Rundreise durch Litauen, Lettland und Estland
Reisebericht: 16.09. – 24.09.2025
Das Baltikum, klein auf der Karte, groß an Eindrücken. Auf unserer Rundreise durch Litauen, Lettland und Estland besuchen wir historische Stätten, erkunden lebendige Städte und beeindruckende Natur.
Ein Reisebericht von
Monika Cortese
Abreise & Ankunft in Vilnius
Dreizehn Gäste versammelten sich am Abfluggate des Frankfurter Flughafens. Der Abflug verlief pünktlich, und der Flug brachte uns direkt nach Vilnius. Schon beim Anflug wurden wir von einem Regenbogen begrüßt, und auf der Fahrt ins Hotel zeigte sich der Himmel erneut in einem eindrucksvollen Wolkenspiel.
Im Hotel angekommen, bezogen wir unsere Zimmer. Kurz blieb Zeit zum Frischmachen oder für einige Fotos von der Rooftopbar, die einen herrlichen Blick über die Stadt bietet. Dann trafen wir uns zum gemeinsamen Abendessen im Speisesaal. Auch ein bereits früher angereistes Ehepaar wurde in unserer Runde willkommen geheißen. Morgen früh wird sich die Gruppe komplettieren, da am späten Abend noch weitere Gäste eintreffen. Beim Abendessen kamen wir ins Gespräch, lernten uns etwas kennen und genossen die feine Küche – begleitet von der Vorfreude auf die kommenden Tage.
Vilnius entdecken & Ausflug nach Trakai
Bei einem ausgezeichneten Frühstück konnten wir nun auch die Gäste begrüßen, die in der Nacht aus Berlin angekommen waren. Dann starteten wir mit unserer örtlichen Reiseleiterin Grazina und unserem Busfahrer Saulus zu einer Stadtrundfahrt durch die litauische Hauptstadt. Die barocke Altstadt von Vilnius ist die größte in den baltischen Staaten, UNESCO-Kulturerbe und beeindruckt mit ihren engen Gassen und zahlreichen Kirchen. Besonders die Peter-und-Paul-Kirche mit ihren über 2.200 weißen Stuckskulpturen ließ uns staunen, ein wahres Meisterwerk litauischer Barockkunst.
Der Rundgang zu Fuß begann schließlich am Tor der Morgenröte, wo die berühmte Ikone der Schwarzen Madonna verehrt wird. Weiter führte der Weg vorbei an orthodoxen und katholischen Kirchen, über den Rathausplatz bis hin zum Präsidentenpalast und zur Kathedrale. Auf dem Rathausplatz entdeckten wir eine besondere Installation: einen runden Portal-Bildschirm, der alle paar Sekunden das Bild wechselte, Lifeschaltung einmal nach Dublin, dann Lublin, dann Philadelphia. So konnten wir die Menschen dort sehen und umgekehrt und uns zuwinken.
Am Kathedralenplatz wiederum entdeckten wir den sogenannten Stebuklas-Stein, einen unscheinbaren Pflasterstein mit großer Bedeutung. Hier endete 1989 die legendäre Baltische Kette: Am 23. August 1989 bildeten rund zwei Millionen Menschen eine über 600 Kilometer lange Menschenkette von Vilnius über Riga bis nach Tallin. Sie demonstrierten damit eindrucksvoll für Freiheit und Unabhängigkeit - ein starkes Symbol, das in die Geschichte Europas einging. Heute gilt der Stein als Erinnerungsort, und wer sich daraufstellt, darf sich etwas wünschen und dreht sich dreimal im Kreis, damit es in Erfüllung geht.
Am Mittag ging es hinaus nach Trakai, das im Mittelalter neben Vilnius die bedeutendste Stadt des Landes war. Hier siedelten einst die Karäer, eine turkstämmige Volksgruppe, die im 14. Jahrhundert auf Einladung des Großfürsten Vytautas nach Litauen kam. Ihre Traditionen sind bis heute sichtbar – so tragen die typischen Holzhäuser zur Straße hin drei Fenster: eines für Gott, eines für die Familie und eines für den Fürsten.
Ein kulinarisches Highlight erwartete uns bei der Verkostung der traditionellen „Kibinai“ - gefüllte Teigtaschen, die ihren Ursprung in der karäischen Küche haben und allen Gästen hervorragend schmeckten. Danach blieb noch etwas Zeit für eigene Entdeckungen oder den Besuch der Wasserburg, die malerisch auf einer Insel im Galvė-See liegt.
Zurück in Vilnius legten wir eine Pause ein (es regnete nun), bevor wir den Tag im edlen Burgrestaurant ausklingen ließen. In stilvollem Ambiente konnten wir bei einem feinen mehrgängigen Menü typischen Spezialitäten wie rote Beete Suppe und "Cepelinai" (gefüllte Kartoffelklöße) genießen und die Erlebnisse des Tages Revue passieren lassen.
Von Vilnius nach Klaipėda über Kaunas
Heute hieß es Abschied nehmen von Vilnius. Schon während der ersten Etappe nach Kaunas hatte unsere Reiseleiterin Grazina viel Spannendes über ihr Land zu erzählen. Besonders eindrücklich waren ihre Schilderungen zur Wohnsituation, wie sich die Lebensverhältnisse nach der Unabhängigkeit verändert haben, welche Unterschiede es zwischen Stadt und Land gibt und wie Familien heute in Litauen leben. Diese Einblicke machten die Fahrt sehr lebendig und gaben uns einen unmittelbaren Eindruck vom Alltag der Menschen. Natürlich kam auch das Thema Basketball auf – in Litauen Nationalsport und fast so etwas wie eine Religion. Grazina meinte schmunzelnd: „In Litauen sind 80 Prozent katholisch und 99 Prozent Basketball.“ Kaunas ist Heimat eines der berühmtesten Vereine des Landes, Žalgiris Kaunas, und die Begeisterung für diesen Sport ist in der Stadt allgegenwärtig.
In Kaunas, der zweitgrößten Stadt des Landes, erlebten wir eine Metropole voller Geschichte und Kultur. Beim Rundgang sahen wir die Überreste der Burg, mehrere eindrucksvolle Kirchen, machten einen Abstecher zum Fluss Memel und erreichten den Rathausplatz, der momentan zwar durch Bauarbeiten geprägt ist, aber dennoch das Herz der Altstadt bildet.
Danach blieb Zeit für eigene Entdeckungen. Manche nutzten sie für einen Spaziergang, andere für ein Mittagessen oder einfach zum Bummeln durch die Straßen – oder entlang der 1,7 km langen Fußgängerzone, die als eine der längsten in Europa gilt. Anschließend führte uns eine kleine Rundfahrt an einigen der 44 Bauwerke vorbei, die Kaunas auf die UNESCO-Liste gebracht haben. Von einer Aussichtsplattform bot sich schließlich ein herrlicher Blick über die Stadt, bevor wir weiter Richtung Küste fuhren. Süß wurde es auch noch: Typische litauische Plätzchen aus einer Konditorei sorgten unterwegs für eine willkommene kleine Nachspeise.
Die längere Fahrt nach Klaipėda nutzte Grazina, um uns in die wechselvolle Geschichte der Stadt einzuführen. Der Ursprung reicht bis ins Jahr 1252 zurück, als der Deutsche Orden an der Ostsee eine Burg errichtete und damit die Grundlage für die spätere Stadt Memel legte. Über viele Jahrhunderte blieb der Ort deutsch geprägt und gehörte schließlich zu Ostpreußen. Von 1871 bis 1920 war Memel Teil des Deutschen Reiches. Nach dem Ersten Weltkrieg kam das Gebiet zunächst unter französische Verwaltung, wurde aber schon 1923 von Litauen übernommen. Im März 1939 musste Litauen das Memelland durch Hitler wieder an Deutschland abtreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel Klaipėda 1945 an die Sowjetunion und wurde Teil der Litauischen Sozialistischen Republik. Seit der Unabhängigkeit 1990 gehört Klaipėda fest zu Litauen. Diese wechselvolle Geschichte erklärt bis heute die besondere Mischung der Stadt.
Am späten Nachmittag erreichten wir Klaipėda und leider setzte Regen ein. Mit Schirm und Kapuze machten wir uns dennoch auf eine Führung durch die Altstadt. Grazina zeigte uns unter anderem das berühmte Segelschiff „Meridianas“, das heute im Hafen liegt und zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Trotz Wind und Regen durfte auch die Statue des „Ännchen von Tharau“ auf dem Theaterplatz nicht fehlen. Die Bronzefigur erinnert an das gleichnamige Volkslied, das der ostpreußische Dichter Simon Dach im 17. Jahrhundert verfasste. Ursprünglich besang er darin die Hochzeit seiner Jugendliebe Anna Neander mit einem anderen Mann. Später wurde das Lied zu einem bekannten Volkslied im gesamten deutschen Sprachraum. An diesem stürmischen Nachmittag wollte allerdings niemand in Gesang ausbrechen - zu groß war der Wunsch, bald ins Trockene zu kommen und nicht länger gegen Wind und Regen anzukämpfen.
Schließlich bezogen wir unser Hotel in Klaipėda und ließen den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen gemütlich ausklingen. Rückblickend war es ein abwechslungsreicher und voller Eindrücke gespickter Tag.
Ausflug zur Kurischen Nehrung
Heute führte uns der Weg auf ein ganz besonderes Stück Litauens: die Kurische Nehrung. Eine kurze Fährüberfahrt von Klaipėda nach Smiltynė – und gleich danach entfaltete sich die einzigartige Landschaft dieser schmalen Landzunge zwischen Haff und Ostsee. Kaum zu glauben, dass diese fragile Welt über Jahrhunderte immer wieder vom Sand bedroht war: ganze Fischerdörfer verschwanden unter den Dünen. Erst durch die gezielte Aufforstung im 19. Jahrhundert konnte die Region dauerhaft gesichert werden. Seit 1990 ist sie Nationalpark, heute gehört sie zum UNESCO-Weltnaturerbe und bietet Heimat für Elche, Wildschweine, Füchse und unzählige Vogelarten.
Unser erster Halt war in Juodkrantė (Schwarzort), einem kleinen, idyllischen Ort an der sogenannten „Bernsteinbucht“. Im 19. Jahrhundert entwickelte er sich zu einem eleganten Kurort, heute erinnert er mit seiner entspannten Atmosphäre noch immer daran. Von hier wanderten wir hinauf zum Hexenberg, wo uns eine magische Welt erwartete: mehr als 80 aus Holz geschnitzte Figuren von Hexen, Teufeln und Fabelwesen säumen den Weg. Sie entstanden zwischen 1979 und 1981, als rund 50 Künstler aus ganz Litauen traditionelle Märchen und Sagen in Skulpturen verwandelten. Unsere Reiseleiterin Grazina erzählte die passenden Geschichten, Sagen und Märchen dazu, die nicht immer mit einem Happy-end endeten.
Anschließend ging es weiter nach Nida, den bekanntesten Ort der Nehrung. Berühmt wurde er auch durch Thomas Mann, der hier ab 1929 seine Sommer verbrachte. Sein schlichtes, reetgedecktes Ferienhaus mit Blick auf das Haff steht noch immer – heute ein kleines Museum, das vom Leben des Dichters erzählt. Ein Spaziergang durch den Ort führte uns zudem vorbei an den typischen bunt gestrichenen Fischerhäusern und zum alten Friedhof mit seinen kunstvoll geschnitzten Grabkreuzen.
Nach einer Mittagspause blieb Zeit für eigene Entdeckungen, bevor wir zur Hohen Düne aufbrachen. Mit fast 60 Metern Höhe ist sie eine der höchsten Wanderdünen Europas. Oben steht seit 1995 eine große Sonnenuhr, die den Blick über Haff, Ostsee und bis zur russischen Grenze begleitet. Denn der südliche Teil der Kurischen Nehrung gehört nicht mehr zu Litauen, sondern zur russischen Exklave Kaliningrad, die nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion übernommen wurde und bis heute zu Russland gehört. Eine Statue erinnert hier auch an den Philosophen Jean-Paul Sartre, der Nida in den 1960er-Jahren besuchte. Der Wind blies kräftig, aber die Aussicht war überwältigend – ein Ort, an dem sich Natur und Geschichte auf besondere Weise begegnen.
Zum Abschluss hielten wir noch am Ostseestrand, wo wir uns trotz des Windes den kurzen Spaziergang am Sandstrand nicht entgehen ließen. Schließlich kehrten wir mit der Fähre zurück nach Klaipėda.
Am Abend spazierten wir gemeinsam in die Altstadt und ließen den eindrucksvollen Tag bei einem leckeren Abendessen in einem gemütlichen Restaurant ausklingen.
Berg der Kreuze in Litauen – Weiterreise nach Lettland mit Schloss Rundale und Riga
Wir verabschiedeten uns von Klaipėda und fuhren durch die weite, dünn besiedelte Landschaft Litauens nach Norden. Kilometerlang ging es geradeaus durch Felder und Wälder, zwischendurch unterbrochen von kleinen Dörfern oder Bauernhöfen. Die Landschaft mag nicht spektakulär sein, doch sie wirkt in ihrer Schlichtheit beruhigend. Während der Fahrt nutzte Grazina die Zeit, um uns aus ihrem reichen Wissensschatz zu erzählen, es gibt wieder viele spannende Einblicke in Geschichte und Gegenwart des Baltikums. Auch die russische Minderheit in den baltischen Staaten ist Thema: Manch einer spricht bis heute nur Russisch, andere sind zweisprachig, und nicht immer gelingt die Integration problemlos. Deutlich wurde auch, wie sehr das Weltgeschehen den Alltag prägt: unweit unserer Route liegt ein NATO-Stützpunkt, von dem aus der baltische Luftraum überwacht wird.
Bald erreichten wir den bekanntesten Wallfahrtsort Litauens – den Berg der Kreuze bei Šiauliai. Auf einem unscheinbaren Hügel drängen sich unzählige Kreuze in allen Größen, Formen und Materialien – inzwischen weit über 50.000. Es ist unmöglich, sie alle zu zählen, denn ständig kommen neue hinzu. Manche sind schlicht, andere kunstvoll geschnitzt, viele tragen Inschriften in den unterschiedlichsten Sprachen. Zwischen katholischen Kreuzen finden sich auch orthodoxe, auch Inschriften von NATO-Soldaten, die nach ihrem Einsatz im Baltikum ein Kreuz hinterlassen.
Wie dieser Ort entstand, darum ranken sich Legenden und historische Erklärungen. Eine Erzählung spricht von einem Vater, der im 16. Jahrhundert ein Kreuz aufstellte, um für seine kranke Tochter zu beten – und nachdem sie gesundete, machten bald viele andere es ihm nach. Historisch belegt ist, dass nach dem gescheiterten Aufstand gegen die russische Herrschaft 1863 Kreuze als Zeichen des Gedenkens aufgestellt wurden. In der Sowjetzeit wurde der Hügel mehrfach zerstört, doch die Menschen stellten immer wieder neue Kreuze auf – der Ort wurde so zum Symbol des Widerstands gegen das Regime. Weltweite Bekanntheit erlangte der Berg, als Papst Johannes Paul II. ihn 1993 besuchte und hier selbst ein Kreuz errichtete.
Gestärkt mit diesen Eindrücken setzten wir unsere Fahrt nach Lettland fort. Kurz hinter der Grenze erwartete uns ein architektonisches Juwel: das barocke Schloss Rundāle, auch „Versailles des Baltikums“ genannt. Entworfen vom Baumeister Bartolomeo Rastrelli, der auch den Winterpalast in St. Petersburg schuf, war es einst die Sommerresidenz des kurländischen Herzogs Ernst Johann Biron. Später erlebte es wechselvolle Zeiten: es diente als Kaserne, als Schule und sogar als Kornspeicher, bevor es nach 1990 aufwendig restauriert wurde. Heute strahlen die 138 Räume wieder in barocker Pracht und erzählen mit ihren Kunstschätzen von vier Jahrhunderten europäischer Geschichte. Nach der Führung blieb noch Zeit, durch den weitläufigen Schlosspark zu flanieren, der nach französischem Vorbild mit Alleen und Rosengarten gestaltet ist.
Am frühen Abend erreichen wir schließlich Riga. Die lettische Hauptstadt mit knapp 600.000 Einwohnern empfängt uns lebendig und geschäftig. Nach dem Abendessen im Hotel fragten Grazina und ich in die Runde, wer Lust auf einen ersten Spaziergang hätte. Einige Gäste schlossen sich an, und so unternahmen wir gemeinsam einen Rundgang durch die abendliche Altstadt. In den Gassen herrschte ein buntes Treiben: Kneipen, Bars und Restaurants waren gut besucht, und Riga zeigte sich uns schon jetzt von seiner schönsten Seite – ein Vorgeschmack auf die morgige Stadtbesichtigung.
Riga und das Museumsreservat Turaida im Gauja–Nationalpark
Der Tag begann mit einem reichhaltigen Frühstücksbuffet, das mit seiner großen Auswahl beinahe einem Brunch glich – sogar ein Glas Sekt war möglich, um stilvoll in den Tag zu starten.
Frisch gestärkt machten wir uns auf zu einem Stadtrundgang durch die Altstadt von Riga. Auf dem Rathausplatz, an der Petrikirche und in den engen Gassen erfuhren wir spannende Geschichten. Grazina wusste wie immer zahlreiche Anekdoten zu erzählen – etwa von der „dunklen Seite“ der Petrikirche oder von der Richard-Wagner-Straße, in der der berühmte Komponist einige Jahre wirkte. Auch Heinz Erhardt, der hier geboren wurde und in Riga seine ersten Auftritte hatte, war ein Thema. Natürlich durfte die wohl bekannteste Katze Lettlands nicht fehlen: die schwarze Katze auf dem Giebel eines Hauses, zu der Grazina die amüsante Entstehungsgeschichte erzählte. Ein besonders charmantes Detail entdeckten wir am Denkmal der Bremer Stadtmusikanten, das an die Partnerschaft mit Bremen erinnert. Die Tiere blicken dabei durch eine Spalte – ein Symbol für den Durchbruch des Eisernen Vorhangs und die Öffnung nach Westen. Weitere Stationen waren das Schwedentor, die „Drei Brüder“ und der Dom mit seiner berühmten Orgel.
Nach einer kurzen Pause im Hotel ging es weiter ins Jugendstilviertel. Riga gilt als eine der Jugendstil-Hauptstädte Europas, über 800 Gebäude prägen dieses Viertel. Besonders eindrucksvoll sind die Werke von Michail Eisenstein, dessen verspielte Fassaden ihm den Spitznamen „verrückter Zuckerbäcker“ einbrachten. In der Alberta-Straße konnten wir einige der schönsten Beispiele dieser Epoche bewundern.
Mittags machten wir Rast in Ragana, bevor die Fahrt in den Gauja-Nationalpark führte. Hier erwartete uns das Museumsreservat Turaida, ein weitläufiges Areal mit Burgruinen, Skulpturen, traditionellen Häusern und schönen Parkanlagen. Jeder konnte die 44 Hektar große Anlage auf eigene Faust erkunden – sei es die Bischofsburg, das Haus des Verwalters oder das Tal mit seinen Steinskulpturen.
Ein weiterer Halt war die Gutmannhöhle, die größte Höhle des Baltikums. Mit ihren alten Inschriften und der mystischen Atmosphäre bildet sie ein beliebtes Ausflugsziel.
Am frühen Abend kehrten wir nach Riga zurück. Dort verabschiedeten wir uns herzlich von unserer liebgewonnenen Reiseleiterin Grazina, die uns bis hierhin begleitet hatte. Ab sofort übernimmt Eduard aus Tallinn die Gästeführung bis zum Ende der Tour.
Am Abend spazierten wir gemeinsam in die Altstadt und ließen den abwechslungsreichen Tag bei einem hervorragenden Essen im Restaurant „Melnais Kiploks“ ausklingen.
Von Riga nach Tallinn über Pärnu
Nach einem ausgiebigen Frühstück starteten wir in Richtung Norden. Koffer verladen, einsteigen – und schon begann Eduard, unser Reiseleiter, mit spannenden Informationen über Estland. Er erzählte von der Rivalität zwischen Riga und Tallinn, die noch aus der Hansezeit stammt, von den Schulfächern, die in Estland selbstverständlich 4 Fremdsprachen, Tanz und Chorgesang bis zum Abitur einschließen, und von der Mentalität der Esten, über die er mit einem Augenzwinkern auch manche Anekdote beisteuerte. Dabei sprach er auch von den „vier großen Hobbys“ der Esten – Segeln, Eissegeln, Skilanglauf und schließlich "gepflegtes Trinken" – ganz so, wie es zu den nordischen Ländern gehört.
Am rigaischen Meerbusen, kurz vor der Grenze, legten wir einen Halt am Strand ein. Als kleine Überraschung hatte ich Rigaer Balsam – den typischen Kräuterlikör – besorgt. In den Sorten schwarze Johannisbeere, Kirsche und klassisch stark mit 40 % stießen wir damit gemeinsam an, nahmen stilvoll Abschied von Lettland und eröffneten zugleich unsere Weiterreise nach Estland.
Wir fuhren weiter und Eduard führte uns unter anderem humorvoll in die „Welt der estnischen Getränke“ ein: Kümmel- und Wacholderschnaps, kräftige Liköre mit Kaffee und Sahne. Wacholder ist sogar auch der Nationalbaum Estlands.
Besondere Aufmerksamkeit widmeten wir der estnischen Sprache, die Eduard uns näherbrachte. Sie gehört zur finno-ugrischen Sprachfamilie, klingt melodisch und beinahe wie ein Singsang und erinnert stark an Finnisch. Charakteristisch sind viele doppelte Vokale und Konsonanten, die für uns oft ungewohnt wirken. Besonders lustig: das estnische Wort pulmad bedeutet Hochzeit, während es im Finnischen so viel wie Unglück oder Problem heißt!
Nach einer kurzen Pause ging es weiter Richtung Pärnu. Das charmante Ostseebad präsentierte sich mit dem weiten Strand, an dem wir einen Spaziergang unternahmen. Anschließend führte uns der Weg in die Fußgängerzone zur Mittagspause.
Die Weiterfahrt ging durch endlose Wälder, vorbei an Mooren und vereinzelten Häusern. Eduard erklärte, dass die typisch estnischen Holzhäuser durch ihre Farben auf die Herkunft ihrer Bewohner hinweisen: gelb für Bauernhäuser, schwarz oder rot für Fischer, weiß für wohlhabendere Leute. Die Dörfer seien oft kilometerlang, mit nur einigen wenigen Häusern, die jeweils Hunderte Meter voneinander entfernt stehen.
Am Nachmittag erreichten wir Tallinn bei strahlendem Sonnenschein. Die Stadt wurde bereits im 12. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Ihre mittelalterliche Stadtmauer mit 2,6 Kilometern Länge und rund 30 Türmen prägt noch heute das Bild der Altstadt. Wir checkten im Nordic Hotel Forum ein, einem komfortablen Hotel mit Wellnessbereich.
Der restliche Nachmittag stand zur freien Verfügung – sei es für Pool und Sauna, einen Einkaufsbummel im großen Center gegenüber, einen Spaziergang zum Hafen oder einen ersten Bummel durch die Altstadt.
Am Abend fanden wir uns an einer langen Tafel zum gemeinsamen Dinner im Hotel ein. Bei ausgezeichnetem Essen und guter Stimmung ließen wir den Tag ausklingen.
TALLINN – Ein Tag in Estlands Hauptstadt
Tallinn, die Hauptstadt Estlands, begrüßte uns für unsere Stadtführung mit Wind und kühlem, aber sonnigem Wetter. Mit rund 456.500 Einwohnern ist sie die größte Stadt des Landes und zugleich das wirtschaftliche wie kulturelle Zentrum. Malerisch liegt sie am Finnischen Meerbusen der Ostsee, nur etwa 80 Kilometer von Helsinki. Bis 1918 trug sie offiziell den Namen Reval, der im deutschsprachigen Raum noch lange gebräuchlich blieb. Der estnische Name Tallinn geht dagegen schon auf das Jahr 1219 zurück, als der dänische König Waldemar II. die Stadt eroberte: Taani-linna bedeutet „Dänische Stadt“ oder „Dänische Burg“.
Wir begannen mit einem kurzen Spaziergang durch das Rotermannviertel, ein ehemaliges Speicher- und Industrieareal, das heute zu einem lebendigen Stadtquartier mit modernen Geschäften, Cafés und Restaurants umgestaltet wurde. In den Straßen lag ein verführerischer Zimtduft – kein Wunder, denn Zimtschnecken gehören in Tallinn zu den beliebtesten Spezialitäten.
Weiter ging es mit unserem Bus durch den Stadtteil Kadriorg, wo sich die Sängerwiese befindet. Kadriorg ist heute eine bevorzugte Wohngegend mit zahlreichen liebevoll restaurierten Holz- und Steinhäusern aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Im gleichnamigen Park liegt der Amtssitz des estnischen Staatspräsidenten. An der Küste entlang passierten wir das Russalka-Denkmal und das Fährterminal. Unser Reiseleiter erzählte, dass die Bucht von Tallinn im Winter früher so stark zufror, dass man mit Schlittschuhen bis nach Helsinki gelangen konnte – und so mancher Fluchtgedanke aufkam. Heute gefriert das Meer nicht mehr, doch es gibt ehrgeizige Pläne, Tallinn und Helsinki eines Tages durch eine Brücke oder einen Tunnel zu verbinden.
Eduard erzählte außerdem, dass das Meer hier „ganz langsam“ sei: drei Wochen Flut, drei Wochen Ebbe – er verglich es augenzwinkernd mit der Mentalität der Esten.
Zu Fuß erkundeten wir anschließend die Oberstadt, den Domberg mit der markanten Alexander-Newski-Kathedrale, dem Parlament im Domschloss und zahlreichen Botschaften. Von einer Aussichtsplattform bot sich uns ein herrlicher Blick auf die Unterstadt. Dort führte uns der Weg weiter zum Rathausplatz, vorbei an der alten Stadtmauer und den stolzen Häusern aus der Hansezeit. Nicht fehlen durfte ein Stopp in der ältesten Konditorei Tallinns, dem „Kalev Marzipan Room“ im Café Maiasmokk – auf Deutsch liebevoll „Süßer Zahn“ genannt. Hier wird seit Jahrhunderten Marzipan hergestellt und von Hand kunstvoll bemalt.
Nach einer Freizeit zum individuellen Erkunden der Altstadt (leider mit ein paar Regenschauern) ließen wir den Abend gemeinsam im Traditionsrestaurant „Peppersack“ ausklingen. Bei estnischen Gerichten und geselliger Stimmung bot sich Gelegenheit, die vielen Eindrücke der Reise Revue passieren zu lassen, denn morgen heißt es Abschied nehmen!
TALLINN – Abschied und Heimreise
Am letzten Tag unserer Reise konnten wir den Morgen ganz entspannt beginnen. Dank eines späten Frühstücks ließen wir uns noch einmal Zeit, das vielseitige Buffet in Ruhe zu genießen.
Um 11:30 Uhr verabschiedete ich die ersten sieben Gäste, die ihren Rückflug nach Berlin antraten. Gegen 13:30 Uhr folgten zwei weitere Gäste mit dem Flug über Kopenhagen.
Für die übrigen Reisenden, die erst am späten Nachmittag abreisten, bot sich die Gelegenheit, den Tag individuell zu gestalten: Manche besuchten die Markthalle oder unternahmen noch einen kleinen Bummel durch Tallinn, andere genossen ein Mittagessen oder Kaffee und Kuchen in einem der gemütlichen Cafés. Wer wollte, konnte auch die Annehmlichkeiten des Hotels in obersten Stockwerk nutzen – Pool mit grandioser Aussicht, Sauna und Dampfbad luden zum Entspannen ein.
Um 16:30 Uhr erfolgte schließlich der letzte Transfer zum Flughafen und der Rückflug nach Frankfurt. Damit ging eine erlebnisreiche und abwechslungsreiche Reise durch das Baltikum zu Ende – voller Eindrücke, die uns sicher noch lange begleiten werden.
Eine wunderbare Reise liegt hinter uns – wir haben eindrucksvolle Städte und Landschaften erlebt, in schönen Hotels übernachtet, köstlich gegessen und durch unsere kompetenten Reiseleitungen viel über Geschichte, Kultur und das Leben im Baltikum erfahren.
Die herzliche Atmosphäre und das freundschaftliche Miteinander in unserer Gruppe haben diese Reise zusätzlich bereichert.
Ich wünsche euch alles Gute und würde mich sehr freuen, wenn wir uns vielleicht bei einer zukünftigen Reise wiedersehen.
Eure Monika