Fernreisen

Zu Besuch bei einheimischen Familien in Kirgisien

Von Andrej Kulikov, 12.07.2023
Reisebegleiter Andrej in Karakol - Kirgisien – © Andrej Kulikov - Eberhardt TRAVEL
Während unserer Rundreisen in Zentralasien haben wir mehrere Gelegenheiten, mit einheimischen Familien in Kontakt zu treten und vieles über ihr Leben zu erfahren. Das gibt uns einen authentischen Einblick in das Alltagsleben der Einwohner eines Reiselandes, zeigt uns ihre herzliche Gastfreundschaft und ist immer eine unvergessliche Begegnung.

Eine dieser beeindruckenden Begegnungen konnten ich mit meiner kleinen Reisegruppe zum Beispiel in Kirgisien erleben. Hier waren wir bei einer uigurischen Familie in Karakol zum Abendessen in ihrem Haus eingeladen.

Die Uiguren sind eine turksprachige ethnische Minderheit, die hauptsächlich in der autonomen Region Xinjiang in China lebt. Einige Uiguren haben jedoch auch Gemeinschaften in anderen Teilen Zentralasiens, einschließlich Kirgisistan. Eine typische uigurische Familie besteht normalerweise aus mehreren Generationen, die zusammen unter einem Dach leben. Die Familienstruktur ist patriarchalisch, und der Vater oder das älteste männliche Familienmitglied hat oft das Oberhaupt der Familie. Die Familienmitglieder sind eng miteinander verbunden und pflegen eine starke familiäre Bindung. Die traditionelle uigurische Kultur ist von muslimischen Glaubenspraktiken, nomadischem Erbe und zentralasiatischer Lebensweise geprägt. Uigurische Familien pflegen oft ihre eigenen Bräuche, Traditionen und Essgewohnheiten.

Die uigurische Küche ist für ihre einzigartigen Geschmacksrichtungen, Gewürze und traditionellen Zubereitungsmethoden bekannt. Heute haben wir vor, gemeinsam Laghman vorzubereiten. Laghman ist ein beliebtes uigurisches Nudelgericht. Es besteht aus handgemachten, langen Nudeln, die mit verschiedenen Gemüsesorten wie Paprika, Tomaten, Karotten und Zwiebeln sowie Fleisch (normalerweise Lamm) zubereitet werden. Es wird oft mit einer herzhaften Sojasauce gewürzt.

Laghman und Kumys - typische Spezialitäten in Zentralasien (Fotos: bbivirys / Yashkin Ilya - stock.adobe.com)

Also wir sammelten uns in der Sommerküche der Familie, die sich direkt vorm Wohnhaus befand und unsere Gastgeberin gab uns erstmal eine kurze Einweisung. Sie erklärte uns, wie der Teig vorbereitet wird und welche Zutaten man braucht, um Laghman vorzubereiten. Anschließend ging es zur Sache: jeder der wollte, durfte seine Fähigkeiten testen und die Nudeln aus dem Teig zu rollen. Anschließend hat die Enkeltochter der Gastgeberin die hausgemachten Nudeln zum Kochen gestellt und wir gingen ins Wohnhaus zum Tisch.

Das Wohnzimmer war groß und gemütlich eingerichtet: eine Schrankwand mit Geschirr, Gläsern und einigen Familienfotos, ein langer Esstisch für uns - die Gäste, ein Wandteppich mit traditionellem Muster und ein Teppich als Fußbodenbelag – ein sehr typisches Element der Hausgestaltung in Mittelasien generell. Auf dem Tisch standen schon Schälchen für den grünen Tee: der Tee wird oft automatisch serviert, damit man die Wartezeit besser überbrücken und vor allem vor dem Essen zur Ruhe kommen kann. Auch Nang lag bereits auf dem Tisch. Nang ist ein traditionelles uigurisches Fladenbrot, das oft mit Sesam bestreut wird. Es hat eine weiche Textur und wird normalerweise als Beilage zu Mahlzeiten serviert.

Als Abendessen serviert wurde, sprach ich die Hausfrau an und sie erzählte uns über ihre Familie, vor allem aber über die jüngere Generation – Kinder und Enkelkinder, die heute Abend teilweise auch anwesend waren und geholfen haben. Ihre Kinder lebten in einer Großstadt – ein Trend, der leider sich auch in solchen Ländern abzeichnet. Die Enkelkinder gingen noch zur Schule und im Sommer verbringen sie ihre Schulferien meistens beim Onkel im Gebirge, der vom Mai bis Ende September sich um seine Pferde weit weg von der Zivilisation kümmert.

Unser Mittagessen bei der Familie im Jurtencamp im Bergtal Kara-Kojun in Kirgisien (Fotos: Andrej Kulikov - Eberhardt TRAVEL)

Übernachtet wird es in einer Jurte und anstatt Cola wird oft Kumys getrunken. Kumys ist ein traditionelles Getränk, das aus fermentierter Pferdemilch hergestellt wird. Es hat eine lange Geschichte und wird in einigen Kulturen, insbesondere in Zentralasien, seit Jahrhunderten konsumiert. Selbstverständlich wollten wir Kumys gleich kosten und unser Wunsch wurde umgehen erfüllt! Der Geschmack vom Kumys ist einzigartig und er hat eine leicht sprudelnde Konsistenz. In Kirgisien wird Kumys auch für seine potenziellen gesundheitlichen Vorteile sehr geschätzt. Es wird angenommen, dass er die Verdauung fördert, das Immunsystem stärkt und den Stoffwechsel anregen kann. Er enthält auch bestimmte Vitamine und Mineralstoffe. Die Herstellung von Kumys erfolgt durch Fermentation der frischen Pferdemilch. Die natürlichen Bakterien in der Milch verwandeln den Milchzucker (Laktose) in Milchsäure, was zu einem leicht säuerlichen Geschmack führt. Während des Fermentationsprozesses entsteht auch eine geringe Menge Alkohol: unsere Laune wurde zunehmend lustiger!

An diesem wunderschönen Abend mitten in der Familie, wurden wir nicht nur köstlich mit traditionellen Speisen verwöhnt, sondern durften auch bei der Vorbereitung mitmachen und erfuhren dabei viel Interessantes – nicht nur über einige regionale Spezialitäten, sondern auch über die Lebensweise der Familie! Eine wirklich unvergessliche Begegnung!

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