Reisebericht: West–Kanada intensiv – Rundreise mit Bärenbeobachtung in Alaska

26.08. – 09.09.2018, 15 Tage Rundreise West–Kanada – Calgary – Rocky Mountains – Banff – Jasper – Prince George – Smithers – Bärentour in Alaska – Inside Passage – Vancouver Island – Victoria – Vancouver


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Ganz viele Bären zu sehen ist unser großes Ziel auf dieser schönen Reise durch den Westen Kanadas, die eine Bärenbeobachtung in Alaska mit einschließt. Auch auf die Fahrt durch die Inside Passage freue ich mich mit meinen nur 10 Gästen ganz besonders.
Ein Reisebericht von
Dr. Andreas Wolfsteller
Dr. Andreas Wolfsteller

1. Tag (Sonntag, 26.08.2018): Flug nach Calgary

Unsere wunderschöne Reise durch den Westen Kanadas beginnt auf dem Flughafen Frankfurt. Einige Gäste habe ich schon ab Dresden begleitet, die anderen kommen in Frankfurt dazu. Gemeinsam fliegen wir mit Air Canada nach Calgary, der größten Stadt in der kanadischen Provinz Alberta. Dort werden wir von unserer Busfahrerin Patty in Empfang genommen, die uns in den nächsten zwei Wochen sehr ans Herz wachsen wird. Sie ist eine Cree-Indianerin und kann uns daher aus erster Hand Einblicke in das Leben der First Nations in Kanada gewähren. Außerdem ist sie sehr fürsorglich und überhäuft uns später mit Medikamenten und Kampferöl, denn einige von uns (darunter auch ich) haben später auf der Reise mit einer hartnäckigen Erkältung zu kämpfen. Am Anfang fühlen wir uns aber alle noch ganz fit, obgleich ein bisschen müde aufgrund des langen Fluges und des Zeitunterschieds. Nichtsdestotrotz fangen wir gleich auf der Fahrt zum Hotel mit der Erkundung unserer vorübergehenden neuen Heimat an. Die Stadtrundfahrt beginnt am Fort Calgary. Das ursprüngliche Fort existiert heute nicht mehr; ein Museum erinnert aber an den Gründungsort der Stadt und ein Reiterstandbild an den zweiten Kommandanten der North-West Mounted Police, der der Stadt letztendlich den auch heute noch verwendeten Namen gab. Die berittene Polizei, Vorläuferorganisation der berühmten Mounties, ließ sich 1875 an der Mündung des kleineren Elbow River in den Bow River nieder und begann mit ihrer Aufgabe, den illegalen Whiskeyhandel durch amerikanische Schmuggler zu unterbinden und die Gegend für den Bau der Eisenbahn zu sichern. Mit den ansässigen First Nations sollte sie außerdem freundschaftliche Beziehungen aufbauen. Vom Museumsgelände aus haben wir einen guten Blick auf die Skyline von Calgary, deren markantestes Gebäude der Calgary Tower ist. Der 190,8 m hohe weiß-rote Fernsehturm wurde 1967 anlässlich des 100. Geburtstags Kanadas von einer Immobilienfirma in Zusammenarbeit mit einem Ölunternehmen errichtet. Calgary ist international auch bekannt durch die Calgary Stampede, ein großes jährliches Volksfest und größte Rodeoshow der Welt. Auf dem Veranstaltungsgelände machen wir einen Fotostopp und sehen u. a. auch die Multifunktionsarena Scotiabank Saddledome, Heimat der Eishockeymannschaft Calgary Flames. Wenig später erreichen wir das offizielle Stadtzentrum: das Rathaus und den Olympic Plaza. Während der Olympischen Winterspiele 1988 wurden hier die Medaillen vergeben. Heute dient der Platz als Stadtpark und Versammlungsort, und im Winter kann man hier Schlittschuh laufen. Wir fahren allerdings weiter zu unserem Hotel und erholen uns erst einmal von dem langen Tag.

2. Tag (Montag, 27.08.2018): Banff– und Yoho–Nationalpark in den Rocky Mountains

Am zweiten Tag schließen wir unsere Stadtrundfahrt in Calgary mit einem Besuch des Olympiaparks ab. Hier wurden die Rennrodel-, Bob- und Skisprung-Wettbewerbe ausgetragen. Ein Wald aus Fahnenmasten erinnert an die Teilnehmerländer, und man kann den Original-Bobschlitten aus dem Film "Cool Runnings" fotografieren und sich sogar hineinsetzen. Mit den Olympischen Winterspielen 1988 ist ja nicht nur die zweite Goldmedaille von Katarina Witt verknüpft, sondern auch der englische Skispringer "Eddie the Eagle" und die Bobmannschaft aus Jamaika. Vorbei an drei Reservaten der Stoney bzw. Nakoda First Nation fahren wir auf dem Transcanada Highway in die ungefähr 80 km entfernten Rocky Mountains. Am Lake Minnewanka machen wir unseren ersten Stopp in den Bergen und erhalten schon einen guten ersten Eindruck von der erhabenen Wucht dieses Gebirgsmassivs. Auf der Fahrt zum Johnston Canyon sehen wir unser erstes wildes Tier, einen Weißwedelhirsch! Der Johnston Canyon wurde nach einem Goldgräber benannt, der hier in den Rocky Mountains auf der Suche nach Reichtum war. In der recht langen Schlucht gibt es zwei Wasserfälle - bis zum ersten können wir einen kleinen Spaziergang unternehmen und ein paar freche Streifenhörnchen beobachten. Nach einer kleinen Stärkung überreden mich meine Gäste, doch auch zum Moraine Lake zu fahren, der eigentlich nicht auf dem Programm steht. Wir werden jedoch an der Kreuzung nicht durchgelassen, da der Parkplatz heute schon überfüllt ist, sodass wir kurzerhand zum Lake Louise weiterfahren, der nun nur ein paar Minuten entfernt ist. Aufgrund seiner markanten Farbe hat es der Gletschersee zum berühmtesten Ausflugsziel und Fotomotiv der Rocky Mountains gebracht. Wie auch die Provinz selbst wurde der See am Fuße des Mount Victoria nach einer Tochter der britischen Königin Victoria benannt - Prinzessin Louise Caroline Alberta. Wir gehen ein bisschen am Seeufer spazieren, erkunden das berühmte Fairmont-Luxushotel, und brechen dann in den Yoho-Nationalpark auf. Dazu müssen wir entlang der Eisenbahn über den Kicking Horse Pass in die Provinz British Columbia fahren. Als die transkontinentale Eisenbahnstrecke durch die Rocky Mountains 1885 eröffnet wurde, war das Gefälle am Pass mit 4,5 % viel zu steil. Es kam zu Unfällen, bei denen die Dampfloks entgleisten und auch Todesopfer zu beklagen waren. Deshalb baute man die Spiral Tunnels, spiralförmige Tunnel, die zwar die Fahrstrecke verlängerten, aber das Gefälle auf nur noch 2,2 % reduzierten. Als die Tunnel 1909 für den Bahnverkehr freigegeben wurden, galten sie als technische Meisterleistung. Wir haben großes Glück, denn wir können bei unserem Fotostopp live erleben, wie ein Zug in die Tunnel einfährt. Aufgrund seiner Länge von weit mehr als 100 Waggons unterquert sich der Zug selbst, da die letzten Waggons an der oberen Einfahrt noch außerhalb des Tunnels sind, während die Spitze des Zuges den Tunnel unten schon wieder verlassen hat. Ich muss wirklich nur Glückskinder in meiner Reisegruppe haben, denn unser Glück am heutigen Tag hält auch bei unserem Aufenthalt am Emerald Lake an. Der Name des Sees verweist auf seine smaragdgrüne Farbe. Das auf einer Insel gelegene Lodge-Hotel und die umliegenden Berge machen ihn zu einem wunderschönen Fotomotiv - er braucht sich vor dem Lake Louise wirklich nicht zu verstecken. Als die geplante Abfahrtszeit näher rückt, kommt einer meiner Gäste ganz aufgeregt zu mir und fragt mich, ob wir die Abfahrt verschieben können - er hat einen Bären gesehen! Tatsächlich, an einem Abhang purzelt in einiger Entfernung ein schwarzes Fellknäuel über die Wiese. Unser erster echter Bär auf dieser Reise! Wir beobachten ihn durch unsere Kameraobjektive, bis er sich wieder in den Wald verzieht. Auf der Rückfahrt halten wir an der Natural Bridge, einer natürlichen Steinbrücke, und fahren dann wieder zurück in die Provinz Alberta, nach Banff. Bevor wir im Hotel einchecken, warten heute noch drei weitere Fotostopps auf uns - am Mount Rundle, an den Bow Falls und gegenüber vom Banff Springs Hotel, dem wohl berühmtesten der großen Eisenbahnhotels in den Rocky Mountains, die von der Canadian Pacific Railway erbaut wurden, um wohlhabende Touristen in die Berge zu locken und so den Bau der Eisenbahn zu refinanzieren.

3. Tag (Dienstag, 28.08.2018): Panoramafahrt durch die Rocky Mountains – Grillabend

Beim zweiten Anlauf am nächsten Morgen werden wir zum Moraine Lake durchgelassen. Leider gilt das auch für die grauen Wolken über uns. Wir lassen uns vom leichten Regen jedoch nicht abhalten und klettern auf den Schutthügel am Ende des Sees, den man lange Zeit für die Endmoräne eines Gletschers gehalten hat - daher auch der Name des Sees. Tatsächlich handelt es sich um Schutt und Geröll, das von der Spitze eines der umliegenden Berge durch Erosion abgesprengt wurde. Für einige ist der Moraine Lake der schönste Gletschersee, denn er liegt nicht so exponiert wie der Lake Louise, sondern ist umgeben von steil aufragenden Berggipfeln auf der einen und dichten Wäldern auf der anderen Seite. Auf dem Icefields Parkway, der als eine der schönsten Panoramastraßen der Welt gilt, halten wir an zwei weiteren Gletscherseen, dem Bow Lake und dem Peyto Lake. Der Bow Lake am Fuße des Bow Glacier ist der Ursprung des Bow River, der durch Banff und Calgary fließt. Der Peyto Lake am Fuße des Peyto Glacier wiederum wurde nach einem ebenso berühmten wie mürrischen Trapper und Bergführer, Bill Peyto, benannt. Von einer Anhöhe aus blicken wir sowohl auf den See als auch weit in den Talkessel hinein. Der Icefields Parkway wurde 1940 eröffnet und war von Anfang an als Touristenstraße geplant. Er verbindet Lake Louise im Banff-Nationalpark mit der Kleinstadt Jasper im Jasper-Nationalpark. Seinen Namen verdankt er den unzähligen Gletschern, die die Berggipfel links und rechts der Straße säumen. Das 325 Quadratkilometer große Columbia Icefield ist eine der größten Ansammlungen von Eis südlich des Polarkreises und Geburtsort mehrerer dieser Gletscher. Auf einen davon, den Athabasca Glacier, fahren wir mit einem Snowcoach, einem Spezialbus mit mannshohen Reifen, hinauf. Ganz langsam rollt der Bus die Seitenmoräne des Gletschers hinunter und ebenso langsam geht es auf den eigentlichen Gletscher. Wir dürfen aussteigen und innerhalb eines umzäunten Gebiets auf dem Gletscher umherlaufen. Den gekennzeichneten Bereich zu verlassen ist sehr gefährlich, denn man könnte in eine tiefe Gletscherspalte stürzen. Nach diesem aufregenden Abenteuer wärmen wir uns im Besucherzentrum bei einer warmen Suppe oder einem Kaffee auf. Bis zu unserem Lodge-Hotel fahren wir nun noch ungefähr eine Stunde. Unterwegs sehen wir Dickhornschafe am Straßenrand. Auf der Suche nach Gras und Kräutern klettern sie im Sommer bis in Höhen von 2.500 m hinauf. Die Hörner eines Männchens können bis zu 14 kg wiegen, weshalb sie eine gute Halsmuskulatur brauchen. Das alles lernen wir nach dem Grillabend von Heidi, einer Naturführerin. Sie erklärt uns auch anschaulich die Unterschiede zwischen Schwarzbären und Grizzlybären, wobei ich zur unverhohlen zum Ausdruck gebrachten Freude meiner Gäste den Bären spielen muss/darf.

4. Tag (Mittwoch, 29.08.2018): Jasper–Nationalpark mit Maligne Lake und Maligne Canyon

Unser Hotel liegt bereits im Jasper-Nationalpark, den wir heute weiter erkunden. Dazu fahren wir zunächst auf dem Icefields Parkway noch die restlichen 50 km bis nach Jasper, und dann parallel zum Icefields Parkway die Straße zum Maligne Lake nach Süden. Unterwegs halten wir am Medicine Lake. Dieser See ist geologisch ausgesprochen interessant, weil er keinen überirdischen, sondern nur einen unterirdischen Abfluss hat, der sich in eines der größten zusammenhängenden Höhlensysteme der Welt ergießt. Der Wasserstand schwankt im Laufe des Jahres abhängig von der Zuflussmenge sehr stark. Jetzt, Ende August, ist er schon recht niedrig. Erst mit der Schneeschmelze im Frühjahr wird er sich wieder erhöhen. Den Schlamm am Boden des Sees nutzten die Indianer als Medizin. Die Nebelschwaden am Ufer und das gedämpfte Licht, das durch die Wolkendecke dringt, verleihen der Szenerie etwas Geheimnisvolles. Auf dem Maligne Lake unternehmen wir eine Bootsfahrt zur Spirit Island. Die (Halb-)Insel ist für die Indianer ein geschütztes Heiligtum und dank der eindrucksvollen Bergkulisse gleichzeitig eines der am meisten fotografierten Motive der kanadischen Rocky Mountains. Bekannt wurde sie durch eine Werbekampagne der Firma Kodak. Der See selbst wird übrigens nie wärmer als 4 Grad, weshalb ich meinen Gästen vom Baden abrate. Mir ist schleierhaft, wie die zum Angeln ausgesetzten Forellen hier überleben können (oder wollen). Nach der Mittagspause in der Cafeteria fährt uns Patty zum Maligne Canyon. Im Laufe der Zeit hat sich der Maligne River hier tief in den Fels hineingeschnitten und eine sehr eindrucksvolle Schlucht erschaffen. Gut eine Stunde dauert unser Spaziergang durch den Wald, bei dem wir an verschiedenen Stellen immer wieder einen Blick hinunter in den Canyon und auf die tosenden Wassermassen werfen können. In Japser machen wir dann anschließend eine ausgedehnte Pause, damit meine Gäste in Ruhe ein paar Besorgungen machen oder auch mal zur Bank oder Post gehen können. Jasper ist nur etwa halb so groß wie Banff und nicht ganz so touristisch. Die Kleinstadt geht wie viele Orte im kanadischen Westen auf einen Handelsposten der North West Company zurück. Die Pelzhandelsgesellschaft wurde später mit der ungleich bekannteren Hudson's Bay Company auf Beschluss der britischen Regierung zwangsfusioniert. Auf dem Rückweg zum Hotel sehen wir noch ein paar Wapitis am Straßenrand grasen und machen einen Abstecher zu den Athabasca Falls.

5. Tag (Donnerstag, 30.08.2018): Auf dem Yellowhead Highway von Jasper nach Prince George

Heute können wir es etwas ruhiger angehen lassen, denn mit der Fahrt über die Provinzgrenze nach British Columbia gewinnen wir eine Stunde. Bevor wir Alberta verlassen, machen wir noch einen kurzen spontanen Abstecher zur Jasper SkyTram. Die tief hängenden Wolken, der einsetzende Regen und der Preis schrecken uns leider gehörig davon ab, die Fahrt auf den Whistlers Mountain zu wagen. Von der Talstation der Seilbahn eröffnet sich uns aber schon ein guter Blick über das Tal von Jasper. Gleichzeitig können wir das ganze Ausmaß der Zerstörung durch den Borkenkäfer erkennen. Am Portal Lake, der genau an der Grenze, d. h. am Yellowhead Pass, liegt, machen wir einen Fotostopp und drehen die Uhren zurück. Die Provinzgrenze markiert zugleich den Eingang des Mount Robson Provincial Parks. Es ist eisig kalt, weshalb wir schnell wieder in den warmen Bus einsteigen. Als nächstes steht ein kleiner Spaziergang zu den Overlander Falls an, einem kleineren Wasserfall, der nach der Overlander Expedition benannt ist, einer Gruppe von Abenteurern, die auf dem Landweg vom Osten Kanadas zu den Goldfeldern im Westen gelangen wollten. Vom Mount Robson, dem mit 3.954 m höchsten Berg der kanadischen Rocky Mountains, ist heute leider nicht viel zu sehen, zu tief hängen die Wolken im Talkessel am Besucherzentrum fest. Im Besucherzentrum gibt es zumindest ein Modell und im Restaurant frischen Kaffee und heiße Schokolade. Das Wetter soll heute durchwachsen bleiben, ein Mix aus Sonne und Regen. In der (ziemlich weitläufigen) Kleinstadt McBride machen wir am frühen Nachmittag eine Kaffeepause. Wir entdecken bei einem kleinen Spaziergang verschiedene Wandmalereien, die von der Geschichte der Eisenbahn erzählen. Auch die urigen kleinen Geschäfte sind einen Blick wert. Wir sind nun wirklich im Hinterland angekommen und merken, dass die Uhren hier langsamer gehen. Später möchte ich mit meinen Gästen einen Spaziergang durch den Ancient Forest unternehmen, einen geschützten gemäßigten Regenwald. Bei unserer Ankunft im Provinzpark (Chun T'oh Whudujut Park and Protected Area) geht jedoch ein heftiges Gewitter mit Hagel auf uns nieder. Wir warten im Bus, bis es vorübergezogen ist, denn Weiterfahren macht bei diesem Unwetter auch keinen Sinn. Der erste Versuch, den Regenwald mit seinen mächtigen Zedern entlang des Bretterpfads zu erkunden, auf dem mich die beiden tapfersten Herren begleiten, endet leider auch wieder im Regen, und wir werden ordentlich durchnässt. Doch so leicht gebe ich mich nicht geschlagen! Dort hinten kommt doch schon die Sonne raus! Wir warten weitere zehn Minuten und können dann tatsächlich alle gemeinsam einen schönen, trockenen Waldspaziergang unternehmen. Als wir am frühen Abend die Holzfällerstadt Prince George erreichen, das Verwaltungszentrum im Norden British Columbias, mache ich mit meinen Gästen noch eine kurze Stadtrundfahrt, bei der wir ganz viele Baumstämme und Paletten voller Holz, ein Eisenbahnmuseum und eine große Eisenbahnbrücke entdecken.

6. Tag (Freitag, 31.08.2018): Handelsposten Fort St. James – Smithers

Wir fahren am nächsten Morgen für einen Fotostopp noch einmal an der Eisenbahnbrücke vorbei, bemerken aber schon, dass sich der Wind über Nacht gedreht hat und die Asche der Waldbrände in unsere Richtung weht. Ich versichere mich bei unserer Partneragentur in Vancouver noch einmal, dass der Highway frei ist, bevor wir zum Fort St. James aufbrechen. Dort wollen wir nämlich in die Welt der Pelzjäger und -händler eintauchen, die die Geschichte des kanadischen Westens lange Zeit bestimmt haben. Alexander MacKenzie, David Thompson und Simon Fraser lauten die Namen der drei berühmten Abenteurer schottischer Herkunft, die im Auftrag der North West Company, einer Pelzhandelsgesellschaft aus Montréal, fast im Alleingang das Gebiet der heutigen Provinz British Columbia erforscht und kartiert haben. Dabei gründeten sie eine ganze Reihe von Handelsposten, nach denen auch heute noch viele Ortschaften benannt sind. Fort St. James ist heute ein Freilichtmuseum, in dem Laienschauspieler in Kostümen Besucher in die Vergangenheit entführen. Mit viel Engagement erklären sie uns, welche Tiere aufgrund welcher Eigenschaften ihres Fells gejagt wurden und führen uns vor, wie eine Falle funktioniert. Ein Höhepunkt unseres Besuchs ist sicher die Teilnahme am Hühnerrennen, bei dem wir auf das Sieger-Huhn wetten und Ansteck-Pins gewinnen können, die wir von nun an stolz auf unserer Brust vor uns hertragen. Am frühen Nachmittag sind wir zurück in Vanderhoof auf dem Yellowhead Highway und machen eine späte Mittagspause, bei Tim Horton's, der mit Abstand größten kanadischen Fast-Food-Kette, bei der es Suppen, Salate, Sandwiches und auch Burger gibt. Gegründet wurde sie als Kaffee- und Donut-Kette von einem Eishockey-Spieler, und ist heute aus dem Leben vieler Kanadier nicht mehr wegzudenken. Schließlich soll es hier den besten Kaffee in ganz Kanada geben. Als Teetrinker kann ich das allerdings nicht beurteilen. Meine Gäste scheinen jedenfalls zufrieden. Wir fahren nun wieder weiter nach Westen durch die unendlichen Weiten Kanadas, von denen wir aber aufgrund der Dunstglocke, die über dem Highway liegt, nicht viel mitbekommen. Als wir am Nachmittag in Houston (nicht in Texas) eine Pause einlegen, haben wir aber das Schlimmste überstanden. Nun geht es weiter entlang der Eisenbahn bis nach Smithers. Die Prestige Hudson Bay Lodge ist ein sehr schönes Hotel und auch über das Abendessen können wir nicht meckern.

7. Tag (Samstag, 01.09.2018): Das Leben der Indianer – Fahrt nach Stewart an der Grenze zu Alaska

Nachdem wir gestern mehr über die Pelzhandelsgesellschaften gelernt haben, wollen wir am heutigen Tag aber auch etwas über das Leben der Westküstenindianer erfahren, schließlich haben sie sich schon vor mehr als 10.000 Jahren in den Regenwäldern des Küstengebirges niedergelassen. Der Moricetown Canyon liegt in einem Reservat; die Indianer fischen hier noch mit traditionellen Methoden nach Lachs. Wir treffen zwar keine Fischer an, können aber die Lachse beobachten, die versuchen, den Wasserfall mit einem gewaltigen Sprung zu überwinden. Als nächstes steht eine Mutprobe für meine Gäste an, denn wir überqueren die Hängebrücke über den Hagwiglet Canyon zu Fuß und können dabei die ganze Zeit durch das Metallgitter auf den tosenden Bulkley River unter uns blicken - nichts für schwache Nerven! Alle schaffen es aber ans andere Ufer, und wir können die Fahrt fortsetzen. Traditionell lebten die First Nations an der Westküste nicht in Zelten, sondern in Langhäusern aus Zedernholz. Im Ksan Indian Village in der Ortschaft Hazelton sind einige davon aufgebaut. Nicht selten haben 30 bis 40 Personen in einem Haus gewohnt - für uns heute unvorstellbar. Die Totempfähle vor dem Haus erzählten die Geschichte des Stammes, eines Clans oder eines ruhmreichen Häuptlings, und sollten Identität stiften und Besucher aus anderen Stämmen beeindrucken. Häuser und Totempfähle waren immer zum Wasser ausgerichtet, denn Einbaum-Kanus waren das gängige Fortbewegungsmittel. Friedlich ging es damals nicht zu, wie ich meinen Gästen bei einem Stopp am Gitxan Battle Hill erkläre. Auf dem Hügel standen dicht gedrängt ein paar Häuser, die einem mächtigen Kriegsherrn als Festung dienten. Von hier aus überfiel er regelmäßig benachbarte Stämme. Wir sind schon auf den Cassiar Highway Richtung Norden abgebogen und freuen uns über jedes Auto, das uns noch entgegenkommt, als Zeichen dafür, dass wir doch nicht allein in der Wildnis sind. Als wir gerade zu einem Toilettenstopp auf einen Parkplatz abbiegen wollen, sehe ich weiter vorn auf der Straße einen schwarzen Punkt. Das ist doch nicht etwa... ein Bär?! Ich bitte Patty, ganz langsam weiterzufahren. Tatsächlich, ein Schwarzbär! Schnell werden die Kameras gezückt, um ein möglichst gutes Foto zu erhaschen, bevor der Bär im Gestrüpp am Straßenrand verschwindet. Nach einem Fotostopp am Bear Glacier sehen wir sogar noch einen Schwarzbären über die Straße huschen! Die Kleinstadt Stewart am Ende des Portland Canal, eines 116 km langen Fjords, der die Grenze zwischen British Columbia und Alaska bildet, ist dann das Ziel unserer heutigen Fahrt. Hier, unmittelbar an der Grenze zu Alaska, leben heute nur noch ungefähr 500 Einwohner. Während des Goldrauschs waren es bis zu 10.000, die in der Region Stewart/Hyder ihr Glück versuchten. Im King Edward Hotel schlagen wir am Abend für zwei Nächte unser Quartier auf.

8. Tag (Sonntag, 02.09.2018): Salmon–Gletscher, Lachse und Bären in Alaska

Es ist schon ein bisschen erstaunlich, dass man hier ohne Pass- und Zollkontrolle über die Grenze nach Amerika fahren kann, wenn man bedenkt, wie groß in den USA die Angst vor jeglicher Art von Einwanderung ist. Aber wer will schon freiwillig ins Geisterstädtchen Hyder? Na gut, wir wollen dorthin, oder zumindest durchfahren, denn wir hoffen darauf, am Fish Creek weitere Bären beobachten zu können. Das Buffet für die Bären ist jedenfalls angerichtet, denn im Wasser des flachen Bächleins tümmeln sich träge Tausende Lachse verschiedener Unterarten. Allein, bei diesem Regen- und Nieselwetter will sich heute kein Bär zeigen. Weißkopfseeadler sehen wir dafür auf unserer Fahrt durch den Tongass National Forest zum Salmon Glacier mehr als genug. Vor allem durch den Einsatz von DDT war das Wappentier der USA stark in seiner Verbreitung gefährdet. Inzwischen haben sich die Bestände so weit erholt, dass der zweitgrößte Greifvogel Nordamerikas nicht mehr gefährdet ist. Erst bei den ausgewachsenen Tieren ist der Kopf weiß gefiedert. Die Straße hat sich inzwischen in eine Schotterpiste verwandelt, die immer am Hang entlangführt, und Patty kämpft mit ihrer Höhenangst. An alten Gold-, Silber- und Kupferminen vorbei fahren wir langsam durch den Regenwald zum Aussichtspunkt am Salmon Glacier. Es ist kalt und nieselig auf dem Pass, doch die Aussicht auf den gigantischen Gletscher entschädigt uns mehr als genug. Zudem bekommen wir hier oben von unserem Hotel ein reichhaltiges Picknick spendiert und ich gebe für meine Gäste eine Flasche Whiskey mit Ahornsirup aus. Langsam geht es nun wieder bergab in Richtung Hyder. Das Wetter wird besser, aber es zeigt sich immer noch kein Bär. Also bummeln wir ein bisschen durch die Geisterstadt Hyder (hier leben noch ungefähr 50 Einwohner und es gibt ein paar Shops), bevor wir vorerst über die Grenze nach Stewart zurückfahren. Die Kanadier müssen uns übrigens bei der Wiedereinreise kontrollieren, da es in Hyder zwar weder einen Arzt noch eine Schule, aber ein Waffengeschäft gibt - die Prioritäten sind auch hier am Ende der Welt klar geregelt. Nach dem Abendessen unternehmen wir den dritten und letzten Versuch, am Fish Creek Bären anzutreffen. Wir müssen aber gar nicht so weit fahren, denn in Hyder läuft uns eine Bärenmama mit zwei Jungtieren über den Weg! Beim Fotografieren bloß nicht zu nah rangehen, denn Bärenmütter können ganz schön ungemütlich werden, wenn sie ihre Jungen verteidigen! Mit dieser überraschenden Begegnung inmitten des Ortes sind wir mehr als zufrieden und auch nicht traurig, dass wir später am Fish Creek wieder nur Lachse und Ranger sehen.

9. Tag (Montag, 03.09.2018): Reise nach Prince Rupert an der Pazifikküste

Bis zum Yellowhead Highway müssen wir erstmal wieder zurück durch die Wildnis fahren. Der Name Bear Glacier ist gut gewählt, denn in der Nähe treffen wir erneut auf einen Schwarzbären. Ob es wohl der Bär von vorgestern ist? Da ich für heute als Ausgleich für den etwas verregneten gestrigen Tag traumhaftes Wetter bestellt habe, müssen wir natürlich noch einmal am Gletscher anhalten, sodass wir noch bessere Fotos machen können. Zurück am Yellowhead Highway müssen wir tanken und treffen ein paar Deutsche wieder, die gestern auch am Fish Creek auf Bären gewartet haben. Entlang des insgesamt 579 km langen Skeena River geht es weiter nach Prince Rupert. Parallel zu Fluss und Straße verläuft auch die Eisenbahnlinie. Unterwegs machen wir immer wieder Fotostopps, um die schöne Landschaft zu genießen und festzuhalten. Viele der kleinen Orte, die wir in den letzten Tagen durchfahren haben, gehen auf den Bau der Eisenbahn zurück, so auch Prince Rupert. Die Grand Trunk Pacific Railway von Winnipeg nach Prince Rupert wurde 1914 fertiggestellt. Mit der Eisenbahn wird vor allem Getreide, Öl und Holz transportiert und im Hafen von Prince Rupert auf Frachtschiffe verladen. Die Kleinstadt an der Inside Passage im angestammten Siedlungsgebiet der Tsimshian wurde nach Prinz Ruprecht von der Pfalz benannt, dem ersten Generalgouverneur der Hudson's Bay Company. Zur Jahrtausendwende brach die Wirtschaft massiv ein, hat sich jedoch dank des neuen Containerhafens inzwischen wieder etwas erholt. Auch der Tourismus konnte erfolgreich angekurbelt werden. Kreuzfahrtschiffe und Fährschiffe fahren den nordwestlichsten eisfreien Hafen Kanadas an, und auch wir wollen morgen früh mit dem Fährschiff die Inside Passage erkunden.

10. Tag (Dienstag, 04.09.2018): Fahrt durch die Inside Passage bis Vancouver Island

Auf den heutigen Tag haben wir schon alle hingefiebert, auch wenn wir sehr zeitig aufstehen müssen. Die Fahrt nach Port Hardy dauert fast 16 Stunden, mit einem kurzen Zwischenhalt in Bella Bella am Nachmittag. Im Hotel bekommen wir schon ab 5:00 Uhr ein leichtes Frühstück, auch zum Mitnehmen, und an Bord unseres Fährschiffs wartet ein großes Frühstücksbuffet auf uns. Erstmal sichern wir uns jedoch gute Plätze mit Aussicht und beobachten den Sonnenaufgang über Prince Rupert und das Auslaufen. Es geht mal durch etwas breitere Abschnitte, mal durch enge Kanäle immer Richtung Süden durch die Inside Passage. Sie wurde für die britische Krone von den Kapitänen James Cook und George Vancouver ausgiebig erforscht, jedoch schon vorher von russischen, britischen, französischen und spanischen Entdeckern genutzt, da sie Schiffen Schutz vor dem unbeständigen Wetter auf dem offenen Ozean bietet. Meer und Regenwälder boten verschiedenen First Nations ausreichend Nahrung, sodass lange vor den Europäern dauerhafte Siedlungen entstanden. Die Haida waren z. B. berüchtigte Piraten, die andere Stämme auf dem Festland überfielen und sich dann über das Meer auf ihre Inseln zurückzogen. Auf unserer Fähre, die in Flensburg gebaut wurde, sind wir vor Piratenangriffen sicher und können in Ruhe nach Walen Ausschau halten. Der Kapitän auf der Brücke weist uns per Lautsprecher auch immer auf Wale hin. So sehen wir während der Fahrt ganz viele Buckelwale, die in Küstennähe jagen. Einige springen sogar aus dem Wasser! Da das Schauspiel jeweils nur wenige Sekunden dauert, ist es sehr schwer, den genauen Zeitpunkt für ein tolles Foto abzupassen. Wie elegant und wendig diese sanften Riesen, die bis zu 30 Tonnen schwer werden können, durch das Wasser gleiten! Beim Abendessen im Buffetrestaurant lassen wir es uns wieder richtig schmecken und gratulieren unserem Geburtstagskind. Von der Crew gibt es sogar ein Ständchen und ein Stück Kuchen. Der letzte Abschnitt bis Port Hardy führt dann über das offene Meer. Kurz vor Mitternacht erreichen wir unser Hotel und fallen nach dem langen Tag glücklich in unsere Betten.

11. Tag (Mittwoch, 05.09.2018): Von Port Hardy nach Victoria

Vancouver Island ist mit einer Länge von 450 km die größte Insel im Nordpazifik, und wir müssen sie heute fast vollständig der Länge nach durchqueren. Da die Straße nicht genau gerade über die Insel führt, liegen heute sogar mehr als 500 km Fahrt vor uns. Trotzdem wollen wir natürlich unterwegs auch ein paar Pausen machen, um einen Eindruck von unserer Umgebung zu erhalten. Port Hardy liegt noch im Nebel, als wir am Morgen das kleine Hafenstädtchen verlassen. Nach einer Weile erreichen wir die Telegraph Cove direkt an der Ostküste der Insel. Der Name der Bucht geht auf eine vom Militär betriebene Telegraphenstation zurück. Später wurde hier ein Sägewerk errichtet. Aus dieser Zeit stammen noch die meisten der historischen Holzgebäude, die alle auf Pfählen errichtet sind und heute zu einem Resort-Hotel gehören. Wir gehen ein bisschen spazieren, inspizieren die alten Häuschen und beobachten eine Gruppe Kajak-Fahrer, die zu einem Ausflug aufbrechen. Die Telegraph Cove ist auch ein guter Ausgangspunkt für Walbeobachtungen. Wir fahren zurück zum Highway und es geht weiter nach Süden. Auch im Norden Vancouver Islands toben einige Dutzend Waldbrände, weshalb es noch einmal sehr diesig wird. Gegen 13 Uhr erreichen wir Campbell River und machen erstmal Mittagspause an der Uferpromenade. Der als Lachs-Hauptstadt bekannte Ort liegt am Südende der Discovery Passage, die Kapitän George Vancouver nach seinem Schiff benannte, der HMS Discovery. Die 25 km lange Wasserstraße trennt Vancouver Island von weiteren, kleineren Inseln, die ebenfalls dem Festland vorgelagert sind. Theoretisch könnte man an dieser Stelle von Insel zu Insel zu Insel bis zum Festland schwimmen. Nur ein paar Kilometer außerhalb von Campbell River befindet sich der Elk Falls Provincial Park. Dort machen wir einen kleinen Verdauungsspaziergang zum Elk-Wasserfall - der Campbell River stürzt hier 25 m in eine schmale Schlucht mit steilen Wänden. Unterwegs merken wir deutlich den Temperaturunterschied im Vergleich zu den letzten Tagen, denn die Sonne brennt ganz schön vom Himmel. Außerdem müssen wir drei riesige Rohre aus Holz überqueren, die zu einem Wasserkraftwerk gehören. Nach ungefähr zwei Stunden Fahrt auf dem gut ausgebauten Highway durch das Landesinnere (auf dem man ausnahmsweise auch mal schneller als 100 km/h fahren kann) machen wir unsere Kaffeepause im kleinen Küstenstädtchen Chemainus. Der Ort lebt traditionell von der Holzindustrie. Als diese sich in einer Krise befand, versuchte die Gemeindeverwaltung, auch das touristische Potenzial zu erschließen, und ließ 39 Wandmalereien in Auftrag geben, die aus der Geschichte des Ortes erzählen. Wir können die meisten davon bei einem kleinen Bummel besichtigen. Zurück am Bus gebe ich eine Runde Nanaimo Bars aus, eine süße, sehr kalorienreiche Spezialität, die auf Vancouver Island erfunden wurde. So stelle ich sicher, dass wir alle bis zum Abendessen durchhalten. Victoria, die Hauptstadt der kanadischen Provinz British Columbia, erreichen wir nämlich erst am Abend. Patty setzt uns direkt am ehemaligen Dampfschiffterminal ab, in dem sich unser Restaurant befindet. Nach dem sehr leckeren Essen gehen wir dann zum Hotel, das sich nur eine Querstraße weiter befindet. Unser Weg führt uns direkt am mit Tausenden Glühlampen beleuchteten Parlamentsgebäude vorbei - ein toller Anblick!

12. Tag (Donnerstag, 06.09.2018): Spaziergang in Victoria – Butchart Gardens – Fährüberfahrt nach Vancouver

Den Vormittag nutzen wir heute für einen kleinen Spaziergang am Inner Harbour. Hier befinden sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Damit sind vor allem das Parlamentsgebäude aus dem Jahr 1898 und das Fairmont-Hotel gemeint. Beide wurden sogar vom gleichen Architekten erbaut. Auf der Wiese vor dem Parlament wacht Königin Victoria über den Hafen. Neben dem Royal Museum of British Columbia finden wir drei weitere interessante Gebäude: den Nachbau eines indianischen Langhauses mit Totempfahl, die erste Schule in Victoria, und das Wohnhaus des deutschstämmigen Arztes John Sebastian Helmcken, der sich nach seiner Ankunft im Westen Kanadas nicht nur als guter Garnisonsarzt hervortat, sondern auch politisch aktiv und großer Verfechter des Anschlusses der Kronkolonie an das Dominion of Canada wurde, nachdem die Zusage gegeben war, eine transkontinentale Eisenbahnlinie zu bauen. Wir laufen entlang des Hafens noch bis zum großen Kaufhaus der Hudson's Bay Company, wo uns Patty mit dem Bus aufsammelt und zum Ausgangs- bzw. Endpunkt des Transcanada Highway (Mile 0) fährt. Von dort aus fahren wir entlang der Küste eine Weile durch die Wohnviertel der Schönen und Reichen, na ja, zumindest Wohlhabenden, und treffen sogar - mitten in der Stadt - auf eine kleine Gruppe Weißwedelhirsche, die sich offenbar ebenfalls in dieser schönen Gegend niedergelassen haben. Gegen Mittag erreichen wir die berühmten Butchart Gardens nördlich von Victoria. Sie entstanden im Jahr 1904, als Jennie Butchart damit begann, den aufgelassenen Steinbruch ihres Mannes zu verschönern. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit eine heute 22 Hektar große Anlage, die sich noch immer im Privatbesitz befindet. Auf dem Gelände gibt es tatsächlich thematisch ganz verschiedene Gärten, darunter einen italienischen und einen japanischen, die wir besichtigen können. Am Nachmittag fahren wir mit der Fähre zurück aufs Festland, nach Vancouver. Da das Wetter heute mal wieder sehr gut ist, gehen wir hinauf an Deck und halten nach Walen Ausschau. Vor allem der erste Teil der Überfahrt ist sehr schön, denn er führt an vielen Buchten und Inseln vorbei. Tatsächlich sehen meine Gäste kurz vor der Ankunft im Hafen noch eine Gruppe Orcas, die Patty und ich leider verpassen, da wir pflichtgemäß mit dem ersten Signalton hinunter zum Bus gehen. Am späten Nachmittag erreichen wir dann die drittgrößte Metropolregion Kanadas und größte Stadt im Westen Kanadas. Vancouver entstand Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts infolge eines Goldrausches und entwickelte sich zunächst mit dem Bau der Eisenbahn und später durch die Eröffnung des Panamakanals zu einem wichtigen Handelsposten. Im Hotel müssen wir uns nun schweren Herzens von Patty verabschieden, auf die heute noch ein paar Stunden Fahrt warten. Wir wünschen ihr alles Gute und hoffen, dass wir uns bald einmal wiedersehen. Die Zeit bis zum Abendessen nutzen wir für einen kleinen Spaziergang zum Canada Place, erbaut anlässlich der Weltausstellung 1986, und zum Olympic Cauldron. Das Abendessen bekommen wir heute in einem sehr schönen Restaurant, das nur fünf bis zehn Minuten zu Fuß vom Hotel entfernt ist.

13. Tag (Freitag, 07.09.2018): Stadtrundfahrt in Vancouver

Es ist für uns eine ganz schöne Umgewöhnung, dass uns heute nach dem Frühstück nicht Patty mit ihrem Bus erwartet, sondern unser neuer Busfahrer Chris und unsere Stadtführerin Ursula. Beide wollen uns heute die schönsten Ecken von Vancouver zeigen und haben dafür mit Mittagspause fünf Stunden Zeit. Na dann los! Wir beginnen die Stadtrundfahrt im Stanley Park, der grünen Lunge der Stadt am nordwestlichen Ende der Downtown. Die Sammlung an Totempfählen im Park ist ein beliebter erster Anlaufpunkt, denn von hier aus hat man gleichzeitig eine gute Sicht auf den Hafen und die Skyline. Außerdem kann man gut die Wasserflugzeuge beobachten, die im Hafenbecken starten und landen. Vom Stanley Park aus führt die berühmte Lionsgate Bridge nach North Vancouver, die von der Guinness-Familie aus Irland finanziert wurde. Weiter geht es nach Chinatown. Dort machen wir einen kleinen Spaziergang durch den Dr. Sun Yat-Sen Classical Chinese Garden und fotografieren das schmalste Haus der Stadt und das Millennium Gate. Gastarbeiter aus China wurden im 19. Jahrhundert vor allem zum Bau der Eisenbahn ins Land geholt, sahen sich später aber vielen rassistischen Vorurteilen und Übergriffen ausgesetzt. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten sie die vollen Bürgerrechte. Heute sind wiederum die reichen Investoren aus China das neue (alte) Feindbild. Das Viertel „Gastown" mit seinen denkmalgeschützten Gebäuden ist der historische Altstadtkern Vancouvers. Absoluter Besuchermagnet ist die alte Dampfuhr, die jede Viertelstunde die Westminster-Melodie ertönen lässt. Wir verlassen vorerst die Innenstadt und fahren zum Queen Elizabeth Park im Süden der Stadt. Im Park liegt die höchste Erhebung der Stadt und man hat einen guten Ausblick auf Downtown und die dahinter liegenden Berge des Küstengebirges im Norden. Der Park wurde wie auch die Butchart Gardens bei Victoria auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs angelegt und ist wirklich sehr schön anzuschauen. Letzter Stopp auf unserer Stadterkundungstour ist Granville Island. Die Halbinsel im False Creek entstand durch Landgewinnung und ist heute ein beliebtes Einkaufs- und Kulturviertel. In der großen Markthalle gehen wir auf Nahrungssuche und besichtigen die vielen kleinen Geschäfte und Kunstgalerien. Auch mehrere Theater gibt es heute auf Granville Island sowie eine Kunsthochschule. Gegen 14 Uhr sind wir wie geplant zurück im Hotel, und der Nachmittag steht meinen Gästen zur freien Verfügung. Die meisten meiner Gäste nutzen die Zeit, um noch einmal nach Gastown zu laufen und dort ein paar Souvenirs zu kaufen. Am Abend kommen wir dann alle im hoteleigenen Steak House zu unserem Abschiedsabendessen zusammen und lassen die schöne Reise Revue passieren.

14./15. Tag (Samstag/Sonntag, 08./09.09.2018): Heimreise nach Deutschland

Mit unserem letzten gemeinsamen (und guten) Frühstück, das heute auch etwas später stattfindet, endet unsere schöne Rundreise durch die kanadischen Provinzen Alberta und British Columbia. Wir sind zusammen eingetaucht in die Geschichte der europäischen Pelzhändler und Siedler sowie der Westküstenindianer, und haben viele wilde Tiere gesehen, darunter Schwarzbären, Weißkopfseeadler, Orcas und Buckelwale. In den letzten zwei Wochen sind wir als eine kleine Familie zusammengewachsen, haben uns umeinander und um unser Wohlbefinden gekümmert und auch gemeinsam einen Geburtstag gefeiert. Dementsprechend schwer fällt uns der Abschied auf dem Flughafen von Vancouver. Meine Gäste kann ich leider nur bis zur Sicherheitskontrolle begleiten, denn ich fliege am Nachmittag zurück nach Calgary, um am Sonntag meine nächste Reisegruppe in Empfang zu nehmen. Über Whatsapp bleiben wir aber in Kontakt, und ich erhalte am Abend die Nachricht, dass meine Gäste heil in Frankfurt angekommen sind.
An dieser Stelle bedanke ich mich ganz, ganz herzlich bei Ihnen, meine lieben Gäste, für die sehr schöne und lustige Reise. Wir hatten fast durchgängig Glück mit dem Wetter, haben tolle Landschaften und viele Tiere gesehen. Ich werde mich jedenfalls immer sehr gern an unsere Rundfahrt durch den Westen Kanadas mit einem kurzen Abstecher nach Alaska zurückerinnern und würde mich sehr freuen, wenn ich Sie bald wieder als Gäste auf einer Eberhardt-Reise begrüßen darf.
Herzlichst, Ihr
Andreas Wolfsteller

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