Zwischen Orient, Okzident, Bosporus, MarmaraMeer und Golden Horn – unterwegs in Istanbul
Reisebericht: 02.10. – 06.10.2025
Wir erkunden die 16 Millionen - Stadt auf zwei Kontinenten zu Fuß, mit dem Bus, der Tünel-Standseilbahn, der Straßenbahn und auf dem Schiff.
Ein Reisebericht von
Heike Jack
Do, 2. Oktober 2025 Anreise, Abendspaziergang und Abendessen
In Leipzig trifft fast die ganze Gruppe mit Reisebegleitung Heike zusammen, um das Abenteuer Istanbul gemeinsam zu erleben. Dort angekommen „wandern“ wir über den riesigen Flughafen, bis wir am Ausgang 14 unseren örtlichen Gästeführer Hüseyin treffen. Eigentlich erwarten wir noch einen weiteren Gast aus Frankfurt, dessen Flug sich aber verspätet. So spüren wir in der Tiefgarage schon einmal echtes türkisches Leben und hören den soeben von Heike erfundenen „türkischen Walzer“ als lautes Hupkonzert. Über die Autobahnen geht es dann in die Stadt hinein bis vor unser Antik Hotel, wo wir auch den Gast treffen, der unsere Singlegruppe vervollständigt. Wir beziehen unsere Zimmer und nach kurzer Erfrischung nimmt uns Hüseyin mit auf einen ersten abendlichen Orientierungsspaziergang. Bei unserem Willkommens-Abendessen im Restaurant Mato Et im Stadtteil Fatih verkosten wir jede Menge lokale Spezialitäten. Der Tisch biegt sich unter den Vorspeisen, Salaten, Reis im Teigmantel, Lammfleisch usw. Leider müssen wir etwas übrig lassen – hoffentlich gibt’s morgen kein schlechtes Wetter. Alkohol wird hier nicht ausgeschenkt. Zurück im Hotel probieren deshalb einige gleich noch die Bar aus, die es im Dachgeschoss mit Blick bis zum Marmara Meer gibt.
Fr, 03. Oktober 2025 Fahrt zur asiatischen Seite – Camlica Hügel und Moschee – Stadtviertel Üsküdar – Mädchentum – Kaffeesatz lesen
Der Bus holt uns am Morgen in der Nähe des Hotels ab und wir fahren durch die Stadt, die wie Rom auf sieben Hügeln erbaut wurde. Das Besondere hier ist die Verbindung von zwei Kontinenten durch eine gigantische Hängebrücke, die uns direkt von Europa nach Asien führt. Auf dem Camlica Hügel wurde erst in den letzten Jahren eine riesige Moschee erbaut. In einer Bauzeit von nur sechs Jahren entstand die heute größte Moschee des Landes mit sechs Minaretten, die auch ein Museum, eine Kunstgalerie, eine Bibliothek, einen Konferenzsaal und eine Tiefgarage umfasst. Es hatte zu regnen begonnen (Also doch besser aufessen!), aber als wir vom Hügel die Aussicht zum Bosporus genießen möchten, wagt sich der blaue Himmel doch noch durch. Nun fahren wir in das lebhafte Stadtviertel Üsküdar, wo wir das Markttreiben beobachten und eine kurze Teepause machen. Auch auf der anschließenden Bootsfahrt zum „Mädchenturm“, der eigentlich eine Prinzessin vor dem Tod schützen sollte, ist das Wetter gemischt. Im Bus geht es mit der Autofähre zurück auf die europäische Seite und weiter zum bekannten Taksim Platz mit dem Denkmal der Republik. Von hier aus laufen wir die wichtigste Fußgängerzone der Stadt entlang und begegnen den historischen Straßenbahnen. Die Straße İstiklâl Caddesi wird von Gebäuden aus dem 19. Jh. mit internationalen Ketten, einer Kirche, Kinos, Restaurants und Cafés gesäumt. Menschenmassen bevölkern auch das dichte Netz aus Seitenstraßen mit Bars, wo wir unser nächstes Ziel finden. Im Café Damlalar erwartet uns eine Wahrsagerin. Wir bekommen eine Tasse schwarzen, türkischen Mokka, aus deren Kaffeesatz uns nun einzeln die Zukunft vorhergesagt wird. Es ist schon erstaunlich, was die Fachfrau aus dem jeweiligen Kaffeesatz herauslesen kann und wir sind gespannt, was sich davon bewahrheitet. Ein neuer Lebenspartner oder neue berufliche Herausforderungen? Wir werden sehen…
In der Nähe befindet sich auch das Restaurant Ficcin mit anatolischer Küche, wo wir unser Abendessen á la Carte einnehmen. Den Rückweg zum Hotel bewältigen wir im Regen mit der Tünel-Standseilbahn und der Straßenbahn.
Sa, 04. Oktober 2025 – Großer Basar – Topkapi–Palast – Hagia Sophia – Blaue Moschee – Tanzende Derwische
Unweit unseres Hotels befindet sich der große, gedeckte Basar, von dem wir einen ersten Eindruck bekommen, als wir die Goldstraße durchqueren. Die langen Schlangen an den berühmten Moscheen lassen wir zunächst links liegen und begeben uns in den Topkapi Palast, der seit dem 15. Jh. Wohn- und Regierungssitz der Sultane sowie das Verwaltungszentrum des Osmanischen Reiches war. Gleich zu Beginn besichtigen wir die Räumlichkeiten des Harems. Es war der „Verbotene Ort“ (aus dem Arabischen haram = verboten, tabu). Wir sehen die üppig dekorierten Privatgemächer des Sultans und seiner bis zu 2.000 Haremsdamen, die hier unter Leitung der Sultansmutter lebten. In einem abgetrennten Bereich des Harems befand sich auch das sogenannte „Prinzengefängnis“, der goldene Käfig. Hüseyin führt uns gewandt über das große Anwesen, das eher einer eigenen Stadt gleicht als nur einem Palast. Dann bleibt Zeit für eigene Erkundungen, z.B. in der Schatzkammer, oder eine Kaffeepause. Ein heftiger, aber kurzer Regenschauer ergießt sich währenddessen über uns.
Doch als wir dann zur Moschee Hagia Sophia zurückkehren, hat sich die Schlange davor sehr verkürzt. Die Damen ziehen ihre Kopftücher über und so können wir eines der berühmtesten Bauwerke der Stadt besichtigen, leider nur noch von der oberen Galerie aus. Die Kuppelbasilika wird seit 2020 wieder als Moschee genutzt.
Anschließend reihen wir uns in die Schlange vor der Blauen Moschee ein, doch mit einem „Trick“ von Hüseyin gelingt es uns, etwas schneller ins Innere zu kommen. Auftraggeber Sultan Ahmet – nach ihm heißt die Moschee Sultanahmet Camii – ließ die Wände mit über 21.000 Fliesen aus den Manufakturen von İznik verkleiden. Im Sonnenlicht, das durch 260 Fenster einfällt, schimmern sie grünlich und bläulich, verziert mit Blumenmotiven, darunter Rosen, Tulpen und Nelken. Auch die Bemalung im oberen Teil des Innenraums enthält viele Blautöne. Nun wissen wir, wo der Beiname „Blaue Moschee“ herkommt.
Durch die belebte Innenstadt laufen wir zu unserem nächsten Ziel. Es bleibt noch Zeit für eine kurze Pause, bevor wir in einem ehemaligen Hamam eine sehr besondere traditionelle, spirituelle Darbietung erleben. Der Tanz der Derwische ist eine Form des Sufismus, die eine mystische Suche nach Gott und Erleuchtung symbolisiert. Die Derwische tragen hohe, kegelförmige Hüte, die Grabsteine symbolisieren, und weiße Gewänder, die Leichentücher darstellen. Der Wirbeltanz ist eine Form der Meditation und des Gebets. Die Derwische wirbeln im Uhrzeigersinn und halten ihre Arme geöffnet, um die kosmische Reise der Seele zur Erleuchtung und Einheit mit dem Göttlichen darzustellen. Die Zeremonie wird von traditioneller Musik, Gesängen und Poesie begleitet, um eine meditative Atmosphäre zu schaffen und die spirituelle Reise zu untermalen.
Auch für uns Nichtgläubige ist es eine Erfahrung, die uns beseelt diesen Ort verlassen lässt. Wir fahren zwei Stationen mit der Straßenbahn, um das Restaurant für unser Abendessen zu erreichen. Das Rooftop-Restaurant Utopia bietet uns einen großartigen Blick auf die Stadt und die Gebäude, die wir an diesem Tag besucht haben. Eigentlich ist es auch nicht weit von unserem Hotel entfernt und die meisten entschließen sich, zu Fuß zu gehen. Nur eine Minute später öffnet sich der dunkle Himmel abermals, um uns mit Regen zu überschütten. Danach haben wir uns einen Raki in der Hotelbar aber wirklich verdient.
So, 05. Oktober 2025 Besuch des Chora Kloster Museums – Teppichmanufaktur – Gewürz Basar – Bootsfahrt auf dem Bosporus
Die Chora-Kirche ist ein altes Gebäude im Stadtteil Fatih, umgeben von bunten Holzhäusern. Einst war sie eine byzantinische Kirche, dann eine osmanische Moschee, bis 2020 Museum, heute sowohl ein Ort für uns Besucher als auch für die Gläubigen. Wie eine Zeitmaschine nimmt uns die Chora-Kirche mit auf eine Reise in die Kunst und Geschichte vergangener Zeiten. Wer würde denken, dass die berühmten Mosaike in der Kirche eine Fläche von 742 Quadratmetern bedecken? Das entspricht etwa der Größe von 1,5 Basketballfeldern!
Zur türkischen Kultur gehört auch, dass sie uns Ihre Bräuche und Produkte näherbringen wollen und so sind wir bei der bekannten Teppich-Knüpfer-Familie Nakkas eingeladen. Bei einem Glas Tee werden uns Teppiche präsentiert. Kleine und große, alte und neue. Traditionelle Muster ebenso wie moderne Designs. Wir schauen zu, wie die geschickten Finger der Knüpferin die Muster aus Seide und Wolle entstehen lassen. Und ja, zwei von uns sind spontan so begeistert, dass sie je einen wunderschönen Teppich mit Lieferung frei Haus erwerben.
Nach einem kurzen Blick in die unterirdische Zisterne geht es weiter zum nahegelegenen Hippodrom. Auf diesem großen Platz erahnen wir die historische, prunkvolle Pferderennbahn. Da der heutige Sultan-Ahmet-Platz heute etwa zwei Meter höher als die antike Pferderennbahn liegt, ragen die historischen Überreste wie Schlangensäule und Obelisken aus Vertiefungen hervor. Der Pavillon mit der grünen Kuppel am Ende des Platzes, der “Deutsche Brunnen“ war ein Geschenk für Sultan Abdülhamid II. und wurde im Jahre 1900 im Andenken an den Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. im Jahre 1898 errichtet. Inzwischen hat sich der Platz gefüllt mit Demonstranten, die angesichts der bevorstehenden Friedensgespräche für ein freies Palästina demonstrieren möchten, Die Türkei unterstützt dieses Anliegen. Weil die Stadt deshalb sehr voll ist, geraten wir in einen Stau nach dem anderen und verlassen am Wasser den Bus. Auch hier wird für die Demonstrationen alles vorbereitet. Nach einer kurzen Mittagspause schlängeln wir uns zu Fuß weiter Richtung Gewürzmarkt. Ein Fest für die Sinne! Wenn es schon Geruchsfotos gäbe, würden wir von hier alle Düfte des Orients mit nach Hause nehmen. So beschränken wir uns auf einige wenige Tee- oder Gewürzsorten.
Der Weg zum Boot hat es wieder in sich, aber wir erreichen es pünktlich zur Abfahrt über den Bosporus. Nochmal erleben wir den Übergang vom Okzident zum Orient und wieder zurück. Die Abendsonne spiegelt sich im Wasser. Die Kuppeln und Minarette der Moscheen ragen überall zwischen Holzhäusern, Villen und Wolkenkratzern hervor. Die gigantische Bebauung der 5.343 km² großen Stadt in ihrer Ausdehnung wird sichtbar.
Beim Spaziergang über die Galata Brücke werfen wir noch einen Blick zurück auf das Goldene Horn, den Bosporus und die abendlich erstrahlte Silhouette der Stadt. Das Abschluss-Abendessen nehmen wir im schönen Restaurant Bi Balik im Stadtteil Karakoy ein. Die Spezialität hier ist frischer Fisch. Die Straßenbahn bringt uns anschließend zurück ins Hotel, wo wir unseren letzten gemeinsamen Abend an der Hotelbar ausklingen lassen.
Mo, 06. Oktober 2025 Freizeit am Vormittag und Rückflug nach Deutschland
Den Vormittag verbringen wir individuell, sei es für letzte Souvenirkäufe im großen Basar oder mit der Erkundung des Viertels rund um unser Hotel. Hier dominieren diverse Bekleidungsgeschäfte, vor allem mit Hochzeitskleidern in allen Formen, Farben und Facetten.
Pünktlich steht der Transferbus vor der Tür. Viel zu schnell gingen die intensiven Tage hier zu Ende. Problemlos geht die Fahrt zum ca. 50 km entfernten Flughafen, aber hier der Schreck: ein Koffer fehlt! Wie kann das sein? Wahrscheinlich ist der Koffer eines unserer Gäste bei einer anderen Gruppe gelandet, die zeitgleich mit uns abgereist ist. Einige aufregende Minuten und mehrere Telefonate später checkt das Hotel seine Sicherheitskameras. Der Koffer wird gefunden, nachgeschickt und erreicht noch rechtzeitig seinen Besitzer. Große Erleichterung. Nun können wir beruhigt und vollständig die Heimreise antreten. Was haben wir gelernt? Immer darauf achten, dass der eigene Koffer auch im richtigen Fahrzeug landet
Sogar überpünktlich landen wir in Leipzig, wo alle in verschiedene Richtungen davonspringen. Auch die Koffer sind gelandet und es geht heimwärts. Im Gepäck die schönen, bunten und vielfältigen Bilder und Erinnerungen an die Metropole Istanbul.
Fazit: Auf unserer Reise in den "Schmelztiegel der Kulturen“ haben wir 8.500 Jahre osmanische Geschichte erfahren, majestätische Gotteshäuser auf zwei Kontinenten besucht, den Kontrast der entspannten Bosporus-Bootsfahrt zum pulsierenden Straßenleben erlebt, türkische Küche probiert und uns von der modernen und historischen Kultur der Stadt verzaubern lassen. Mehr ging nicht in diesen wenigen, aber intensiven Tagen. Dankeschön an Euch, diese interessierte und harmonische Singlegruppe. Bleibt gesund und kommt wieder einmal mit, wenn es heißt: „eberhardt - Richtig reisen. In die ganze Welt“. Eure Reisebegleiterin Heike