Reisebericht: Viva Espana – Spanische Momente mit Anh in Barcelona

28.09. – 03.10.2017, 6 Tage Städtereise Barcelona


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Ein Stück meines Herzens habe ich während meines Auslandsstudiums in Barcelona gelassen. Kommen Sie mit mir nach Barcelona und ich zeige Ihnen die schönsten Sehenswürdigkeiten aber auch einige versteckte Plätze meiner Lieblingsstadt in Europa.
Ein Reisebericht von
Ngoc Anh Nguyen

1. Tag, 28.09.2017: Anreise nach Montserrat

Sehnsüchtig fiebern wir schon lange dieser Reise entgegen - ein spanischer Traum wird wahr! Am Morgen findet sich unsere kleine Reisegruppe am Flughafen Dresden ein. Wir beginnen mit einem entspannten Frühstück vor dem Abflug nach Frankfurt. Am drittgrößten Flugdrehkreuz Europas merken wir den Unterschied zu unserem niedlich, leicht verschlafenen Kleinstadtflugahfen. Denn nach der Landung rollen wir eine kleine große Runde durchs Rollfeld zur Endparkposition, von wo wir aus mit dem Bus die nächste Runde drehen und anschließend die Flughafenrundreise zu Fuß fortsetzen. Nicht nur das. Unsere Menschheit ist inzwischen so abhängig von der Technik, dass beim Systemausfall eines einzigen Maschinchens mehrere Flughäfen weltweit Lahm gelegt werden können. So geschieht es nun wohl neben Paris, London gleichzeitig auch in Frankfurt, denn die Check-in-Software ist am Morgen weltweit zusammengebrochen... Das bedeutet für uns nun warten..., warten... und noch ein bisschen warten... Aber ans Ziel schaffen wir es dennoch. Xavi, unser Chauffeur, bringt uns bei strahlendem Sonnenschein durch das Montserratgebirge zum Kloster Montserrat auf ca. 1.200 Metern Höhe. Beeindruckend ist die Kulisse, in welche die Gemäuer hineingebaut wurden. Bereits 888 n. Chr. Wurde der Bau eines Klosters urkundlich erwähnt. Einsiedlermönche errichteten die verschiedensten Einsiedeleien auf dem Montserrat. Das heutige Kloster wurde dann durch die Erweiterung der Einsiedelei Santa Maria 1025 gegründet.Rechtzeitig zum Gesang des Knabenchores erreichen wir das Kloster Santa Maria von Montserrat. Kinder aus aller Welt werden in der nebenstehenden Schule ausgebildet. Der Knabenchor von Montserrat ist weitlweit angesehen.  Mit dem Gedanken an den warmen Gesang des Chores klingen wir den ersten gemeinsamen Abend aus. Anschließend kuscheln wir uns in die Betten in den alten Mönchszellen... Gute Nacht! 

2. Tag, 29.09.2017: Montserrat erwacht – Cava–Wein & Parc Güell

Zwar klingelt der Wecker bei den meisten schon früh, da wir um 07.30 Uhr an der Messe in der Basilika teilnehmen wollen, aber der traumhafte Sonnenaufgang über den Wolken versöhnt unsere Müdigkeit. Ganz friedlich und leise erwacht der neue Tag, draußen steigt der der orangerote Feuerball über der Wolkendecke auf und alle warten Digitalkameras darauf, einen magischen Moment zu verewigen. Wunderbar lassen wir uns in die unbeschreibliche Stimmung einbringen... Bevor es zum Frühstück geht, nutzen wir den Luxus, das Klosterreich fast für uns allein zu haben und besichtigen die Schwarze Madonna. Die Mutter Gottes, auch "La Moreneta" die Braune genannt, ist eine romanische Schnitzfigur aus dem 12. Jh. von großer Schönheit. Sie wurde zur Schutzheiligen Kataloniens erklärt.
Zum Vormittag steigen die Wolken auf, Nebelschleier verbreiten sich und so auch Touristen und Pilger aus aller Welt. Zeit für uns aufzubrechen in die bekannteste Weinregion Kataloniens Penedes. Hier statten wir dem Sekthersteller Codorniu in Sant Sadurni d'Anoia einen Besuch ab. Cordoniu ist einer der berühmtesten Namen im spanischen Weinbau. Cava wird für Sekte vergeben, die nach der Champagnermethode (Metodo Tradicional) hergestellt werden und somit der höchsten Qualitätsstufe für Schaumweine entsprechen. Mit einer kleinen Bahnfahrt durch die gewaltige Anlage demonstriert uns Alex das Ausmaß der Weinkellerei. Sie führen zu fünf Stockwerken unter der Erde. Dabei bewältigten wir 137 Stufen hinab und eben soviel wieder hinauf, es sei denn, man nutzt den Fahrstuhl... Zum Abschluss der kleinen Besichtigung genießen wir ein paar dieser kostbaren Tropfen bei einer Weinverkostung. 
Wir knpüfen an die nächste grüne Lunge Barcelonas an und fahren mit unserem Reiseleiter Lorenzo zum berühmten Parc Güell. Hier sind wir nicht minder beeindruckt von den Viadukten, den mit bunten Bruchkeramik geschmückten Bänken, Wänden, Dächern und Figure, die sich durch die alte Markthalle und den kompletten Park ziehen. Das fehlgeschlagene Projekt einer Gartenstadt wurde zu einem symbolträchtigen öffentlichen Park. Gaudi orientierte sich bei der Planung des Parks am Jardin de la Fontaine von Mimes und auch an den griechischen und ägyptischen Tempeln. Der lebendig gestaltete Eingang mit den exotischen Formen trennt die graue und weltliche Stadt von der Wohnsiedlung, die Gaudi als idealen Lebensraum erachtete. Gaudís ehemaliges Wohnhaus auf dem Parkgelände wurde seit 1963 als Museum eröffnet. 
Unweit unseres Hotels im Viertel Poble Sec, dem ehemaligen Ausgeh- und Theaterviertel Barcelonas in den 50/60er Jahren, testen wir die ersten spanischen Tapas. Die Ladenbesitzerin Marta hat Klassiker aus frischen, lokalen Biozutaten mit modernen Noten aufgepeppt. Mhhh...

3. Tag, 30.09.2017: Barcelona & der Modernisme

Der heutige Tag widmet sich ganz dem Jugendstil, auf Spanisch Modernisme. Auf den Spuren des bedeutenden Künstlers wie Antonio Gaudi entdecken wir Barcelona. Entlang der Goldmeile Passeig de Gracia schlendern wir vorbei an der bunten Fassade des Casa Bató zum Casa Mila, Gaudis wichtigster Beitrag zur Stadtarchitektur und sein letztes Werk, bevor er sich der Sagrada Familia widmete. Das Haus wird auch „La Pedrera" (Steinbruchhaus) bezeichnet. Den Beinamen Steinbruch bekam Casa Milà wegen der ungewöhnlichen Bauweise und der steinernen Fassade, welches das Haus zu einem massiven Felsen mit weichen Wellen und Formen wirken lässt. Das Haus weichte völlig von allen damaligen Grunsätzen ab. Es beherbergt die erste Tiefgarage der Stadt, hat zwei runde Innenhöfe, schmiedeeiserne Balkone eine Beton-Stahl-Konstruktion, die es ermöglichte, dass der gesamte Komplex ohne tragende Wände auskommt. So könnte man ohne Probleme die Innenwände versetzen, um bsp. die Zimmergrößen zu ändern. Das Dach mit kunstvoll gearbeiteten Luftröhren und Kaminen ist so bizarr, das man es "Hexenschreck" nannte. Aber von hier oben haben wir einen wundervollen Blick auf die Straßen des Stadtzentrums. Wir sind jedenfalls froh, dass Gaudi dieses Haus errichten ließ, obwohl in die Hausbesitzerin anfangs nicht für seine Arbeit bezahlen wollte.
Nun gibt es eine kleine Kaffee- und Eispause an den Ramblas, um neue Kräfte zu tanken. Gut gelaunt setzen wir unsere Verfolgung auf den Spuren des Jugendstils fort zum Palau Güell, dem Wohnort seines Freundes und Mäzens. Dieses frühere Werk zeigt uns einen anderen Stil von Gaudi, doch die Genialität versetzt uns erneut ins Staunen. Die Fassade mit den schwungvoll verzierten eiserenen Tore erinnern an einen venezianischen Palast. Durch die Tore konnte man von außen nicht nach innen sehen, aber der Hausherr Eusebi Güell i Bacigalupi von innen konnte genau beobachten, was vor seinen Toren passierte. Im Inneren überwältigen uns neue Elemente. Gaudí baute nicht nur Häuser, sondern er war auch einfallsreicher Designer und dekorierte das Haus auch mit eindrucksvollen Schmiedearbeiten, Holz-, Keramik-, Buntglas-und Steinarbeiten. Es gibt sogar eine gold verzierte Kapelle inmitten der Wohnstube und eine Orgel. Ganz oben erkennen wir die markanten und für Gaudí so typischen Schornsteine wieder. WoW! 
Nun fehlt nur noch die Sagrada Familia (Kirche der Heiligen Familie), wo uns Lorenzo wieder zu einer Führung einlädt. 1882 wurde Gaudi beauftragt, die neogotische Kathedrale, die bereits ein Jahr zuvor begonnen wurde, fertigzustellen. Man ahnte nicht, dass Gudi ganz andere Vorstellungen hatte. Er änderte alle Pläne - der Kirchenbau wurde bis zu seinem Tod im Jahre 1926 sein Lebensinhalt. Eine Vollendung des Bauwerks durch zeitgenössische Architekten aus Japan und aller Welt ist eine besondere Herausforderung, weil jegliche Pläne dazu fehlen und da die tragenden Steine nach den Modellen Gaudís alle eine unregelmäßige Form besitzen. Für die Fertigstellung der Sagrada Familia, nun im neukatalanischen Stil, wird der 100. Todestag von Antonio Gaudí im Jahre 2026 angestrebt. 
Den großartigen Tag klingen wir gemütlich und stimmungsvoll bei Moritz-Bier und Tapas in einer typischen Bar auf der ehemaligen Stierkampfarena aus. Wer mag, begibt sich mit Anh zum magischen Brunnen Montjüic. Der gleichnamige Berg Montjüic erhebt sich 213m über der Stadt Barcelona. Es führen 2 Seilbahnen auf den Berg, der mit zahlreichen Parks als Erholungsgebiet beliebt ist und gleichzeitig Stätten von historischer Bedeutung aufweist. Dazu zählen zum Beispiel das Stadion der olympischen Spiele von 1992, in welches wir einen Blick warfen und auch das Castell de Montjuic, der gewaltige Nationalpalast mit Kunstmuseum und das spanische Dorf mit zahlreichen Handwerksständen.

4. Tag, 01.10.2017: Mittelalter in Sigtes & Peruanische Lebensart

Es ist ein besonderer Tag für die katalonische Bevölkerung. Sie haben ein Referendum angekündigt. Das Volk soll entscheiden, ob Kataloniens Austritt aus Spanien befürwortet wird. Allerdings erklärte die spanische Regierung in Madrid einige Wochen zuvor, dass das Referendum nicht gestattet sei. Nichtsdestotrotz wollen sich die katalanischen Politiker nichts sagen lassen und möchten diesen Akt illegal durchführen. Um eventuellen gewaltätigen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, wechseln wir das klassische Transportmittel und fahren am Vormittag mit dem Zug Renfe nach Sitges. Es ist ein das charmante Küstenstädtchen mit einer tollen mittelalterlichen Altstadt, in dem noch das authentische Leben der Einheimischen vorherrscht. Auch in den verwinkelten Gassen sitzen die Bewohner, diskutieren über die aktuelle politische Situation und einige warten vor den "heimlichen" Wallokalen, um ihre Stimme abzugeben. Zum Glück geht es hier dennoch sehr friedlich zu, wenn wir Bilder und Videos aus anderen Orten wie Tarragona vergleichen, welche uns die Einheimischen bei einer Kaffeepause zeigen. Ach wie schön, dass wir uns aus dem Trubel fernhalten und einen gemütlichen Tag am Meer verbringen. Die malerische Bergkulisse im Hintergrund, die weiß getünchte Kirche und goldene Bilderbuchstrände ist eine Augenweide für  Besucher. Die Gässchen sind meist so schmal, dass gerade mal ein Mofa durchkommt. Weiß gekalkte Häuser mit typisch blauen Fensterrahmen, Türen und Geländern zieren das Gängelabyrinth.
Am Abend trifft sich Anhs Eberhardt-Familie mit der peruanisch-katalonischen Gastfamilie. Anh hat ein Semester bei Karen + Sohn Fabi + Mann, der Schwester Cinthya + Mann und der Oma Lily gewohnt. Heute Abend führen sie uns in die peruanische Küche ein. Es gibt Spezialitäten wie Ceviche, roher in Zitronenwasser eingelegter Fisch, Meeresfrüchte, gegrillte Herzen, Brauner Mais-Kompott und selbstverständlich dem Nationalgetränk Pisco Sour (aufgeschlagenes Ei mit dem Traubenschnaps Pisco). Buen provecho! - Guten Appetit!

5. Tag, 02.10.2017: Barcelona & Historie

Neben den außergewöhnlichen Gebäuden des Modernisme, hat Barcelona natürlich auch zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten zu bieten, welche wir heute zu Fuß entdecken wollten. Dazu fahren wir mit der Metro bis zur Placa Catalunya, dem Zentrum Barcelonas. Zu Fuß erkunden wir die Altstadt mit dem gotischen Viertel Barri Gòtic. Erster Stopp ist die Kneipe Els Quatre Gats, in dem Picasso und zahlreiche Künstler sich trafen zum Trinken, sich Austauschen und Malen. Der Besuch der prachtvollen Kathedrale La Catedral de la Santa Creu i Santa Eulàlia, dessen Türme sich gestochen scharf in den stahlblauen Himmel erheben, darf selbstverständlich nicht fehlen. Sie wurden auf die Grundmauern eines römischen Tempels 1298 erbaut wurde,  Einige Säulen des Augustustempels sind noch zu sehen. Entzückt waren alle von dem Kreuzgang und dem üppigen Garten im Innenhof. Auch die 13 Gänse lassen uns schmunseln. Im Mittelalter bewachten diese die Kunstschätze der Kathedrale und auch heute wird diese Tradition beibehalten, auch wenn der Domschatz inzwischen mit allen modernen Sicherheitsvorkehrungen zusätzlich gesichert ist. Sie erinnern auch an die arme kleine Gänsemagd, die nur 13 Jahre alt geworden ist. Nach der Führung im Barri Gòtic setzen wir unsere Entdeckung des Jugendstils fort. Eine Innenbesichtigung des Palau de la Música erwartete uns. Montaner verschaffte mit viel Glas, bunte Keramiken mit Naturform dem Musikpalast eine einzigartige Stimmung. Die großartige Konzerthalle ist mit Licht durchflutet und erinnert an einem Blumengarten, in dem es niemals dunkel wird. Das tageslicht Licht erscheint durch eine nach unten gewölbte, gläserne und farbenprächtige Kuppel, welche die Sonne darstellt. So braucht man fast keine künstliche Belichtung. Der Musikpalast ist damit auch der einzige mit Tageslicht erhellte Konzertsaal Europas. Dieser Modernisme-Traum wird sicher nicht umsonst auch als Perle oder Juwel Barcelonas genannt. Während der Besichtigung, die zum ersten Mal mit unserer Gruppe auf Deutsch stattfindet, haben wir das Glück, einer Orgelkonzertprobe zu lauschen. Ein Augen- und Ohrenschmaus zugleich.
Um das Programm schön abzurunden gibt es jetzt einen Gaumenschmaus. Jordi kommt aus einem Feinschmeckerdorf in den Pyrenäen und verköstigt uns heute mit Käse und Iberischen Schinken. Für ein paar Pfennige, man könnte es wortwörtlich nehmen, bekommt man von ihm guten Wein als Begleiter. So gut, so fein und so glücklich begebem wir uns auf dem Rückweg zur Innenstadt. Wir halten an der Basilika Santa Maria del Mar, welche die Hauptkirche der Stadt in reiner katalanischer Gotik ist. Sie war die „Kirche der Armen". Ihr Bau dauerte 55 Jahre und wurde von Händlern und Schiffsbauern finanziert. Entlang der lebhaften 1200 Meter langen Ramblas gelangen wir gelangen wir zur Markthalle Santa Katarina. Es bleibt freie Zeit, um in dem einen oderen andern Souvenirgeschäft einzukehren, es sich in einer Tapasbar bequem zu machen oder die Füße ins Mittelmeer zu tauchen.  
Wer kann behaupten in Spanien gewesen zu sein, ohne Sangria getrunken zu haben und ohne Paella gekostet zu haben? Darum gibt Anhi eine letzte Runde aus: Schwarze Paella, das heißt Paella mit Tintenfischtine und frisch gefangene Meeresfrüchten serviert mit einem katalanischen Sangria aus Cava. Olé!

6. Tag, 03.10.2017: Zeit zu gehen...

Es heißt doch so schön, man solle gehen, wenn es am schönsten ist. Genau das tuen wir. Es waren wundervolle Tage, an denen ich meine Freude und Leidenschaft zu Barcelona mit Ihnen teilen konnte. Wir nehmen diese tollen Eindrücke und unsere ergatterten Souvenirs mit, lassen den Generalstreik und den ganzen politischen Streit hinter uns und fliegen vollgepackt mit Erinnerungen an ein friedliches, buntes Barcelona in unsere Heimat zurück.

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