Reisebericht: Asien–Rundreise Vietnam und Kambodscha – Schätze Südostasiens

29.10. – 17.11.2017, 20 Tage Rundreise Südostasien: Hanoi – Ha Long–Bucht – Mai Chau – Hue – Wolkenpas – Hoi An – Saigon / Ho–Chi–Minh–Stadt – Mekong Delta – Phnom Penh – Siem Reap – Angkor Wat – Tonle Sap–See


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So abenteuerlich und so hautnah erlebt es nicht jeder Tourist
Ein Reisebericht von
Ngoc Anh Nguyen

1./2.Tag: Anreise mit Hindernissen

Nun ist es so weit, unser Asientraum beginnt. Die Vorfreude war groß und ja, etwas aufgeregt waren wir wohl alle. Vor allem, weil am Abend zu vor starke Windstürme über Deutschland ziehen. Der Nervenkitzel setzt sich am Abflugtag fort. Reisegäste aus Berlin, Hamburg und Leipzig erreichen trotz drastischer Flugverspätungen die Anschlussmaschine nach Hanoi - zum Glück! Die Dresdner allerdings müssen noch ein Weilchen auf den Reisestart warten, denn es scheint, als seien alle Flüge mit jeglicher Airline nach Bangkok und Hanoi ausgebucht. Um die Wartezeit angenehmer zu gestalten schlürfen wir derweil einen Kaffee und gönnen uns ein Stück Kuchen, Süßes macht ja bekanntlich glücklich.
In der Zwischenzeit landet der erste Teil der Eberhardt-Reisefamilie und unternimmt mit Reiseleiter Tuan einen Spaziergang durch die Altstadt Hanois, um die ersten Eindrücke der vietnamesischen Hauptstadt aufzunehmen. Dabei geht ein Staunen und Rumoren um. Denn der Verkehr in Vietnam ist chaotisch, laut, bunt und doch funktioniert und fließt alles.
Zurück zum Sturm in Deutschland: Endlich kommt Anh mit dem neuen Flugplan. Es ist nicht einfach, eine Gruppe kurzfristig umzuleiten und so müssen wir unsere Gruppe schweren Herzens aufteilen. Zwei Gäste fliegen ab Dresden über München und Istanbul nach Hanoi. Für die restlichen Gäste organisiert Eberhardt TRAVEL spendablerweise einen Transfer nach Leipzig, um von dort über Istanbul nach Hanoi zu reisen. Also, wir verabreden uns in Istanbul. Naja, wenn wir überhaupt da ankommen. Denn auch in Istanbul herrschen schlechte Wetterverhältnisse, sodass unser Flugzeug nicht landen kann. Nach langem Warten entscheidet sich der Kapitän für eine Zwischenlandung an einem dunklen Militärflughafen bei Tekirdag. Alles wirkt noch gruseliger, weil die Crew den genauen Ort nicht bekannt gibt und es keinerlei Hinweise gibt, wie es für alle weitergeht. So heißt es warten und abwarten. Dann nehmen wir einen zweiten Versuch, den Flughafen von Istanbul anzufliegen, warten in der Luft brav ab, bis sich eine Gelegenheit ergibt und landen sicher in der Türkei, um unseren Anschluss nach Hanoi zu nehmen. Innerhalb von 15 Minuten werden wir von einem Gate zum anderen gelotst. So schnell haben wir noch nie eine Flugmaschine gewechselt. Wie es das Schicksal so will, sollen Antje und Wolfgang nicht mit dem zweiten Teil der Gruppe über Istanbul fliegen, sondern erst über Hongkong und Danang, bevor sie als letzte in der Nacht Hanoi erreichen. Haleluja, wir haben es geschafft und juhu, hier verlängern wir unseren Sommer!

3. Tag: Charmantes Hanoi

Da sind wir nun im Land der Kegelhüte und der Mopeds. Ein Land, das wir in unserer Fantasie vor allem mit grünen Reisterrassen, brodelnden Garküchen, freundlichen Menschen aber auch mit dem Vietnamkrieg verbinden. Die nächsten zwei Wochen wollen wir uns ein eigenes Bild machen und Vietnam von Nord nach Süd intensiv kennenlernen, bevor wir weiter in das Nachbarland Kambodscha aufbrechen.
Am Morgen wird noch schnell Geld getauscht, um uns für die nächsten Tage gut auszustatten. Für wenige Euros erhalten wir bereits mehrere Hunderttausend und Millionen Vietnamesische Dong. Wow! So ist also das Gefühl, einmal im Leben Millionär zu sein!
Mit Tuan begeben wir uns auf Erkundung durch Hanoi. Schon am Morgen geht es in der Stadt so richtig ab. Millionen Mopeds fahren Mal gemeinsam in einer Traube wie ein großer Fischschwarm und das andere Mal kreuz und quer durcheinander. Hier müssen doch ständig Unfälle passieren, denken wir uns. Doch das Chaos hat sonderbarerweise seine Logik und es funktioniert.
Unsere erste Destination ist ein Muss für jeden Vietnambesuch: Das Mausoleum von Ho Chi Minh. Onkel Ho, wie die Vietnamesen ihn nennen, wird vom ganzen vietnamesischen Volk hoch geachtet und geliebt... er habe geweint angesichts der Armut im Land und habe die Freiheit und Einigkeit gebracht. Onkel Ho wurde 1890 als Nguyen Sing Cung geboren. Er reiste viel auf der Welt, unter anderem auch nach Frankreich, England, USA, Sowjetunion und China. In Frankreich trat er 1920 der Kommunistischen Partei bei. In Moskau und Goangzhou bildete er sich fort, wo er mit weiteren Vietnamesen die Gründung der Kommunistischen Partei Vietnams organisierte. Im Jahre 1941 wurde er zum Anführer und zur Symbolfigur der vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung. Von 1955 bis zu seinem Tod im Jahr 1969 war er Präsident von Vietnam. Im Laufe seines Lebens nahm er viele Aliasse an. Ho Chi Minh bedeutet „erleuchtender Wille". Vorbei am ehemaligen Präsidentenpalast, in dem noch heute Staatsgäste empfangen werden, gelangen wir zum Wohnhaus des legendären Politikers. Wir sehen, dass er gern einfach und bescheiden lebte, die Ruhe und die Natur liebte. Zu Fuß spazieren wir bis zur Ein-Säulen-Pagode. Unser Reiseleiter Tuan erzählt uns, dass die Ein-Pfahl-Pagode, wie sie auch genannt wird, die Form einer Lotusblume darstellt. Die Lotusblume ist das Symbol für den Buddhismus sowie das Symbol für Vietnam. Der Legende nach erschien dem kinderlosen König Ly Thai To im Traum eine auf einer Lotusblüte sitzende Göttin und überreichte ihm einen Sohn. Als er kurzer Zeit später tatsächlich Vater wurde, ließ er diese Pagode aus Dank erbauen. Die Lotusblume ist eine wunderbare Blume, die in Seen und feuchten Moorgebieten wächst. Obwohl sie aus dem dunklen Moor kommt, sind ihre Blätter und Blüten stets rein und wunderschön.
Von der Pagode geht es hinüber zum Tempel der Literatur, welcher zu Ehren von Konfuzius errichtet wurde. Dieses konfuzianische Hauptheiligtum war die erste Universität von Vietnam. Vor fast 1000 Jahren (1070) ließ Kaiser Ly Thanh Tong diese Van Mieu-Pagode erbauen. In der Ly-Dynastie begann die konfuzianische Glaubenslehre den Buddhismus zu verdrängen und Van Mieu entwickelte sich zum intellektuellen und spirituellen Zentrum des Königreiches. Wir finden 82 verbliebene Steinstehlen, getragen auf den Panzern von steinernen Riesenschildkröten. Schildkröten symbolisieren ein langes Leben. Auf den Steintafeln sind die Examina, die Namen der 1036 erfolgreichen Absolventen sowie deren Lebenslauf eingemeißelt.
Inzwischen knurrt bei den einen der Magen, die anderen haben Hunger auf Bier. Also organisiere ich ein schnelles, einfaches und leckeres aber vor allem auch landestypisches Mittagessen. Es gibt „Bun Cha" - Reisnudeln mit gegrilltem Fleisch vom Kohlegrill und Fischsoße. Wie die Einheimischen sitzen wir auf den kleinen Plastikhockern, schlürfen unsere Nudeln in der Wohnstube des Restaurantbesitzers, genießen Hanoi-Bier und können sogar der Oma beim Schlafen zuschauen. Was für eine fremde Welt!
Nach der Erholungspause setzen wir das Abenteuer zu Fuß fort. Wir sind mittendrin im Trubel der Altstadtgassen: Verkehr, der auf den ersten Blick chaotisch und regellos erscheint, das Leben spielt sich links und rechts auf der Straße im Freien ab: Garküchen, Frisör, Handel oder sogar Fintessstudios... Das Staunen hört nicht auf. Mopeds über Mopeds, ganze Familien finden darauf Platz und Transportvarianten von schier ungeheurer Kreativität... Bei einem Perlenschmuckladen bekommen wir vorgeführt, wie Muscheln in Vietnam gezüchtet werden und welche Tricks es gibt, um echte Perlen von unechten zu unterscheiden. Spannend ist es auch an den Bahngleisen. Ein Greis erzählt uns, dass er schon über 30 Jahren in einer kleinen Wohnung mit seiner Familie lebt. Wenn ein Zug ein oder zwei Mal am Abend (am Wochenende mehrmals am Tag) kommt, räumt er seine Wäsche rein oder hält die Enkelkinder fest, er ist es gewohnt und findet es stink normal, direkt neben den Gleisen zu wohnen. Manche Bewohner müssen sogar ihren halben Hausstan von den Schienen räumen, damit der Zug passieren kann. Anh haut es so um, dass ihr Schuh zerfällt und sie mit einem Fuß in einer schwarzen Plastiktüte durch die Straßen bummelt. Ha, ha, ein neuer vietnamesischer Stil!
Nun lehnen wir uns zurück im Wasserpuppentheater. Eine imposante Darbietung; schwere Holzpuppen zeigen uns Episoden aus dem bäuerlichen Leben und der Sagen- und Geschichtenwelt Vietnams. Das Rätsel: wie funktioniert das - die Künstler unsichtbar, bewegen die Puppen und stehen dabei hüfttief im Wasser? Nachdem die Kulisse und damit das Geheimnis gelüftet ist, spenden wir reichlich Beifall.
Von den roten Theaterpolstern geht es auf die roten Rikschasessel, was sich ebenso spannend gestaltet, wie das Laufen an den Gleisen, nur das wir hierbei permanent im Gewühl waren und die Mopeds vor unserem Gesicht vorbeizischen. Bei einer Verschnaufpause zu Gast bei Familie Nguyen, werden wir von meiner Verwandtschaft begrüßt. Opa, Oma sowie Tanten und Onkeln bereiten original vietnamesischen Grüntee vor, dazu wird Obst vom Altar meiner Oma gereicht, damit wir auf unserem weiteren Weg von Glück begleitet. Es gibt rote Drachenfrucht und ein Gebäck aus Grünem Reis. Danke Oma! Opa stellt stolz seine kleine Holzwerkstatt vor, in der wir eigenhändig Möbel herstellen.
So, nun ist der Tag aber mit vielen Eindrücken gefüllt und wir freuen uns einfach auf das nächste Bier. Gestern gab es vegetarisches Essen nach buddhistischer Art, heute erleben wir Begegnung mit der vietnamesischen Küche und probierten uns mit dem Stäbchen essen aus ... wir wollten ja schließlich noch Profis werden.

Tag 4: Grüne Berge und goldene Reisfelder

Raus aus dem Großstadttrubel und ab in die idyllische Bergwelt Nordvietnams. Zunächst schlängelt sich unser Fahrer durch die geschäftigen Straßen aus Hanoi heraus vorbei an frühstückenden Vietnamesen, die ihre Nudelsuppe auf dem Gehweg schlürfen. Auch die waghalsigsten Beladungskünste bringen uns zum Staunen: dutzende Eierpaletten, Schweine und sogar Meter lange Schläuche werden auf winzigen Mopeds transportiert. Herrlich!Nach und nach verändert sich die Landschaft: Die Häuser werden seltener, wir sehen Reisfelder, auf denen viele Gräber quer durcheinander stehen und langsam sind auch schon die ersten grünen Berge zu sichten. An einem Straßenrestaurant halten wir für eine Kaffee- und Toilettenpause und staunen nicht schlecht über selbst gebrannte Schnäpse mit eingelegten Schlangen und Echsen.
Die Geschenke für die Kinder sind auch eingepackt und so begeben wir uns auf die Berge in der Provinz Hoa Binh auf ca. 1.400 Meter Höhe. Oben auf dem Pass legen wir eine Rast an einem kleinen Markt ein. Es gibt ungewohnte wilde Ananas, gegrillten Reis im Bambusrohr und eine neugierige Kuh, die sich von unserer Gruppe gern streicheln lässt und wahrscheinlich am liebsten mit in unseren roten Reisebus steigen möchte. Zum Glück überlegt sie es sich doch noch anders und geht weiter allein auf Erkundungstour. Tuan erzählt uns von den verschiedenen Bergvölkern. In der Provinz leben etwa 1 Millionen Einwohner. Die Menschen hier sind sehr arm, sie leben nur von ihren selbst angebauten Erzeugnissen, Fischfang, Jagen und Sammeln oder leider auch vom illegalen Drogenanbau. Tourismus gibt es kaum, denn wer außer uns verläuft sich schon hierher? Naja, wir, aber in ein Haus hineinblicken dürfen wir nicht. Die Leute haben Angst, dass wir nach Drogen schnüffeln wollen. Nein, lieber nicht!
Im Dorf Van Ho besuchen wir ein Kindergarten. Für die Kinder nehmen wir 10 Kisten Instant-Nudeln unter die Arme, ein paar Päckchen Milch und Kekse sowie 20 Winterjacken, Schulranzen für die baldige Einschulung und 20 Thermo-Brotdosen. Die Geschenke werden von der Schule auf die Kinder verteilt, je nach Bedarf und Lebensstandard der Familien. Alle Kinder stammen von der Minderheit der Schwarzen H'Mong. Zurückhaltung und Schüchternheit charakterisieren ihre Mentalität. Ein paar der süßen Kinder tragen extra für uns ihre von Mama handgewebte Tracht mit Kupfermüzen und Messingglöckchen. Als Dankeschön für unseren Besuch singen sie für uns vietnamesische und H'Mong-Lieder. Alle Kinder sprechen zu Hause ihre eigene Sprache der H'Mong. Im Kindergarten fangen sie an, das Hochvietnamesisch zu lernen. Es gibt im Kindergarten fast 90 Kinder, die Erzieherinnen allerdings kommen fast alle aus Hanoi, weil es in den Bergen nicht ausreichend Lehrkraft gibt. Wir gehen auf den Hof, wo es mehr Platz für alle gibt und verteilen die mitgebrachten Süßigkeiten. Die kleinen Püppchen sind wirklich sehr schüchtern, schauen usn mit verwunderten Kinderaugen an und verbeugen sich mit zusammengefalteten Armen. Brave Kiddies!
In Mai Chau, einem Pfahlhausdorf von den Thais, beziehen wir die Ecolodge und genießen einen herrlichen Ausblick auf die goldenen Reisfelder vom Balkon aus. Hach, die friedliche Stille tut unserer Seele gut. Die Minderheit Thai lebt seit mehr als 2.000 Jahren in Vietnam und haben sich vor allem in den Bergen angesiedelt. Man unterscheidet die Schwarzen und die Weißen Thais, ursprünglich ist die Trennung auf die dementsprechende farbige Kleidung der Frauen zurückzuführen. Allerdings tragen die Weißen Thais auch heutzutage schwarze oder indigoblaue Trachten mit weißen Schärpen. Sie sind größtenteils in der Region von Mai Chau  zu finden. Wir genossen den Abend bei leckerem Essen, einer bunten Tanzvorstellung der ethnischen Minderheiten und Reisschnaps vom Bambusrohr, bevor wir uns schließlich erschöpft in unsere kleinen Nester kuscheln.

Tag 5: Trockene Halong–Bucht & Giooo im Chor

Mit dem Bus geht es nun weiter Richtung Ninh Binh, zur Trockenen Halong-Bucht. Während der Fahrt genießen wir den Ausblick auf die unterschiedlichen Landschaften und die verschiedenen Feldfrüchte am Wegesrand. An jeder Menge Zuckerrohr, Maniok, Einbaum- und Teepflanzen kommen wir vorbei, und die Straßenhindernisse in Form von Kühen, sehr voll geladenen Mopeds oder auch Enten lassen uns oft die Kamera zücken. Nach und nach verlassen wir die hohen Berge und kommen herunter in die breiteren Täler und sehen die ersten deutlichen Karstberge links und rechts. Wir sind schon sehr gespannt, diese aus der Nähe zu sehen.
Zum Mittag haben hat Anh gekochte Enteneier und im Bambusrohr gegrillten Klebreis in lila und schwarzer Farbe mit Erdnüssen organisiert. Tuan macht den Chefkoch und übernimmt das Gemüse- & Obstschneiden. Yummy! Am Nachmittag kommen wir an der Trockenen Halong Bucht an. Hier werden wir mit den traditionellen Sampan-Booten durchgefahren. Wir durchqueren eine Höhle und entdecken sogar die seltenen Delacour-Languren mit den weißen Hosen, oder sind es doch Windeln?
Nachher entspannen wir in der schönen Resort Anlage Emeralda in Ninh Binh. Den verschiedenen Pools haben wir in Lichtgeschwindigkeit erobert und genießen probieren am Abend die lokale Spezialität: gegrilltes Ziegenfleisch. Mhhh... manche wilde Ziegen haben zartes Fleisch, bei anderen muss man etwas wilder drauf beißen... Unser Chauffeur lädt uns auf ein paar Runden Reisschnaps ein, mal vom dunklen Klebreis, mal vom hellen weißen Reis - alles zündet ordentlich in der Kehle und wir üben im Chor: Mot, hai, ba - giooo!

Tag 6: Sagenumwobene Halong–Bucht

Bei strahlendem Sonnenschein starten wir in einen spannenden Tag. Es geht nun zu einer der wohl bekanntesten Sehenswürdigkeiten Vietnams, der Halong Bucht - die bizarre Welt aus 1969 emporragenden Karstfelsen. Seit den letzten Tagen haben wir uns an den Umstand gewöhnt, dass es auf den vietnamesischen Straßen nicht so schnell vorwärts geht wie in Europa, hier und da gibt es mehr Mopeds sowie hin und wieder ein paar Schlaglöcher. Dennoch wird die Fahrt nicht langweilig. Wir beobachten den regen Verkehr, viele Szenerien, die uns das tägliche Leben auf eigene Art und Weise näher bringen. Unterwegs begegnen wir sogar den "Wiedervereinigungszug", der sechs Mal am Tag von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt fährt.
Gegen Mittag erreichen wir den Hafen von Tuan Chau und gehen an Bord unserer Dschunke. Toll, wir haben ein Upgrade auf das 5-Sterne-Schiff Au Co bekommen. Es gibt extra für uns eine Perkussion in bunten Trachten. Von Weitem winkt uns die Crew herzlich zu. Oh, wie herzlich... unsere Kreuzfahrt auf der atemberaubenden Landschaft beginnen! Schon bei einem leckeren Mittagsbuffet im Panoramarestaurant sind wir alle beeindruckt von der malerischen Wasserlandschaft, zahlreiche Karstfelsen mit unterschiedlichen Formen wie Riesen, Papagei und Schildkröten ragen aus dem Wasser hervor. In der Gegend der Halong-Bucht gab es anfangs nur drei Metallschiffe vom Staat. Inzwischen fahren bereits ca. 400 Schiffe, fast alle werden privat finanziert. Von 1965 bis 1973 Kriegsschauplatz, ist sie heute Touristenmagnet Nummer Eins und gehört seit dem 11.11.2011 zu einem der neuen Sieben Naturweltwunder. Unser Schiff gleitet sanft über das Wasser.
Am Nachmittag bietet sich die Möglichkeit, die Tropfsteinhöhle Tien Ong zu besuchen und anschließend mit kleinen Booten durch das schwimmende Dorf Cua Van zu umrunden. Zurück an Bord werden wir in die Grundlagen der vietnamesischen Kochkunst eingeführt. Alle dürfen dabei mitmachen, Frühlingsrollen um die Wette rollen oder zumindest zum Schluss naschen. Daumen hoch für den Gewinner! Unsere Crew richtet zwischenzeitlich ein delikates Abendessen mit tollen Meeresfrüchten her. Den Abend lassen wir gemütlich mit einem Cocktail und Reisschnaps auf dem Sonnendeck ausklingen.

Tag 7: Flug nach Hue, oder auch nicht...

Der Morgen auf See setzt das Schauspiel der Natur fort. Zum Sonnenaufgang begrüßen wir den neuen Tag, gießen die angenehme Ruhe und den frisch gebrühten Kaffee, während unser Schiff geradewegs auf den Hafen zusteuert. Unsere kleine Kreuzfahrt geht zu Ende und somit auch unser Aufenthalt in Nordvietnam. - Ähhm... so denken wir zumindest noch.
Unterwegs zum Flughafen Hanoi klärt Tuan uns über die Bestattungsrituale auf. An den Rändern der Straßen haben wir schon oft kleine Bauten inmitten der Reisfelder gesehen; wir erfahren: in diesen Grabstätten auf diese Weise Angehörigen die letzte Ruhe zu gönnen, war bisher auf dem Land der Normalfall, jedoch ist es nunmehr verboten. Jetzt werden die Grabstätten auf Friedhöfen in Eigenregie errichtet und gepflegt. Eine Verwaltung, die das Umfeld und die Infrastruktur betreut, ist noch im Entwickeln begriffen. An einer Werkstatt bestaunen wir die Geduld und Geschicklichkeit der fleißigen Sticker, Näher und Lackierer. Diese Produkte werden von Familien fertiggestellt, die vom Entlaubungsmittel Agent Orange betroffen sind. 70 % des Umsatzes geht dann an die Familie des fleißigen Produzenten. - Ein tolles Projekt! Dann spazieren wir durch einen lokalen Markt mit super frischen Produkten. Frischer geht es fast kaum, denn es gibt lebende Hühner, Katzen, Kaninchen, aus dem Garten gepflücktes Gemüse und schwimmende Fische. Das Obst macht uns mehr an, sodass Anh saftig süße Ramputan (rot mit Haaren) und Longang (Drachenaugenfrucht) für die Gäste einkauft. Das Teilen mit den Dorfkindern zaubert ihnen ein breites Grinsen auf ihren Gesichtern, deren Lachen ist so betörend, dass unsere Herzen aufgehen.
Am Flughafen verabschieden wir uns von Tuan, Chauffeur und Beifahrer zum Abflug nach Hue. Heiter und unbekümmert lassen wir uns eine kräftige Pho-Nudelsuppe schmecken. Irgendwann wird uns erklärt, dass der Flughafen Hue geschlossen sei aufgrund von heftigen Regenfällen. Alle Flüge dahin sind gestrichen, Anh kämpft um die nächsten Flugplätze und die Gäste warten tapfer auf das Ergebnis. Wir müssen sogar weiterhin tapfer bleiben, per Kleinbus bringt uns Vietnam Airlines ins Hotel. Halb auf den Koffern sitzend bestaunen wir die bunt beleuchtete Autobahnbrücke und kommen zu unseren zwei nebenstehenden Übernachtungsorten an. Als Hotel würden wir Deutsche es vielleicht nicht direkt bezeichnen, eher eine Not-Überdachung für die Nacht... he, he... Okay, wir sind positiv und stehen alles zusammen durch. Umso besser schmeckt das Bier und den in Kokosnuss eingelegten Reissschnaps. Prost und Giooo!

Tag 8: Zentralvietnam, wir kommen!

Auf das Ausschlafen wird heute freiwillig verzichtet. Ein traditionell vietnamesisches Frühstück soll alles wettmachen. Im Restaurant Ngon, zu Deutsch Lecker, schlemmen wir unter anderem Nudelsuppe, Meeresfrüchtesalat, Klebreis und Frühlingsrollen. Dazu einen frisch gepressten Fruchtsaft oder starken vietnamesischen Kaffee mit süßer Kondensmilch. Mhhh... gar nicht mal so eine schlechte Art, den Tag zu starten.
Als Zeitvertreib und kulturellen Bonusfaktor organisiert Anh eine Führung im Frauenmuseum. Mit Staunen und Respekt lernen wir die Rolle der vietnamesischen Frau in der Familie, in der Gesellschaft sowie zu Kriegszeiten kennen. Auch die unterschiedlichen Erwartungen bei den 54 Ethnien werden anschaulich dargestellt. Viele Mädchen heiraten schon mit jungen Jahren von 14 und müssen zur Hochzeit eigenhändig ihre Brautkleider oder Zelte für die Hochzeitsnacht nähen. Interessant finden wir auch, diese Tradition: unverheiratete Mädchen die Haare meist offen tragen. Die Schwiegertochter erhält von der Schwiegermutter zur Hochzeit als Geschenk und Ehrung der Schwiegermutter eine Strähne (meist eine graue Haarsträhne), die sie jeden Tag beim Zusammenbinden ihrer Haare dran klemmt. Was es nicht alles gibt.
Erneut wollen wir den Versuch wagen, nach Hue zu fliegen. Dieses Mal scheint Petrus seine Hand über uns zu legen und wir erreichen Hue im Nu. Reiseleiter Hai empfängt uns fröhlich und lässt die Koffer verladen. Nanu? Wir haben doch einen riesig großen Bus, wieso schleppt unser Beifahrer alle Koffer auf die hinteren Reihen? Chauffeur und Beifahrer erklären uns, dass die halbe Stadt unter Wasser steht und man unsere Koffer versucht im Trockenen zu lassen. Ui, ui, ui, denken wir. Vorsichtig bewegen wir uns in die Stadtmitte und unsere Kinnläden klappen bei jeder Näherung immer weiter herunter. Menschen waten bis zum Knie im Wasser, der Strom ist abgestellt und bei jeder heftigen Welle droht Wasser in die Wohnstube zu schwappen. Zwischendurch steigt unser Beifahrer aus, um nach der Tiefe des Wassers zu forschen. So auch auf der Straße, welche zu unserem Hotel Eldora führt. Nach langem Zögern erblicken wir einen entgegenkommenden Bus die Straße hinauffahren. Unser Chauffeur ist ebenfalls mutig und bringt uns erfolgreich und noch trocken zum Hotel. Aber wir sind ja in Vietnam, um das Leben der Bewohner hautnah zu erleben. Das heißt also, wir ziehen Schuhe und Socken aus und springen kurz 2 Meter ins Wasser, um zur Hoteltreppe zu gelangen.
Aufgrund des Unwetters erreichen viele Menschen heute ihren Arbeitsplatz nicht und wir kommen leider nicht zu unserem Restaurant, wo ein schönes Dinner angelehnt an die kaiserlichen Zeiten stattfinden sollte. Der Magen soll dennoch gefüllt werden mit allerlei Leckereien, dafür sorgt der Chefkoch des Hotelrestaurants. Es wird in der Küche alles zusammengekratzt, was da ist und ein schmackhaftes Familienessen gezaubert. Unter anderem probieren wir Hackfleisch an der Zitronengrasstange in Reispapier zu wickeln oder Suppe mit Schlangenkopffisch zu schlürfen und Kokoseis zu schlecken.

Tag 9: Kaiserliches Hue

Ja, es geht an die Substanz. Wir statten uns komplett aus mit Regenjacken, Badeschuhen und jeder Menge Humor, die gleich bestens zum Einsatz kommen, wenn wir durch die Gelände der Kaiserstadt waten. Erfrischend und weich fühlt sich das Wasser an unseren Füßen an. Der Tag widmet sich ganz der Geschichte, Kultur und Architektur, wovon die ehemalige Hauptstadt Hue einiges zu bieten hat. Die beeindruckenden Zitadelle prägt noch heute maßgeblich das Stadtbild. Vor noch nicht allzu langer Zeit herrschten in diesem riesigen Areal mächtige Kaiser der Nguyen-Dynastie. Mit dem Bau der Zitadelle 1802, veranlasst von Kaiser Gia Long, begannen die glorreichen Tage von Hue. Vor dem Palast steht der Flaggenturm mit der Königsflagge, die auf drei Stufen steht. Die Stufen symbolisieren die drei wichtigen Bedingungen für ein König: Volk, Erde und Himmel. Hue erlebte eine der blutigsten und längsten Schlachten im letzten Vietnamkrieg, der kaum vorstellbar aber bekanntermaßen länger als der 2. Weltkrieg andauerte. Wenigstens aufgrund des religiösen und kulturhistorischen Status verbot es sich für die Amerikaner, die Stadt zu bombardierenden, so wurde im Häuserkampf vorgegangen. Die Zitadelle konnte jedoch nicht eingenommen werden; nun setzten sie doch gezielte Bomben-und Napalm-Abwürfe gegen Zitadelle und Kaiserpalast ein. Wir sehen nicht nur in den Ausmaßen überwältigende Anlagen, wir sind Zeugen des im Gang befindlichen und noch lang währenden Prozesses des Wiederaufbaus und der Restauration, mit staunenswerten Resultaten... Damals war das innere von einer lilanen Mauer umringt, die heute leider nicht mehr steht. Aber der Name Purpurne Verbotene Stadt ist ihr erhalten geblieben. Anders als in China ist der vietnamesische Kaiserpalast kleiner, dafür grün bepflanzt, er besitzt eine Halle der Ahnenverehrung und eine Pagode. In den Anlagen des Palastes zeigte er uns die Charakteristiken des Baustils, die sich größtenteils an die Feng-Shui-Prinzipien richten. Beispielsweise kommt ein Drache selten allein, sondern immer mit einer Wolke.
Das Gebäude der Thien Mu-Pagode aus dem Jahr 1601 nimmt die Gestalt eines überdimensionalen Kegelhutes an. Die prächtige Pagode besteht aus sieben Etagen mit einer goldenen Buddhastatue auf der obersten Etage. Im Haupttempel sind drei Buddhafiguren zu finden, die für Wissen, Weisheit und Glück stehen. Fasziniert sind wir ebenfalls von der ca. 2 Tonnen schweren Bronzeglocke, deren Klang über 10 km weit zu hören sein soll. Die grimmig schauenden Wächter am Eingang bereiten uns keine Angst und so betreten wir die gepflegte Anlage mit anhängendem aktivem Kloster. Weiterhin entdecken wir ein altes Auto (es ist ein Austin). Dieser erinnert an den Mönch Thich Quang Duc, der 1963 mit diesem Auto nach Saigon fuhr und sich dort öffentlich selbst verbrannte. Er protestierte damit gegen die Verfolgung der Buddhisten und fand, trauriger Weise, auch einige Nachfolger, die seinem Beispiel folgten. Zum Glück ist das alles lange her und die vietnamesische Bevölkerung darf ihre Religion frei ausüben, egal welche sie annehmen oder ob sie atheistisch bleiben mag.
Wir machen nochmal einen Zeitsprung und begeben uns zurück zur Nguyen-Kaiserzeit. 143 Jahre lang regierten dreizehn Kaiser der Nguyen-Dynastie in Hue, umgeben von einem feudalistischen Hofstaat chinesischer Prägung, zuerst in glanzvoller Pracht, dann in Dekadenz und letztendlich in Unterwerfung unter die Kolonialmacht Frankreichs. Khai Dinh war der zwölfte und vorletzte Kaiser, dessen Grabanlage wir uns genauer ansehen wollen. Wo die Trauer lächelt, und die Freude weint - Treffender kann man die Stimmung dieser Orte kaum wiedergeben. Die großzügig angelegte Anlage in einem Park repräsentiert einen völlig anderen Baustil als der Kaiserpalast. Sehr groß und prunkvoll wurde sie auf einem Berg errichtet. Wir steigen zahlreiche Stufen hinauf, um ein originalgetreues Abbild aus Gold von ihm zu sehen, dem vorletzten Nguyen-Kaiser, der nur noch eine Marionette der Franzosen war. Unverkennbar ist das Zusammenspiel aus japanischen, chinesischen und europäischen Einflüssen der grandiosen Anlage, welche über 10 Jahr lang gebaut wurde.
Auf der Nationalstraße 1 fahren wir in Richtung Süden. Der Wolkenpass, Da Nang und die mittelalterliche Stadt Hoi An sind die Etappen. Der Wasser-Wolkenpass Hai Van bildet die natürliche Grenze und Wetterscheide zwischen Nord- und Süd-Vietnam. Er ist etwa 20 Kilometer lang und erreicht 496 Meter Höhe. Auf der Passhöhe angekommen, gestehen wir, dass Pass seinen Namen alle Ehre macht. Bis auf Wolken und Wassertropfen ist nichts zu fotografieren. Auf der Fahrt ins Tal hinunter lässt sich die Silhouette der Skyline von Danang erahnen. Da Nang ist die viertgrößte Stadt Vietnams und durch seinen Naturhafen zum Pazifischen Ozean auch eine wichtige Handelsstadt. Seit gestern startet die Gipfel der Asiatisch-Pazifischen-Wirtschaftsgemeinschaft, kurz APEC. In den 21 Mitgliedsstaaten, unter anderem Vietnam, Japan, China und die USA, leben knapp die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung und sie erbringen fast die Hälft der Weltwirtschaftsleistung. In wenigen Tagen treffen die Regierungschefs wie der US-Präsident oder die japanische Premierministerin ein. Aus diesem Grund sind zahlreiche schöne Straßen gesperrt, für uns Normalsterblichen bleiben die mit den gigantischen Schlaglöchern oder wegen Überschwemmung gesperrten. Unterkriegen lassen wir uns dennoch nicht, denn wir wollen uns Hoi An auf keinen Fall entgehen lassen. Wenigstens steht unser Hotel dieses Mal nicht unter Wasser. Dafür aber wieder einmal das gebuchte Restaurant. So ziehen wir wieder die Karte des Plans B, ein nettes Restaurant direkt gegenüber unserem Hotel. Uns schmeckt sogar das Essen besser als je zuvor! Mit dem rosa Reisschnaps Hong Dao hergestellt in Danang stoßen wir mit der liebreizenden Kellnerin Hang an, in ihrer Berufslaufzeit Deutsch und sechs weitere Sprachen lernte. Pröstle!

Tag 10: Oh, Ver... verträumtes Hoi An

Zur Abwechslung zeigt sich am Morgen die Sonne. Um kein meteorologisches Risiko einzugehen, gehen wir doch nicht in das Heimatmuseum, sondern wollen gleich die Altstadt erobern. In den letzten Tagen sorgte der heftige Tropensturm Damrey für gravierende Verwüstungen an der Küste um Nha Trang. Die weiteren Auswirkungen sind auch im 500 km entfernten Hoi An deutlich zu sehen. Die Altstadtgassen stehen unter Wasser, auch das Militär packt mit hochgekrempelten Hosen zur Hilfe mit an. Der Bootsverkehr ist aus Sicherheitsgründen eingestellt worden, der Transport mit Booten innerhalb der Stadt ist nur als Nottransport für die dort lebenden Anwohner erlaubt. Inzwischen sind wir abgehärtet und geübt, so spazieren wir gemütlich durch die Straßen. Beachtenswert finden wir das Zusammenhalten der Einwohner und bewundern ihren Optimismus. Wer sein Geschäft halbwegs trocken bekommen hat, den Schlamm aus dem Haus getragen hat, öffnet munter seine Toren für Touristen, welche die antiken Holzhäuser bestaunen oder ein paar Souvenirs erhaschen möchte. Im über 128 Jahre alten Haus von Herrn Duc An gehen wir in das Wohnzimmer. Die Apotheke und der Hausaltar im Wohnzimmer stehen im Trockenen, der für Hoi An typische Innenhof inmitten des Hauses allerdings ist mit Wasser gefüllt. An der Holzsäule sehen wir, dass das Wasser am vorherigen Abend noch 30 Zentimeter hoch im Wohnzimmer stand. Aber der Hausbesitzer kennt es schon, das passiert jedes Jahr und man stellt an den Tagen alle Möbel so hoch wie möglich, der Rest ist fast Routine. Stolz präsentiert er uns das Bild von seinem Opa mit dem Präsidenten Ho Chi Minh und General Vo Nguyen Giap aus dem Jahre 1927, als sie hier in dem Haus die Kommunistische Partei Vietnams gründeten.
Anschließend klettern wir hinüber zur Versammlungshalle der Chinesen aus Kanton. Ursprünglich diente diese Anlage als Treffpunkt der eingewanderten Chinesen und manchmal auch als religiöses Zentrum zur Verehrung der Meeresgöttin. Im Inneren steigt uns sofort Weihrauchduft in die Nasen. Viele Räucherspiralen mit Wunschzetteln hängen an der Decke der Pagode. Man glaubt, dass der Weihrauch die Wünsche hinauf zur Himmelsgöttin trägt und so in Erfüllung gehen.
Die Stadt Hoi An ist landesweit bekannt für die Weberei und Schneiderei. Eine nette Mitarbeiterin der Handwerkstatt erklärt uns traditionelle Gewerke wie die filigrane Seidenstickerei und - weberei sowie die Bastmattenherstellung. Auch erfahren wir Interessantes zur Seidenraupenzucht und Gewinnung der seidigen Fäden sowie zur deren Verarbeitung. Wer erkundungsfreudig ist, watet bis zur Japanischen Brücke, dem Wahrzeichen der Stadt.
Nun ist genug mit Kultur für heute. Wir gönnen uns eine Pause, um heiter durch die bunten Gässchen zu schlendern, den einladenden Hotelpool zu testen oder einfach einmal die Füße hochzulegen.

Tag 11: Turbulentes Saigon

Der Wecker klingelt bereits in den frühen Morgenstunden. Ein letzter Inlandsflug bringt uns in kürzester Zeit nach Saigon. Die Metropole Saigon mit ca. 10 Millionen Einwohnern trägt seit 1976 offiziell den Namen Ho-Chi-Minh-Stadt. Trotzdem ist der Name Saigon bis heute noch in aller Munde. Die größte Stadt Vietnams mit acht Millionen Einwohnern, davon ca. 500.000 Chinesen, ist die erste Stadt in Vietnam, in der eine U-Bahn gebaut wird. 2018 soll sie fertig sein, zuerst entsteht eine Nord-Süd-Verbindung und später eine Ost-West. Wir sind gespannt.
Als Überraschung und Belohnung für das wackere Durchhaltevermögen möchte Anh den Eberhardt-Reisegästen ein besonderes Erlebnis schenken. Wir wechseln zu Abwechslung wieder das Fortbewegungsmittel. Eins, zwei und hops nehmen wir auf dem Rücksitz einer Vespa Platz. Zu erst geht uns der Gedanke durch den Kopf: Albtraum oder Vergnügen? Doch gleich werden wir es erfahren... Jeder von uns wird von einem gutaussehenden Chauffeur oder einer hübschen Chauffeuse gefahren. Das Abenteuer Mopedfahren kann beginnen. Amüsant geht es zum Denkmal von Thich Quang Duc. Auf dem Roller durch die Stadt zu fahren wirkt von außen viel hektischer als es eigentlich ist. Und so sitzen wir bequem, wie auf einem Sofa hinter unserem Chauffeur, schießen hunderte Bilder und genießen in vollen Zügen dieses außergewöhnliche Flair! Das Schöne bei dieser Tour ist, dass wir die Möglichkeit haben, diverse Insider der Stadt auf eine spektakuläre Art und Weise kennenzulernen. Die einzelnen Stopps repräsentieren alle ein unterschiedliches Bild von Saigon wie der Blumenmarkt, die Pagode der Tausend Buddhas, und zeitgleich ein traumhaft Schönes. In einer traditionellen Apotheke schnuppern wir an getrockneten Früchten, Kräutern und Wurzeln und probieren selbst einmal den hausgemachten Power-Trunk. Auf der Weiterfahrt testet der Wettergeist unser Immunsystem und unsere Geduld. Er schickt wie aus der Gießkanne strömend flüssigen Sonnenschein auf uns herab. Wie heißt es doch so schön, wer reist, der hat was zu erzählen. Später können vor wir unseren Lieben daheim prahlen, wie absolut authentisch unsere Vietnamreise ist und wie heroisch wir auch alles mitgemacht haben. Zum Glück lichtet sich der Himmel bald wieder nach dem Erguss. Daher entscheiden wir, die Tour zu Ende zu führen und runden das Programm ab bei der berühmten Kathedrale Notre Dame sowie dem Hauptpostamt. Hier tobt das Leben. Es gibt viele Telefonzellen und Schalter, an denen die Vietnamesen ihre Behördengänge erledigen können, außerdem einen großen Bereich mit Souvenirs, wo wir wiederum fündig werden. Auch wenn einige von uns dieser Tour erst ein wenig skeptisch gegenüber standen, war dieser Ausflug für alle ein voller Erfolg.
Ein abendlicher Spaziergang führt uns durch die belebten Straßen zur Nationaloper und zum Rathaus, die herrlich beleuchtet sind. Auf einer Dachterrasse bekommen wir den Lichterglanz der Stadt in voller Pracht zu bewundern und lernen im Grillrestaurant dabei die vietnamesische Jugend kennen. Für manch einen war die Begegnung näher als erwartet, denn ein überraschender Regengruß lässt uns alle dicht zusammenkuscheln. Im Takt von wenigen Minuten heißt es wieder: Mot, hai, ba, gio!!!

Tag 12: Idyllisches Mekong–Delta

Anfangs ist der Himmel noch grau, doch als wir aus Saigon in Richtung Cai Be fahren, erwartet uns das perfekte Sonnen-Wetter für unseren Ausflug in das Mekong-Delta. Per VIP-Holzboot schippern wir zu einer Familienfabrik: Kokosnüsse und Honig; beides, Honig und Kokos sowie Reis, sind Grundlage für die Bonbonherstellung, die wir gleich beobachten können. Alles ist Handarbeit. Es wird geknetet, gerollt, geschnitten aufgereiht und akribisch einzeln eingewickelt. Die Außenhülle mit lackiertem Bonbonpapier, die innere aber kann man mit essen, sie zergeht im Munde. Der Popreis oder das gegrillte Reispapier haben uns ziemlich gut geschmeckt *schwärm*
Es geht zurück auf das Boot. Die Wasserlandschaft wird immer enger, der tropische Wald scheint über uns zuzuwachsen. bis wir den Umstieg in die Sampas meistern. Das sind kleine Boote, die von Frauen durch die Fließe gestakt werden, wie im Spreewald, nur komplett anders! Mangroven, Palmen... Unterschiedliche Wasserstände formen aus dem lehmhaltigen Boden bizarre Uferzonen, ausgespülte Wurzeln. Vom Himalaya kommt er, der Mekong und hier breitet er sich als Deltalandschaft ins Meer aus. Wir legen wieder an, die Frauen leisten nicht nur Kraftarbeit, sondern außerordentliches Geschick im Steuern, vor allem in den engen Stellen beim Begegnen. Zum Mittag besuchen wir ein kleines Gartenrestaurant. Sie haben eine Spezialität für uns angekündigt: Elefantenohrfisch!
Bei einem Bauern probieren wir die hier angebauten exotischen Früchte wie Mango, Drachenfrucht, und vieles mehr. Wir dürfen sogar durch seinen Garten gehen, um uns die Bäume mit Blüten und Früchten näher anzusehen. Die schwere Frucht mit den Stacheln, die an dem Baumstämmen herunterhängt und an eine Waffe erinnert, ist die Jackfrucht. Aus dem Holz der Pflanze werden die Wasserpuppen geschnitzt. Innen duftet sie sehr aromatisch nach Ananas, Apfel und Banane. - Eine wirklich exotische Mischung! Deutlich gefährlicher mit spitzen Stacheln ist ihre Schwester, die Druian. Sie ist die Königin aller Früchte, sagen die Vietnamesen. Die Deutschen nutzen eher den Namen Stinkfrucht. Ungeöffnet geht ein intensiver, unangenehmer Geruch hervor, der an verfaulte Eier erinnert, von ihr aus. Jedoch schmeckt sie ganz besonders, ganz nach seinem eigenen persönlichen empfinden. Was uns allen aber auch besonders gut schmeckt, sind die Kokosnüsse aus dem Mekong-Delta.

Tag 13: Buntes Markttreiben und friedliche Mangroven

In Can Tho dürfen wir am nächsten Morgen selbstverständlich die Faszination des "Schwimmenden Marktes" nicht verpassen. Heute wird mal nicht ausgeschlafen, denn der Cai Rang-Markt ist der größte schwimmende Markt im Mekong-Delta. Reges Treiben auf dem Wasser und dichtes Gewusel von kleinen Booten bis zu großen Schiffen, die alle voll beladen mit den unterschiedlichsten Lebensmitteln sind. Berge an Obst, Gemüse und Fleisch transportieren die Händler auf ihren Holzbooten. Auch "wandelnde" Heißküchen gab es hier und da auf dem Wasser, selbst die Haare kann man sich hier schneiden lassen. Eine herrliche Szenerie. Nach der Bootsfahrt gehen wir am Markt An Binh, zu Deutsch Frieden, vorbei. Die Fischabteilung ist äußerst interessant, denn fast alles lebt noch! Aber es gibt auch getrocknete Meeresfrüchte wie Seepferdchen bis hin zu getrockneten Eidechsen und gleich nebenan Kaffee... Unser Lebensmittel Horizont hat sich während der Reise definitiv erweitert...
Es geht weiter nach Chau Doc an die Grenze zu Kambodscha. Bevor wir aber hier ankommen, halten wir noch für ein Mittagessen auf der Strecke. Hier gibt es auch eine kleine Krokodilfarm, die wir besichtigen. Am frühen Nachmittag erreichen wir Chau Doc. Weil wir in Hoi An auf die Bootsfahrt verzichten mussten, fahren wir heute zu einer Eukalyptus-Mangrovenlandschaft von Tra Su. Mit einem kleinen Holzboot gleiten wir ruhig entlang einer traumhaften Landschaft von Lotus über zu einem dichten Bett aus grünen Wasserhyazinthen und Eukalyptuswald. Links und rechts singen die Vögel, klappern die Störche auf ihren Nestern in den Baumkronen und manchmal laufen die kleinen gefiederten Geschöpfe wortwörtlich auf dem Wasser bzw. dem Hyazinthenbeet. Wahrlich genießen wir die tollen Naturmomente!

Tag 14: Sour–Se–Dey Campuchea!

Zur Herrgottes Frühe heißt es Standortwechsel; Koffer identifizieren und verladen. Wir düsen mit dem Schnellboot auf dem großen Mekong, Mutter aller Flüsse. Ca. 140 km Wasserweg trennen uns von der kambodschanischen Hauptstadt. Das Boot ist relativ komfortabel und zusammen mit einer kleinen Filmcrew aus den Philippinen sowie den Besatzungsmitgliedern haben wir das Schiff fest in Eberhardt-Hand. Bei unserem ersten Stopp erreichen wir die vietnamesische Grenze und steigen hier kurz aus, um unsere Ausreisestempel einzuholen. Ganz bequem erledigt die junge Bootsreiseleiterin alle Papiere für uns. Kurze Zeit später erreichen wir die kambodschanische Grenze. Nach kurzem Plausch mit den Grenzbeamten bei der Passkontrolle bekommen wir den Einreisestempel und merken, dass der Grenzübertritt hier gar nicht so streng ist. Es gibt keine Gepäckskontrolle, keine Flüssigkeitenvorgaben, nada... Neben der Grenzkontrolle gackern sogar Hühner, wohl Kampfhühner vermuten wir, gleich daneben sonnen sich gelangweilt die Hunde. Tja, willkommen in Kambodscha, dem Land der Lotusblüten! Die Landschaft ist nun weniger dicht besiedelt. Hin und wieder sieht man am Ufer Bauern und Kinder im Wasser baden. Bald kommt die Silhouette der kambodschanischen Hauptstadt in Sicht und am Ufer erwartet uns schon unser neuer Reiseleiter Chan Thou. Der restliche Tag steht uns heute zur freien Verfügung und so nutzen viele von uns die Möglichkeit am Swimming Pool zu entspannen und auf eigene Faust bereits die Stadt zu erkunden. So ein bisschen Entspannung tut uns nach den doch anstrengenden Tagen sichtlich gut. Wissbegierige kommen dennoch auf ihre Kosten, denn Chan Thou führt uns durch das berüchtigte Völkermordgefängnis Tuol Sleng, wo die für uns nicht vorstellbare Schreckensherrschaft der roten Khmer sehr bildlich dokumentiert ist. Vorher war es eine höhere Schule, bis es Diktator Pol Pot in seinem Wahn zur Folterkammer ausbaute. Unser Guide Chan Tou hat die Schreckensherrschaft der Roten Khmer selbst erlebt: schwerste Kinderzwangsarbeit getrennt von seinen Eltern leisten müssen und viele Verwandte verloren. Drei Jahre, acht Monate und 20 Tage, eine Zeitspanne, die jedes Kind in Kambodscha auswendig kennt, versuchte Pol Pot aus Kambodscha eine große kommunistische Agrargenossenschaft zu machen. Er wollte in den Augen der Bewohner als großer Gott und Vater stehen. Die gesamten Städte wurden evakuiert und aufs Land gebracht. In diesem ehemaligen Gefängnis wurden zwischen 1976 und 1979 über 17.000 Andersdenkende Mönche und die Intelligenz gefangengenommen, gefoltert, gedemütigt und anschließend zur Hinrichtung auf die Killing Fields gebracht. Ein Viertel der damaligen Bevölkerung, über drei Millionen Menschen, verloren in diesem schrecklichen Kapitel ihr Leben. Erst 1979 kamen vietnamesische Truppen ins Land. Die Roten Khmer flüchteten in den Dschungel und lieferten der Regierung sowie den Vietnamesen einen blutigen Guerillakampf, der sogar 15 Jahre andauerte. Wir sind tief bewegt und seine authentischen Erzählungen während der Besichtigung gingen uns sehr unter die Haut. Was da, Ende der 70er Jahre, keine 15 Jahre vor dem Mauerfall unter dem Deckmantel "Kommunismus" geschah, ist schwer begreifbar.
Heutzutage sieht man auf den ersten Blick kaum noch Spuren dieser dunklen Vergangenheit. Die Menschen sind tüchtig, an jeder zweiten Ecke wird fleißig gebaut und die breiten Alleen werden voller Stolz mit bunten Lichtern behangen. Alle blicken nach vorn und erfreuen sich über die rasante, positive Entwicklung ihrer Heimat.

Tag 15: Glanzseiten von Phnom Penh

Ein neuer Tag beginnt, für uns mit dem Königspalast. Wir sehen pagodenartige Dächer und verschnörkelte Giebel. Bevor wir jedoch die einzelnen Gebäude besichtigen, finden wir uns unter einem Kanonenkugelbaum wieder. Dieser hat schöne Blüten und Früchte, die, wenn sie herunterfallen eine einschlagende Wirkung für schwangere Frauen haben.
Die hervorragend angelegte Palastanlage existiert seit 1886 an dieser Stelle, wurde zuerst aus Holz und später aus Stein gebaut. Das der königliche Palast an dieser Stelle gebaut wurde kommt nicht von ungefähr, er liegt genau an der Stelle wo der Tonle Sap Fluss in den Mekong mündet. Zunächst bewundern wir den "Kanonenkugelbaum" am Eingang und später den Thronsaal, wo 2004 König Sihamoni, der Sohn des verehrten, 2012 verstorbenen "Gottkönig" Sihanouk gekrönt wurde. Der neue König feiert nun sein 10-jähriges Jubiläum als König, doch er ist längst nicht so verehrt wie sein Vater. Er hat nichts zu sagen, die politischen Geschäfte führen andere. Er widmet sich eher der Kunst, denn er studierte Tanz in der damaligen Tschechoslowakei, wo er über 10 Jahre verbrachte. Man munkelt sogar, dass er mit einer hübschen Tschechin ein Kind hat. Weiter führt uns der Rundgang zur Silberpagode. Auf dem Fußboden liegen 5.329 in Frankreich gefertigte Bodenfließen aus Silber, zu einem Gewicht von je 1,125 kg, also insgesamt knapp 6000 kg Silber. Einen Teil davon kann man sehen, aber der größte Teil ist, zum Schutz, mit Teppichen ausgelegt. Im Inneren ist auf einem Altar eine grüne Buddhafigur zu sehen und davor steht in einer Glasvitrine eine Buddhafigur aus Purem Gold mit über 2.000 Edelsteinen (meist 25 Karat) verziert - beeindruckend!
Nicht weit entfernt vom Palast befindet sich das Nationalmuseum. Das Haus ist ein dunkelrotes Gebäude in Khmer-Architektur. Wie in jedem Museum gibt es antike Gebrauchs- und Kunstgegenstände zu sehen. Viele Gold- und Silberarbeiten wurden während der Pol Pot Zeit gestohlen. Zum Glück wussten die ungebildeten Soldaten der Roten Khmer nichts vom Wert der Skulpturen, so dass diese erhalten blieben. Die Räume sind in verschiedene Epochen unterteilt. Besonders interessiert uns natürlich Angkor-Zeit, da uns der Besuch von Angkor als Höhepunkt am Ende unserer Reise noch bevor steht. Ausgestellt werden hier ca. 5000 Exponate, das Museum ist weltweit führend in der Sammlung von Khmerkunst. Die Khmer sind der Volksstamm der mit 90% in diesem Land die Stammbevölkerung stellt. Wir beäugeln die Ausstellungstücke aus den verschiedenen Epochen, vor allem sind es hinduistische Götter und Buddhafiguren.
Nun steht noch der Besuch des Wat Phnom Penh auf unserem Plan, dem Hauptheilgtum der Stadt. Die Entstehung der Pagode ist eng mit der Gründungslegende der Stadt verbunden, als die Dame Penh in einem Baustamm Buddhastatuen fand. Auf dem Hügel ließ man diese Pagode errichten. Nach der Besichtigungstour bei Sonnenschein und hitzigen Temperaturen sind wir pflastermüde und durstig. So erholen wir uns im Titanic-Restaurant bei Angkor-Bier und der frischen Windbrise am Fluss.

Tag 16: Ab durch die Mitte nach Siem Reap

Heute verlassen wir die Hauptstadt Kambodschas. Unser neuer Guide Minh Tol begrüßt uns am Morgen. Über 300 km liegen vor uns, wir fahren durch das Landesinnere und doch wird uns nicht langweilig. Unterwegs wird die Straße von Reisfeldern und mit Lotusblüten übersäten Teichen geprägt. Während der Busfahrt erzählt uns Minh Tol viel Interessantes und Wissenswertes über Land und Leute. So erfahren wir, dass von den etwa 30 Mio. Einwohnern 79% als Bauern arbeiten. Die Schulpflicht beträgt neun Jahre, allerdings gehen 11% der Kinder nicht zur Schule, da es in ihren Dörfern keine Schule gibt und die nächste sehr weit weg ist. In einer Klasse lernen bis zu 60 Kinder. Natürlich kann man die Schule auch bis zum Abitur besuchen und danach auf einer der 43 Universitäten im Land studieren. 23% der Bevölkerung sind Studenten. Zum studieren ist allerdings auch Geld notwendig, pro Jahr etwa 5.000 USD.
Zwei mal im Jahr wird Reis geerntet, der meiste Reis wird exportiert, Hauptabnehmer sind Vietnam und Europa, hier wiederum Deutschland. Für die Einheimischen kostet ein Kilogramm Reis je nach Qualität 800 bis 1.300 Riel. 4400 Riel entsprechen einem US-Dollar.
Bei Skone besuchen wir den bekannten Spinnenmarkt, wo diverse frittierte oder gebratene Krabbeltiere feil geboten bekommen. Kalte Schauer laufen uns beim Anblick der gehäuften Kakerlaken, Grillen und in Öl gebratenen Spinnen über den Rücken. Ungewöhnlich für unsere Augen und noch ungewöhnlicher für unsere Gaumen. Doch die Neugier war stärker! Mutig, mutig: einige Gäste lassen sich von einer lebendigen Spinne bekrabbeln und andere probieren krosse Spinnenbeine. Horror! Obwohl? Die schmecken gar nicht mal so schlecht. Die acht Spinnenbeine teilten wir brüderlich. Eine besondere Erfahrung und es schmeckte nicht mal schlecht.
Pfahlbauten säumen den weiteren Weg. Die alten Häuser sind noch ohne einen Nagel gebaut, nur mit Holzsplinten. Diese traditionelle Architektur ist in Kambodscha weit verbreitet. Wegen Hochwasser, den hohen Temperaturen und Tieren wird auf Stelzen gebaut. In den Häusern gibt es meist nur einen Raum, manchmal ist ein extra Zimmer für die Mädchen da, aber meist wird der Raum nur durch Vorhänge getrennt. Kühe schlafen im Schatten, Frauen und Männer liegen in Hängematten und dösen vor sich hin, Teestuben und Händler warten mehr oder weniger auf Kunden - kambodschanischer Alltag eben. An mehreren Dörfern halten wir, um unsere Gastgeschenke zu verteilen. Viele sind es gar nicht gewohnt, europäische Besucher zu bekommen. Neugierig betrachten wir einander und schnell kommen wir durch Reiseleiter Tol mit ihnen ins Gespräch. Alle sind herzlich und offen, manche Kinder aber sehr schüchtern und ihnen kullern die Tränen vor Aufregung. Am Steinmetzdorf zeigt uns eine Familie ihre filigranen Handarbeiten. Es sind teils riesige Buddhafiguren, die leider nicht mehr in mein Handgepäck passen. Zum Mittagessen gibt es heute überwiegend Frühlingsrollen und Eis. Man, das tut gut!
Vor Siem Reap grüßt uns Angkor mit der 700 Jahre alten Nagabrücke, die heute noch für Zweiräder und Fußgänger nutzbar ist. Ihre Geländer bestehen aus riesigen steinernen Nagas, den siebenköpfigen Kobras, die Buddha einst beim vor Störungen beim Erreichen der Erleuchtung schützten.
Um für morgen Zeit zu sparen, werden wir heute schon an der Kasse stehen. Jeder wird fotografiert und bekommt einen Eintrittskartenpass. Zum Abendessen überrascht uns Tol mit Lotusblüten, die unsere Hotelzimmer schmücken dürfen. Okun Tol! Danke!

Tag 17: Sagenhaftes Angkor–Reich

Wir fiebern unsere Entdeckungstour durch das vergangene Imperium der Khmer und der weltgrößten Tempelanlage entgegen. Das Wort "Angkor" bedeutet in der Sprache Khmer wörtlich übersetzt "Stadt". Der Komplex ist zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert entstanden, als die Religion das Zentrum des mächtigen Khmer-Reiches war. Die religiösen Wurzeln liegen im Hinduismus, weshalb viele Großreliefs in den Haupttempeln Szenen aus der hinduistischen Mythologie zeigen. Auf einer Gesamtfläche von mehr als 200 km² wurden nacheinander mehrere Hauptstädte und in deren Zentrum jeweils ein großer Haupttempel errichtet. Bis heute wurden bereits mehr als 1000 Tempel und Heiligtümer unterschiedlicher Größe entdeckt. Es gibt Vermutungen, dass im Großraum von Angkor am Höhepunkt des historischen Königreiches bis zu einer Million Menschen auf etwa 1000 km² gelebt haben könnten. Das sind im Moment noch unvorstellbare Dimensionen, am Ende unserer Reise werden wir eine kleine Idee haben von dem, was sich an monumentalen Bauwerken befindet und befunden haben könnte.
Das fremde asiatische Essen und die heißen Temperaturen belasten manch einen mehr als den anderen. So kommt es dazu, dass wir die Gruppe splitten müssen und sich zwei unserer Reisefamilie vom Abenteuerurlaub erholen müssen, während sich die anderen schon einmal auf die Spuren der antiken Khmer begeben. Angkor erfasst ein riesiges Areal von über 350 Tempeln, die wir leider nicht alle besichtigen konnten. Die aufgeteilten Tempelbezirke aus verschiedenen Jahrhunderten waren gleichzeitig Städte/Reiche und Tempel die zentralen Mittelpunkte. Der unter König Suryavarmann II. erbaute Tempel Angkor Wat, das größte Sakralbauwerk der Welt, hat als einziger viele Jahrhunderte als buddhistisches Kloster und Heiligtum überdauert. Da es sich hier um eine weltberühmte UNESCO-Kulturerbestätte handelt, sind wir nicht die einzigen Besucher. Ca. 6.000 Menschen besuchen jeden Tag das Herz des Khmer-Reiches, doch Thol kennt Geheimrouten, die uns gegen den Strom führen. Er ist ein wahrer Experte in Sachen Khmer Kultur und kennt fast jeden Stein, jedes Relief und die besondere Bedeutung der Lotusblume. Die Themen sind Kriege und Geschichten aus den Hindu-Epen Ramayana und Mahabharata. Letzteres beschreibt einen blutigen Bruderkrieg um Macht und Einfluss. Das Ramayana berichtet über das Leben Ramas, dessen Frau vom Dämonenfürsten Ravana entführt wird. Mit Hilfe des Affenkönigs Hanuman rettet Rama seine Frau Sita und besiegt Ravana. Auszüge von diesen Szenen erleben wir bald beim Abendessen mit Apsara-Tanzvorführung.
Pünktlich zum Mittag erscheint Anhi wieder und begleitet die Gruppe zu ihrem Lieblingstempel. Wir betreten Angkor Thom, die große Hauptstadt, gebaut um 1200, durch das südliche Stadtor. Die Brücke, welche zur Stadt führt, wird von Steinfiguren flankiert. 54 Götter auf der einen und 54 Dämonen auf der anderen Seite tragen jeweils eine riesige Schlange - die Naga. Angkor Thom war eine befestigte Stadt, in der Priester, Beamte und Militärs wohnten. Im Zentrum befindet sich der Bayon, der Haupttempel der Anlage. Von ursprünglich 49 Türmen sind heute noch 37 Türme erhalten geblieben. 200 Gesichter schauen in die vier Himmelsrichtungen oder man könnte auch sagen, in unserer Richtung, egal wohin wir gehen. Dieser Ort mit den imposanten Gesichtsertürmen ist schon sehr mysteriös und faszinierend zugleich! Auch hier passieren wir ein Gewirr von Galerien, ein Chaos von dunklen verwinkelten Räumen und natürlich traumhaft schöne Flachreliefs. Tol teilt uns mit viel Enthusiasmus sein großes Fachwissen und erklärt uns die opulenten Reliefs. "Die wahre Schönheit liegt in den Details.", so unser Reiseleiter. Er erzählt uns von der Legende des Quirlen des Milchmeeres und erklärt das architektonische Prinzip der Turmbauten, das sich die Lotusblüte als Vorbild nahm und auch die immer wiederkehrenden Motive in den Wandverzierungen. Es gibt fast keinen Stein in der Gallerie, der nicht mit Verzierungen versehen ist. Immer wiederkehrendes Motiv sind auch Apsara-Tänzerinnen, sowie Statuen von Vishnu und Shiva. Nach unseren Tagen in Angkor werden wir wahrscheinlich zwei Worte nie vergessen: Apsara, Vishnu, Shiva und Lotusblüte.

Tag 18: Wunder von Mensch und Natur

Der beliebteste aller Tempel heißt Ta Prohm. Selbst Angelina Jolie war hier und drehte Szenen aus dem Film Tomb Raider. Die Tempelanlage war vom Dschungel völlig überwuchert und wurde so erst ca. 600 Jahre nach ihrer Entstehung von Europäern entdeckt. Überdimensionale Baumwurzeln verschlingen sich mit den wuchtigen Steinmauern und halten diese fest umschlungen, damit sie nicht auseinander fallen. Einfach beeindruckend, unsere Fotoapparate klickten im Dauertakt. Im Sekundentakt strömten dann auch die Touristen in die Anlage. Ab und zu müssen schmunzeln wir über unsere koreanischen Freunde, die stundenlang nach der perfekten Pose suchen können.
Errichtet wurde Ta Prohm vom späten 12. bis hinein ins 13. Jahrhundert. Majestätisch stehen die Bäume über den Ruinen, haben sie sich einverleibt. Über den Mauern der wuchtigen Reste des Tempels schlingen sich die Wurzeln noch riesigerer Bäume wie Schlangen bis zum Boden hinab und bilden ein irreales Bild. Die Natur holt sich mit brachialer Gewalt das zurück, was ihr einst genommen wurde: Lebensraum der Urgewächse. Sie gestaltet das von Menschen Geschaffene und Verbliebene um, nach Lust und Laune. Der Mensch lässt gewähren oder greift ein. Was hier richtig ist, vermag keiner der Betrachter zu entscheiden. Dieser Anblick hat etwas von Einmaligkeit. Dazu Tols Ausführungen und Erklärungen, die uns begeistern, trotz steigender Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Wir sehen Konservierungsmaßnahmen im inneren Bereich des Tempels, dort wo die Riesen noch nicht wirksam wurden. Und richtig: der Entschluss der Verantwortlichen lautet: der Tempel ist aufgegeben; er ist, so wie er ist, Besuchermagnet und wird es bleiben, die Vegetation und die herabgefallenen Mauersteine werden nur soweit entfernt und gesichert, dass es Besuchern möglich ist, die Anlage zu begehen. Besonders eindrucksvoll sind eben die Würgefeigen, riesigen Fikus und die noch größeren "Tetrameles nudiflora", deren Wurzeln sichtlich ganze Gebäude überwachsen und mehrere 10m hoch aufragen können. Das Holz ist weich und die Blätter leicht flaumig. Ein deutscher Name für das Gewächs aus der Ordnung der Kürbisartigen ist unbekannt, allerdings gibt es Trivialnamen in den Verbreitungsgebieten. Die indische Entsprechung lautet Thitpok, das klingt am bekanntesten, einigen wir uns darauf.
Vom Dschungeltempel kehren wir noch einmal zum Bayon-Tempel, da heute die Sonne günstiger steht. So bekommen wir öfters die Postkartenmotive im schöneren Licht, auch ohne andere Touristen. Anschließend setzen wir unsere Erkundungen zur Elefantenterrasse fort, die ihren Namen durch die Reliefdarstellung von Elefanten bekommen hat. Sie hat eine Länge von 300 Metern, hier nahm der Herrscher früher Paraden ab. San führt uns zu kleineren Tempeln und dem Königspalast, von dem leider nur noch Ruinen vorhanden sind. Die Könige und Mönche haben damals nie in den Tempeln gelebt, sondern in Holzkonstruktionen außerhalb der Tempel. In Vietnam wateten wir durch Wasser, in Kambodscha durch Matsch - ein kostenloses Fußschlammbad also. Mandy und Anh haben ihre Schuhe aufgegeben und laufen von nun an mit Flipflops.
Fast 30 Kilometer entfernt steht ein architektonisches Kleinod namens Banteay Srei, auch Frauentempel genannt. Er ist zwar einer der kleinsten auf dem Gebiet von Angkor, aber der am reichsten verzierte Tempel. Kein Wunder also, dass Archäologen dieses aus der Mitte des 10. Jh. Bauwerk auch als ein Juwel unter den Tempeln betrachtet. Minh Tol versteht es wieder hervorragend, uns die filigranen Ornamente und Relief im rosa schimmernden Gestein zu erklären. Wir haben ausreichend Zeit, alles genauestens zu betrachten und die mit filigraner Geschicklichkeit sowie Liebe zum Detail errichtete Anlage auf uns wirken zu lassen. Auf unserem Rückweg besuchen wir noch ein kleines Dorf, dessen Bewohner sich mit der Herstellung von Palmzucker ihren Lebensunterhalt verdienten. Auch hier ist Tol mit mit vollem Körpereinsatz dabei, um uns die Gewinnung vom kostbaren Palmzucker zu demonstrieren. Er hat diese Tätigkeit selbst schon fünf Jahre ausgeübt. Es ist eine knochenharte Arbeit, sagt er. Hut ab, sagen wir!

Tag 19/20: Leben am, auf und im Wasser – Heimreise

Ausschlafen, das Frühstücksbuffet genießen - hach, so könnter jeder Tag anfangen. Wieder einmal lernen wir das spezielle Leben in Kambodscha kennen. Diesmal das auf dem See Tonle Sap. Er ist Rückhalte- bzw. Sammelbecken für den Mekong und gehört zu den fischreichsten Gewässern der Erde. Kontrastreich zum blauen Himmel zeigt er braunes Wasser, vom mitgeschwommenen Schlamm auf der weiten Reise seit dem tibetischen Hochland, wo sich seine Quelle befindet. Er ist der größte südostasiatische Binnensee mit einer einzigartigen Bedeutung für die ganze Region mit einem ebenfalls einzigartigem Hydro- und Öksystem, einer äußerst vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt, die noch immer nicht vollständig erforscht ist. Wirtschaftlich bietet er die Lebensgrundlage der hier ansässigen Menschen. All das hier umfassend abzuhandeln, sprengt den Rahmen eines Reiseberichtes; wir haben einen winzigen Teil optisch und mental erfasst, für den Einen oder Anderen Anreiz, sich tiefgründiger mit ihm zu beschäftigen. Die Menschen haben sich dem Leben auf dem See angepasst. Ihre Wohnungen, Kirchen und Schulen, ihre Tankstellen und Supermärkte befinden sich alle auf schwimmenden Hausbooten oder stehen am Ufer auf hohen Stelzen. Krokodile soll es hier auch geben, an uns vorbei geschwommen ist aber keines.
Gestärkt nach einem leckeren Khmer-Kitchen-Mittagessen in einem Schmetterlingsgarten bereiten wir uns so langsam auf die Rückreise an. Rudi und Marina versuchen noch Angkor Wat aus der Vogelperspektive zu fotografieren, doch leider steht der Wind für den dafür vorgesehenen Ballon nicht so günstig, weshalb die Tour aus Sicherheitsgründen nicht durchgeführt wird. Nichtdestotrotz haben wir einen wunderbaren Einblick in die Geschichte der Khmer bekommen.
Antje und Wolfgang lassen es sich noch ein paar Tage am Strand von Mui Ne unter Palmen gut gehen, während wir schon einmal gen Westen fliegen.

Schlusswort

Meine lieben Reisegefährten,
eine wahnsinnig erlebnisreiche, hyperauthentische und äußerst abenteuerliche Reise geht zu Ende, von deren Erinnerungen wir mit Sicherheit noch lange zehren werden. Ich danke Ihnen allen für Ihren Humor, Ihre eiserne Tapferkeit und Ihre Offenheit, mein geliebtes Vietnam und faszinierendes Kambodscha kennenzulernen.
Drei Wochen verbrachten wir zusammen, über 1.800 km sind wir mit dem Bus gefahren, schlappe 250 km sind bei unseren Bootsfahrten zusammen gekommen und zählt man die ca. 24.000 geflogene km hinzu, dann haben wir tatsächlich eine halbe Weltumrundung gemeistert! Wir entdeckten wundersame Landschaften, besuchten gefühlte 500 Tempel und Pagoden, probierten exotische Gaumenfreuden aber auch -feinde, begegneten herzliche Menschen und fremde Traditionen. Wir schwitzten und froren gemeinsam, und das nicht nur wegen der Temperaturen, erlebten mitreißende wie auch außergewöhnliche Begebenheiten und unbeschadet unberechenbare Naturgewalten. Reisen ist ein Erlebnis - und diese Reise war ein gaaanz besonderes.
Ich wünsche Ihnen ein geruhsames Weihnachtsfest, alles Gute für Sie und viel Gesundheit!
Ihre Anh

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