Reisebericht: Single–Wanderreise Nordsee – Nordfriesische Inseln Sylt, Amrum & Föhr

11.06. – 17.06.2023, 7 Tage Wandern auf den nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum und Föhr mit Standorthotel in Dagebüll an der Nordsee


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„Schon wieder kein Wasser da!“

Dieser Satz meiner Gäste begleitete mich so ziemlich jeden Abend, allerdings mit einem zunehmenden Lächeln auf den Lippen…..wusste ich ja, dass meine Gäste verstanden hatten. Wind, Wasser, Licht….alles dreht sich um die Elemente und fordert ständig neu heraus. Die Nordsee ist nicht unbedingt eine Liebe auf den ersten Blick.
Ein Reisebericht von
Diana Mendel
Diana Mendel

Anreise

Natürlich ist es eine gefühlte Weltreise, wenn man sich in Sachsen dafür entscheidet, die Nordsee zu erkunden. Kilometer, die einen spüren lassen, dass unser Land ganz ordentlich Ausdehnung hat und dazu die den im Norden lebenden seit Jahren bekannten Nadelöhre der Bundesautobahnen. Und so macht diese Anreise zunächst verständlich mürbe, doch beim Anblick der ersten Wasserflächen, von Deichen und ner Menge Schafe drumherum lichtet sich die Lage: Urlaub!
Nordfriesland erwartet seine Gäste bei sommerlichen Temperaturen, ohne auch nur eine Wolke am Himmel bei strahlendem Sonnenschein.
In Dagebüll angekommen muss man also direkt an die Wasserkante, sich den frischen Nordseewind um die Ohren pusten lassen. Wir machen eine Runde Dagebüll….das ist schnell gemacht, denn der Ort dient nahezu eigens als Tor zu den Inseln umrandet von ein paar Ferienunterkünften.

Fürs Protokoll: am Anreisetag noch Wasser da!

Nordseeinsel Föhr

Unsere Woche beginnt mit einer Überfahrt auf die Insel Föhr. Das Wetter gibt das Urlaubsgefühl vor und wir sitzen auf dem Oberdeck der WDR Fähre und fahren bei strahlendem Sonnenschein der Insel entgegen.
Föhr mit seinen vielen kleinen, rund um die Insel verteilten Orten erschliesst sich uns per Bustour, man bekommt so einen gelungenen Überblick über die Lage der Insel zwischen Halligen und den Nachbarinseln, eine Vorstellung von Architektur und nordfriesischem Inselleben. Den Ort Nieblum nehmen wir dann etwas näher unter die Lupe. Dort steigen wir aus, immerhin hatten meine Gäste ja eine Wanderreise gebucht und so wollen wir natürlich das Tageslaufziel auch erfüllen. Das, was den Ort Nieblum geprägt hat, kann man kaum besser erzählen, als am Friesendom. Und eigentlich ist es nicht die Geschichte der Insel Föhr, es ist die Geschichte einer ganzen Region, geprägt von Herausforderungen durch Sturmfluten, Seefahrerzeiten, Eindeichungen…..ein Leben mit Wind, Wasser und Licht. Dann wird gastronomisch geprüft und genossen und wir laufen los. Unsere Tour führt uns durch Wiesen und Felder, vorbei am nördlichsten Weinanbaugebiet der Republik bis an die Wasserkante…..wo gerade das Wasser abläuft. Und auch die Geschichte von Ebbe und Flut muss man an dieser Stelle natürlich thematisieren. Für eingefleischte Ostseeurlauber ist es schlichtweg blöd, wenn anstatt des Wassers stets grün-braune, nach Schlick riechende Masse den sogenannten Strand flankiert. Aber ich versuche zu erklären, dass das „Meer“ tatsächlich nach der Zwischenzone stattfindet…..aber das erschliesst sich dann in den nächsten Tagen.
Von Wyk aus fahren wir wieder Richtung Dagebüll. Ein erster Sommerurlaubstag geht zu Ende und wir laufen hungrig in Richtung Hotel.

Dagebüll bei Ankunft: auflaufendes Wasser ( fast Wasser da)

Wattwanderung um Dagebüll

Heute nun stand eine Wattwanderung auf dem Programm. Und da das ja nicht so einfach ist, seinen Tag flexibel zu planen, um ihn optimal auszufüllen an der Nordsee, braucht es einen Tidekalender. Dem ist zu entnehmen, dass das Wasser gegen 14 Uhr ablaufen wird. Das bedeutet, dass eine Wattwanderung idealerweise dann gegen drei Uhr beginnen kann und leider auch nicht früher oder später oder am Vormittag oder irgendwie zu einer anderen Zeit. Wir sind den Gezeiten ausgeliefert wie alles, was an der Nordsee stattfinden kann. Und so müssen wir uns darauf einlassen und überlegen, wie mit der freien Zeit des Tages umzugehen. Einige spazieren über die Deiche um Dagebüll, manche wollen in den Nachbarort Dagebüll-Kirche oder wieder andere sind entschlossen zu einer Radtour. Für ein Fischbrötchen scheinen sich dann wohl alle zu begeistern, gestärkt und bereit fürs Watt laufen wir dann zur richtigen Zeit in Richtung Treffpunkt mit unserem Wattführer Petersen-Andresen. Die Gruppe der Wattinteressierten ist gross, auch ein grosser, schwarzer Hund ist mit dabei und so laufen wir durch das Watt bis kurz vor den Pril mit Fahrrinne. Die Sonne steht scharf und die letzten Wasserpfützen lassen das Watt glitzern. Uns fällt auf, das sich der Wasserstand selbst nach Loslaufen noch einmal sichtbar reduziert hat. Kaum zu glauben, wie hoch der Tidehub später wieder sein soll, den Herr Petersen-Andresen mit seiner Forke markiert. Es ist angenehm zu laufen und der kühle Wind lässt uns nicht merken, wie stark doch die Sonne bräunt.
Und nun waren all meine Gäste vollzählig im matschig muffigen Watt. War gar nicht so schlimm.

Abendinformation: heute Abend kein Wasser, kommt aber…..einfach Kaltgetränk mit Blick auf den Wasserstand ordern und genießen.

Wanderung auf Amrum

Amrum soll die zweite Insel der Woche werden. Wir nehmen die Schnellfähre mit Verspätung, sind dankbar für einen wartenden Busfahrer und fahren auch schon direkt zu unserer ersten Station: Amrum Wald. Wir durchlaufen ihn dankbar dem Schattenspender auf angenehmem Waldboden bis zur Vogelkoje. Diese ist ein weiteres Stück Amrumer Geschichte, aber auch wieder regionale Geschichte. Von dort aus soll uns der Weg über das Quermarkenfeuer zum Kniepsand führen…..hätte ich mich nicht wie immer in der richtigen „Ausfahrt“ Bohlenweg geirrt. Aber ein Amrumer Pirat stand zur Seite und wieder auf dem rechten Wege lag uns der traumhafte Weg durch die Heideflächen Amrums zu Füssen. Er schlängelt sich bis zu den Dünen und gibt ein traumhaftes Bild mit dem davorgelagerten ersten Sandflächen. Vom Quermarkenfeuer aus erschliesst sich die Situation dann einfach traumhaft: uns umgebend die Dünenlandschaft, vor uns der weisse Kniepsand und nun endlich mal Wasser satt. Wir laufen zur Wasserkante und es gibt die ersten Nordseeschwimmer. Das Wasser ist aufgerieben, von Sedimenten durchsetzt. Es ist Mittag und die Ebbe schon im vollen Gange.
Wir laufen am Strand Richtung Odde und wollen dann nördlich nach Norddorf einbiegen. Der Sand ist trocken und locker, das Laufen gibt ein Gefühl von Auf-der-Stelle-Treten, kommt man gefühlt kaum voran, trotz Kraftanstrengung. Und auch an der Wasserkante ist der Sand nicht verdichtet, läuft das Wasser gerade ab. Dementsprechend zufrieden sind wir, dann wieder „festen“ , gut belaufbaren Boden unter den Füßen zu haben. Und da wir komplett durchgelaufen sind auch prima in der Zeit lagen, hatten wir uns nun eine ausgiebige Pause in Norddorf verdient. Per Bus zurück nach Wittdün, Schnellfähre und pünktlich am Tisch zum Abendessen…..es ist voll geworden im Speisesaal. Aber wir sind bereits erfahrene Neuwarft-Gäste, essen zügig und freuen uns auf den Abendspaziergang Richtung Wasserkante.

Aber: Wasser da? ….:-)……nicht wirklich! Aber dafür warm, man spricht von 23 Grad Celsius Wassertemperatur! (Insider) …..Was für ein Sommer! …:-))))

Unser Tag zur freien Verfügung

Die Entscheidung, am Tag zur freien Verfügung auf eine Hallig zu fahren, ist eigentlich die richtige. Dann ist das „Ding“ rund. Man war dann mal…..auf einer Insel, im Watt, an Land und nun dann auch noch auf einer Hallig. Und das Halligleben scheint dabei dann noch die Steigerung von Nordseeleben.
Wir versuchen also einzutauchen in das, was da so passiert . Auf einer Hallig, im Alltag. Und unser erster Halt führt dabei auf die Kirchwarft von Hooge. Das Pastorat nimmt auf einer Hallig eine ganz besondere Stellung ein. Es ist wie ein Bindeglied zwischen den 10 bewohnten Warften und Ihren Bewohnern. Die Aufgaben vielfältig. Und so danken wir der Pastoratsmitarbeiterin, die uns in Abwesenheit von Frau Rugenstein so wunderbar erzählt hat, wir danken für die Bach´ sche Einlage und laufen der Hanswarft entgegen. Dort ist das Sturmflutkino ein Muss. Der Königspesel eine Anekdote in der Geschichte Nordfrieslands im ständigen Kampf mit den Gezeiten. Und dann, am Ende, als es tatsächlich einmal während der ganzen Reise kurz regnet ( eigentlich hat es nur kurz getröpfelt ) bekommt man so eine Ahnung davon, wie lange man selbst nur in der Lage wär, auf einer Hallig grau in grau bei mal nicht Eitel-Sonnenschein auszuhalten, leben zu können. Es ist noch einmal die Steigerung zum bloßen Inselleben.
Aber wir dürfen wieder heim, fährt sich auch prima im neuen Hallig- Pullover! Denn wenn man bestimmt noch nicht von „Wetter“ reden konnte, wurde es für uns sonnenverwöhnte Nordseeurlauber mit ein paar Wolken am Himmel doch schon empfindlich frisch.
Aber: auf dem Festland angekommen war schon wieder alles vorbei und der Abend lief wie immer nach Plan: Abendessen im Neuwarft und Hafenrunde mit oder ohne nett servierte Kaltgetränke.
Ich lasse es nicht offen: mit Kaltgetränken nett serviert, denn ein Gast verbrachte den Tag auf Amrum und wir hatten viel zu erzählen bis dann die Sonne im Meer unterging. Wir waren glücklich und eigentlich sehr zufrieden, mussten wir zur Kenntnis nehmen, offensichtlich wie eine Therapiegruppe der Krankenkasse auf unsere Umwelt zu wirken! :-)….na bitte! Wenigstens war das Wasser da! Temperatur Wasser wieder so um die 16/17 Grad…..gefühlt, nicht gemessen.
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Sehnsuchtsort Sylt

Wir fahren nach Sylt und nehmen für eine Insel den recht ungewöhnlichen Weg mit der Eisenbahn. Sylt ist schon seit rund 100 Jahren über einen Damm mit dem Festland verbunden. Das bedeutet allerdings nicht, dass man damit gezeitenunabhängig und frei von den Einflüssen der Nordsee passieren kann. Auch diese Verbindung mit dem Festland ist eine, die ständig neu angepasst und gesichert werden muss, der Anstieg der Meeresspiegel fordert überall an den Küsten Anstrengungen.
Und für Sylt werden stets ganz besondere Anstrengungen aufgebracht. Unmengen von Sand, der immer wieder aufs Neue der im Wind stehenden Küste zugespült werden muss, um die Insel erhalten zu können. Eine Insel der Gegensätze, aber auch eine Insel voller gefühlter Kompromisse.
Wir wandern am Roten Kliff, ohne es tatsächlich sehen zu können. Wir haben uns für den kniefreundlicheren Bohlenweg entschieden, der oberhalb der Steilküste mit Blick auf die See verläuft. Ich versuche zu erklären und spätestens auf der Uwe-Düne erschliesst sich die Insel in seiner Form und seinen Schutzgebieten. Wir können bis zum Schiff nach Romo sehen, bis zum Hafen nach List. Auf der unteren Seite zeigt sich Westerland mit seiner Bausündenkulisse. Auch dieser Tag ist sonnig und heiss und wir beschliessen über Kampen den Weg gen Westerland. Zwei Orte, grundverschieden und doch so sehr sinnbildlich für Sylt. Und sinnbildlich für die Zeit, unsere politische Zeit fällt im teuren Strönvai gerade die Reetdachfassade eines Luxusgeschäfzes der letzten Generation zum Opfer. Und wenn diese Ereignisse nur Randereignisse bleiben, dann können wir das mal erzählen, später mal.
Aber was mir schon heute nicht mehr aus dem Kopf will ist die satte Erkenntnis, auf Sylt Alltagsmenschen gesehen zu haben. Und eigentlich ist sofort klar, auch ich bin einer. Ich bin ein glücklicher Alltagsmensch. Vielleicht wollte die Ausstellung unter dem Titel auch nur daran erinnern.
So schlenderten wir dann durchs Getöse von Westerland um von dort aus wieder per Zug zurück aufs Festland in unser Hotel zu fahren.
Unser letztes Abendessen verlief wie eine Kür für Erfahrene und wir machten uns noch einmal auf für einen letzten Spaziergang an der Wasserkante.
Wasserstand: absolute Ebbe. Es war frisch, denn Wolken zogen auf an unserem letzten Abend. Es gibt eine Kindergeschichte, bei der Wetterwechsel immer Veränderung anzeigt. So funktioniert es auch an der Nordsee wenn der Wind dreht.
Unser Urlaub in Nordfriesland neigt sich dem Ende.

Abreise

Nach einem letzten Frühstück im Hotel Neuwarft wartete ein flinker Kleinbus mit Hauke, einem waschechten Dagebüller Nordfriesen darauf, meine Gäste wieder nach Hause nach Potsdam und dann letztendlich bis ins tiefe Sachsen zu fahren. Und das klappte absolut im Zeitplan trotz unzähliger Widrigkeiten auf den Autobahnen.

Schlusswort

Die nordfriesischen Inseln zu befahren ist ja irgendwie immer nur die halbe Wahrheit. Aber die Reise ist optimal für einen guten ersten Eindruck, für ein gutes Grundgefühl Nordsee.
Und ich hoffe, Ihr werdet ihn haben, den Moment, wo ein Bericht, eine Dokumentation Euch an diese Reise erinnert und Ihr sagen könnt: „ ja, ….da war ich und ja, ….so isses!“
Und vielleicht „und es war prima dort!“.

Eure Diana

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