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Dubai und Abu Dhabi – Perlen am Arabischen Golf. Ein Blick in die Geschichte beider Städte vor, während und nach dem Erdölzeitalter

Von Frank Nimschowski, 05.12.2023
Dubai und Abu Dhabi – Perlen am Arabischen Golf.  Ein Blick in die Geschichte beider Städte vor, während und nach dem Erdölzeitalter – © Frank Nimschowski
Anders als Siedlungen im Landesinneren der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), insbesondere der Oasenstadt Al Ain mit einer über 6.000 Jahre alten Geschichte, haben Dubai und Abu Dhabi eine kurze Geschichte aufzuweisen. Im Falle der Hauptstadt Abu Dhabi geht die Gründung einer Siedlung auf die Entdeckung einer Süßwasserquelle im Jahre 1761 zurück. Dubais Geschichte beginnt erst im Jahr 1833, als

1970 lebten in Dubai gerade einmal ca. 60.000 Menschen, heute sind es über 3 Millionen. In Abu Dhabi betrug die Einwohnerzahl 1968 ca. 22.000, heute leben über 1,5 Millionen in der Hauptstadt.
Abu Dhabi zählte in den 1930er Jahren zu den wichtigsten Plätzen des Perlenhandels am Arabischen Golf. Entlang der Golfküste entstanden von Kuwait bis Ras Al Khaimah Orte, die von Perlen lebten. Eine Perle entsteht aus der Schutzreaktion der Perlmuschel, wenn ein Fremdkörper, meistens ein Sandkorn, in die Muschel eindringt. Die Muschel bildet um das Sandkorn dünne Schichten aus Perlmutt. Über Jahre kann so eine wertvolle Perle entstehen. Da es in den Küstengewässern des Arabischen Golfes regelmäßig zum Aufwirbeln von Sandkörnern durch austretendes Süßwasser am Meeresgrund kommt, ist die Zahl der Verunreinigungen und damit der Entstehung von Perlen in den Muscheln besonders hoch. Für die Perlentaucher war es ein Knochenjob mit einem bescheidenen Einkommen. Mehrere Tauchgänge täglich in 20 bis 30 Meter Tiefe, nur mit einer Nasenklammer und Steingewichten ausgerüstet, waren üblich. Das Geld verdienten andere – die Händler. Schließlich führte Mitte des 20. Jahrhunderts die Überschwemmung des Weltmarktes durch die japanischen Zuchtperlen zum Niedergang des Perlenhandels am Golf. In der Folge halbierte sich die Einwohnerzahl in Abu Dhabi von 10.000 (1939) auf 5.000 Ende der 1950er Jahre.
Gleichzeitig waren in den 1950er Jahren Explorationen nach Erdöl erfolgreich. Die Erdölförderung begann in den 1960er Jahren mit ausländischer Hilfe. Abu Dhabi, das sich auf einer Insel befindet, wuchs mit der Wellenbrecherinsel (Break Water Island) weiter ins Meer hinein. Aufgeschüttet wurde Break Water Island aus Bauschutt. Dieser stammte vom Abriss der ersten modernen Betonhäuser, welche, durch Sonne, hohe Luftfeuchtigkeit und Salz ausgesetzt, im Schnitt nach 25 Jahren verschlissen waren. Heute reicht der Platz der ca. 60 Quadratkilometer großen Insel für die Expansion der Stadt nicht mehr aus. So werden in Nachbarschaft liegende Inseln als neue Stadtteile entwickelt. Die bekanntesten Projekte darunter sind Yas und Saadiyat Island. Yas Island ist durch die Formel 1 Strecke weltberühmt geworden. Die Inseln steht mit dem Vergnügungspark Ferrari World und der schnellsten Achterbahn der Welt ganz im Zeichen von Motorsport und Schnelligkeit.
Das Motto von Saadiyat Island ist dagegen die Kultur. Hier entsteht ein äußerst bemerkenswerter Kulturdistrikt. Nachdem der Louvre Abu Dhabi bereits fertiggestellt ist, entstehen gerade ein neues Guggenheim Museum, das Nationalmuseum in Form eines riesigen Falkennestes sowie das Art Performance Centre. Jedes dieser Gebäude ist für sich ein Meisterwerk, entworfen von den besten Architekten der Welt, von Frank Gerry, über Zaha Hadid bis Sir Norman Forster.
Abu Dhabi investiert seine Ölmilliarden aber nicht nur in Kunst und Formel 1. Bei der eigenen Energieversorgung wird die Dekarbonisierung ehrgeizig vorangetrieben. Das betrifft sowohl den Ausbau von Solarstrom als auch den Bau von Atomkraftwerken. Obwohl das Emirat Abu Dhabi noch Erdölreserven für über 100 Jahre besitzt, macht es sich selbst unabhängiger vom Erdöl. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass es lukrativ ist, besser das Erdöl zu hohen Preisen zu exportieren, als es selbst zu nutzen.

Anders als in Abu Dhabi spielt in Dubai Erdöl keine nennenswerte Rolle mehr. Dubai hat es geschafft, seine Ölmilliarden so zu investieren, dass es heute unabhängig vom Öl ist. Wenn ich aktuell in deutschen Medien anlässlich der COP28 lese, dass diese im „Ölstaat Dubai“ stattfindet, kann ich nur mit dem Kopf schütteln – Dubai ist in den förderalen VAE eines von sieben Emiraten, kein Staat und Öl spielt hier keine Rolle mehr. Die wichtigsten Standbeine heute sind der internationale Handel, der Tourismus, die Immobilienbranche und das Finanzwesen. Was den internationalen Handel angeht, so hat Dubai mit dem Containerhafen Jebel Ali schon in den 1970er Jahren ein Drehkreuz für den Warenverkehr geschaffen und dieses stetig ausgebaut. Im Selbstverständnis von Dubai liegt man zentral zwischen Europa einerseits und Indien/China andererseits. Man kann von Dubai aus in 6 Flugstunden die Hälfte der Weltbevölkerung erreichen.
Was die Immobilienbranche in Dubai angeht, so gibt es in Deutschland einschließlich vieler Journalisten immer noch die Vorstellung, das all diese Wolkenkratzer mit Hilfe der Ölmilliarden errichtet wurden. Wahr ist, dass einzelne Leuchtturmprojekte wie zum Beispiel das Burj al Arab und der Burj Khalifa tatsächlich mit Ölmilliarden finanziert wurden. Auch die beiden großen Projektentwickler Nakheel (Palmeninseln, The World und andere Inselprojekte) sowie Emaar (Burj Khalifa, Dubai Marina, Adresshotels) wurden mit Startkapital aus den Ölmilliarden ausgestattet. Doch bei dem ganz überwiegenden Teil der Wolkenkratzer handelt es sich um Projekte privater in- oder ausländischer Investoren, meistens Kredit finanziert, wie es auch in Deutschland üblich ist.

Über die Perlen von einst, kann man sich heute im Museum informieren. Die Perlen von heute sind bemerkenswerte Sehenswürdigkeiten, die sich kluge Menschen ausgedacht haben. Im „Land of dreamers who do“ (Beiname der VAE während der EXPO 2020) passiert es auch schon mal, dass nicht nur Ideen von Stararchitekten verwirklicht werden: Vor einigen Jahren hatte sich eine Schülerin der 11. Klasse bei einem Schülerwettbewerb ein Gebäude in Form eines überdimensionalen Bilderrahmens ausgedacht, der als Aussichtspunkt dient. Heute ist „The Frame“ eine der Perlen, die besichtigt werden können.

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