Südtirol - Der Bann der Berge

In den Dolomiten, den für ihn schönsten Bauwerken der Welt, hat Reinhold Messner ein Denkmal geschaffen – 6 Gebäude beherbergen die Summe seiner Erfahrungen, sie sind sein ganz persönlicher 15. Achttausender.

Von Spomenka Petillon / 16.05.2017
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Wie ein Keil ragt Corones aus einer Kuppe Gipfelplateaus des Kronplatzes – eines unter den Top 5 der beliebtesten Wintersportregionen rangierenden gleichnamigen Skigebietes in den Südtiroler Dolomiten, dessen 100 Pistenkilometer, 1.300 Meter Höhenunterschied und Beförderungsleistung von 71.000 Personen pro Stunde die Antithese zu Wirkung und Ansinnen des Museums auf 2275 Metern Höhe bildet. Corones – die Krone – steht natürlich namentlich für den Standort, aber auch für die Königsdisziplin des Bergsteigens – den traditionellen Alpinismus. Es ist ein Hort der stillen Einkehr, der Entschleunigung und unvergessener Ausblicke, der den großen Pionieren des Sports gewidmet ist, ihren Philosophien und Ideen.

Für Reinhold Messner ist es der sechste und letzte Schritt zum Gipfel seines persönlichen 15. Achttausenders – der Summe seiner Erfahrungen. Er, inzwischen über 70 Jahre alt, war der erste Mensch, dem es gelang, alle 14 Gipfel der Achttausender zu besteigen und die Antarktis und Grönland zu Fuß zu durchqueren. Er ist Politiker, vierfacher Vater und Gründer einer einzigartigen Museumslandschaft, die seiner Heimat Südtirol und der Begegnung zwischen dem Mensch und dem Berg gewidmet ist, aber auch des Menschen Kampf mit sich selbst beschreibt.

Die Messner Mountain Museen umfassen eine sechsteilige Museumsstruktur, wobei jedes Haus einem bestimmten Aspekt der Bergerfahrung gewidmet ist. Zentrum dabei ist die Burg- und Festungsanlage bei Bozen, Schloss Sigmundskron, das, 945 erstmalig erwähnt, seit dem zweiten Weltkrieg Symbol der Autonomiebestrebungen Südtirols ist und unter dem Namen des heimischen Adelsgeschlechts Firmian seit 2003 als Verwaltungssitz und Ideenwerkstatt der sechs Museen fungiert. Auf 1100 Quadratmetern zeigt der Initiator die Geschichte und Kunst des Bergsteigens sowie das, was der Mensch mit dem Berg macht. Eine Sonderausstellung widmet sich zudem der Geschichte der Region.

Das Messner Mountain Museum Juval im Vinschgau ist Fundort bronzezeitlicher Zeugnisse der Eroberung des Berges durch den Menschen und Privatburg Reinhold Messners. Sie blickt über die Geschichte des Alpinismus hinaus, widmet sich dem Mythos Berg und zeigt Impressionen der Gipfel dieser Welt, die Maskensammlung aus fünf Kontinenten sowie die weltweit größte Sammlung an Tibetika.

Auf dem Monte Rite, unweit des größten besiedelten Zentrums dieser Region, der Stadt Cortina d’Ampezzo, finden sich auf 2181 Metern Skulpturen, Installationen und Gemälde über die Dolomiten. Das MMM Dolomites offeriert dem staunenden Besucher einen 360 Grad Blick über spektakuläre Gipfel wie die Marmolada, den Monto Pelmo oder die Mamarole. Im Verteidigungsposten der Italiener im Kampf gegen Kaiser Franz Josef und seine Truppen erzählt Reinhold Messner heute von der Entwicklung des Felskletterns, das anhand von Erinnerungsstücken zahlreicher Forscher und Kletterer rekonstruiert wird.

Wer das MMM Ortler besucht, geht förmlich in den Berg hinein und wird mit einer Welt aus Eis und Finsternis konfrontiert. In Anlehnung an den Roman „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ von Chistoph Ransmeyer beschäftigt sich Ortler mit den Gletscherwelten und zeigt die Kraft der Lawinen, den Schrecken der White Outs sowie alles um den höchsten Berg Tirols.

Der einstige Sommersitz der Fürstbischöfe auf Schloss Bruneck im Pustertal ist, unter dem Namen Ripa, den Bergvölkern aus aller Welt gewidmet. Im Tibetischen steht ri für den Berg und pa für den Mensch. Eingebettet in das bäuerliche Ahrntal, umgeben von Bergbauernhöfen und im Angesicht des über-touristizierten Kronplatzes, werden Kultur und Religion, im Geistigen wie im Alltäglichen derer, die die Höhenlagen seit 10.000 Jahren bevölkern - so unter anderem der Mongolen, Indios und Sherpa - anhand von Begegnungen, Filmen und Wohnstätten verständlich gemacht.

Die Interdisziplinarität und Einzigartigkeit der Museen ist dem Ehrgeiz Reinhold Messners zu verdanken, der von sich selbst sagt, er sei ein horizontsüchtiger Wanderer. In dem Land, dessen Fläche zu 60 Prozent über 1600 Metern liegt, bei dem 350 Berggipfel über 3000 Meter in den Himmel ragen ist mit Reliquien, Kunstwerken und architektonischen Meisterleistungen in sechs Standorten ein weitere Gipfel empor gewachsen, dessen Magie hoffentlich künftige Generationen den Bann der Berge näherbringen kann.



Reinhold Messners Schloss Juval im Schnalstal – © Uwe - stock.adobe.com

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