Reisebericht: Rundreise Tschechien – Natur und Geschichte

23.06. – 04.07.2016, 10 Tage Busreise zu den UNESCO–Stätten in Böhmen und Mähren mit Prag – Königgrätz (Hradec Králové) – Kuttenberg (Kutna Hora) – Brünn – Olmütz – Lednice – Valtice – Wittingau (Trebon) – Budweis – Krumau – Pilsen – Marienbad


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Eine Reise in die Geschichte Mitteleuropas: Prag, Olomouc, Königgrätz, Austerlitz, Kolin; zu Welterbe in Litomyschl, Kromeriz, Telc, Trebic, Krumlov, Hluboka, Kuttenberg; im Geiste von Jan Hus und im 700. Jahr von Karl IV.
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

23.06.2016 Böhmisches Elbsandsteingebirge, Decin, Frydlant im Isergebirge, Riesengebirge

Um einer kleinen Gruppe von dreizehn sehr interessierten Gäste diese Reise zu ermöglichen, hatten wir für diese Reise einen tschechischen Minibus vom Typ Mercedes Sprinter mit 19 Plätzen angemietet. Pünktlich starteten wir in Dresden und erreichten nach einer reichlichen Fahrstrecke die Tisaer Wände, einem ersten Programmhöhepunkt gleich hinter der Grenze im Elbsandsteingebirge und stiegen hundert Höhenmeter bei einem kleinen Spaziergang nach oben auf die Tisaer Wände. Bei warmen Sommerwetter schauten wir auf die Landschaft im Übergang von Sandstein zu Böhmischem Mittelgebirge; unter uns ein typisches Dorf des ehemaligen Sudentengebietes. In Decin nutzten einige die erste Chance zum Bevorraten mit Tschechischen Kronen für die kommenden Tage. Dann stiegen wir die „Lange Fahrt" hinauf zum Schloss, das hoch oben über der Mündung der Ploucnice in die Elbe steht. Die Lange Fahrt war eine gute Gelegenheit, um einige Phasen tausendjähriger böhmischer Geschichte zu erklären. Der große Innenhof des Schlosses, langzeitig in der Vergangenheit auch Kasernengelände, sieht nach seinem Umbau 2015 wieder prächtig aus und präsentiert in seiner Mitte eine Gemeine Buche mit ungewohnter Blattform. Bereits bestens begehbar sind die Terrassen, die einstmals wohl italienische Landschaftsgärtner anlegten.
Von Decin ging es zwischen Elbsandstein und Böhmischen Mittelgebirge, am Rande der Lausitzer Berge mit seinen böhmischen Glaszentren - deren Produkte wir auf manchem Schloss als Kristallleuchter wiederfinden sollten - vorbei nach Frydlant. Im 16. Jahrhundert wurde hier ein Renaissanceschloss erbaut, das für sein Sgrafitto bekannt ist. Oft als das Schloss Wallensteins tituliert, erfuhren wir bei der Schlossbesichtigung, dass es zwar zwölf Jahre in dessen Besitz aber nie von ihm bewohnt war. Nach Wallensteins Ermordung fiel das Schloss an einen Widersacher. Die prägenden Einflüsse des 19. Jahrhunderts kann man heute gut beschauen; so gilt das Schloss als ein gutes Beispiel der Verquickung von Renaissance und Neorenaissance. Mit unserem tschechischen Bus waren es dann noch zwei Stunden Fahrt über Liberec - Turnov - Jilemnice - Vrchlabe, bis wir unser Hotel Clarion am Berghang inSpindleruv Mlyn erreichten. Wir waren beim Abendessen zwar nicht die einzigen Gäste, aber es war alles angenehm organisiert..

24.06.2016 Burg Kost, Jicin, Böhmisches Paradies

Nach einer Fahrt über Vrchlabi und an Jicin vorbei erreichten wir den südwestlichen Rand des Böhmischen Paradieses. Hier befindet sich, in einem Gebirgstälchen abseits üblicher erhabener Burgen, die Burg Kost, eine der besterhaltensten spätgotischen Burgen Böhmens mit Ergänzungsbauten in der Renaissance. Bereits die Lage der Burg in der Felsenwelt mit Teichen voller Entengrütze ist romantisch. In der Renaissance wurden Wände des Burgpalastes mit einem „Briefumschlag-Sgraffito" verziert. Bei unserem Bummel durch Burgräume , die Küche und über einen Wehrgang zum markanten Weißen Turm erfuhren wir mehr über die jahrhundertealte Geschichte böhmischer Fürsten und ihrer Rückkehr auf die Schlösser nach 1991. Die Familie der Kinskys ist weit gefächert und reicht bis in unsere Reisegegenwart - Danke Herr Kinsky. Die Mittagspause verbrachten wir in der hübschen Innenstadt von Jicin. Wallenstein plante hier einst den Ausbau der Residenz des Herzogtums Frydlant. Am Nachmittag erreichten wir das Böhmische Paradies bei 30 Grad Hitze. Dennoch spazierten fast alle Gäste auf einem knapp zwei Kilometer langen Rundweg durch die Prachover Felsen: zunächst über Stufen ging es bald eine natürliche Treppe im engen Felsspalt nach oben. Der kleine Anstieg lohnte sich; von hier oben beeindruckende Blicke auf die Felsen des Böhmischen Paradieses bis hinüber zur Burg Trosky. Den Abstieg in einem Tälchen kühlten dessen noch fast feuchte Wände zu beiden Seiten des Weges. Andere Gäste entschieden sich für einige hundert Meter des Bummelns in der Felsenwelt bis sie im Kessel einer prächtigen Arena aus Sandsteinnadeln im Angesicht deren Höhe den Rückweg antraten und entschieden sich dann für Kaffee oder Bier im Grünen am Eingan des Areals. Auf zügiger Fahrt durch grünes Riesengebirgsvorland ging es dann zurück nach Spindleruv Mlyn.
Wer wollte, hatte gut Zeit im Ort zu bummeln und die zwei Kilometer - teilweise entlang der jungen Elbe - zum Hotel zu spazieren.

25.06.2016 Chulm, Königgrätz und Litomysl

Königgrätz ging mit der zu damaliger Zeit größten Schlacht in die Geschichte ein: am 3.Juli 1866 trafen auf den Hügeln westlich von Königgrätz vierhunderttausend Soldaten der Österreicher und verbündeten Sachsen auf die Preußen. Die Schlacht besiegelte die Vorherrschaft Preußens im deutschen Raum und war Vorbote der deutschen Reichseinigung unter preußischer Führung. Auf dem Hügel bei Chlum, wenige Kilometer vor Königrätz, erinnerten wir uns des schrecklichen Geschehens fast auf den Tag genau vor 150 Jahren. In Königgrätz, dem Königingrätz, stiegen wir hinauf zur Altstadt. Über den Kleinen Markt bummelten wir in den sonnig-heißen Gassen am Theater vorbei Richtung Bischöflichem Gymnasium und dann zum Weißen Turm und der Heilig-Geist-Kirche, der (neo)gotischen Dominante der Stadt. Beim Eintritt wurden wir überrascht vom Gesang einer Gruppe, die offenkundig für eine Hochzeit probte. Die Kirche basiert auf einer gotischen Gründung, die ältesten Inventarien, ein Flügelaltar und ein zinnerner Taufwasserbehälter stammen aus den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts. Zu individuellem Bummel verabschiedeten wir uns auf dem Großen Platz in Anblick von Weißem Turm, barocker Kapelle und Jesuiten-Kolleg und Bischofspalast. Mancher bummelte noch hinab zur Elbe, in deren Nähe zahlreiche markante Gebäude des „Salons der Republik" - vorrangig der Jugendstilarchitektur - zu sehen sind.
Von dieser österreichischen Schlachtenstadt verabschiedeten wir uns mit dem Radetzkymarsch und dem Kaiserwalzer.
Am zeitigen Nachmittag erreichten wir Litomysl, die Geburtsstadt Smetanas. Mit ausreichend Zeit bis zur Schlossbesichtigung bummelten wir zunächst durch den einstigen Klostergarten. Noch war auch Zeit zum Fotografieren der bekannten Sgraffito-Fassade des Schlosses. Für die hiesigen Smetana-Musikfestspiele waren im Innenhof des Schlosses eine Bühne und mehr als tausend Plätze errichtet - so konnte man den von den UNESCO-„geehrten" Sgraffiti im Innenhof nur vom obersten Schlossgang sehen. Beeindruckend aber das kleine Schlosstheater - eines der ältesten noch original erhaltenen spätbarocken Schlosstheater in Europa.
Am späten Nachmittag trafen wir in Brünn, der mährischen Hauptstadt, am Hotel Slavia mitten im Zentrum der Stadt ein und hatten Zeit zum Verschnaufen bei annähernd dreißig Grad.

26.06.2016 Kromeriz, Olomouc, Austerlitz

Nach einem heißen Sonnabend hatte es sich in der Nacht mit Regen ein wenig abgekühlt. Acht Uhr starteten wir nach Kromeriz. Am Blumengarten erfuhren wir, dass unser Besuch im Schloss hausintern nicht durchgestellt war. So retteten wir wenigstens eine Führung in englischer Sprache, die wir jedoch sofort antreten mussten. Die meisten Gäste verstanden das touristenaffine Erklärungs-Englisch im Schloss. Vieles erklärt sich auch von Selbst: eine tolle Bibliothek, mit Elfenbeinintarsien versehene Tische, die Garderobe des Erzbischofs und seine verschiedenen Räumlichkeiten. Von besonderer Bedeutung sind jener Saal, wo sich 1848/49 die österreichische Nationalversammlung traf und einige Erinnerungsstücke an einen Besuch des russischen Zaren Alexander III. Anschließend schlenderten wir durch einen Teil des als englischen Park angelegten Gartens am Schloss. Von hier führen wir die wenigen hundert Meter zum Blumengarten von Kromeriz, eine wohlgeordnete Parklandschaft im französischen Stil mit klassizistischen Kolonnaden. Neu eröffnet seit vergangenem Jahr sind nun auch das östliche Areal des Parks und die Orangerien. So gewinnt dieses phantastische Gartenbauensemble noch mehr an Wert. Kromeriz ist so UNESCO-Weltkulturerbe-Standort mit Schloss, Schlosspark und Blumengarten. Bereits am zeitigen Nachmittag erreichten wir Olmütz, die ehemalige mährische Metropole mit Erzbischofssitz. Für manchen ist es wohl die nach Prag schönste historische Altstadt Tschechiens. Vom Dom St. Wenzel bummelten wir vorbei an bischöflichen Gebäuden und Universitätsgebäuden bis in die Nähe des Unter- und Obermarktes mit Rathaus und Dreifaltigkeitssäule - wieder ein tschechisches UNESCO-Welterbe.
Auf der Rückfahrt nach Brünn verließen wir die Autobahn und fuhren zunächst zum Schloss Austerlitz mit seinem sehr geplegten Park, in dem einst auch Napoleon sein Lager aufgeschlagen hatte. Von hier eroberten wir mit dem Bus den Hügel bei Prace, an dem am 2. Dezember 1805 die Dreikaiserschlacht tobte.
Nach einem langen, eindrucksvollen Tag erreichten wir, doch weitestgehend vom Regen verschont, gar zeitig vor dem Abendessen unser Hotel Slavia mitten in Brünn.

27.06.2016 der Mährische Karst und Brünn

Nach dem Frühstück starteten wir mit dem Bus in Richtung Mährischer Karst. Eigenlich wollten wir - angemeldet - die große Punkva-Höhle besichtigen. Aber irgendwie war der Wurm drin. Wir bastelten eine Alternative: zunächst besichtigten wir die Katharinen-Höhle, deren renommiertes Figur eine Hexe ist. Neben Tropfsteinen ist diese Höhle vor allem durch die größten inneren Felsendome bekannt - tolle Akustik!
Mit einem Elektrozug fuhren wir dann durch das Punkvatal im Mährischen Karst bis zum Höhleneingang der Punkva-Höhle. Da uns dieser Eintritt heute verwehrt war, stiegen wir in eine Kabinenseilbahn und begaben unds in die Höhe zur Machova-Berghütte. Von einem kleinen Spazierweg blickten wir dann tief in den Schlund der Punkva-Höhle zur Stiefmutterhöhle. Ein Borovicka- ein Wacholder - lockerte dann noch ein wenig den Geist für unsere Rückfahrt nach Brünn. Ein Stopp an der UNESCO-gekrönten Villa Tugendhat brachte an einem Montag nicht viel - Museumsschließtag heißt Straßenansicht. Nach individueller Mittagspause starteten wir zu Stadtrundfahrt und Stadtspaziergang in Brno. Nur wenige Minuten sind es eigentlich zu Fuß vom innerstädtischen Hotel Slavia auf die Burg Spilberk, dennoch entschlossen wir uns mit unserer örtlichen Reiseleiterin Tanja auf die Burg hinauf zu fahren. Zuvor machten wir jedoch noch eine recht ausgedehnte Stadtrundfahrt und bezogen sogar die Satellitenstädte im Süden in diese Tour mit ein. Von der einstigen Festungsanlage Spilberg, langzeitig auch als Gefängnis genutzt, hat man einen guten Blick auf die Stadt mit Augustinerkloster, wo Gregor Mendel forschte, Messegelände und Altstadt. Von Spilberg bummelten wir dann zu St. Peter & Paul, dem gotischen Dom der Stadt und weiter hinab zum Rathaus und Freiheitsplatz. Ab hier hatte jeder noch reichlich Zeit für ein individuelles Erkunden von Brünn.
Der Bus brachte uns zum Abendessen in die Gaststätte der Brauerei Starobrno. Bei Bier und etwas mediterran angehauchtem Essen erlebten wir den 2:0 Sieg der Italiener gegen die Spanier bei der Fußball-EM.

28.06.2016 Trebic, Telc

Wieder schönes Sommerwetter begleitete uns auf unserer Tour nach Trebic und Telc, um zwei UNESCO-Welterbestandorte kennen zu lernen. In Trebic war die alte Brücke unter der Bazilika am Rande des Jüdischen Viertels abgerissen, so dass wir südlich parkten und unseren Weg im jüdischen Viertel begannen. Durch enge Gassen zwischen irgendwann einmal rekonstruierten Häusern, die mittlerweile teilweise ihre Farbe wieder verlieren, stiegen wir auf zum jüdischen Friedhof, einem der größten in der Tschechischen Republik. Von dort ging es zum Schloss mit seiner spätromanisch-frühgotischen Bazilika St. Prokop. Diese Baziliga von Trebic ist wahrscheinlich die älteste Kirche auf unserem Reiseweg. Wir hatten Glück und erreichten sogar eine der wenigen Besichtigungszeiten, so dass wir den Innenausbau und die romanische Krypta besichtigen konnten.
Zur Mittagsstunde ging es weiter nach Telc. Wenige hundert Meter vom Parkplatz entfernt erreichten wir den wohl bedeutendsten Marktplatz Tschechiens, der ob seines Bestandes an wohl siebzig Gebäuden der Spätrenaissance im Übergang zum Barock Welt(erbe)bedeutung hat. Alle Gäste hatten ausreichend Zeit zum individuellen Bummeln und zur Mittagspause. Die Schlossbesichtigung am Nachmittag offerierte uns Schlossräume der Renaissance, oft noch im Originalzustand, mit eindrucksvollen Kassettendecken. Kein Wunder, dass in diesen Räumen mancher Film, insbesondere auch Märchenfilm, entstand.
Den Rückweg nach Brünn unternahmen an Jihlava vorbei fahrend über die Autobahn und erreichten nach ein und einer halben Stunde Busfahrt unser Hotel.

29.06.2016 Cesky Sternberk, Sazavatal, Brauerei Bernard in Humpolec

Der spätere Operndirektor der Wiener Oper und Komponist G. Mahler stammt aus dem kleinen mährischen Dorf Kaliste bei Humpolec. Ihm gedachten wir mit dem 4. Satz aus seiner 9. Sinfonie als wir wenige Kilometer vom Dorf entfernt Richtung Sazavatal fuhren. Weiter ging es in zügiger Autobahnfahrt und über ein kurzes Stück Landstraße nach Cesky Sternberk. Nach leichtem Aufstieg erreichten wir rechtzeitig die auf einem Felsen, hoch über der Sazava gebaute Burg der Sternberks. Es gelang uns die Führung ein wenig vorzuziehen Der heute - wie schon im vergangenen Jahr ???? - zweiundneunzigjähige Besitzer der Burg wohnt im ersten Stockwerk - zeigte sich uns aber nicht. Bei der Burgbesichtigung wurden wir nochmals an manches Geschichtsereignis erinnert, das wir auf unserer Reise bereits tangierten. Mit dem Regelzug, aus zwei Triebwagen bestehend, fuhren wir durch das üppig grüne Sazavatal nach Kacov. Nach zwanzig Minuten war das Vergnügen leider schon beendet und der Bus erwartete uns am Ausstieg neben der Sazava. Von hier ging es dann in zügiger Fahrt auf Landstraßen - die Autobahn war wohl wieder verstopft - über Zruc nach Humpolec zur Brauerei Bernard. Bei dieser Familienbrauerei handelt es sich mittlerweile um die sechstgrößte Brauerei Tschechiens; hat aber dennoch nur 2 % Marktanteil, weil der Gigant in Pilsen mit seinen Tochterunternehmen vierzig Prozent Marktanteil hat. Das was wir an Produktionsanlagen sahen und an Bier kosteten war wohlfein. Zwei neue Industrieroboter von KUKA zur finalen Bearbeitung der 50 - Liter-Fässer waren die neueste technische Errungenschaft der Brauerei. Anschließend es bei schönstem Spätnachmittagslicht durch Felder Richtung der Hussitenstadt Tabor. Im Anblick vom Berg Blanik und in Erwartung unseres Einzuges in Tabor lauschten wir Smetanas 5. Und 6. Satz aus dem Zyklus Mein Vaterland. Das Hotel Dvorak in Tabor bot nach dem Abendessen beste Möglichkeiten zum stadtnahen Bummel.

30.07.2016 Hluboka, Cesky Krumlov

Zwei touristenintensive Orte standen heute auf dem Programm: Hluboka und Cesky Krumlov.
Zum Start am Hotel Dvorak in Tabor legten wir aber zunächst Dvoraks Slawischen Tänze auf.
Schon gegen neun Uhr erreichten wir das im Tudorstil errichtete weiße Schloss Hluboka, inmitten einer schönen, englischen Parklandschaft. Einst den Schwarzenbergs gehörend, verfügt es wohl über die schönsten holzgetäfelten Wände eines Schlosses unserer Reise mit oft immensen Schnitzereien. Nach dem Abstieg vom Schloss auf leichter Höhe über der Moldau fuhren wir nach Cesky Krumlov. Aus Erfahrung wussten wir, dass wir über eine scheinbar gesperrte Straße gut einen altstadtnahen Parkplatz an der Brauerei Eggenberg erreichen können, um schnellen Fusses die Altstadt erreichen zu können. So war nach einem kleinen gemeinsamen Orientierungsspaziergang ausreichend Zeit für individuelles Erkunden. Cesky Krumlov und sein Schloss gehörte einst dem Geschlecht der Rozenbergs, später den Eggenbergs, dann den Schwarzenbergs - dies alles erfuhren wir unserer Visite im Schloss... und bei letztem Namen sind wir wieder ganz in der Gegenwart, war doch der jetzige Schwarzenberg auch Außenminister, Präsidentschaftskandidat 2013 und Parteigründer der PRO 09, einer alternativen, liberal-konservativen Partei im Nachbarland. In zügiger Fahrt ging es am späten Nachmittag entlang der Moldau, durch Budweis mit seiner Brauerei zurück nach Tabor.

01.07.2016 Pilsen, Eger, Karlsbad

Nach Schlösser- und Burgentagen wollten wir uns heute einige Orte mit Geschichte im Westen Tschechiens anschauen. Bei der Fahrt nach Pilsen mit Durchfahrt des Ortes Nepomuk, noch ein geschichtlicher Rückblick auf die Bedeutung des Heiligen Nepomuk für die Tschechen. Auf Grund seiner industriellen Geschichte gilt Pilsen oft eher als graue Stadt. Indes hat Pilsen - insbesondere als Kulturhauptstadt Europas 2015 - an touristischer Qualität gewonnen und rund um den Markt einige ansehnliche Gebäude herausgeputzt. Bedeutsam vor allem St. Bartholomäus, der höchste Kirchturm Tschechiens, Bürgerhäuser in den Straßen rund um den Markt und die Synagoge, eine der mächtigsten in Europa. Mittagspause dann in Eger, dem heutigen Cheb. Auch diese Stadt, bekannt eher als Stadt der Vertriebenen, der tschechischen Sinti und Roma, von Vietnamesen und Prostituierten, hat an Charme gewonnen: der Markt, die Gassen im Umfeld und die Parkanlage an der ehemaligen Kaiserpfalz, wo Kaiser Barbarossa die Goldene Bulle von Eger verfasste. Zeit nochmals an Wallenstein zu erinnern, der hier 1634 ermordet wurde. Nachmittagsstopp dann in Karlsbad mit einem Bummel vom Niedern Bahnhof über den Necherplatz, den Masarykplatz, entlang der Tepla zu den Kolonnaden, an deren Quellen sich auch Atatürk, Goethe und Marx labten. Heute ist Karlsbad wohl die russischste Stadt in Mitteleuropa...auch wenn es scheinbar nicht mehr so boomt wie noch in den Vorjahren - und manches einst russische Hotel steht gar zum Verkauf.
Wir weilten am erstenn Tag der Karlsbader Filmfestspiele in der Stadt - viel Trubel, rote Teppiche, 7er BMW als VIP-Transfer, aber kein Sternchen zu sehen.
Den Abend verbrachten wir im Park-Hotel in Sokolov. Aus einem einst schmutzigen Ort im böhmischen Kohlebecken wird langsam ein rekultiviertes Zentrum mit Seen, grüner Landschaft und besserer Luft.

02.07.2016 Loket, Prag

Am Morgen hatten wir noch ein wenig Zeit, um uns die kleine Ortschaft Loket (Ellbogen) an der Eger - nur zwanzig Minuten vom Hotel in Sokolov entfernt - anzuschauen.
Nach zwei Stunden Fahrt hatten wir gegen Mittag den Stadtrand von Prag erreicht. Die Karlsbader Straße von Prag führt direkt über den Weißen Berg, 1620 Austragungsort einer bedeutenden Schlacht des Dreißigjährigen Krieges. Mit unserem Minibus und tschechischem Fahrer war dann sogar eine kleine Stadtrundfahrt durch Prag möglich: Hradschinberg, Mala Strana, Moldauufer und dann Einflug auf der dreispurigen Einbahnstraße zum Hotel. Nach typisch Prager-Hotelanfahrt (rund um das Caree und Stopp im fließenden Verkehr) standen wir an der Rezeption des repräsentativen Boutique-Hotels Seven Days in Prag 2, oder Nove Mesto, nur vierhundert Meter vom Wenzelsplatz entfernt. Insider nutzten den Nachmittag dann zum individuellen Erkunden der Stadt entsprechend ihrer spezifischen Interessen; all jene, die vor langer Zeit einmal in Prag waren, nutzten eine gemeinsame Orientierungstour entlang Wenzelsplatz zum Altstädter Rathaus durch Stare Mesto zur Karlsbrücke mit Blick auf den Hradschin, um einen Ausgangspunkt für individuelles Erkunden zu bestimmen. Bei durchwachsenen Sommerwetter - warm aber manchmal ein Regensprenkeln - waren wir ein gänzlich unbedeutender Bestandteil der Touristenmassen in dieser europäischen Hauptstadt ersten Ranges. Am Abend saßen wohl doch die meisten vor dem Fernseher: Fußball EM Deutschland gegen Italien - ein Viertelfinalspiel.

03.07.2016 Kolin, Kuttenberg

Nach einem langen EM-Spiel mit spannendem Elfmeterkrimi war am Sonntag Zeit zum Ausschlafen. Trotzdem waren die meisten Gäste kurz nach siegen Uhr bereits beim Frühstück. Sonnenschein begleitete uns bei der Ausfahrt aus Prag: an Vysegrad vorbei, der ersten Prager Burg. Nach einer Stunde hatten wir Kolin, Köln an der Elbe, erreicht. Das eher unbekannte Städtchen war im 13. Jahrhundert eine von über vierzig Königsstädten und erlebte 1757 die Schlacht des Großen Fritzen gegen die Österreicher, eine der ersten Schlachten im 7-jährigen Krieg. In Kolin unternahmen wir eine kleine Runde über den Markt mit einem prächtigen Rathaus und durch das ehemalige jüdische Viertel mit einer Synagoge.
Dann schloss man uns St. Bartholomäus auf, eine gotische Kirche, die stark vom Stararchitekten seiner Zeit Petr Parler geprägt wurde. Zur Mittagszeit trafen wir in Kuttenberg ein und erkundeten das Örtchen an der Kathedrale St. Barbara - auch von Jan und Petr Parler - beginnend. Die Netzkonstruktion des riesigen Kirchenschiffs ist beeindruckend. Das riesige Jesuitenkolleg auf dem Weinberg ist frisch rekonstruiert und strahlte uns beim Weg über die Terrasse - als Weg vom Kolleg zur Kirche einst entstanden - entgegen. Aufgeräumte Gässchen mit zahlreichen Kneipen machten den Bummel und eine Rast im Örtchen Kutna Hora sehr angenehm. Wunderhübsch auch der Welsche Hof, die einstige Münze, und die rekonstruierte Kirche St. Jakobus.
Den Weg zum Abendessen im U Medvidku in der Prager Altstadt erleichterten wir uns mit dem Kleinbus. Der Nachhauseweg führte uns gemeinsam zu Fuß über den Karlsplatz am Neustädter Rathaus vorbei zum Hotel.

04.07.2016 Karlstejn, Melnik, Heimfahrt

Bereits am zeitigen Vormittag hatten wir den Besichtigungstermin auf der Burg des böhmischen Königs Karl IV., der später auch Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde. Der zentrale Parkplatz für die den Tschechen und internationalen Touristen so bedeutsame Burg liegt etwa zwei Kilometer vom Burgeingang entfernt und es geht aufwärts. Als kleine Überraschung zum Abschluss der Reise ließen wir uns von Minibussen nach oben bringen. Die einstündige Führung durch die Burg versetzte uns zurück in das 14. Jahrhundert, auch wenn manches erst beim neogotischen UmbauEnde des 19. Jahrhunderts erneuert wurde und die Königskrone recht einfaches Imitat -vergoldetes Silber mit Buntglas - ist. Beim Abweg hinunter durch das Dorf gelangen noch einige schöne Fotos von der Burganlage hoch oben in den bewaldeten Hügeln.
Einen allerletzten Blick auf eine typische Ansicht in den meisten Tschechien-Reiseführern - die Vereinigung von Elbe und Moldau bei Melnik - hatten wir uns für Mittag vorgenommen. Die kilometermäßig nicht so lange aber durch Prag führende Strecke kann mittlerweile mit Hilfe eines Tunnelsystems zwischen Smichov und Troja etwas verkürzt werden. So blieb uns eine Stunde für den schnellen Gang zum Markt, dem Schloss der Lobkowitzer und dem bekannten Blick vom Weinberg auf Moldaukanal, die Moldau und ganz von links kommend, der hier recht schmalen Elbe.
Die Rückfahrt über eine landschaftlich schönen Fahrstrecke an der Elbe entlang durch die Böhmische Pforte zwischen Lovosice / Litomerice und Usti - mit Blick auf den Schreckenstein. Bei der böhmisch - deutschen Kammüberquerung hielten wir Rückblick auf eine zwölftägige Reise durch Böhmen und Mähren - Rückblick auf tausendjährige Geschichte an Elbe und Moldau im Vaterland von Huss und Smetana.Im Jahre 2017 bietet Eberhardt Travel wesentliche Inhalte dieser Reise modular an. Wer es wünscht kann einen längeren Aufenthalt in Prag vorschalten und dann Mähren und Südböhmen kennenlernen (CZ-RUNDL, CZ-RUNDK). Freunde Nordböhmens verführen wir mit der Kurzreise CZ-NBRIE.Als Reiseleiter auf diesen Reisen freue ich mich auf Sie.

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Kommentare zum Reisebericht

Lieber Herr Rieger,
vielen Dank für die wertschätzenden Worte zur Reise und die Anregungen. Auf Letztes möchte ich mich, auch im Interesse von Lesern dieses Blogs, gern beziehen.
Wie Sie erfahren haben, stellt die Durchführung dieser Reise unter der Mininalteilnehmerzahl eine Ausnahme dar. Bei Interesse für sehr kleine Reisegruppen möchte ich Sie auf unsere "petite"-Reisen aufmerksam machen. Ich weiß, einige Reiseveranstalter machen eine Gästevorstellung. Auch aus meiner anderen Berufserfahrung habe ich dazu jedoch die Auffassung, dass sich aneinander interessierte Gäste während der Reise individuell gut miteinander bekanntmachen können. Eine "Zwangsvorstellrunde" wird doch öfters als Eingriff in die Intimsphäre gesehen und bei mittelgrpßen Reisegruppen merkt man sich ohnehin zunächst nur wenige Namen.
Im kommenden Jahr werden wir die bisher zwölftägige Reise CZ-RUNDE kompakter anbieten (CZ-RUNDK) bzw. modular mit einem Praganteil vorschalten. Ergänzend bieten wir eine Nordböhmentour (CZ-NBRIE) an. So werden wir auch Fahrtkilometer reduzieren können.
Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen Dr. Jürgen Schmeißer

Dr. Jürgen Schmeißer
24.07.2016

Reise als sehr positiv und interessant empfunden. Kleine Reisegruppe und kleiner Bus Bus von Vorteil.
Zu Beginn der Reise eine Gästevorstellung vermißt.
Als Anregung wäre vielleicht eine andere Reiserouten Aufteilung zwischen Brünn und Tabor zur Verringerung der Fahrkilometer zu überlegen. Wobei die Überlegung mehrere Nächte in einem Hotel sicher Vorteile hat.
Mit freundlichen Grüßen Klaus Rieger

Rieger
24.07.2016