Reisebericht: Südtirol und die Messner Mountain Museen

12.09. – 19.09.2020, 8 Tage Rundreise in Italien mit leichten Wanderungen und Besuch der 6 Museen von Reinhold Messner: Ortles – Juval – Firmian – Dolomites – Ripa – Corones


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auch 2020: Besuch der sechs Museen von Reinhold Messner in Südtirol und in der Provinz Belluno mit kleinen Wanderungen. Kalipe`- immer ruhigen Fußes
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

1. Tag (12.09.2020) Anreise nach Schlanders in Südtirol

In Dresden bereits um vier Uhr startend, stiegen bis Münchberg zwölf Gäste dieser Reisegruppe in den „Gardasee-Pendel" zu. Gemeinsam mit elf Gästen, die individuell sich am Gardasee, in Meran oder im Stubaital erholen wollten, erreichten wir mit etwas Verzögerung unsere Buswechselstelle im österreichischen Steinach am Wipptaler Hof. Die Fahrt durch Bayern erfolgte bei viel Sonne und Wärme, aber stets mit dem Corona-Achtungszeichen AHA - also mit Maske während der Fahrt. Mit Manfred, unserem Südtiroler Busfahrer, ging es an Brennero, Brixen und Bozen vorbei- tolle Bergblicke bei sonnig-warmen, ja heißen Wetter (Bozen mit 31 Grad) und Sicht auf reifenden Wein und Äpfel. 17:30 Uhr erreichten wir Schlanders, fanden mit dem Bus im Zentrum den Ausstiegsplatz und weiter ging es wenige Meter zum Hotel „Goldener Löwe" im Zentrum von Schlanders. Da die ersten Gäste in Berlin bereits wenige Minuten nach 1 Uhr des Nachts gestartet waren, reichte es für diesen Tag.
Böller und Kirchengeläut erinnerte daran, das am 12.September mit „Mariä Namen" ein katholischer Feiertag im deutschsprachigen Raum seit Jahrhunderten (Schlacht am Kahlenberg bei Wien zur Abwehr der osmanischen Heere: ein Bildnis Marias wurde dem Herr Königs Sobieskies vorangetragen) begangen wird. In den Folgetagen wird dieser Feiertag pünktlich auch am frühen Morgen - quasi neben den Schlafzimmern des Hotels - ausgeläutet.

2. Tag (13.09.2020) Wandern zum Rosimboden bei Sulden, MMM Ortles

Durch den Vinschgau mit unendlich anmutenden Apfelplantagen voller roter und gelber Früchte brachte uns Hans entlang der Etsch (da muss man Geschichte erzählen), nach Sulden auf 1900 Meter Höhe. Zunächst ein Blick auf jenes Hotel, wo die deutsche Bundeskanzlerin mitunter ihren Sommerurlaub verbringt - aber für 2020 hatte sie ja gesagt, sie bleibe in Deutschland. Mit dem Kanzel-Sessellift erreichten wir die obere Seilbahnstation in 2350 Meter Höhe. Im Westen ragt der Ortler, einst höchster Berg des alten Österreich-Ungarn mit 3905 m Höhe empor. Links davon die Königspitze, nur einhundert Meter niedriger aber bezüglich der noch vorhandenen Gletscher vielleicht sogar beeindruckender. Gemeinsam starteten wir an der „Kanzel". Auf dieser Tour im alpinen Terrain hatte jeder die Möglichkeit entsprechend seiner Lust und Kondition den Weg zum Rosimboden und vielleicht weiter zum Ende des Rosimtales zu gestalten. Die Spitzengruppe erreichte nach drei Kilometern Wanderweg die Höhe von ca. 2700 Metern - beeindruckender Rückblick hinüber zum Ortler. Bis zum Wasserfall - wir sahen ihn aber, geschweige bis zum sich zurückziehenden Gletscher, war es doch noch zu weit und der Gedanke an eine Erfrischung im Cafe an der Bergstation verwirrte doch. Die Mehrzahl der Gäste genoss bei etwas früherem Abstieg vom Hang etwas eher die Sonne auf einer Terrasse bei einem Getränk.
Am Nachmittag besuchten wir das Messner Mountain Museum Ortles, das die Verbindung von Berg und Eis darstellt. Dieses kleinste Museum Messners reflektiert das Thema Eis insbesondere durch Berggemälde und einen Film über die Antarktisexpeditionen sowie Ausrüstungsgegenständen einer Expedition von Reinhold Messner mit Arved Fuchs zum Südpol. Eine genussvolle Fahrt durch die Berglandschaft des Vinschgau - mit einem Abstecher durch den Marmorort Lasa, in dem die Fußwege mit Marmor gepflastert sind - brachte uns zum späten Nachmittag zurück zum Hotel in Schlanders.

3. Tag (14.09.2020) von Tschars über Waalwege nach MMM Juval, Weingut Schloss Rametz

Inmitten von Apfelplantagen des Vinschgau liegt Tschars. Nach einem Aufstieg zur Kirche St. Martin, deren gotische Bausubstanz in Renaissance (Außenfresken) und Barock (Altare und Innenmalerei) verändert wurde, verweilten wir hier und beschäftigten uns mit Kirchengeschichte und der Geschichte zweier Weltkriege für die Menschen hier in Südtirol. Anschließend schritten die meisten Gäste der Gruppe über einen angenehmen Wanderweg am Hang Richtung Schloss Juval. Im Wald mit häufigen Ausblicken auf das Vinschgau wanderten wir bald an den Wasserläufen der Waale - historischer Bewässerungsläufe - entlang. Dieser herausragend schöne Wanderweg bedarf indes ein wenig Trittstabilität, obwohl der Weg zum Schloss Juval nur 4,5 km beträgt. Nur zwei Gäste ließen sich bequem im Shuttle-Bus nach oben fahren, mussten aber auf die Waalwege natürlich verzichten.
Coronabedingt wurden die Teilnehmerzahl aller Anstehenden am Einlass geteilt, so dass wir etwas später als erwartet Einlass fanden. Aus der einstigen Sommerresidenz Reinhold Messners ist mittlerweile der ganzjährige Wohnsitz geworden. Mit viel Liebe wurde das Schloss wieder aufgebaut und ausgestattet. Beim Verlassen der Burganlage am Bauernhof hatten wir Glück, der Guru der Bergsteiger kam gerade vom Einkauf - für manche Chance zum Foto mit ihm.
Ein steiler Straßenabstieg oder der Shuttlebus brachten uns zu unserem Reisebus.
Am Nachmittag erreichten wir mit diesem Schloss Rametz mit seinem Weinkeller und Museum. Inmitten von Weinreben von Cabernet fachsimpelten wir am Berghang mit Alex über den Weinbau in Südtirol. Nach ein wenig Besichtigung von Schlosshof und Weinmuseum verkosteten wir zum Marende-Teller einen Grauburgunder, Sekt aus überwiegend Chardonnay, den regionaltypischen Vernatsch, einen Blauburgunder und zum Schluss einen kräftigen Cabernet.
Nach einer Fahrstunde mit dem Bus hatten wir unser Hotel in Schlanders erst zur geplanten Abendessenszeit erreicht: Zeit zum Abendessen auf noch recht gut gefüllten Magen. Aber der Speck des Marendetellers hatte durstig gemacht...

4. Tag (15.09.2020) MMM Firmian, Wandern am Montiggler See

Mit zwei Kleinbussen fuhren wir von Meran zum Schloss Sigmundskron, wo sich das Messner Museum Firmian befindet. Hier fand das Umladen unseres Gepäcks für den zweiten Teil der Reise und die folgende Unterkunft im Hotel Mühlgarten in Stefansdorf bei Bruneck statt.
Für das MMM Firmian auf der Burg Sigmundskron ließen wir uns ausreichend Zeit. In gut zwei Stunden erkundeten wir individuell die Burganlage, in deren Bastionen sich die Ausstellung Messners in einer Kombination von Gemälden und Ausrüstungsgegengegenständen bekannter Bergsteiger befindet. Im Museum auch Reliefs der Landschaften der Achttausender mit unzähligen Postkartengrüßen von erfolgreichen Expeditionen und im Weißen Turm spannende Geschichte Südtirols von faschistischer Italienisierungspolitik bis zur Autonomie.
Zur Mittagszeit trafen wir am Montiggler See ein. Ein kleiner Bummel auf eher ebenen Wegen von vier Kilometern führte uns um den Großen und den Kleinen See, umgeben von schönem Mischwaldbestand mit Blicken über den See. Auch eine Möglichkeit zum Biergartenbesuch oder - edler - im naheliegenden Hotelrestaurant bietet sich an.
Zur fortgeschrittenen Nachmittagszeit fuhren wir an Bozen vorbei, durch das Eisack- und das Pustertal und erreichten nach ein und einer halben Stunde Fahrt unser Hotel Mühlgarten in Stefansdorf unterhalb des Kronplatzes. Herzliche Begrüßung hier durch Marianna Gatterer, die Chefin - verbunden mit Emotionalität bei Gästen, Gastgeberin und Reiseleiter, dass es mit dieser Reise geklappt hat.

5. Tag (16.09.2020) MMM Dolomites auf dem Monte Rite und Falzareggopass

Unsere Fahrt sollte in die Region Belluno, also nach „Richtig-Italien" gehen. Nach Imbiss-Einkauf, noch immer im Pustertal, war ein Busreifen kaputt, so dass wir den Bus recht schnell wechseln konnten, aber die dreißig Minuten zogen sich durch den Tag. Dieser entwickelte sich zu einem ausrichtsreichen im Südosten der Dolomiten.
Sein erstes Museum errichtete Messner nicht in Südtirol sondern auf dem Monte Rite, einem Berg, den fast einhundert Jahre lang das italienische Militär besetzt und Kasernen und Geschützstellungen errichtet hatte. Das war Anreiz für Messner sich genau jenem Thema zu stellen. Nach Busfahrt durch das Pustertal bogen wir bei Toblach Richtung Süden ab. Vorbei an der Nasswand mit einem Soldatenfriedhof, einem kurzen Blick Richtung „Drei Zinnen". Am Dürrensee vorbei erreichten wir im Angesicht des Cristallo Cortina d' Ampezzo, die Olympistadt von 1956 und geplant im Jahre 2026. Am Sorapis vorbei benötigten wir noch eine weitere Stunde bis wir den Passo Cibiano erreichten. Der erste Gipfeltransferbus trug zunächst die „Igelgruppe" und später die „Hasen" weitere sechshundert Meter hinauf. Nach einigen hundert Metern Militärstraße erreichten wir die ehemalige Geschützstellung, die Messner zu einem Museum ausbauen ließ. Drei Glaskuppeln ragen aus der Betondecke an Stellen, wo einst Geschützstellungen waren - eine geschickte Konstruktion zur Verbindung von Militärgeschichte und Museum. Im Stellungsbau Berggemälde und Ausrüstungsgegenstände; im langen Gang Liegen mit wohlgefalteten Decken und Sprüchen. Auf der Betondecke des Museums stehend, kann man heute eine 360-Grad - Aussicht genießen; trotz Diesigkeit sah man bis zu dreißig Kilometern weit. Nach der Besichtigung teilte sich die Gruppe in Transfer-Abfahrer und Wanderer. Auf einem schmalen Weg durch den Wald überwanden die Wanderer auf sechs Kilometern die sechshundert Höhenmeter bis hinunter zum Pass.
Unser regionaler Busfahrer Hans brachte uns durch enge Kurven über Cortina hinauf auf den Falzareggo-Pass. Nach viel Sonne hatte es angefangen zu regen. Die dunklen Wolken und hellen Löcher in diesen, durch die mit Sonne-beschiene Felsen durchleuchten, schaffen ein interessantes Landschaftsbild. Am Falzareggo, einem der mit spannender Geschichte verbundenen Alpenpässe, machten wir einen Kurzhalt bei Regen, um nach dem Kriegsberg Lagazoui, den Cinque Torre und der Marmolada zu schauen. Durch das Hochabteital und das Gadertal erreichten wir rechtzeitig unser Hotel zum Genießen des Fünf-Gang-Menüs.

6. Tag (17.09.2020) MMM Ripa und Bruneck

Die Nähe des Hotels „Mühlgarten" zu Bruneck mit dem MMM Ripa auf Brunecks Schloss ermöglichte ein ruhiges Angehen des Tages und nach dem Frühstück einen späten Wanderstart. Auf einem etwas veränderten und nunmehr knapp sechs Kilometer langen Weg durch Felder und Wald, im hiesigen September voller Pilze, war auch Zeit zum Gespräch über Waldbau, Waldschäden, Kriegsgeschichte mit Bombentrichter am Wege und Pilzbestimmung. Nach zwei Stunden erreichten die Wanderer Bruneck. Unterhalb des Soldatenfriedhofs ging es über eine sehr stabile Hängebrücke hinüber zum Schloss. Hierhin kamen dann auch jene Gäste, die individuell sich fahren ließen. Aus der alten Sommerresidenz des Fürstbischofs ist ein wahres Goldstück im Ensemble der MMM geworden. In die rekonstruierte Burg bestens eingepasst zeigt Messner hier das Leben der Bergvölker, von einfachen Zelten der Turkvölker und indigener Bevölkerung Amerikas zu europäischen Bergvölkern. Ein herausragendes ethnografisches Museum, das vom schweren Leben der Bergvölker berichtet. Wer die alte Schlossanlage ohne touristischen Nutzwert, viele Jahre als Schulgebäude genutzt, kennt: ein Riesengewinn für das Pustertal und Bruneck. Davon profitiert auch das Städtchen Bruneck; die Fassaden jahrhundertealter Häuser haben an Glanz gewonnen. Mancher nutzte die individuelle Freizeit in Bruneck zu einem Mittagessen oder wenigstens zu einem Eis. Die Geschäftsschließzeit oder italienische Siesta bremste jedoch jegliche Shopping-Idee. Bei 23 Grad und Sonnenschein erreichten wir unser Hotel zur besten Kaffeezeit und jeder konnte die Fitnesseinrichtungen des Hauses nutzen oder ein wenig in der Nachmittagssonne sitzen und die Aussicht ins Pustertal genießen.
Am heutigen Tag beging Reinhold Messner seinen 76. Geburtstag: Ich denke, Besuche seiner Museen sind ihm ein gutes Geschenk.

7. Tag (18.09.2020) MMM Corones auf dem Kronplatz

Wieder ein Tag mit Sonne, wenn auch in den Dolomiten Dunst aufzog. Zum sechstes MMM und zur letzten Wanderung starteten wir zu gutbürgerlicher Zeit mit dem Bus: zunächst durch das Pustertal, an Olang vorbei und dann aufwärts zum Furkelpass an der Südseite des Kronplatzes. Auf der Glatze des Kronplatzes in über zweitausendzweihundert Meter Höhe war es kühler als am Pass, aber sonnig. Die Aussichten waren trotz Dunst respektabel bis zu den Ötztaler Alpen im Nordwesten, die Zillertaler Alpen im Norden, im Süden das Panorama der Dolomiten mit Kreuzkofel und Marmolata und im nahen Westen schoben sich der Peitlerkofel und die Geislerspitzen erkennbar in die Höhe. Zunächst besichtigten wir MMM Corones - modernste Betonarchitektur von Sarah Hadid unter der Erde mit großen Fenstern (den Augen Reinhold Messners - gerichtet auf das Villnösstal und den Kreuzkofel: Kindheit und schwerste Kletterei) und einer Aussichtsplattform. Das Museum widmet sich der alpinistischen Erschließung der Dolomiten und soll wohl das letzte von Messners Museen in den Alpen bleiben - eben die Krone / Corones. Anschließend nutzten einige Gäste die Freizeit auf dem Gipfel zum Besuch des Museums der Bergfotografie „Lumes". Seit zwei Jahren ist die ehemalige obere Seilbahnstation zu einem modernen Museum umgebaut und widmet sich dem Thema der Bergfotografie. Spektakulär der Spiegelsaal und ein sich scheinbar öffnendes Fotoobjektiv mit Durchblick auf die Alpen über Bruneck oder als Filmwand eines kurzen Bergfilms.
Am Südhang wanderten wir knapp vier Kilometer bis zum Furkelpass hinab, vom fast kahlen Summit über Almwiesen, sogar noch durch grünen Nadelwald. Zum Abschluss unserer Touren durch Südtirol fuhren wir in das ruhige Rautal. Im Anblick massiver Felswände im Nachmittagslicht war nun Zeit zur kleinen Abschlussrunde: Kalipe - immer ruhigen Fußes.

8. Tag (19.09.2020) mit dem Gardaseependel zurück nach Deutschland

Nehmen wir es mal ökologisch: mit nur einem Bus fuhren Individualurlauber vom Gardasee und aus dem österreichischen Tirol und die Gäste der Reisegruppe zurück nach Deutschland.
Um dieses Timing zu realisieren, verabschiedeten wir uns von Marianna Gatterer, der Hotelchefin vom Mühlgarten gegen halb elf Uhr und hatten noch reichlich Zeit bis zum Buszustieg bei Brixen. Unser heutiger Fahrer Josef hatte eine Idee: anstelle eines Stopps beim Lanz, dem Wirt und Regionalprodukteanbieter, nicht Moderator, zeigte er uns eine Pausenmöglichkeit an der „Lodenwelt". Das war zwar auch für die Touristen geschaffen, aber mit dem Modeanbieter, einem Käsegeschäft mit Käsemuseum, Bäckerei und Restaurants abseits der Straße eine gute Idee für Einkauf und Espresso. Nach dem nun baldigen Zustieg in den Bus an der Autobahnkreuzung bei Brixen / Vahrn schwenkten wir auf die Brennerautobahn ein, erreichten die Grenze zu Österreich und unseren deutschen Bus am Wipptaler Hof. Mit diesem ging es recht flüssig an Innsbruck vorbei, durch das Inntal hinein nach Bayern und in den Abendstunden nach Sachsen. Nach warmen und sonnigen Tagen wurde es kühler. Pünktlich zur Planzeit erreichten wir Dresden.
Ihr Dr. Jürgen Schmeißer
„Wo beginnt der Alpinismus, wenn der Tourismus den Gipfel des Mount Everest erreicht hat?"
(R. Messner)

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Kommentare zum Reisebericht

Herzlichen Dank - war eine helle Freude, alles nochmal nachzuvollziehen !
viele Details sind mir erst beim Lesen dieses gutgeschriebenen vertiefenden Berichts aufgefallen .....

Gisa Brost
28.09.2020