Eine Runde Meerschwein bitte!
Rundreise Peru - Erlebnis im Regenwald
Von Peter Rudolph / 19.10.2018
Reisen mit Eberhardt-travel eignet die Tatsache, dass wir die zumeist fremden Gegenden nicht nur visuell und olfaktorisch, sondern nicht zuletzt auch lukullisch kennen lernen; kurz gesagt: mit allen Sinnen. Und nun bereisten wir Peru und siehe da, auch hier gab es küchenmäßig sehr viel Neues zu entdecken. Eines der leckersten Dinge, welches in den Töpfen der Peruaner, aber auch jener, anderer Andenstaaten landet ist das Meerschweinchen. Diese kleinen, quiekenden Racker, welche wir höchstens aus der Tierhandlung und später in Garten/Wohnung oder Käfig kennen, sind dort eine Delikatesse. Der Gedanke als ehemaliger Meerschweinchenbesitzer und Nagetierfan daran löste zunächst etwas Befremden aus. Schmelze ich doch dahin, wenn mich ein spitzes Gesichtchen mit Knopfaugen, gespaltener Oberlippe, runden Ohren und zwei mehr oder weniger gelben mittleren Schneidezähnen unschuldig anschaut; egal ob Hamster, Ratte oder Capybaras (Wasserschweine). Doch die Neugier siegte. Überall in Peru werden sie in Restaurants oder an Straßengrills angeboten. Und so kommen wir während unserer Reise auch durch das Dorf Lamay im Tal des Urubamba, wo an der Durchgangsstraße verschiedene Restaurants mit gegrillten Meerschweinchen locken. Wir halten und ich gebe für uns eine Runde Meerschwein aus. Gut durch mit goldbrauner knuspriger Haut sind sie schmackhaft glänzend aufgespießt und bis obenhin gefüllt mit einem Würzkraut, welches es in Europa nicht gibt. Der Chef serviert es in Happen zerteilt und wir machen uns über das leckere Gericht her. Ja wonach schmeckt es? Mich erinnerte es irgendwie an eine Mischung aus Kaninchen und Schwein. Aber am leckersten war (wie beim Brathuhn) die unsagbar knusprige Haut. Da läßt man die Beilagen aus würziger Soße und Kartoffeln glatt beiseite. Das Ganze hat 40 PEM, also peruanische SOL gekostet, was ungefähr 11 Euro entspricht. Zum reichlichen Verkosten für 10 Personen war es mehr als genug. Wegen des Unterhautfetts und der Kartoffeln waren alle recht satt. Die guinea-pigs (sprich ginnäpigs) , wie sie auf Englisch heißen sind hier auch recht groß. Nicht zu vergleichen mit jenen, die wir aus unseren Zoohandlungen kennen. In Cuzco hätte man das Doppelte am Straßenrand bezahlt und in Lima gibt es sie quasi nur im Restaurant. Unbezahlbar für jeden normalen Peruaner dort. Der Genuß dieses kleinen Pelztieres geht bis in vorinkazeitliche Epochen zurück, und es war wie auch heute noch ein Festessen. Soll der geneigte Leser doch bitte nicht auf Idee kommen, Meerschwein gäbe es jeden Tag. Es ist ein Festessen. Gerne wird es auch bei Hochzeiten serviert, wo der Verzehr dem jungen Paar Glück bringen soll. Und weil es für die Peruaner solch ein Festessen ist, hat Jesus auf einem riesigen Gemälde in der Kathedrale von Cuzco auch ein solches vor sich beim hl. Abendmahl. Meerschweinchen können sich das ganze Jahr über fortpflanzen. Bei der Geburt können sie sehen, sind behaart und schon wieder nach wenigen Wochen geschlechtsreif. Dabei bringt es ein Weibchen auf bis zu 8 Junge Näherungswert). Geile Meerschweinchenböcke (Böcke nennt man sie tatsächlich) decken mitunter schon nach 4 Wochen die eigene Mutter, weshalb das Weibchen männliche Nachkommen i. d. nach 4 Wochen wegbeißt. An Nachschub für die peruanische Küche herrscht also kein Mangel. Es hat uns allen gut geschmeckt. Wir haben es vom Straßengrill genossen. Dabei sollte man auf einen kompletten! Schutz vor Hepatitis A achten, die oral übertragen werden kann. Vor allem sollte das Schweinchen voll durchgebraten sein, das Fleisch also vom Knochen fallen. So war es eine reine landestypische Gaumenfreude für alle. Und ich versichere: Mein alter Herrmann ist nicht auf dem Grill gelandet, sondern wurde nach seinem natürlichem Ableben in einer Bambusschachtel bestattet.
Ihr Peter Rudolph