Was isst man wo zu Weihnachten?

Das Weihnachtsfest ist eigentlich eine Unterbrechung der langen Fastenzeit zwischen November und Ostern. Zumindest an diesen Feiertagen darf und soll geschlemmt werden! In manchen Ländern ist das Fest am Heiligabend mit speziellen Ritualen und traditionellen Gerichten verbunden.

Von Dr. Michael Krause / 10.12.2020
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In Deutschland statistisch bei mehr als 60% der Haushalte Würstchen und Kartoffelsalat auf dem Tisch und den Festbraten gibt es am 1. Feiertag. Nach den Würstchen gibt es eine Bescherung und man bleibt danach „in Familie“ oder geht zur Christmesse. Bei unseren Nachbarn sieht es oft anders aus: in alter Fasten-Tradition werden in vielen Ländern vor Christi Geburt um Mitternacht vegetarische Speisen und Fisch-Gerichte verzehrt, erst danach darf mit Fleisch weitergemacht werden. Besonders deutlich ist das in Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Kroatien, und Ungarn.

In Polen läuft zum Heiligabend alles sehr christlich ab. Es wird den ganzen Tag gefastet, erst abends kommt die Familie zum Weihnachtsessen zusammen. Wenn der erste Stern am Himmel aufgegangen ist, kann ein Festmahl beginnen, das traditionell aus 12 Gerichten  (Erinnerung an die 12 Apostel) besteht. Als Zeichen der Gastfreundschaft legt man aber ein Gedeck mehr als benötigt auf – falls unerwartet Besuch kommt. Dann werden die Weihnachtsoblaten, große eckige Backoblaten mit einem aufgeprägten Bild, geteilt - als Zeichen dafür, dass die Familie das Leben miteinander teilen will und als Geste der Liebe und der Versöhnung und man wünscht sich "Frohe Weihnachten". Beim gemeinsamen Essen hoffen die Kinder, unter ihrem Teller ein Geldstück zu finden. Nach dem Essen ist Bescherung… 

In Tschechien sollte man ebenfalls den ganzen Tag fasten. Dann macht man sich auch - wie bei uns am Heiligabend (den man „Štedrý vecer“ nennt – den „Reichlichen Abend) - Geschenke, die „Ježíšek“,  das Christkind, gebracht hat. Traditionelles Festessen am Heiligabend ist Karpfen mit Kartoffelsalat. Wenn. man den ganzen Tag brav war und wirklich einen leeren Magen hat, kann  man der Überlieferung nach am Abend ein „Zlaté prasátko, ein goldenes Schweinchen als Symbol für Glück sehen…

In Ungarn trifft sich die Familie am Heiligabend zum Aufstellen des Weihnachtsbaumes, der dann mit in buntes Stanniolpapier gewickelten gefüllten Pralinen und Bonbons – dem sogenannten Salonzucker – geschmückt wird. Nachdem das Christkind – auf Ungarisch Jézuska – die Geschenke für die Familie gebracht hat, wird gegessen. Nicht fehlen beim anschließenden Festabendessen dürfen die traditionelle Fischsuppe und danach Bejgli, eine mit Nüssen oder Mohn gefüllte Heferolle, die ebenfalls nicht zu Weihnachten fehlen darf.

Im Einflussgebiet der orthodoxen Kirche wird am Heiligabend traditionell kein Fleisch gegessen: die Spuren davon finden sich fast überall östlich der Adria (Bulgarien, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Albanien, Griechenland…) – hier werden Meeresfrüchte, Fischsuppe, Linsen oder verschiedene Brote gegessen.

Im Vereinigten Königreich sind die Weihnachtsbräuche romantisch  – irgendwie entsteht immer die Welt eines Charles Dickens… Heiligabend sitzt man zusammen und trinkt Punsch. In der Nacht gibt es Geschenke, die aber erst am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags ausgepackt werden. Festessen gibt es erst nach der Weihnachtsansprache der Queen. Als traditionelles Weihnachtsmahl gibt es Truthahn und zum Dessert entweder eine süße Mince Pie oder Christmas Pudding (Plumpudding). Oft sind darin Münzen für die Kinder als Überraschung versteckt. Der zweite Weihnachtsfeiertag wird "Boxing Day" genannt. Das hat nichts mit dem Sport, aber mit kleinen Kisten zu tun: Früher nämlich erhielten Bedienstete und Lieferanten für Ihre Mühe des vergangenen Jahres eine Christmas-Box mit Geschenken, heute gibt man ein gutes Trinkgeld

In Frankreich und in vielen französischsprachigen Regionen (Südbelgien, Schweiz, im kanadischen Quebec)  wird nach einer Bescherung in alter Tradition ein langes und sehr üppiges Weihnachtsessen gehalten, mit Austern, Hummer, Schnecken. Auf keinen Fall darf die gestopfte  Gänseleber als Delikatesse fehlen. Wein wird kalt getrunken – Glühwein gibt es nur im Elsass. Auch traditionell ist am nächsten Tag Truthahn mit Walnüssen und als Dessert dazu Gewürzbrot oder Cremekuchen. Auch Datteln sind als Zutat oder getrockneter Nachtisch  beliebt – ein Überbleibsel aus der Kolonialzeit aus den arabischen Gebieten.

In Italien hat sich im letzten Jahrhundert vieles geändert. Heute werden zum großen Familienfest Heiligabend die Geschenke durch "Gesû bambino" (Christkind) gebracht, früher gab es die Geschenke für Kinder erst am Dreikönigstag. Bis zum Beschenken wird nur Kuchen (Pannetone) gegessen, auch Meeresfrüchte sind erlaubt. Erst nach dem gemeinsamen Besuch der Christmesse, ab Mitternacht,  werden als Festschmaus vielerorts traditionell Linsen gegessen, die durch ihre Form für einen Geldsegen stehen. Dazu gibt es Zampone (gefüllten Schweinefuß) oder Cotecchino (gekochte Schweinswurst) und dazu einen kräftigen Rotwein.

Portugal steht ganz in christlicher Tradition. Es gibt einen Weihnachtsbaum und den gemeinsamen Besuch der Christmesse um Mitternacht. Als traditionelles Festessen gibt es frittierte Stockfischbällchen, danach Bacalhau (Stockfisch mit Kartoffeln und Kohl) und als Nachtisch den sehr süßen Königskuchen Bolo rei – gebacken mit Portwein und dekoriert mit Nüssen und kandierten Früchten.

Am Heiligabend versammelt sich in Spanien (zur „Noche Buena“) die ganze Familie zu einem Abendessen, bei dem die Weihnachtsspezialität „Turron“ - aus gerösteten Mandeln, Zucker, Honig und Eiern hergestellt – die wichtigste Speise ist. Nach dem Essen gibt es eine Art Weihnachtslotterie: die „Urne des Schicksals“ kommt auf den Tisch, in der sich viele kleine Geschenke, aber auch Nieten befinden. Jeder darf so lange ziehen, bis er ein Geschenk abbekommen hat.

In Norwegen ist Weihnachten auch besonders ein Familienfest. Nach dem Julbord (Weihnachtsbuffet) mit den Kollegen isst man zu Hause am Weihnachtsabend Lamm oder Rippchen. Am zweiten Feiertag allerdings ist Party angesagt – da geht man mit Freunden essen und trinken!

Weihnachten in Schweden beginnt ja eigentlich schon mit dem Luciafest am 13.12. Heiligabend sitzt um 15 Uhr die ganze Familie vor dem Fernseher, wenn traditionell Donald Duck die eigentliche Weihnachtszeit eröffnet. Dann folgt das reichhaltige Weihnachtsbuffet Julbord mit Räucherlachs, gefüllten Eiern und kaltem Braten, warmen Köttbullar (Fleischklößchen) und Pilzen - als Verbeugung vor der Fruchtbarkeit. Anschließend packt man die Geschenke aus und geht in die Kirche.

Bei unseren Nachbarn in Dänemark wird am 24. Dezember das Wohnzimmer weihnachtlich geschmückt und dann das Weihnachtsessen – oft ein Enten- oder Gänsebraten serviert. Zum Nachtisch gibt es Weihnachtsgrütze mit einer versteckten Mandel drin. Wer diese Mandel findet, bekommt ein Geschenk. Ja, genau wie im Kinderbuch „Wo der Weihnachtsmann wohnt“. Für die Trolle und Wichtel wird aber noch eine Etra-Portion Grütze auf den Dachboden gestellt. Man weiß ja nie…



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