Reisebericht: Silvester in der Slowakei – Wintermärchen Hohe Tatra

29.12. – 03.01.2013, 6 Tage Silvesterreise mit Besichtigungen von Kezmarok (Käsmark) – Hohe Tatra – Strbske Pleso (Tschirmer See) – Spis (Zips) – Levoca (Leutschau) – Hrebienok – Poprad (Deutschendorf)


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Silvesterfeier und Neujahr im kleinsten Hochgebirge der Welt in der Hohen Tatra: schneeüberhauchte Gipfel im Sonnenschein und jahrhundertealte Kultur im Zipser Land mit den Unesco-Welterbestätten Levoca, Artikularkirche in Kezmarok und der Zipser Burg, Neujahrsausflug nach Zakopane,goralische Kultur in Zdiar und beim Abendessen in einer Koliba - gelungener Rückblick auf das Jahr 2012 und optimistischer Ausblick in das Neue Jahr.
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

29.12.2012  Fahrt in die Hohe Tatra über Krakau

Für mehr als dreiviertel aller Gäste aus dem westlichen Raum Mitteldeutschlands  begann die Busfahrt  gegen 5:00 Uhr , so dass wir bereits gegen acht Uhr unsere erste Pause neben der polnischen Autobahn hinter Zgorcelec machen konnten. Bei gefrierpunktnahen Temperaturen fuhren wir nördlich des Riesengebirges  später an Breslau, Oppeln und Gleiwice vorbei; durchfuhren Kattowitz und waren am zeitigen Nachmittag in Krakau. Fast fünf Stunden Busfahrt durch Polen waren so Chance, sich ein wenig in die Geschichte des osteuropäischen Nachbarns hineinzudenken und vielleicht auch zu verstehen, warum manche Aspekte der Beziehungen zwischen Polen und seinen beiden großen Nachbarn nicht immer spannungsfrei waren und sind. Als wir beim Geschichtsrückblick bei den Jagiellonen im 14. Jahrhundert anlagten, erreichten wir historisch passend  Krakau. Bei winterlicher Sonne und leichtem Dunst über der Weichsel konnten wir direkt amWawel, dem Krakauer Königsschloss, parken. Ein kleiner Spaziergang führte uns zum größten, mittelalterlich entstandenen  Marktplatz, dem Rynek, mit Bürgerhäusern, den Tuchhallen und der Marienkirche. Bevor Trauungen stattfanden, konnten wir noch schnell in den Bereich des Hochaltars hineinhuschen und das hölzerne Prachtwerk des Veit Stoss anschauen. Pünktlich zum Hejnal, dem 38Sekunden währenden Trompetersignal des Türmers, trafen wir uns nach kurzem individuellen Bummeln wieder.
Eine über dreistündige, abendliche Busfahrt brachte uns dann zunächst Richtung Zakopane und später an den Bergen der Weißen Tatra vorbei nach Stary Smokovec. Die glatte Hotelauffahrt wurde bestens gemeistert, die Zimmer gefunden und so saßen wir bald im Slowakischen Restaurant des Hotels Bellevue und wurden nach meist fünfzehnstündiger Reisezeit schnell müde. Auch der Vollmond über der Tatra konnte  wohl keinen mehr vor die Tür locken.

30.12.2013 am Ostrand der Tatra in Kezmarok und Zdiar

Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein glitzerten die Tatragipfel im Weiß von wenig Schnee. Unser Ziel war die gut erhaltene Burganlage der alten Zipser Handelsstadt Kezmarok, wo einst eben ein Käsemarkt abgehalten wurde. Etwas fröstelnd durchquerten wir die Räume mit Zeitzeugen der Geschichte, die auch durch Schwaben und Sachsen geprägt wurde. Schöne Blicke hinüber in die Tatra und in die Burgapotheke sind wohl die schönsten Eindrücke einer Ausstellung, die museumsmethodisch den Charme der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts hat. Nach den gedanklich kulturhistorischen Eindrücken über die Region Zips wollten wir nun die kulinarischen Qualitäten des Landstriches genießen. Schnell fanden wir recht rustikale Möglichkeiten im kleinen Ort und waren über Qualität und noch mehr den Preis angenehm überrascht. Wie kommen protestantische Kirchen in die eher katholische Slowakei? Diese Frage stellten wir uns beim Besuch der neuen evangelisch-lutherischen Kirche, die in der Zeit des Historismus entstand, und beantworteten die Frage dann in der Artikularkirche aus dem späten 17. Jahrhundert. Es schließt sich ein großer Geschichtsbogen von Reformation und Gegenreformation im Gesamtkulturraum von Deutschen, Polen, Slowaken, Tschechen, Ungarn; ja auch von Dänen und Schweden. Mit etwas spitzer Zunge stellte mancher fest, dass auch Herr Wulf in kurzer Amtszeit hier das Unesco-Welterbe besuchte.
Am Nachmittag dann noch ein Busabstecher an den Rand der Weißen Tatra in den einstigen Goralenort  Zdiar. Leider sind die klassischen Holzhäuser der Goralen mit farbiger Bemalung im Ort doch recht wenige geworden; manches im Ort sieht in der Zeit des Jahreswechsels nach Las Vegas aus.  Aber einen kleinen Eindruck von den bergbäuerlichen Traditionen der Goralen konnten wir im Museumshaus  dennoch gewinnen. Am späten Nachmittag dann individuelles Bummeln in Smokovec, Baden, Massagen, Ausruhen und ein ruhiges Hinübergleiten in den Abend.

31.12.2012 Silvestertag in der slowakischen Hohen Tatra

Bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel fuhren wir von Smokovec  die ehemals als „Straße der Freiheit"  bezeichnete Tatrastraße entlang, vorbei an all den, ehemaligen Osttouristen bekannten, Orten und Sanatorien am Fuße der Berge nach Strebske Pleso. Viele Gäste erinnerten sich einstiger Wanderungen, Übernachtungen in  Besenkammern, der Freude über gutes Bier am Ende einer Wanderung  und zahlreicher Begebenheiten am Gerlach, dem Schlesischen Haus, auf dem Campingplätzen und auf langen Wegen zum Rysy oder Krivan. Bei wenig Schnee und vereisten Wegen bummelten wir zum, und einige um, den Strebske Pleso-See und warteten auf die bestellten Gespanne. Für eine Schlittenfahrt war die Schneedecke zu dünn aber mit Radwagen (wohl aus dem 18. Jahrhundert) drehten wir dann in Quartettverteilung auf Kutschen eine Runde. Bei individueller Imbissgestaltung - in Erwartung eines üppigen Sylvestermahles - warteten wir auf die Tatrabahn. 13:21 Uhr - dies wollten wir uns nicht entgehen lassen - fuhren wir hinab mit der Bahn, die viele einst zu ihren Wanderzielen brachte. Der  weitere Nachmittag dann ganz individuell: Auffahrt zum Hrebienok, Kaffee in Smokovec oder im Hotel, Sauna, Pool oder Bett im Hotel. Mancher nutzte die Zeit, um mit der Tatrabahn auch nach Lomnitza zu fahren.
Ab 19:30 Uhr dann im Kongresssaal die große, vier Generationen übergreifende, internationale  Sylvesterfeier. Galamenue in 4-Gängen, Mitternachtsbufett, alle Getränke inklusiv und wirklich unbegrenzt; Live-Band, Programmeinlagen  und gegen ein Uhr dann Verlosung von Preisen. Bei elf verlosten Preisen hatten fünf Gäste der Gruppe Losglück ... ein gutes Zeichen für Glück und Gesundheit im Neuen Jahr.

01.01.2013 Neujahrstag in Zakopane

Nach langem Ausschlafen fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein auf nunmehr altbekannter Strecke nach Zdiar, dann aber über den kleinen ehemaligen Grenzübergang Lysa Polana. Immer wieder schöne Blicke auf die Gipfel der Hohen Tatra. Gegen Mittag bummelten wir dann durch das recht städtische Zakopane, Polens höchstgelegene Stadt. Über uns die Gipfel von Kasprowy Wierch und Giewont. Mancher fand ein Souvenir und einige kosteten den typischen polnischen Tatra-Rauchkäse, der quasi wie ein Stein (das tapfere Schneiderlein lässt grüßen) mit ornamentalem Muster angeboten wird. Zu üppigem Essen war den meisten nach dem opulenten Abend wohl doch noch nicht, auch wenn in Zakopane eine Vielzahl von Karczmas  zu deftigem Essen einladen. Zakopane am Neujahrstag: da treffen sich Einheimische, Wintersportler,  Ausflügler aus Krakau und Busladungen von Ukrainern,  Litauern und Deutsche Silvesterurlauber.
Nach dem individuellen Bummel dann noch ein Stopp an den Sprungschanzen am Krokiew, wo einst Recknagel, Weißflog und Co. sprangen.  Zum Fotostopp hinaus in die Null-Grad-Kälte; hinein in den Bus mit einer „heißen Überraschung".  „Fast an der Baumgrenze" überquerten wir dann die Tatrakämme auf recht vereister Straße: wir mit unserem Fahrer Thomas Orban sehr sicher, während drei Feuerwehren einen  polnischen Skoda aus misslicher Saltomortale-Lage zwischen den Fichten befreiten.  Pünktlich angekommen im Hotel für Ruhe, Baden, Massage und ein kurzes Warten auf das Abendessen und einen  slowakischen Goldenen Fasan ....dann wohl doch allgemeine Müdigkeit im Rückblick auf die Silvesternacht.

02.01.2013 im Zipser Land: an der Zipser Burg und in Levoca

Dunst lag über den Niederungen des Zipser Landes als wir zunächst durch Levoca weiter Richtung Osten fuhren. Nach einer Fahrstunde sahen wir vor uns aufstrebend die Zipser Burg. Die Fahrstraße an der Ostseite bis fast hinauf zur Burg hatte es derart mit Eis überzogen, dass wir es nicht wagen wollten. Vom Parkplatz nördlich des Burgberges bei Spisske Podhradie (übersetzbar als „unter der Zipser Burg") dann wenigstens einige Bilder der größten slowakischen Burgruine, die seit 1993 UNESCO-Welterbe ist. Eine 3,50 -Meter-Durchfahrtshöhenbegrenzung  verwehrte uns die Ortsdurchfahrt, so dass wir nun auf gleicher Trasse um die Burg zurück fuhren. Chance, die baulichen Lebensverhältnisse einer Sinti und Roma - Gemeinschaft nochmals vom Bus aus zu beschauen  und manches freundliche Kinderwinken entgegenzunehmen. Gegenüber der Zipser Burg befindet sich das Zipser Kapitel, Bischofssitz des Oberhaupts der Zipser Katholiken. Es gelang uns, den Schlüssel für die Kirche zu erbitten, so dass wir von innen die gotische Kirche mit romanischen Türmen und mancher Veränderung in Barock und Neogotik bestaunen konnten. Gegen Mittag in Levoca angekommen, waren einerseits die Bürgerhäuser ob ihrer Architektur aber auch ob ihrer gastronomischen Angebote von Interesse. Aber wie war das mit der „weißen Frau von Levoca"? - das war nicht die Köchin! Gegen 14 Uhr hatten wir die Schlüsselgewalt für eine Besichtigung  von St. Jacob. Leider war der bekannte spätgotische Hochaltar verhüllt, so dass wir uns nur an zeitgleichen Altarbildern erfreuen konnten.
Am Abend dann ein kleiner Spaziergang zur Koliba - einer typischen Tatrawirtschaft in Holz, mit viel Arbeitsgerät und offenem Holzgrill. Brimsen (Käsecreme) als Vorspeise, Hähnchen vom Grill, Apfelstrudel und recht viel slowakischer Wein  bei melancholischer und lustiger Zigeunermusik fanden ihre Abrundung mit einem Gläschen Borovicka oder Slivovic als Wegbegleiter in die Nacht.

03.01.2013 Heimfahrt

Nach einem wiederum reichlichen und mannigfaltigen Frühstück bestiegen alle 46 zufriedenen Gäste den Bus, um auf bekannter Fahrstrecke nach Hause zu fahren. Start bei Sonnenschein über den verschneiten Tatrakämmen,  regnerisches Wetter dann ab Krakau; bei Regen und Wind vorbei an Kattowice und Breslau; bei mächtigen Böen erreichten wir den Stadtrand von Görlitz. Die Temperaturen sind zwischen dem Morgen in der Tatra und der Ankunft in Dresden um 15 Grad gestiegen; alle Gäste nach insgesamt 1850 Buskilometern, vielen Besichtigungen, sehr gutem Essen und einer langen Sylvesternacht haben einen schönen Jahreswechsel verlebt.
Allen nun ein gutes Jahr 2013, Gesundheit und Auf Wiedersehen!

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