und erfahren, warum mit dem 12 Uhr Mittag Gongschlag sich alle Tauben der Stadt flatternd erleben - und wohin sie fliegen. Eine über 100 Jahre alte Tradition, die noch immer lebendig ist. Das Flair in den engen Gassen, die noch immer normal bewohnt sind, und am kleineren Stadthafen gefällt, auch wenn wir all das mit vielen anderen Gästen teilen. Wussten Sie, dass es in dieser Altstadt über 4.000 teilweise steile Stufen gibt? Eine Stadtbesichtigung in Dubrovnik kann auch ein kleiner Fitnesstest werden, muss es jedoch nicht.

Nach kurzer Freizeit geht unsere Stippvisite in Kroatien schon langsam wieder zu Ende. Wir steigen zu Božidar in den Bus und spuren uns gen Süden ein. Montenegro wartet! Wir müssen zwar kurz an der Grenze ausharren, dieses Mal sind wir nicht mehr die Ersten, trotzdem klappt es dank unserer exzellenten Vorbereitung reibungslos und zügig.

Weiterhin die schöne Adria-Küste auf unserer rechten Seite, steuern wir auf den landschaftlichen Höhepunkt des Tages, die Bucht von Kotor, zu. Umrandet von steil aufragenden grünen Bergen bestaunen wir die Natur und die zwischen Wasser und Berge eingeklemmten Ortschaften. Es ist eine dieser Fahrmomente, wo wir den Blick nicht vom Fenster abwenden. Strahlend blauer Himmel macht das Vergnügen gleich noch grösser. Bogdanka berichtet uns von einem meteorologischen Phänomen, dem Wind Jugo, mehr als Scirocco bekannt, dem ein starker Einfluss auf die Laune und die Psyche der Einwohner nachgesagt wird. Uns verschont er heute und wir erreichen am Nachmittag das Städtchen Kotor.

Auch Kotors Altstadt ist von einer imposanten Stadtmauer umrandet. Mit 4.5 Kilometer Länge ist sie drittlängste erhaltene. Gleichzeitig reicht die Befestigungsanlage bis hinauf zum Berg St. Giovanni, der mit einer neuerlichen Fitnessleistung über 1.300 Stufen erreicht werden kann. Kotor hat seinen eigenen Charakter mit einem angenehm-lebendigen Flair. Zwei Wahrzeichen machen wir aus: der Uhrturm, dessen Zählwerk seit dem 15. Jahrhundert von ein und derselben Familie gewartet wird, und Katzen. Sie sind überall, teilweise zahm, tierärztlich versorgt, gelten als heilig aufgrund ihrer (früheren) Jagderfolge bei Ratten und Mäusen. Kennen Sie das, wenn Reisende umgeben von historischen Gebäuden alles um sich herum vergessen, nur um eine Fellnase zu fotografieren, die sich gekonnt und schlafend um einen Anker gewunden hat? Fahren Sie nach Kotor, sie werden es erleben.

Unser Abendessen nehmen wir auf einem der vielen kleineren Plätze in der Altstadt ein, sind also mittendrin im Geschehen. Manch einer muss seine Sitzgelegenheit mit einer Katze verhandeln. Wir genießen die Atmosphäre und lassen es uns schmecken.

Zum Abschluss des langen, aber interessanten Tages fahren wir noch 45 Minuten weiter nach Budva, ebenfalls an der Küste gelegen, wo wir für zwei Nächte Station machen.

9. Tag Samstag, 03.05.2025: Freizeit in Budva oder fakultativer Ausflug nach Cetinje (Montenegro)

Tag 9 unserer Reise steht zur freien Verfügung. Budva bietet alles, was man zum Erholen braucht. Wer weiterhin Entdeckergeist verspürt, nimmt die landschaftlich schöne Strecke bei einem fakultativen Ausflug in die frühere Hauptstadt, und heutigen präsidialen Amtssitz, Cetinje, in Angriff.

Das kleine Städtchen, umrundet von frischen Frühlingsgrün und blühenden Wiesen, gefällt uns auf Anhieb. Hier tickt die Uhr spürbar langsamer als in Kotor oder gar Dubrovnik und Mostar. Es ist Fürst Nikola zu verdanken, dem ein Museum gewidmet ist, dass er Cetinje um die vorige Jahrhundertwende zu einer modernen Hauptstadt ausbauen ließ, mit allem, was so eine Stadt eben braucht: Wasserleitungen, Krankenhaus, Schule, Straßenbeleuchtung und so weiter. Europäische Staaten eröffneten Botschaften, die teilweise heute noch in der Stadt betrieben werden. Ganz in der Nähe der Stadt gibt es einen weithin sichtbaren Aussichtspunkt, den man vom Parkplatz in circa 25 Minuten erreichen kann. Von dort hat man einen imposanten Blick über Montenegros imposante Bergwelt und Natur.

Unser Halbtagesausflug neigt sich langsam dem Ende zu, nicht ohne auf der Rückfahrt eine Kostprobe montenegrinischen Schinkens mitzunehmen. Der bergluftgetrocknete Schinken, Njegoš-Schinken, der vor seiner Reife mit Meersalz eingerieben wird, ist eine landestypische Spezialität und im gesamten Territorium Ex-Jugoslawiens bekannt und geschätzt. Es hat gemundet!

Der Nachmittag steht zur freien Verfügung, bevor wir uns am Abend an der Seepromenade zum Abendessen verabreden. Das Reiseglück ist uns hold: Am Abend findet in Budva ein Karnevalsumzug statt. Die gesamte Stadt scheint auf den Beinen und wir reihen uns unter die Menschen, um den farbenfrohen Umzug anzuschauen.

10. Tag Sonntag, 04.05.2025: Tirana, Hauptstadt Albaniens – Weiterreise an den Ohridsee

Wir reisen früh ab, denn auch heute heißt es wieder: ein Tag, drei Länder. Wir wachen in Montenegro auf und schlafen am Abend zu den Wellen des Ohridsees in Nordmazedonien ein. Dazwischen liegt Albanien und eine interessante Stadtbesichtigung.

Alle drei Länder vereint eine unglaublich schöne Bergwelt, Natur und Wälder, aber auch ein ungebremster Bauboom. Diese versteckten Balkan-Perlen werden immer populärer bei Touristen und der Tourismus-Industrie, gekoppelt mit Großinvestoren, die das große und schnelle Geld wittern. Man wünscht diesen drei kleinen Ländern, das sie sich nicht das Wasser abgraben, auf dem ihre Attraktivität und Schönheit beruhen.

Es ist Sonntag, was uns den gesamten Tag über wenig Verkehrsprobleme beschert und uns gut vorankommen lässt. Es ist ein langer Reisetag, unterbrochen mit einem Stadtspaziergang in Albaniens Hauptstadt. Nola, unser örtlicher Stadtführer, zeigt uns "sein Tirana", wie er sagt. Die Stadt ist spürbar anders als die letzten Tage. Sie hat keine typische Altstadt und wirkt spritzig, grün und weitläufig. Ähnlich wie Sarajevo kommen auch in Tirana verschiedene Religionen zusammen, auch wenn Albanien mehrheitlich muslimisch ist. Wir lernen den Nationalhelden Albaniens, Skanderbeg, kennen und hören die Geschichte des umstrittenen Diktators Enver Hoxha kennen. Letzter ließ im gesamten Land mehr als 400.000 Bunker, ja, vierhunderttausend, errichten, aus Angst, sein Land könnte zwischen Jugoslawien und anderen Großmächten aufgeteilt werden. Das Kulturzentrum Pyramide in Tirana war ursprünglich ein Museum für Hoxha und wurde später in ein Einkaufszentrum umgewandelt. Wussten Sie eigentlich, dass der erste Besuch von Papst Franziskus I. außerhalb Italiens nach Albanien führte? Und, alle Karl May Fans wissen, dass nicht nur Kara Ben Nemsi "Im Land der Skipetaren" unterwegs war, sondern eben heute auch wir.

Die schöne bergige Balkanlandschaft ist auch bekannt für ihre großen und besonderen Seen. Am Morgen wissen wir den Skutarisee, den größten See auf der Balkaninsel im Grenzgebiet zwischen Montenegro und Albanien, keine zwanzig Kilometer von der Adria, hinter den Bergen. Am Abend nächtigen wir am Ohridsee, dem ältesten Europas und zweitgrößtem der Balkanhalbinsel. Es dämmert schon, als wir den Ohridsee zum ersten Mal erblicken, wie er sich an die Berge schmiegt. Später schlafen wir ein mit dem riesigen See direkt am Hotel. Eine friedliche Stimmung.

Zwei Grenzübertritte, lange Fahrten, vorbei an Baumschulen, Rosenfeldern und Granatapfelbäumen, Roma-Siedlungen sowie eine imposante Natur lassen den langen Reisetag schneller vergehen und belohnen uns mit vielfältigen Eindrücken. Wie wäre es, hier zu wandern?

11. Tag Montag, 05.05.2025: Stadtrundgang in Ohrid – Freizeit am Ohridsee in Nordmazedonien

Das sanfte Schwappen der Wellen des Ohrid-Sees, die Rufe der tierischen Seeuferbewohner - und ein leichter Landregen - lassen uns in den guten Betten angenehm schlafen. Als wir aufbrechen wollen, regnet es noch immer und der See kleidet sich in ein Grau-in-Grau. Wir erfahren, dass es durchaus typisch für das Mikroklima des Sees ist, das es später am Vormittag heiter und sonnig wird, auch wenn im Moment nichts darauf hindeutet. Gegen 10.30 Uhr war es dann soweit, und Sonne Klärchen hatte sich ihren Weg durch die Wolken gebahnt.

Wir treffen Risto, unseren örtlichen Stadtführer, an der großen nordmazedonischen Flagge an der Seepromenade. Seit der Umbenennung in Nordmazedonien, nach politischen Irritationen mit Griechenland, sind zwei Flaggen im Umlauf. Sie unterscheiden sich nicht im Motiv, aber im Design desselben. Politische Korrektheit ist eine individuelle Entscheidung, weswegen auch noch einige alte Flaggen zu entdecken sind.

Risto ist in Schwaben geboren, zog aber in Kinderjahren mit den Eltern zurück nach Nordmazedonien. Die kleine Stadt am großen See hat ihren ganz eigenen Charme und eine geschätzte Schönheit. Das Herzstück der Altstadt sind die im eigenen Stil erbauten Ohrid-Häuser, die gleichnamigen nach geheimer alter Tradition hergestellten Ohrid-Perlen und der noch ältere (Millionen Jahre) See gehören zum Welterbe der UNESCO. Als eine von 28 Städten weltweit wartet Ohrid mit einem Welt-NATUR- und einem Welt-KULTUR-Erbe auf.

Legenden sagen, dass im Gebiet 365 Kirchen geben soll. Eine für jeden Tag, sagen Einheimische, auch als Empfehlung für Reisende gedacht. Eine besonders reizvolle Kirche ist die des Heiligen Johannes von Kaneo, die auf einer klitzekleinen vorgelagerten Halbinsel thront. Ein fantastisches Fotomotiv. Warum nicht nach der Besichtigung mit einem Boot zurück zur Seepromenade fahren, vorbei an einer kleinen Kormorankolonie? Weniger bekannt ist, dass ein Schüler Kyrills und Methods, der Heilige Naum, hier geboren wurde und wie seine ebenso heiligen Meister weiter an der kyrillischen Schrift geforscht und gearbeitet hat. Kyrillisch ist die Amtssprache in Nordmazedonien, worauf die Einheimischen stolz sind. Es gibt ein Amphitheater mit 2.500 Plätzen, das noch heute für Veranstaltungen genutzt wird, eine Festung und am Ende der Fußgängerzone der Neustadt ein türkisches Viertel, mit Moscheen. Diese Kombination gibt der Stadt ein entzückendes Flair, gepaart mit der Schläfrigkeit einer Kleinstadt. Warum nicht hierher reisen und dem Geheimnis der Ohrid-Perlen auf die Spur gehen?

Der Nachmittag steht zur freien Verfügung. Einige Gäste nutzen die Gelegenheit, die gut angelegte Seepromenade in einer Dreiviertelstunde bis zum Hotel entlang zu spazieren. Eine gute Investition, denn unser Abendessen ist traditionell. Das heißt, nicht nur unsagbar köstlich, sondern mehr als ausreichend. Viele verschiedene Gänge werden aufgetischt, lokale Köstlichkeiten wie Djomleze, Lutenica oder Gravce Tavce und Ohrid Comlek. Nein, hier wird nicht verraten, was sich dahinter versteckt. Am besten selber ausprobieren!

Ein schöner Ferien- und Reisetag neigt sich seinem Ende zu. Wir schlafen wieder ein zum sanften Schwappen der Wellen des Ohrid-Sees mit den Rufen seiner tierischen Seeuferbewohner. Ohne Regen, aber rundum ausgeglichen und zufrieden.

12. Tag Dienstag, 06.05.2025: Skopje – Hauptstadt Nordmazedoniens

Der Ohrid-See weint, als wir abfahren. Es ist erstaunlich frisch an diesem Morgen, während wir an und durch Nordmazedoniens größtem Nationalpark, Mavrovo, fahren. Bogdanka wärmt uns mit teils unglaublichen Reiseanekdoten auf, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Von Schmunzeln, Staunen über Kopfschütteln ist alles dabei als Reaktion.

Nordmazedonien, vor ein paar Jahren noch Mazedonien genannt, liegt in einem politisch-historischen Dreiländereck: Griechenland, Bulgarien und eben Nordmazedonien. Wie darf die Ex-jugoslawische Republik nun heißen? War Alexander der Grosse nun Grieche oder Mazedonier? Und dürfen die heutigen Nordmazedonier auf seine historischen Taten Anspruch erheben als Landeshistorie? Später, bei der Stadtführung in Skopje, der Hauptstadt des Landes, erfahren wir bei einem riesigen Denkmal, auf dem Alexander der Grosse auf seinem stolzen Pferd Bukephalos sitzt, dass er hier nur noch als "der bekannte Krieger auf dem Pferd" betitelt werden darf. Politische Absurditäten. Historisch erwiesen ist, dass er bis zu seinem Tod König von damaligen Makedonien war, welches zum heutigen Griechenland gehörte.

Die Komplexität des Balkans ist in jedem Gebiet eine andere. Auf unserer Fahrt durch das Land, links immer die Grenze zu Albanien, erreichen wir die Gegend, wo Nordmazedonien an den Kosovo grenzt. Dieses weitere kleine Land auf dem Balkan steht nicht auf unserer Reiseliste, wartet aber nicht mit minder komplizierten Verbindungen und Zugehörigkeitsfragen - in dem Fall zu Serbien und Albanien - auf. Es ist jedoch, ganz sicher auch eine sichere Reise wert!

Skopje ist Partnerstadt von Dresden und Novi Sad. Eine schöne, zufällige Kombination, kommt Bogdanka doch aus Novi Sad und ist Eberhardt-Travel bei Dresden ansässig mit vielen Gästen aus Elbflorenz. Die Stadt, die Fluss vom Vardar in zwei ganz und gar unterschiedliche Teile getrennt wird, scheint mehrere Gesichter zu haben. Wir beginnen unseren Spaziergang bei der alten Festung, die über der Stadt thront und den Blick freigibt auf die sich im breiten Tal ausbreitende Stadt - vom Stadion, über das Zentrum mit Kirchen und Moscheen bis hin zu den Wohngebieten. Im Gegensatz zu vielen anderen modernen Städten hat Skopje (fast) keine Hochhäuser, was auffällt und die Stadt weniger business-mäßig (oder kapitalistisch) erscheinen lässt.

Die quirlige osmanische Altstadt vereinte einst fast 2.000 Geschäfte. So viele sind es heute nicht mehr, dennoch ist der "Bazar" immer noch voller Energie. Ich hatte für Momente tatsächlich das Gefühl, im Nahen Osten zu sein: Shisha-Bars, viele (=fast nur) Männer in den Cafés, Karawansereien und eine friedliche Wuseligkeit, die es nur dort gibt. Typisch sind auch die vielen Läden, die Gold verkaufen, ein sehr beliebtes Geschenk bei Hochzeiten und anderen Familienfesten.

Als wir das monumentale Denkmal von Phillip II., früherer König von Makedonien, erreichen, ändert sich die Szenerie. Breite Fußgängerzonen, weite Plätze und eine andere Architektur prägen nun das Bild. Phillip II. ist seinem Sohn, Alexander der Grosse, zugewandt, der rund 300 Meter entfernt auf einem Denkmal thront, mit dem Blick gen Osten, dort, wo er seine Macht auf den Schlachtfeldern ausgeweitet hat. Verbunden sind sie durch eine ebenso historische wie monumentale Steinbrücke, ein Wahrzeichen der Stadt, erbaut von Sultan Mehmed dem Eroberer in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Auf Alexanders Seite begegnen wir einem eher europäisch anmutenden Stadtgebiet, das kürzlich eine Renaissance an Denkmälern, Statuen und anderen "neo-antiken" Bauten erfahren hat.

Unsere Stadtführung endet dort, wo Alexanders Denkmal steht, gerade einmal 100 Meter entfernt vom Geburtshaus von Mutter Teresa. Eine kleine Gedenktafel, in den Boden eingelassen, weist darauf hin.

Wir lassen den Tag mit einem weiteren kulinarischen Höhepunkt ausklingen: ein typisch nordmazedonisches Abendessen. In einem historischen Gebäude ist eine riesige Tafel für uns vorbereitet und in traditioneller Art bereits mit allen Köstlichkeiten bedeckt. Wir sind überwältigt und auch ein bisschen sprachlos. Immerhin, unsere Kameras klacken im Akkord bevor auch nur einer sich traut, überhaupt ans Essen zu denken. Während wir Platz nehmen wird weiter aufgetafelt. Von welchem Teller soll man zuerst probieren? Wir lassen es uns in Ruhe schmecken. Manch' einer muss die köstliche Völlerei mit einem Grappa beschließen. Balkanische Lebensart und Gastfreundschaft, einfach toll!

13. Tag Mittwoch, 07.05.2025: Weiterreise nach Niš in Serbien – Stadtrundgang in Niš

Wir wuppen ein letztes Mal über eine balkanische Landesgrenze, zurück nach Serbien. Streunende Hunde, in Serbien und in weiten Teilen des Balkan meist wohlgenährt, da sich die Menschen um die Tiere kümmern, schlafen im Grenzbereich. Alles geht einen bedächtigen Gang, keiner stresst sich hier.

Bogdanka bereichert unser Wissen der anthropologischen Zusammenhänge, indem sie uns die Geschichte der Walachen (Vlachen) näherbringt, deren Minderheiten auch die Balkangebiete besiedelt haben. Noch heute finden sich Nachkommen hier. Unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Reaktionen. Reisen bedeutet auch, damit spontan, herzlich und gekonnt umzugehen.

Nach dem Mittag erreichen wir Niš, Serbiens drittgrößte Stadt, gleichzeitig Geburtsort von Kaiser Konstantin dem Großen. Eine der wenigen archäologischen Ausgrabungen im Land findet sich hier. Mediana war seine kaiserliche Residenz und diente ausschließlich dem Kaiser und seiner Familie. Knapp drei römische Meilen von der Stadt entfernt, fand die Kaiserfamilie hier Ruhe und vor allem sauberes Wasser.

In Niš, das keine touristische Hochburg ist, besichtigen wir den Schädelturm, ein Mahnmal an eine verlustreiche Schlacht im Jahre 1809, bei der sich 3.000 serbische Soldaten opferten, um die eindringenden Türken aufzuhalten. In Niš befand sich ebenfalls das Konzentrationslager Crveni krst (übersetzt Rotes Kreuz), in dem viele Bewohner der Stadt den Tod fanden, und das berühmt wurde für den größten Massenausbruch im Zweiten Weltkrieg, als 105 Insassen im Jahr 1942 zusammen die Flucht gelang. Die Strafen waren drakonisch.

Die schlimme Geschichte der Stadt hinter uns lassend, haben wir Gelegenheit, das Stadtzentrum individuell zu erkunden und den gemächlichen Alltag der Menschen bei einem Kaffee zu beobachten. Auch das ist Reisen. Später treffen wir uns "beim Pferd", einem Denkmal, und schlendern über den Fluß Nišava, durch die Burganlage, vorbei am Jazzmuseum (Festival: Nišville) zu unserem Restaurant, wo wir uns ein letztes Mal an den kulinarischen Köstlichkeiten des Balkans laben.

Unser Hotel thront auf einem Hügel über der Stadt. Niš bei Nacht - ein stimmiges letztes Fotomotiv, eines, das wir so noch nicht hatten. Schade, dass unsere Reise zu Ende gehen muss.

14. Tag Donnerstag, 08.05.2025: Rückflug – Heimreise

Unsere Reise, unsere Balkanhopserei durch sechs verschiedene Länder, mit so vielen Eindrücken, geht heute zu Ende. Bogdanka, deren Name übersetzt übrigens Gottes Geschenk heißt, lässt alle Tage Revue passieren, während wir zielstrebig auf Belgrad zufahren. Das gibt Gelegenheit, sich an all die schönen Erlebnisse direkt wieder zu erinnern. Wohin möchte man zurückkehren? Welches der Länder hat am meisten gefallen?

Als wir den Flughafen in Belgrad erreichen, heißt es Abschied nehmen von unserem harmonischen Duo - Bogdanka und Božidar! Wir sagen ein herzliches Danke.

Von Belgrad fliegen wir zusammen nach Frankfurt. Dort trennen sich unsere Wege und sternenförmig erreichen wir unsere Zuhause. Danke für 14 wunderbare und erlebnisreiche Tage!


Wir haben viel gesehen – und noch mehr erfahren.
Und was ist nun der Balkan?
Vielleicht einfach ein Stück Europa, das man nicht versteht, wenn man es nur meint, sondern erst, wenn man es erlebt.
Der Balkan ist kein Ort, den man einfach abhakt – er bleibt haften: im Ohr, im Magen, im Gespräch. Und manchmal auch im Herzen.
Er ist schön und schwer einzufangen, wild, herzlich, komplex, vielschichtig – dort, wo sich Osten und Westen begegnen, und keiner ihn ganz für sich beanspruchen kann. Und vielleicht liegt genau darin seine treffendste Beschreibung.


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