Reisebericht: Rundreise in Spanien, Andorra und Südfrankreich

26.08. – 03.09.2014, 9 Tage Rundreise in Südwest–Europa durch drei Länder mit Barcelona – Figueres – Collioure – Gruissan – Carcassonne – Narbonne – Canal du Midi – Noilly–Prat–Destillerie – Fontfroide – Perpignan – Gelber Zug – Andorra – Montserrat


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Barcelona, Dalímuseum in Figueras, Purpurküste, Carcassonne, Kloster Fontfroide, Narbonne, Canal du Midi, Perpignan, Villfranche-de-Conflent, Gelber Zug, Andorra, Montserrat
Ein Reisebericht von
Birgit Janosch

1.Tag: Flug nach Barcelona, Spaziergang am Montjuïc

Am Nachmittag landen wir in Prat el Llobregat, auf dem größten und wichtigsten Flughafen von Barcelona. Der Bus steht schon für uns bereit und bringt uns zu unserem modernen Hotel Catalunya an der Placa Espagna. Direkt gegenüber lädt der Montjuïc und das Gelände der Weltausstellung von 1929 und der Olympischen Sommerspiele von 1992 zu einem Spaziergang ein. Unser erstes Ziel ist der Deutsche Pavillon, welcher bei der Weltausstellung Maßstäbe gesetzt hat. Durch seine Neuartigkeit und Präzision sollte er die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie und des Handwerks symbolisieren. Dem Architekten Mies van der Rohe ist dies auf eine einzigartige Weise gelungen. Anschließend geht es weiter zum ebenfalls zur Weltausstellung gebauten „Spanischen Dorf". Bauten im traditionellen Stil aus allen Regionen Spaniens stehen hier dicht an dicht und ermöglichen eine Spanienrundreise en Miniature. Unser Spaziergang führt uns weiter hinauf, vorbei an den Sportstätten und dem von Santiago Calatrava erbauten, 136 Meter hohen Fernsehturm, welcher im Jahr 1991 anlässlich der Olympischen Spiele, die im darauf folgenden Jahr in Barcelona stattfanden, errichtet wurde.
Auf bequemem Weg geht es über Rolltreppen weiter nach oben zu dem Nationalen Kunstmuseum von Catalonien, dem Museu Nacional d'Art de Catalunya (MNAC), welches eine Vielzahl von Werken bekannter katalanischer Künstler beherbergt.
Von der Terrasse haben wir einen schönen Blick auf die Stadt und direkt vor uns auf den Brunnen Font Màgica, dessen Wasserspiele am Freitag und Samstag farbig beleuchtet werden. Im Hotel erwartet uns ein sehr vielfältiges Abendessen mit katalanischer Spezialitäten, welche wir uns am reichhaltigen Büffet selbst zusammenstellen dürfen.

2. Tag: Barcelona

Nach dem Frühstück treffen wir Lorenzo, einen gebürtigen Katalanen, der uns zu einer Besichtigung „seiner" Stadt einlädt. Zunächst sehen wir vom Bus aus an der Prachtstraße Passeig de Gràcia die Stadtvillen Casa Batló und Casa Milá des weltbekannten Architekten Antoni Gaudí. Erbaut im Stil des Modernisme, der spezifischen katalanischen Form des Jugendstils. Anschließend genießen wir bei angenehmer Morgensonne einen Spaziergang im Park Güell. Eigentlich sollte hier nach Gaudís Plänen und auf die Initiative und Finanzierung des Industriellen Eusebi Güell eine Gartenstadt mit sechzig Häusern im Norden von Barcelona entstehen. Da sich jedoch aufgrund der Entfernung vom Zentrum keine Käufer fanden, wurden leider nur zwei Gebäude errichtet! Besonders gut gefällt uns die Bank der Aussichtsterrasse: Die Flächen der bewegten Kurven sind mit Bruchstücken farbiger Kacheln belegt, was ein sehr lebendiges und fröhliches Bild ergibt.
Am Nachmittag geht es zu einem der meistbesuchten Bauwerke Spaniens: Zur Sagrada Familia. Der Bau der "Mega-Kirche" wird seit der Grundsteinlegung im Jahr 1882 ohne staatliche Hilfe aus Stiftungsgeldern und heute vor allem aus Eintrittsgeldern finanziert. Der Architekt und Visionär Antoni Gaudí übernahm das Projekt von seinem Vorgänger. Er veränderte die ursprüngliche neogotische Konzeption grundlegend und schaffte in Jahrzehnten ambitionierter Arbeit ein einzigartiges Bauwerk, welches sich in keine Stilrichtung einordnen lässt, aber den katalanischen Modernisme entscheidend beeinflusst hat.
Am Nachmittag haben wir Gelegenheit in das bunte und geschäftige Treiben der Stadt einzutauchen: Die Flaniermeile der Ramblas mit der weltbekannten Markthalle "Mercat de la Boqueria", das gotische Viertel mit Kathedrale und Königspalast oder die umgestaltete Meeresfront, welche im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 1992 zum Meer hin geöffnet und sehr ansprechend und modern gestaltet wurde.

3. Tag: Dalí–Museum in Figueras, Collioure, Gruissan

Heute verlassen wir Barcelona und fahren in Richtung Norden, vorbei an der Provinzhautstadt Girona, einer Stadt mit bemerkenswerter jüdischer Geschichte, welche über das am besten erhaltene jüdische Viertel in ganz Europa verfügt. Einige Kilometer nördlich befindet sich die Stadt, in der eine weitere Ikone katalanischer Kunst seine Spuren hinterlassen hat: Figueras. Salvador Dali, der bedeutendste Künstler des Surrealismus, hat in seiner Geburtsstadt, das im Spanischen Bürgerkrieg durch einen Brand weitgehend zerstörte ehemalige Stadttheater in ein "Theater-Museum" umbauen lassen. Dort werden entsprechend seines eigenen Konzeptes seine Kunstwerke, Sammlungen und Alltagsgegenstände aus seinem Leben präsentiert. Er selbst sagte bei der Eröffnung des Museums: " Ich möchte, dass mein Museum ein in sich geschlossener, einziger Block, ein Labyrinth, ein großes surrealistisches Objekt ist. Es wir ein absolut theatralisches Museum. Die Leute, die es sich ansehen, werden beim Herausgehen das Gefühl haben, einen theatralischen Traum erlebt zu haben."
Unser weiterer Weg führte uns entlang der Küste der "Côte Vermeille" nach Portbou, wo sich an der Grenze zwischen Spanien und Frankreich zahlreiche Flüchtlingsdramen abgespielt haben. Wir besuchen den über dem Meer gelegenen Friedhof mit dem Grab von Walter Benjamin und das Mahnmal, welches der bekannt Künstler Dani Caravan aus Cortenstahl und Glas gestaltet hat. Benjamin war Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer bedeutender französischer Werke. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang Benjamin, im September 1933 ins Exil zu gehen. Er starb unter nicht ganz geklärten Umständen wenige Tage vor der geplanten Flucht in Portbou.
Über Serpentinenstraßen mit herrlichem Blick auf Berge, Meer und kleine Ortschaften erreichen wir am Nachmittag das Hafenstädtchen Collioure und genehmigen uns ein Glas des bekannten Banyuls-Weins. Dieser Süßwein wächst hier an den steilen Hängen, wo sich die Pyrenäen und das Mittelmeer treffen. Wir genießen den Spätnachmittag in der pittoresken Hafenstadt an der Purpurküste, welche der Massentourismus noch nicht erobert hat. Der früher bedeutende Handelshafen, durch Festungen geschützt lebt heute von der Anchovisherstellung - und von der Erinnerung an Henri Matisse, der hier 1905 das schöne Licht und die prächtigsten Farben Frankreichs entdeckte. Er leitete die Epoche des Fauvismus (der "Wilden") ein. In der Bar der Tempelritter können wir uns von der Präsenz der Maler zu Beginn des 20. Jahrhunderts überzeugen - Hunderte von Originalbildern schmücken dicht an dicht die Wände der Bar und der Hotelflure.
Im Verlauf unserer Fahrt nach Gruissan, unserem Übernachtungsort für die nächsten drei Tage, ändert sich das Landschaftsbild wieder ganz gewaltig. Die schroffen Berge weichen einer flachen, grünen Landschaft mit zahlreichen Seen. Unser Hotel liegt im Grünen, im Lagunenbereich des Nationalparks von Narbonne. Der Ort Gruissan ist allerdings weit auseinandergezogen, auf einer Landzunge reihen sich unscheinbare Häuser um eine Burgruine, am Strand steht eine große Siedlung mit Häusern auf Stelzen, die durch den Film „Betty Blue" bekannt wurden.

4. Tag: Carcassonne, Weinprobe, Kloster Fontfroide

Am heutigen Tag steht die „Eroberung" der größten mittelalterlichen Festung Europas auf unserem Programm. Zwei mächtige Mauerringe mit über fünfzig Türmen umgeben die Festungsstadt Carcassonne, die als Musterbeispiel mittelalterlicher Militärarchitektur gilt. Einige besuchen das Chateau Comtal und besteigen Wehrmauern und Türme um einen weiten Blick in die Ferne und auf die romantischen Innenhöfe der engen Bebauung der Festungsstadt zu genießen. Nach der Erkundung in den mittelalterlichen Straßen probiert mancher das regionale Hauptgericht: Das Cassoulet, ein deftiger Bohneneintopf Er besteht aus weißen Bohnen, Speck, gepökeltem Schweinefleisch und Würstchen. Je nach Region werden auch Lammfleisch, Gans oder Ente hinzugegeben.
Das wiederum schaffte eine gute „Grundlage" für unseren nächsten Programmpunkt, den Besuch des Weingutes „Château du Grand Moulin" in den Corbières, die zum Languedoc gehören. Die Region Languedoc-Roussillon ist Frankreichs größtes Weinanbaugebiet, mit 120.000 ha hat es etwa ein Drittel der französischen Anbaufläche. Seit Jahrzehnten kommen aus dem Gebiet Spitzenweine, die mit AOC klassifiziert sind. Eines der herausragenden Weinanbaugebiete ist Corbières, in dessen Hauptort Lézignan das Weingut „Château du Grand Moulin" liegt. Hier gedeihen insbesondere von der Sonne verwöhnte rote Trauben, die durch ihren enormen Zuckergehalt und ihr Aroma sehr vollmundige und starke Weine ergeben. Wir verkosteten nach einer ausgiebigen Besichtigung der Kelterei einen Weißwein und zwei Rotweine. Für jeden Geschmack ist ein passender Wein dabei.
Der Weinanbau war auch ein wichtiges Arbeitsfeld der Zisterziensermönche von Fontfroide. Wörtlich übersetzt bedeutet das „kalte Quelle". Die Zisterzienser waren in mittelalterlicher Reformorden, der sehr auf Schlichtheit im täglichen Leben wie in der Architektur achtete und sich besonders bei der Urbarmachung ganzer Landstriche verdient gemacht haben. Deshalb sind Zisterzienserabteien immer am fließenden Wasser gebaut. Unser letztes heutiges Ziel liegt in einem abgeschiedenen kleinen Tal der Corbières. Es ist ein stiller, mit Zypressen bestandener Ort, der manche von uns an Toskana erinnert! Auch der rosa Sandstein trägt zur romantischen Atmosphäre des Ortes bei und man will nicht so recht glauben, dass auch hier nach der Französischen Revolution sehr viel von der Bausubstanz zerstört wurde und die Gebäude dem Verfall preisgegeben wurden. 1791 verließen die letzten Mönche das Kloster, die Kunstwerke verloren sich in alle Winde. Ein Privatmann rettete das Kloster und rekonstruierte ab 1908 die zerstörten Gebäudeteile. Nach einem kleinen Abstecher zum Strand und den Stelzenhäusern von Gruissan kehren wir in unser Hotel zurück, wo uns wieder ein sehr gutes Abendessen erwartet.

5. Tag: Narbonne, Canal du Midi und "Noilly Prat" in Marseillan

Auch heute beginnen wir den Tag bei einem Frühstück mit Blick auf die über dem See aufgehende Sonne, die einen weiteren Schönwettertag ankündigt! Das nur wenige Kilometer entfernte Narbonne ist das erste Ziel des Tagesprogramms. Zur Römerzeit wurde hier die erste Kolonie außerhalb Italiens gegründet und die Via Domitiana angelegt, welche auf dem Rathausplatz seit einer Ausgrabung in jüngster Zeit im Original zu bestaunen ist.
Die bereits frühe Bedeutung der Stadt lag nicht zuletzt an dem großen Mittelmeerhafen, durch den Narbonne durch einen Kanal verbunden ist. Der Canal de la Robine existiert noch immer, wohingegen der Hafen versandete, was den Niedergang der Stadt einleitete. Entsprechend blieben auch viele großartige Bauprojekte unvollendet, wie zum Beispiel die Kathedrale Saint-Just-et-Saint-Pasteur. Mit ihren 41 Metern Chorhöhe gehört sie zu den höchsten Gotteshäusern Frankreichs. Ihr Bau begann 1272. Aber lediglich der Chor (Altarraum) konnte fertiggestellt werden und wird heute als Kirchenraum genutzt. Dieser ist schon alleine wegen seiner prächtigen Ausstattung sehr sehenswert. Auch der stimmungsvolle Kreuzgang und der sich anschließende Komplex des erzbischöflichen Palastes sind beeindruckende Zeugnisse des ehemaligen Glanzes der Stadt Narbonne. Es ist Samstag und somit Markttag, sodass wir uns einen kurzen Besuch des "Marché" nicht entgehen lassen. Wir probieren einen sehr delikaten lokalen Ziegenkäse und stimmen uns auf das bevorstehende Mittagessen auf dem "Kanal des Südens" ein!
Als wir die Anlegestelle der „Santa Maria" gefunden haben, werden wir vom Duft der Kochkünste von Luc dem Koch bereits erwartet. Zum katalanischen Nationalgericht gibt es reichlich Wein, so dass wir die Hemmungen verlieren und die Langusten mit den Fingern von ihren Krusten befreien!
Nach dem Essen werden die Leinen für eine Bootsfahrt auf dem weltbekannten Canal du Midi losgemacht. Seine ursprüngliche Bezeichnung lautete "Canal royal en Languedoc" (Königlicher Kanal im Languedoc). Er ist 240 km lang und verläuft über den Bergsattel zwischen den Pyrenäen und dem französischen Zentralmassiv. Zunächst geht es durch den Tunnel von Malpas, dem ersten Kanaltunnel der Welt, welcher zu den über 300 technischen Bauwerken des Kanals gehört. Der Idealist und königliche Steuereinnehmer Jean-Paul Riquet setzte sein gesamten Vermögen auf Spiel, um die Idee von der Verbindung von Mittelmeer und Atlantik endlich wahr werden zu lassen. Der Kanal wurde 1681 fertiggestellt, leider erst kurz nach dem Tod von Riquet! Aber seit 1996 gehört er zum UNESCO-Weltkulturerbe. Leider sind viele der Platanen, die Schatten spenden, die Verdunstung des Wassers mindern und die Uferböschung befestigen, von einer Pilzkrankheit befallen und müssen gefällt werden. Neuanpflanzungen sind vorgesehen, aber nicht überall sind die finanziellen Mittel vorhanden.?Am Ende unserer sehr entspannenden Kanalreise (bei Sonnenschein, interessanten Informationen zum Kanal und seiner Geschichte untermalt von klassischer Musik, ausgewählt und präsentiert von Kapitän Arnaud) kommen wir an die Schleusentreppe von Fonserannes bei Béziers und steigen über 6 Schleusen auf das Niveau des Busparkplatzes hinab, wo unser Busfahrer Moses schon auf uns wartet.
In der Nähe der Mündung des Kanals in das Bassin du Thau, liegt Marseillan mit der berühmten Wermutfabrik Noilly Prat, die sich vor 200 Jahren dort angesiedelt hat. Die Basis bilden zwei Weißweine aus Südfrankreich: Clairette und Picpoul de Pinet. Mit ihnen wird ein sehr aromatischer Wermutwein erzeugt, sodass man nur eine geringe Menge zum Aromatisieren benötigt. Im riesigen Werkshof wird der Noilly Prat in Eichenfässern auch ein Jahr unter freiem Himmel gelagert, wo er allen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Natürlich kamen wir auch in das „Labor", in welchem dieser Wein mit Zucker und vielen Kräutern zu dem gemacht wird, was Gourmets in aller Welt schätzen. Und natürlich durften wir die drei unterschiedlichen Sorten probieren!

6. Tag: Perpignan, Villfranche–de–Conflent, Gelber Zug und Soldeu in Andorra

Heute verlassen wir Gruissan und statten zunächst Perpignan, der ehemaligen Hauptstadt der Grafen des Roussillion und der Könige von Mallorca einen Besuch ab. Zunächst fahren wir an der Place Arago mit dem Denkmal zu Ehren von François Arago vorbei. Der in Perpignan geborene Physiker und Astronom war auch Politiker und hat sich als Menschenrechtler verdient gemacht. An dem Torbau „El Castellet", welcher beim Abriss der Stadtbefestigung aus aragonesischer Zeit bewahrt wurde und heute das Wahrzeichen der Stadt darstellt, beginnen wir unseren Spaziergang, durch das Zentrum dieser sehr gepflegten Stadt mit Bürgersteigen aus Marmorplatten. In der Kathedrale Saint-Jean Baptista findet gerade der Sonntagsgottesdienst statt, sodass wir unsere Besichtigung der herrliche Altäre aus dem 16. Jahhundert verschieben müssen. Das Gotteshaus wurde 1324 von Sancho, dem zweiten König von Mallorca, begonnen. Die rechteckige Fassade ist aus wechselnden Lagen von Kiesel- und Ziegelstein erbaut und wird rechts von einem Viereckturm flankiert, welcher von einem schönen schmiedeeisernen Glockenkäfig gekrönt ist.
Direkt südlich an Kathedrale schließt der Campo Santo genannte Friedhof an. In umlaufenden Galerien hatten reiche Familien Perpignans dort ihre Familiengrüfte, an den Wappen über den Marmorbögen zu erkennen ist. Im Hof des Rathauses finden wir zwar keine öffentliche Toilette, dafür aber ein wunderschöne Bronzeskulptur des Bildhauers Maillol, ebenso Sohn der Stadt wie der berühmte Arago. Das benachbarte Gebäude, die "Loge de Mer" beherbergte ehemals Börse, Seegericht und Zollhaus. Der Bau in typischer Gotik mit filigranem gotischem Schmuck gilt als der schönste Profanbau in Perpignan. Die an der Ecke angebrachte Wetterfahne in Form eines Schiffes belegt den Bezug zu Seefahrt und Handel.
Durch das Têt-Tal, reich an Klöstern und Obstplantagen, vorbei am heiligen Berg der Katalanen, dem Canigou, kommen wir zur malerisch befestigten Stadt Villefranche-de-Conflent. Über ihr thront das mächtige Fort Liberia, erbaut unter dem Sonnenkönig von seinem Festungsbaumeister Vauban. Ein Höhepunkt der Reise liegt vor uns: Die Fahrt mit dem Train Jaune dem „gelben Kanarienvogel". Die Schmalspurbahn führt über eine Hochebene zum höchsten Bahnhof Frankreichs (1592 m) und dann wieder hinab ins Carol-Tal, nach Latour-le-Carol, wo sie auf dem internationalen Bahnhof mit der spanischen Breitspur und der französischen Normalspur zusammentrifft. Es dauert zwei holprige Stunden, um die 35 km bis zu Hochebene zurückzulegen! Wir genießen den Ausblick auf die Berglandschaft, beeindruckende Bogenbrücken aus Stein und die Schrägseilbrücke Pont de Cassagne über den Fluss Têt. Sie wurde 1903 bis 1910 erbaut und stellt sowohl ingenieurtechnisch als auch unter gestalterischen Gesichtspunkten eine Glanzleistung dar. Technisch geht es zunächst weiter: In Odeillo beim Wintersportort Font-Romeu hat man einen gigantischen Sonnenofen errichtet, welcher mit einer Anordnung von 63 Fangspiegeln funktioniert, die computergesteuert die Sonne auf einen riesigen Hohlspiegel reflektieren. Dieser bündelt die Sonnenenergie in einem Brennpunkt, wo bis zu 4000 °C erzeugt werden. Hier können Materialien bei hohen Temperaturen in chemisch reiner Atmosphäre getestet werden. Zum Beispiel: Bremsbeläge, Kacheln des Space Shuttles oder Nutzlastverkleidungen von Raketen.
Über das Carol-Tal, den 1925 m hohen Col de Puymorens und den Col d'Envalira (2407 m) gelangen wir über serpentinenreiche Straßen nach Soldeu („Sonnengott") zu unserem Sporthotel auf über 1.800 m Höhe. Mit Cava stoßen wir beim Aperitif auf unsere Erkundungen im Zwergstaat Andorra an, welchen wir für die beiden nächsten Tagen mit Vorfreude entgegensehen.

7. Tag: Andorra

Bei sonnigem Wetter starten wir unsere Rundfahrt durch Andorra, begleitet von dem ortskundigen Reiseleiter Anthony. Zuerst geht es nach Ordino. In dem Dorf bewundern wir die Steinhäuser mit den typischen Schieferdächern. Auch bei den Neubauten wird nun mehr und mehr darauf geachtet, dass diese Materialien verwendet werden. Das Haus der Familie Areny-Planolit wurde 1972 vom Staat gekauft und zum Museum umgewandelt, so dass wir es besichtigen können und einen Einblick in den Alltag dieser Familie gewinnen, die im 18. und19. Jahrhundert zu den einflussreichsten in Andorra gehörte. Anschließend genießen wir einen herrlichen Ausblick auf den Pic Alt de la Capa an der modernen Stahlrohrskulptur "Sturm in einer Teetasse" von Dennis Oppenheim (1991). Auf der Hinweistafel steht: "Ein großes Problem in einem untergeordneten Kontext wird in einem übergeordneten Kontext zu einem kleinen Problem." Ein wirklich kleines Problem ist, dass es Anthony nicht gelingt, uns ein Mitglied der 17 Adlerfamilien, die am Pic leben, vor die Kamera zu locken. Schade!
Nach der Mittagspause in der Hauptstadt Andora la Vella besuchen wir die "Casa de la Vall" - das Haus des Tales, wie man den Namen des Parlaments wörtlich überetzen kann. Esist ein Patrizierhaus aus dem 16. Jahrhundert, welches 1702 vom Vorläufer des Generalrats, dem Consell de la Terra, gekauft wurde. Besonders an der Fassade ist, dass an zwei Außenecken Taubenschläge in Form von Türmchen an dem Natursteinhaus angebracht sind! In der ersten Etage befinden sich der Sitzungssaal des Generalrats, die Kapelle und der Schrank der sieben Schlüssel, welcher als Archiv für historische Dokumente Andorras dient und nur mit den Schlüsseln der Vertreter aller sieben Pfarrgemeinden versperrt bzw. geöffnet werden kann. Der Gerichtssaal war noch bis ins Jahr 2000 in Funktion!
Zu Fuß geht es in Richtung Zentrum weiter zur Pfarrkirche von Andorra la Vella an der Placa del Bisbe Benlloch. San Esteve wurde im 19. Jahrhundert unter der Leitung des katalanischen Architekten Puig i Cadafalch sorgfältig restauriert, so dass von ihrer Struktur die schöne, mit lombardischen Mustern dekorierte Apsis aus dem 12. Jahrhundert erhalten ist. Der von einem Blitz schwer beschädigte ursprüngliche Glockenturm wurde im Stil der Romanik rekonstruiert. Anschließend zeigt uns Anthony das Nationalheiligtum der Andorraner: die oberhalb von Canillo gelegene Wallfahrtskirche, wo die Holzstatue der Madonna von Meritxell verehrt wird. Nach einem verheerenden Brand vor über 40 Jahren ist allerdings nur noch eine Replik übrig geblieben ist, welche nun in einem neuen Kirchengebäude ihre Heimat gefunden hat. Dieser Kirchenbau wurde vom katalanischen Architekten Ricardo Bofill geplant und ist aus dem regionaltypischen Schiefer errichtet. Auf der Rückfahrt zum Hotel machen wir einen letzten Fotostopp an einer der über 40 andorranischen Kirchen: San Joan de Casella stammt vom Beginn des 12. Jahrhundert und ist die bekannteste Kirche Andorras. Das Schiff ist verhältnismäßig hoch und nach Osten schließt sich eine halbkreisförmige Apsis an. Der quadratische Glockenturm im Norden steht im Gegensatz zu allen anderen andorranischen Kirchen getrennt vom Baukörper des Schiffs, hat aber wie fast alle anderen Türme drei Etagen mit Fenstern. In den oberen Etagen lombardische Zwillingsfenster mit Blendarkaden.

8. Tag: Engolastres, Os de Civis und Montserrat

Auf Empfehlung von Anthony fahren wir heute zu einer weiteren romanischen Kirche: Sant Miquel d'Engolastres liegt auf der Strecke zum gleichnamigen Stausee, wo wir einen kleinen Spaziergang machen, allerdings auch etwas enttäuscht sind, da der See momentan nicht viel Wasser führt. Auf jeden Fall haben wir uns ein wenig bewegt, bevor es zum üppigen Mittagessen mit landestypischen Spezialitäten in den oberen Ortsteil von Os de Civis geht! Mir persönlich hat die Suppe am besten geschmeckt - auch wenn das im Holzofen gegrillte Fleisch auch nicht zu verachten war!
Durch die schöne Berglandschaft der Cerdanya geht es anschließend zum letzten Ziel, dem Montserrat: Dieses Gebirge (wörtlich: "Der zersägte Berg") ragt mit 1000 Einzelgipfeln aus der Ebene. In diese abgeschiedene Landschaft haben sich Eremiten zurückgezogen, die später eine Klostergemeinschaft bildeten. Eine auf wunderbare Weise aufgefundene Schwarze Madonna aus Olivenholz vollbrachte Wunder und zog Millionen Gläubige an: Einfache Menschen, aber auch Könige oder Wissenschaftler wie Wilhelm von Humboldt. Das Kloster mit seiner riesigen Bibliothek wurde zum Hort katalanischer Kultur. Auf dem Gelände wurde eine Pilgerherberge in ein Hotel umgewandelt, hier verbringen wir die letzte Nacht vor der Rückreise.

9.Tag: Montserrat und Heimreise

Vor dem Frühstück ist der ideale Zeitpunkt, die Aussicht aus über 700 m Höhe vom Weg des S.Miquel zu genießen oder die Kirche und auch die Schwarze Madonna zu besuchen - völlig alleine! Am Morgen gehört der Montserrat nur den Hotelgästen, aber dann rollen die Busse an, vor allem mit den Urlaubern der Kreuzfahrtschiffe, die in Barcelona vor Anker gehen. Seilbahn und Zahnradbahn befördern weitere Tagesgäste. Für uns jedoch ist die Reise beendet. Über eine wunderschöne Panoramastraße im Tal des Llobregat bringt uns der Bus in einer guten Stunde zurück nach Barcelona zu den Flügen nach Berlin oder Dresden.
Während der Reise habe ich aus folgenden Büchern vorgelesen:
"Ein Pyrenäenbuch" von Kurt Tucholsky (1927)
"In König Titurels Schloss" aus dem Sammelband "Auf Reisen" von Stefan Zweig (1905)
Kommen Sie mit den schönen Erinnerungen an diese sonnige Reise gut über die kalte Jahreszeit in Deutschland! Vielleicht sehen wir uns ja auf einer meiner nächsten Reisen wieder - es würde mich sehr freuen!
Au revoir + adiós !
Ihre Birgit Janosch

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht