Reisebericht: Italien – Wandern an der Amalfiküste und auf Capri

17.09. – 24.09.2022, 8 Tage Flugreise Minori – Amalfi – Götterweg – Positano – Insel Capri mit Anacapri – Vesuv – Pompeji – Ravello – Scala – Tramonti (52 / 62 Wanderkilometer)


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Die heute weltberühmte Panoramastraße an der Amalfiküste von Sorrent nach Vietri sul Mare wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Not heraus geboren. Dörfer, die wie Schwalbennester an den Felsen kleben, brauchten eine Verbindung zur Welt, bei der sie nicht vom Meer und seinen Tücken abhängig waren, oder mühsam über die Berge laufen mussten. So wurde die Straße auf einer Höhe von etwa 100 Metern entlang der Küstenlinie in den Felsen gehauen. Das, was dabei heraus kam, war damals eine Meisterleistung und ist heute nichts für Angsthasen. Die Ende der Straße und der viele Verkehr stellen die Fahrkünste immer wieder auf Proben, bei denen es um Milimeterarbeit geht. Atemberaubende Ausblicke entschädigen für die Mühe. Im Hinterland von Amalfi ist vom dichten Gedränge auf der Straße nichts mehr zu spüren, da wandert man durch lichte Wälder treppauf und treppab.
Ein Reisebericht von
Irmela Körner
Irmela Körner

Gut Ding will Weile haben– eine zeitintensive Anreise nach Neapel

Nach der Ladung in Neapel gibt es bei der Fahrt mit dem Bus erste Gelegenheit, sich einen Eindruck von der Golfregion zu verschaffen. Der Vesuv mit seinem charakteristsischen Doppelgipfel dominiert, in der Ferne sieht man im Golf die Inseln Proschida und Ischia liegen. Es ist üppig grün, in Kampanien wird bereits seit er Antike intensive Landwirtschaft betrieben, Wein angebaut und natürlich ist es das Land, in dem die Zitronen blühen. Mit der Fahrt durch die Monti Lattari, die Milchberge, erreichen wir unser beschauliches Ziel Minori.

Zum Auftakt über Stock und Stein – tolle Eindrücke belohnen die Mühe

Beim Anreisetag hingen uns die Wandersteifel schwer an den Füßen. Jetzt kommen sie endlich zum Einsatz. Nachdem sich unser kleiner Bus bis ins entzückende Ravello die Kurven hoch geschraubt hat, schalten wir auf den Wandermodus um. Vorbei an dem ungenutzten Festspielhaus von Oskar Niemeyer, das architektonisch gelungenen aber akustisch mißraten ist, geht es aufwärts vorbei an der berühmten Villa Rufolo und weiter zur nicht weniger eindrucksvollen Villa Cimbone. Hier hat einst ein exzentrischer Millionär seine Träume ausgelebt und aus der Ruine eines Palazzos aus dem 14. Jahrhundert ein neues Haus und drum herum einen Landschaftsgarten entstehen lassen. Statuen, Brunnen und dickbauchige Amphoren schmücken den Garten. Den Rosen fehlt etwas gärtnerische Pflege und Fürsorge, den wunderbaren Ausblicken auf das Meer über die ausladenden Schirmpinien hinweg tut das keinen Abbruch. An der Darstellung der sieben Todsünden müssen wir feststellen, dass wir keinesfalls ganz frei von Sünde sind, ein bisschen Faulheit, ein wenig Neid, müssen wir zugeben.
Wir schlagen den Weg Richtung Scala ein, das mit Ravello durch eine gemeinsame Geschichte verbunden ist. Amalfi und Ravello sollen nach Ansicht der Historiker von Scala aus gegründet worden sein. Wir konzentrieren uns auf das Heute, denn der Weg bringt uns bald ins Schwitzen. Hohe Steinstufen führen abwechselnd hinauf und hinunter, forden unsere Knie und bescheren uns nach einigen Kurven immer wieder atemberaubende Ausblicke und Fotomotive. Am Wegesrand naschen wir wilden Fenchel, kosten den bitteren Rucola und runden das mit einer köstlich süßen Feige vom Baum ab.
Im kleinen Ort Pontone wartet unterm Sonnensegel der Blu Bar schon ein köstlicher Mittagsimbiss auf uns. Wr lassen uns süße Paprika, gefüllte Auberginen, gebratene Zucchini, Endieviensalat und würzige Wurst zur Focacchia schmecken und nehmen dann den Treppenweg hinunter nach Amalfi. Die vielen Stufen geht in die müden Knochen, aber mit Geduld und gegenseitiger Hilfe schaffen wir alle den Weg. Der Canneto-Fluß, der schon seit dem 12. Jahrhundert für die Papierherstellung genutzt wurde und an dessen Ufer es einst viele Mühlen gab, ist heute nur mehr ein kleiner Bach. Im Papiermuseum in Amalfi wird die Tradition der Papierherstellung, die in Amalfi sehr früh begann, nochmals lebendig und die alten Maschinen werden mit viel Getöse in Bewegung gesetzt, so dass man ihre Funktionen erkennen kann.
Ein Linienboot bringt uns am Abend in nur wenigen Minuten von Amalfi zurück ins beschauliche Minori. Einige Unermüdliche wandern am Abend nochmals viele Treppen hinauf nach Torrello. Hier wird aus Anlass eines Festes für die schmerzensreiche Maria ein Feuerwerk veranstaltet. Übeall liegen schon die Zündschnüre für die Knaller auf den Wegen, die automatisch gezündet werden. Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig nach oben. Dann leuchtet das Dorf in den Konturen der Häuser, als wären es Lebkuchenhäuschen, in blau und rot und grün und darüber ein Feuerwerk, das nicht enden will. Das hat sich gelohnt. Die nächsten Abende lassen wir dann jeweils bei der "Kaffeelöffel-Bar" ausklingen und haben mit Limoncello und Michele viel zu lachen.

Auf dem Götterweg unterwegs

Allein der Name läßt natürlich Göttliches erahnen, die begeisterten Berichte in den sozialen Medien über den Götterweg haben ein übriges dazu getan, um den Weg zu einem hotspot zu machen. Der Wanderweg führt von Praiano über Nocelle nach Positano und belohnt die Mühe mit herrlichen Ausblicken. Den Namen soll der Götterweg erhalten haben, weil entlang des Pfades zur Römerzeit hier viele Tempel für die Götter gestanden haben sollen. Manche erklären den Namen schlichter: Wer es geschafft hat, fühlt sich göttlich. Wir sind also keinesfalls die Einzigen, die sich nach der Busfahrt nach Bomerano die Wasserflasche am Brunnen füllen und die Brötchen für das Picknick im Ruckack verstauen, um für die Tour gerüstet zu sein. Mit Verwunderung schauen wir manchen der jungen Italiener hinterher, die in leichten Sandalen unbekümmert die Steinstufen hinunterspringen. Wir gegen eher bedächtig mit Stöcken und knöchelhohen Wanderschuhen, Sicherheit geht vor. Die Sonne kommt von links, unten leuchtet das Meer, man hört die Zikaden und genießt. An der bescheidenen Hütte eines Ziegenhirten kosten wir den frischen Käse mit selbstgemachtem Honig und spülen mit einem kräftigen Rotwein nach, ehe es weiter geht bis Nocelle. Der Kiosk am Ortseingang ist der passende Ort, um die frisch gemachte Zitronengranita zu probieren und dazu die Brötchen auszupacken.
Für einige ist hier die Wanderstrecke zu Ende, Knie und Hüften schmerzen und wir sind dankbar, dass es einen Bus nach Positano gibt. Allerdings ist die Faht hinunter kein Vergnügen. Wie die Ölsardinen stecken wir in dem Bus. Der Fahrer hat schlechte Laune und läßt uns das in jeder Kurve spüren und die engen Straßen mit Gegenverkehr tragen nicht zur Entspannung bei. Schließlich sind wir unten in Positano. Früher war der Ort, der sich vertikal den Hang hinaufzieht, als billiges Winterquartier von armen Schriftstellern und Malern geschätzt. Nach einer von John Steinbeck verfassten Lobeshymne auf Positano entdeckten die Reichen und Schönen dieser Welt den Ort für sich. Jackie Kennedy, Pablo Picasso und Paul Newman kamen ebenso wie Altkanzler Gerhard Schröder und Leonardo di Caprio. Der russische Tanzstar Rudolf Nurejew kaufte die kleinen vor Positano liegenden Inseln i Gialli. Hier sollen nach der Mythologie die Sirenen gesessen haben, die mit ihrem lieblichen Gesang die Seefahrer ins Verderben stürzten. heute lauert das verderben möglicherweise in den edlen Geschäften, die die Gassen säumen, Man schiebt sich an teuren Cafes und Restaurants entlang und es geht ums Sehen und Gesehen werden. Wir sind durchaus froh, als unser Boot im Hafen Einfahrt hat und wir entlang der Küste zurück ins unspektakuläre und ruhige

Eindrücke aus der Antike– auf dem Vesuv und in Pompeii

Bei der Ankunft in Neapel hatten wir schon einen ersten Blick auf den Somma geworfen, den Berg, aus dem nach dem berühmten Vulkanausbruch im Jahr 79 nach Christus der Vesuvio als neuer Gipfel entstanden ist. Vor dem berühmten Ausbruch war der Berg sicherlich noch sehr viel höher, heute misst er immerhin 1281 Meter. Der Aufstieg schreckt uns nicht - problematischer ist die Tatsache, dass es keine Zeit und keine Möglichkeiten für eine Toilettenpause gibt. Am Kraterrand, von wo es etwa 200 Meter in die Tiefe geht, weist uns Antonio, ein Vulkanologe,auf all die Dinge hin, die wir sehen, aber nicht auf den ersten Blick verstehen. Dank seiner Erläuterungen können wir die rostigen eisernen Seile der beim letzten Ausbruch 1944 zerstörten Seilbahn identifizieren. Antonio liefert uns den Text von dem berühmten Schlager über funiculi funicola gleich dazu. Auch die Rauchzeichen, die der Vesuv von sich gibt, faszinieren. Doch es ist unbestritten, sowohl die in der Ferne liegenden phlegräischen Felder als auch der Vesuv gleichen einer tickenden Zeitbombe und die Gefahr eines Ausbruchs ist nicht von der Hand zu weisen.
Nach unserer Mittagspause geht es weiter nach Pompeij, jene Stadt, die beim berühmten Ausbruch 79 nach Chr. unter einem Ascheberg begraben wurde und erst viele Jahrhunderte später wieder entdeckt wurde. Bei den verschiednenen Ausbrüchen des Vesuv im Lauf der Jahrhunderte wurden immer wieder Orte dem Erdbeben gleichgemacht und von der Lava verschüttet. Doch kein Ort bewegt so sehr wie Pompeii, das uns mit anschaulichen Beispielen in der archäologischen Anlage über das Leben im antiken Rom erzählt. Da gibt es die Garküchen, die Thermalbäder, die Hinweise auf die Freudenmädchen. Man läuft über das uralte Pflaster aus römischer Zeit, in dem sich die Wagenräder mit tiefen Spuren eingegraben haben. Unser Führer erläutert uns die Bedeutung der Urinsteuer, auf die sich das geflügelte Wort vom Geld, das nicht stinkt zurückführen lässt.
Die Gipsfiguren, die von Hohlformn gegossen wurden, die von den sterbenden Menschen in der heißen Asche gebildet wurden, führen uns vor Agen, dass die Menschen von einem Moment auf den anderen den Tod fanden, durch die giftigen Gase, unter dem Bimsstein und in der heißen Asche. Leben und Tod liegen eng nebeneinander, lehrt uns das sonnige Pompeii. Also carpe diem

Eine schattige Tour im Valle delle Ferriere

Als sich unser Bus zum Valle delle Ferriere wieder die Kurven Richtung Scala hochschraubt, fühlen wir uns schon fast wie zu Hause. Die Ampel in der engen Kurve kennen wir schon, den Blick hinauf zur Kirche ebenfalls. Die Treppen da, die sind wir schon gegangen. Campidoglio liegt noch etwas höher als Scala und wir können uns also ausrechnen, das alles müssen wir auch wieder hinuntergehen. Doch zunächst geht der Weg fast ebenerdig an schönen Steinmauern entlang, an denen es blüht und duftet. Kapern machen sich in den Steinfugen brreit, Rosmarin steht in dicken Büscheln, Salbei und Thymian ebenso. Die Idee, die Kräuter aus der italienischen Küche im Geschäft in Amalfi zu kaufen, wandelt sich hier zu einem do it yourself. Pflücken und zu Hause trocknen, heißt jetzt die Devise.
Der Weg ist für alle angenehm zu gehen, oft im Schatten, an einem kleinen Flußlauf entlang, den wir dann auch überqueren. Voher werden noch schnell die Füße gekühlt und die Flaschen an der Quelle gefüllt, eine Wohltat.
In Pogerola geht es wieder einige Treppen runter, ehe wir unsere Anlaufstelle für das Mittagessen finden, die Osteria Acquolina. Inzwischen haben wir gelernt, dass der Honig ganz hervorragend zum frischen Käse passt, dass die Salami auch gern mit Fenchel gewürzt wird, die Panchetta köstlich ist und die Brokkoli eher bitter schmecken, die Paprika dagegen wunderbar mild, fast süß. Zur Verdauung gibt es einen Limoncello aus eigener Produktion. Dann geht es wieder die Treppen herunter bis nach Amalfi. Andrea, unsere Wanderleiterin lebt hier seit vierzig Jahren, jeder kennt sie, sie kennt auch alle und so wird in alle Richtungen gegrüßt. Wir lassen uns die besten Geschäfte für die Mitbringsel für zu Hause zeigen, besichtigen gemeinsam den Dom und bewundern die große Terrasse von Andrea, von wo aus sie die Stadt gut im Blick haben kann. Ein Schiff bringt uns dann wieder nach Minori, wo ein Abendessen auf uns wartet.

Capri – zehn Kilometer im Mittelmeer, die die Welt bedeuten

Capri, ach ja. Genau genommen sind es zwei Inseln, nämlich Capri und Anacapri und in der Mitte thtont der Monte Solaro als höchster Berg mit einer Höhe von 589 Metern. Eine Seilbahn führt hinauf, doch Andrea geht auf schmalen, steilen Wegen, für die man gute Trittsicherheit und eine Portion Mut braucht. Die andere Gruppe fährt mit der Standseilbahn nach oben, flaniert durch Capri an den Läden entlang, genießt den Blick vom Augustusgarten auf die Via Krupp, die um 1900 gebaut wurde und geht dann im Spazierschritt bis zur Villa Tiberius. Von der hohen Felskante in luftiger Höhe soll Tiberius seine Sklaven hinuntergestürzt haben, wenn sie ihm nicht gehorchten. Er hatte sich auf diese Ziegeninsel im Golf von Neapel zurückgezogen um - so jedenfalls wird es berichtet- hier ungestört seinen Lüsten und Ausschweifungen frönen zu können.
Der Historiker Ferdinand Gregorovius hatte die Insel Capri Mitte des 19. Jahrhunderts besucht und sie noch als Einsiedelei beschrieben. Davon ist heutzutage nichts mehr zu spüren. Nachdem auf Capri da erste noble Hotel Quisisana gebaut worden war, kamen die Reisenden, um sich zu kurieren. Zeitweilig war Capri auch Treffpunkt der Futuristen und der russische Schriftsteller Maxim Gorki hatte sogar Lenin auf das Eiland im Golf eingeladen. Goethe allerding, der berühmte Italienreisende, hat Capri nicht besucht.
Jetzt drängen sich im Ort Gäste aus aller Welt vor den Läden mit südhaft teuren Auslagen. Viele der Häuser verbergen sich hinter hohen Mauern, oft leuchten nur die Bougainvillen über die Mauer. Doch die Gärten zeigen sich in üppiger Pracht. Hier wird gepflegt und geschmackvoll gestaltet und hier hat die Toilette im doppelten Wortsinn ihren Preis.Trotz oder wegen der vielen Menschen, die auf Capri gelebt haben, ist Capri Marke, Mythos und - wie es der Essayist Dieter Richter schreibt- die schönste Insel der Welt.

Im Land, wo die Zitronen blühn

Wir sind im Land, wo die Zitronen blühen, haben uns abends jeweils den Limoncello schmecken lassen und wollen unsere Reise mit einer Wanderung im Tal der Zitronen beenden. Wieder gehen wir in zwei Gruppen, die Fleißigen starten in Minori und steigen über den sogenannten Ameisenweg nach Tramonti hinauf. Die Anderen, die noch Einkäufe erledigen, die Villa Romana besichtigen, nehmen den Bus nach Tramonti, steigen bei der Metzgerei von Gianni aus und gehen dann hinauf zum Agriturismo Tra Incanto e Natura.
Hier wartet wie üblich ein köstliches, vielseitiges, reichhaltiges Mittagessen auf uns. Honig für den Käse fehlt nicht und wieder gibt es Schinken, Speck, Pizza und Foccaccia in großen Mengen. Nach Meinung von Vincenzo, dem Inhaber, essen wir viel zu wenig und er wundert sich, dass wir keinen Nachschub wünschen.Immerhin räumt das Sorbetto al Limone unsere Mägen etwas auf, ein süßes Törtchen muss auch noch probiert werden und mit einem Limoncello für den Weg gehen wir dann zu Fuß hinunter nach Majora und weiter nach Minori.
Es ist Zeit, von Andrea Abschied zu nehmen, die uns die Gegend mit viel Begeisterung und Überzeugung nahe gebracht hat. ir sagen - auch ohne tiefgehende Italienischekenntnisse- Arrivederci.

Sagt zum Abscheid leise Servus

Nachts um 4.00 Uhr startet Susanne Richtung Heimat, die Anderen können immerhin bis 7.00 Uhr schlafen, ehe es auch für uns heißt, die Koffer einzuladen und zum Flughafen zu fahren. Hier ist es voll, laut und ungemütlich. Rückflügen fehlt die Atmosphäre der Vorfreude. Immerhin gibt es auch da nochmals einen Limoncello und schöne Erinnerungen an eine vielseitige, sonnige und gelUngene Wanderwoche. Ritorneremo

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