Reisebericht: Rundreise in der Lüneburger Heide – Niedersachsen

25.08. – 30.08.2019, 6 Tage Rundreise in Nord–Deutschland: Celle – Schneverdingen – Kutschfahrt in der Lüneburger Heide – Heidschnuckeneintrieb – Weltvogelpark Walsrode – Hansestadt Bremen – Museumsdorf Hösseringen – Lüneburg – Mühlenmuseum in Gifhorn


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Leuchtende Heide und Heidschnucken, Hansestädte und Heimatdichter in Niedersachsen
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

25. August 2019: Anfahrt und Besuch von Celle

Zu angenehmer Zeit um 8.00 Uhr am Morgen starteten wir in Dresden, stoppten unter anderem am Flughafen Leipzig, passierten Helmstedt, wo sich die Gedenkstätte Deutsche Teilung befindet - für uns alle wohl gerade 2019 zum 30. Jahrestag ein wichtiger Ort der jüngeren deutschen Geschichte. Am frühen Nachmittag gingen wir in der Historie dann gleich 700 Jahre weiter zurück, denn wir erreichten die im Jahr 1292 gegründete - ehemalige - Residenzstadt Celle. Bei spätsommerlicher Hitze begaben wir uns auf Entdeckungsreise durch die Stadt mit ihren gut erhaltenen Fachwerkhäusern, die ältesten aus dem 15. Jhd. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, richtet man den Blick auf die mit Schnitzereien verfeinerten Giebel, die Kleinornamette, Rosetten oder beim Lesen der Antiguabuchstaben. Die Stadt war mehr als gut besucht, denn an diesem Wochenende trafen sich hier beim nur aller zwei Jahre stattfindenden Festival: "Oldtimer trifft Fachwerk", Fans historischer Autos. Da wurde gefachsimpelt, gestaunt und sich ausgetauscht. Wir hätten gern etwas mehr vom Fachwerk sehen wollen, aber nicht nur die vielen Menschen, sondern auch die flirrende Hitze machte es uns schwer und trieb uns eher in die nächstgelegene Eisdiele.
Eine herzliche Begrüßung sowie eine erfrischende Dusche erwartete uns im Hotel "Allerhof". Zum Abendessen wurden wir kulinarisch mit lokalen Spezialitäten verwöhnt., z.B. Wasserbüffel von einer Farm aus dem Nachbardorf.

26. August 2019: Heidschnucken und Kutschfahrt durch die Heide

Unser heutiger Tag stand ganz unter dem Zeichen des Wappentieres der Lüneburger Heide und der Heide selbst. Am Morgen warteten wir gespannt in Schneverdingen auf den Austrieb der Heidschnucken, dem graue Schaf mit dem schwarzen Kopf, dass als Landschaftspfleger zum Erhalt der Heidelandschaft beiträgt. Früher dienten sie auch als Woll- und Düngerlieferanten, aber Anfang des 19. Jhds. verdrängten sie Merinowolle und die Einführung von Mineraldünger aus dieser Rolle. Ein wundervoller Tagesbeginn - dem Schäfer und seinen Hunden bei der Arbeit zuzusehen.
Weiter ging es zu einem kleinen Spaziergang durch den Heidegarten in Höpen, wo wir die verschiedenen Farben und Lila-Rosa-Töne der Glöckchen- und Besenheide (Erice tetralix & Calluna vulgaris) bewunderten. Und Bewundern sollten wir die perfekt an den kargen Boden angepasste Besenheide vor allem in diesem Jahr, einerseits da im vergangenen Jahr die Heideblüte durch den trockenen Sommer fast ausblieb und andererseits wurde sie doch von der Loki Schmidt Stiftung in diesem Jahr zur Blume des Jahres ernannt. Damit wollte man u.a. darauf aufmerksam machen, dass die Besenheide zu den gefährdeten Pflanzen zählt, deren Lebensräume verschwinden.
Am Nachmittag wartete Paul Adams bereits mit seinen zwei Planwagen und lud uns zu einer lustigen Kutschfahrt mit viel Detailwissen ein. Fast zwei Stunden fuhren wir durch Wald und Heide. Selbst für einen kleinen Spaziergang blieb zwischendurch Zeit. Im Anschluss besuchten wir noch einen Schäfer aus Leidenschaft, Carl Kuhlmann. Und der Tag endete so wie er angefangen hatte - mit den Heidschnucken. Jeden Tag zieht Schäfer Kuhlmann mit seiner 4000-beinigen Herde durch die Heide, dazwischen ein paar obligatorische Ziegen, die den Schafen helfend zur Seite stehen. Schon von weitem hörten wir das Gebimmel der Glöckchen und das Blöcken der Schäfchen, die wie von selbst den Weg in den Stall zurückfinden. Hier wurden all unsere Fragen zu den besonderen Tieren beantwortet: Was macht man heute mit der Wolle?, Stimmt es, das Heidschnucken-Fleisch anders als normales Schafsfleisch schmeckt?, Warum sind in der Herde auch Ziegen? Woher kommt der Name Heidschnucke? .... und vieles mehr.
Mit einer Menge neuer Eindrücke kamen wir ins Hotel zurück. Das Abendessen wurde zu unserer Freude bei bestem Sommerwetter im Freien serviert. Genussvoll und mit schönen Gesprächen ging ein interessanter Tag zu Ende.

27. August 2019: Exotische Vögel und Beeren aus Nordamerika

"Der Wald ist still, der Wald ist stumm, Es bebt kein Blatt, es nickt kein Zweig, Ein Vogelruf von ferne schallt, So voll und rund, so warm und weich. Das ist der Kuckuck, der da ruft, So laut, so laut im tiefen Wald ..." Eine Vielzahl von Gedichten vom Heidedichter Hermann Löns könnten am Anfang des heutigen Tages stehen. Wir fuhren nach Walsrode, wo ein Denkmal an den Dichter erinnert, und wo wir in einem der größten Vogelparks der Welt zugegebenermaßen exotischere Vögel als den Kuckuck bestaunten - sei es den kleinsten Vogel der Welt, 'Juwel der Vogelwelt" genannt, der durch seine außergewöhnliche Schönheit und faszinierenden Flugeigenschaften besticht - den Kolibri oder den gefährlichsten Vogel, dem ca. 60 kg schweren Rothalskasuar. Aber am Beeindruckendsten von allem war sicher nicht ein Vogel allein, sondern die spektakuläre Flugshow mit ihrem fulminanten Ende, bei dem über unseren Köpfen ein Schwarm verschiedenster bunter Vögel kreiste. Noch lange tönte der Ruf der Roten Aras aus den Baumwipfeln und begleitete uns bei unserem weiteren Rundgang.
Nach soviel Aktion war ein wenig Ruhe angenehm. Diese erwartete uns auf dem Aroniabeeren-Hof "Konfitee" in Schwarmstedt. Als besondere Überraschung spendierte Eberhardt-Travel Kaffee und frische Aronia-Sahnetorte. Ursprünglich aus Nordamerika stammend, gelangte die dunkel-violette Aroniabeere über Russland, Osteuropa - auch Dresden ;-) - vor 10 Jahren nach Niedersachsen. Hier verschrieb man sich voll und ganz der gesundheitsfördernden Beere. Auch wir konnten nicht widerstehen. Mit vollen Taschen und guten Vorsätzen verließen wir den Hofladen Richtung Hotel "Allerhof", wo wir uns an frisch Gegrilltem beim Bauernabend labten.

28. August 2019: Hansestadt Bremen

Mit dem schon seit unseren Kindertagen bekannten Märchen "Die Bremer Stadtmusikanten" stimmten wir uns auf den Tag ein, aber nicht nur mit dem Märchen selbst, sondern ebenso mit dessen interessanten Hintergrund. Denn in Bremen gab es wirklich Stadtmusikanten, bzw. Spielleute, welche von den städtischen Obrigkeiten mehr oder weniger fest angestellt wurden. Meist waren es vier Musiker, die bei Senatsempfängen aufspielten oder Gesandtschaften, z.B. nach Hamburg begleiteten. Neben dem Rathaus erinnert eine kleine bronzene Skulptur von Gerhard Marcks an das Märchen, welches ebenso wie die Hanse die Stadt Bremen berühmt gemacht hat.
Selbstbewußt sind die Bremer. Das geht schon auf das Jahr 1404 zurück als die bürgerlichen Ratsherren einen Roland als Symbol ihrer Freiheiten auf dem Marktplatz aufstellen. Und die Bremer lieben ihre Stadt. Das vermittelten uns auch unsere beiden Stadtführer. In zwei Gruppen aufgeteilt erkundeten wir das älteste Stadtviertel Bremens, den Schnorr, warfen einen Blick auf das prächtige Rathaus im Stil der Weserrenaissance sowie den Bremer Dom. Den Abschluss bildete der Besuch der traditionsreichen Böttchergasse mit ihrer ungewöhnlichen Architektur aus Backsteinen und das berühmte Glockenspiel. Anschliessend blieb Zeit für eigene Erkundungen der Stadt oder den Genuss Bremer Spezialitäten. Nur das bekannteste Bremer Gericht stand nicht auf der Speisekarte. "Braunkohl und Pinkel" gibt es nämlich nur in der kalten Jahreszeit.

29. August 2019: Museumsdorf Hösseringen und Lüneburg

Bei strömendem Regen reisten wir mit unserem Bus in die Vergangenheit. Im Museumsdorf Hösseringen erzählt man anschaulich seit 1975 die Geschichte der Region, zeigt die Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat und hält alte Handwerke lebendig. Im Freilichtmuseum angekommen, lässt der Regen nach und unserem Spaziergang zum Hallenhaus des Brümmerhofes, dem Feuerwehr- als auch zum Imkerhaus steht nichts mehr im Wege. Zwei engagierte Fremdenführerinnen lassen das ländliche Wohnen und Arbeiten in der Heideregion in den verschiedenen Jahrhunderten von 1600 bis 1950 vor unseren Augen aufleben. Einen ganzen Tag könnten wir hier verbringen, den Heide-Entdecker-Pfad mit 19 Stationen, die die Nutzung und Pflege der Heide zur Zeit der Heidebauernkultur sowie die typische Tierwelt vorstellen, entlang wandern oder eine der Dauerausstellungen besuchen.
Aber wir müssen weiter. Und so geht es - wieder bei Sonnenschein - in die Stadt, die ihrem Reichtum dem Salz verdankt und heute bekannt ist wie nie durch die Fernseh-Serie "Rote Rosen": Lüneburg.
Erstmals 956 erwähnt als "Lhiuniburc" (aus dem langobardischen 'Hliuni' - Zufluchtsort) in einer Urkunde Otto I., begründete eine Solquelle die erfolgreiche Geschichte der Stadt. Im Jahr 1980 endete jedoch die 1000-jährige Salzgeschichte, jetzt wird die Sole im Kurzentrum anderweitig nutz- und spaßbringend eingesetzt. Heute punktet die im 2. Weltkrieg fast unzerstört gebliebene Stadt sowohl als Garnisons- und Behördenstadt als auch als Studentenstadt. Wir wandeln durch die Altstadt am "schwangeren" Haus vorbei zum Lunabrunnen durch die Fussgängerzone hin zum Hotel 'Bergström' im Wasserviertel mitten im Herzen der Stadt, dem Schauplatz der Fernsehserie. Sogar ein Gruppe, die auf den Spuren dieser Serie durch die Stadt bummelt, begegnet uns.
Ein kurzer Augenblick bleibt uns noch für ein Eis oder einen Kaffee, aber die Zeit verfliegt viel zu schnell und schon heißt es wieder Abschied nehmen von einem unserer Reiseziele, der schönen Stadt Lüneburg.

30. August 2019: Mühlenmuseum Gifhorn und Abschied von Niedersachsen

Nach einem herzlichen Abschied vom Hotel "Allerhof" und seinen netten Mitarbeitern, welche uns die vergangenen Tage kulinarisch und mit tollem Service verwöhnten, führte uns der letzte Tag ins Mühlenmuseum Gifhorn. Wir wollten sehen, ob es uns so erging wie Michael Gorbatschow bei seinem ersten Besuch, bei welchem er gesagt haben soll, man fühle sich in die Zeit der Gebrüder Grimm versetzt, man müsse damit rechnen, dass jeden Moment eine Märchenfigur um die Ecke kommt.... Was der frühere Präsident der Sowjetunion im Mühlenmuseum machte? Er legte gemeinsam mit seiner Frau Raissa 1996 den Grundstein für den Glocken-Palast, der mit seinen goldenen Zwiebeltürmchen einem Kloster im altrussischen Baustil nachempfunden ist. Dieses Gebäude befindet sich ebenfalls auf dem Gelände des Mühlenmuseums genauso wie die Europäische Freiheitsglocke.
Unser Fokus lag jedoch auf den alten Mühlen. Nicht für alle der 16 in Originalgröße nachgebauten Mühlen aus aller Welt blieb Zeit. Aber einige besondere Schaustücke fesselten unsere Aufmerksamkeit, so wie die 150 Jahre alte Kellerholländermühle gleich am Eingang, die Mühle von Sanssouci aus den Zeiten Friedrich des Großen oder die koreanische Wassermühle aus der Bergregion Sobaek und Tabak San. Aber ebenso interessant war die Ausstellungshalle mit über 45 Mühlenmodellen. Auch hier erklärten uns zwei Museumsführerinnen alles Wissenswerte und überraschten uns mit so manchem Detail, warum z.B. neben der Mühle auch oft gleich ein etwas anderes Etablissement (Moulin Rouge) zu finden war. Tja, das Mahlen des Getreides dauerte ja schließlich seine Zeit. Oder das Sprichwort "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" erhielt hier eine erläuternde Erklärung.
Die Führungen endetenauf dem Dorfplatz im Mühlenviertel mit einem Backhaus und dem Restaurant, wo sich unsere zwei Gruppen bei frisch gebackenen Kuchen wieder zusammenfanden. Mit einem gerade aus dem Backofen geholten Brot in der Tasche traten wir den Heimweg an.
Mit etwas Wehmut schauten wir auf die vergangenen Tage. Fast ständig wurden wir mit sonnigem Spätsommerwetter verwöhnt, manchmal war es sogar des Guten zuviel. In Erinnerung bleiben uns sicher die Heidschnucken, die weite, in Lila-Töne getauchte Heidelandschaft, die Hansestädte mit nordischem Charme und der angenehme Aufenthalt im Hotel "Allerhof".
Unser immer hilfsbereiter Busfahrer Matthias brachte uns sicher durch den Freitagsverkehr zu unseren Ausstiegspunkten und mit herzlichen Abschiedsworten verabschiedeten wir uns in der Hoffnung auf eine baldige neue Reise mit vielen tollen Erlebnissen.

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