Reisebericht: Rundreise Marokko – Karawane unter dem Halbmond

19.10. – 30.10.2011, 12 Tage Rundreise Nordafrika: Marrakesch – Casablanca – Rabat – Meknes – Fes – Atlasgebirge – Sahara – Erfoud – Dades–Schlucht – Ouarzazate – Essaouira


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Augustinus..Unsere Reise nach Marokko war für fast alle Gäste und für mich das Aufschlagen einer neuen Seite mit sehr weisen Texten und besonders bunten Bildern.
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Reisebericht


Mittwoch, 19.10.2011 Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Der Satz stammt vom Kirchenlehrer Augustinus, der aus Nordafrika stammt, dem späteren Mahgreb, dem Westen der islamischen Welt. Unsere Reise nach Marokko war für fast alle Gäste und für mich das Aufschlagen einer neuen Seite, einer Seite mit sehr weisen Texten und besonders bunten Bildern. Von 3 Flughäfen waren die Gäste gestartet, um sich in Frankfurt zu treffen und den Flug nach Casablanca anzutreten. Unser örtlicher Reiseleiter Mohammed holte uns am Flughafen ab, traditionell mit der Djellaba gekleidet und bald war er uns vertraut, als hätten wir ihn schon vorher gut gekannt. Mit Mohammed II, dem virtousen und umsichtigen Fahrer und Hassan, dem gutem Dschin, dem dienstbaren Geist kamen wir im zentral gelegenen Oum Palace Hotel an. Donnerstag, 20.10.2011 Casablanca. Der Tag beginnt gleich mit einem Paukenschlag, dem Besuch der mächtigen Moschee, die
unter dem König Hassan II gebaut wurde. Es ist das Meisterwerk Tausender Handwerker, die ihre Mauern mit Mosaiken versahen, unendlich viele Formen in Gips gestalteten, die Zedernholzdecke verzierten und den vielfarbigen Marmorfußboden auslegten. Das Minarett ist mit 200 m Höhe das höchste sakrale Bauwerk der Welt, auch Barcelonas Sagrada Familia wird diese Höhe nicht erreichen. Wir ahnen, wie wichtig ein solches Heiligtum für die Gläubigen ist, ahnen aber später auch, wie viel Geld noch benötigt wird, um die Slums an der Peripherie des ?Grand Champignon?, der schnell wuchernden Millionenstadt, in weitere Siedlungen mit Sozialwohnungen zu verwandeln. Rabat. In Marokko sind die seit etwa 4000 Jahre ansässigen Berber mit dem vor 1300 Jahren eingedrungenen Arabern eine Verbindung eingegangen. Eine zentrale Stelle nahm dabei das Königtum ein. Das hat sich bis heute nicht geändert. Viele Dynastien folgten aufeinander und hinterließen ihre Spuren. Sie wechselten ihren Regierungssitz und so kann heute Marokko stolz auf 4 Königstädte verweisen. 3 davon sind in der Liste des Weltkulturerbes verzeichnet. Rabat, die neue Hauptstadt nach der Protektoratzeit (1912-1956) gehört nicht dazu - noch nicht. Dabei hat sie nicht nur die repräsentativen Bauten des neuen, selbständigen Marokko mit dem Regierungsviertel, in dem wir waren, und der vorhergehenden französischen Zeit sondern auch viele Zeugnisse der Dynastie der Almohaden (12./13.Jahrhundert) und ihrer Nachfolger, den Meriniden. Wir besuchen die Totenstadt Chellah mit seinen heiligen Teich, in denen Frauen, die um Kindersegen bitten, Aale mit Eiern füttern und streifen durch die Altstadt, die Kasbah, zwei Bereiche, die durch mächtige Lehmmauern umschlossen sind. Rabat sollte auch eine der größten Moscheen der islamischen Welt erhalten, ein Erdbeben brachte den Betsaal zum Einsturz, das Minarett blieb unvollendet. Auf den Gelände wurde das Mausoleum Hassan II in weißem Marmor errichtet, wieder ein Zeichen dafür, dass Marokko die traditionellen Kunsthandwerke der Vergangenheit bis heute bewahrt und zu höchster Vollendung geführt hat. Freitag, 21.10.2011 Volubilis. Es geht früh in Richtung Osten, in die größte Ausgrabungsstätte Marokkos aus römischer Zeit. Vor 2000 Jahren waren alle Küsten des Mittelmeeres in einer Hand, seitdem nie wieder. Volubilis hat alle Merkmale einer römischen, planvoll angelegten Stadt mit dem Koordinatensystem, ausgehend von Cardo und Decumanus, mit Forum, Kapitol, Tempel, Thermen, Triumphbogen, Stadtmauer und Villen. Aber es hat auch - selten in römischen Überresten ? wunderschöne Boden-Mosaike, darunter das steinerne Bilderbuch der 12 Arbeiten des Herkules. Nach einer Mittagspause auf einer Terrasse über dem Wallfahrtsort Moulay-Idriss besuchten wir eine zweite Königsstadt. Meknès. Der Alawide Mulay Ismael macht den Ort im 17./18.Jahrhundert zu seiner Residenz nach dem Vorbild des französischen Sonnenkönigs, dessen Tochter er zwar nicht zur Frau bekam, aber wenigstens 2 Standuhren als Geschenk. Sonst hatte er alles: ein Sklavenheer von 150.000 Mann, billiges, vorbearbeitetes Baumaterial aus der Ruinenstadt Volubilis, Zehntauende Sklaven für die Bauten, einen riesigen Harem und ? so berichtet die Legende ? 1000 Kinder. Wir besichtigen die gewaltige Speicherhallen und die Mauern der Pferdeställe, die 12.000 Pferde Platz gaben. Allerdings dauerte diese Periode Marokkos nicht lange, nach seinem Tod 1727 wanderte die Hauptstadtwürde wieder nach Fes. Auch wir fahren noch dorthin, nicht ohne vorher nach das berühmte Stadttor Bab Mansour bewundert und fotografiert zu haben. Sonnabend, 22.10.2011 Fès. Die 1200 Jahre alte Stadt hat heute die Millionengrenze der Einwohnerzahl überschritten. Von der Festung Borj Sud haben wir am Morgen einen wunderbaren Überblick über die verschiedenen Stadtteile.
In der Medina drängen sich die Häuser dicht aneinander, sie bietet 22.000 Menschen Platz. Die Meriniden bauten Mitte des 13. Jahrhundert eine neue Stadt, als sie Fèz zur Hauptstadt machten. Die Franzosen erbauten die Ville nouvelle mit ihren Prachtboulevards und unter Hassan II wurde der prächtige Palast erbauten, an dessen siebenfachen Portal wir die Kunst der Mosaikgestalter und Ziseleure bewundern können. Wo gibt es noch so etwas: uralte Berufe, die noch heute so ausgeübt werden wie im frühen Mittelalter: Steinmetzen, die kunstvolle arabische Inschriften auf Grabsteinen meißeln, Künstler, die Messing- oder Bronzeteller mit einem feinen Netz von Ornamenten überziehen, Gerber, die wie im 11. Jahrhundert mit bloßen Füßen und Händen Häute mit Salz und Kalk behandeln und mit Naturfarben einfärben, Kesselflicker, Messerschmiede- und -schleifer, Färber und natürlich auch Verkäufer. Es gibt alles, was das Herz gegehrt: wertvolle Stoffe und Gewänder, Babouchen, Ledertaschen, Goldschmuck, Parfüms, Süßigkeiten und natürlich auch Lebensmittel aller Art. Man muss das erlebt haben, es lässt sich nicht beschreiben und schon gar nicht fotografieren, viele Menschen wollen das nicht (oder jedenfalls nicht ohne einen kleinen Obolus). Aber es ist keine Shoppingmeile in den verwinkelten Gassen, sondern eine Stadt, die durch seine Bewohnern lebt, die ihre Kinder in Koranschulen schicken, die ihre Moscheen besuchen, die feilschen und auch mitunter die Hand ausstrecken, weil das Geben von Almosen eine der 5 Säulen des Islam darstellt. Das ist wohl das, was Gottfried Keller als den goldenen Überfluss der Welt bezeichnet, und die Augen sind fast am Ertrinken. Es ist nicht einfach, sich in dem Menschenstrom zu bewegen, an Lasteseln und Handkarren vorbeizuschieben und auf dem rechten Weg zu bleiben. Aber dafür gibt es neben Mohammed noch zwei weitere ortskundige Begleiter. Der Besuch in einer Keramikwerkstatt, in der die Kunst des Bemalens und des Mosaiklegens gezeigt wird und ein erneuter Blick auf die Stadt, diesmal vom Norden, beendet diesen erlebnisreichen Tag. Sonntag, 23.10.2011 Ifrane. Es geht nach Südmarokko, dabei ist der Mittlere und der Hohe Atlas zu überwinden. Marokko ist ein Land der Kontraste. Im Januar und Februar kann man Ski fahren und nach einer Autofahrt schon einmal im Pool baden gehen. Auch der kurze Aufenthalt in Ifrane zeigt einen gewaltigen Kontrast: statt Ziegelbauten mit Dachterrasse oder Flachdach im Norden oder Lehmbauten wie im Süden zeigen sich hier Häuser mit Hausteinsockel, Fensterläden und roten Spitzdächern. Diese Häuser könnten auch in Frankreich stehen. Einst Wintersport- und Luftkurort der Franzosen, ist es heute ein Refugium reicher Marokkaner. Nach zwei Pässen, 2178 und 1907 m sind beide Gebirgsketten überwunden und die lange Oase am Zisfluss erreicht. Erfoud.Dann wartet ein Erlebnis der besonderen Art. Moderne Geländewagen bringen uns an den Rand
der Dünenkette, dem Ausläufer der Sahara. Algerien ist nur etwa 30 km entfernt, die Grenze ist nicht genau markiert. Der feine Dünensand ist intensiv rot gefärbt und so stapfen Gäste zu Fuß oder auf dem Rücken der Kamele auf den Kamm der Dünenlandschaft hinauf. Der Sonnenuntergang erfolgt auch pünktlich 18:57, allerdings diesmal hinter den Wolken. Die Führer der Fußgängerabteilung und der Berittenen lehnen wohl als stolze Berber ein Trinkgeld ab, aber ihre Hartnäckigkeit, um geschliffene Teile aus Fossilien zu verkaufen, war bemerkenswert. Ein Becher Rotwein aus der Umgebung von Meknès vor der Rückfahrt war die Stärkung vor der Rückfahrt über die Wüstenpiste. Montag, 24.10.2011 Die Reise führt jetzt am Fuße des Hohen Atlas nach Westen. Steinwüsten wechseln mit Oasen und die Siedlungen zeigen einstöckige Lehmhäuser. Ist es nicht ein Vorurteil, wenn dabei der Gedanke an Armut aufkommt ? Nicht immer taugen unsere Maßstäbe, um Urteile zu bilden zu können. Katrin Jamilla Kacioui sagt in einem Gedicht:  Wir sind nur einfache Berber
und unsere Söhne und Töchter,
unsere Freiheit und unsere Erde allein,
sind unsere größten Reichtümer . Die Erde allein macht es aber noch nicht, sie ist oft lebensfeindlich. Aber die fleißige Arbeit von Generationen hat Bewässerungssysteme geschaffen (wir besichtigen ein unterirdisches Anlagensystem aus dem 13. Jahrhundert) und hat die Anlage von Palmenhainen in der Wüstenlandschaft ermöglicht, in deren Schatten sorgsam gepflegte kleine Felder angelegt sind. Einen solchen Paradiesgarten besichtigen wir bei Tinghir (Tinerhir). 30 km lang ist die Oase am Todrafluss (Toghda). Der Fluss zwängt sich zwischen den Felsen des Atlas heraus und liefert der Hochebene zwischen Atlas und Anti-Atlas das kostbare Wasser. Eine Fahrt durch die Schlucht und ein Spaziergang zwischen den Felsen gehören zu den großen Naturerlebnissen in Marokko. Baumaine Dadès. Wir erreichen unser heutiges Hotel zeitiger als sonst. Ein Hotel zum Genießen. Ein Architekt aus Mali hat hier ein Stück Schwarzafrika in den modernen Bau am Abhang über der Ort hineingezaubert. Dienstag, 25.10.2011
Wie der Todra-Fluss kommt der Dadès aus dem Atlas, bevor er nach Westen abbiegt. Auch er hat eine tiefe Schlucht im Gebirge gegraben. Auf den ausgezeichnet ausgebauten und gesicherten Serpentinen kann allerdings unser Bus nicht mehr fahren. Dafür bietet sich uns wieder eine Kolonne von Geländewagen an, die uns in die Höhe bringt. Die rotbraune Felslandschaft ist noch wilder als die der Todraschlucht und zeigt eigenwillige Formen, die durch Erosion entstanden sind. Wir folgen dem Fluss Dadès, an dem sich Oasen und Steinwüste abwechseln. Zum Braun und Grün der Ebene und dem Dunkelblau der Bergkette kommt die jetzt noch die strahlend weiße Schneekappe de Ighil M?Goun, der immerhin über 4000 m hoch ist und dabei noch nicht einmal der höchste Berg Marokkos ist. Wir sind im Tal der Kasbahs, wehrhafte Lehmzitadellen mit 4 Ecktürmen, von denen Wächternach feindlichen Reitern Ausschau hielten, um die Landarbeiter in den Oasen rechtzeitig vor einem Angriff warnen zu können und die ihnen wie Festungen Schutz gewährten. Es ist das Land der 1000 Kasbahs und der Ksours, der wehrhaften Lehmhaussiedlungen. Wir besuchen einer der klassischsten Anlagen: Ait-Benhaddou, die Siedlung an einem Berg, der auf seiner Spitze den Gemeinschaftsspeicher des Dorfes trägt. Wir durch stöbern seine Kasbah, nicht nur zweckmäßig um einen Brunnen angelegt, sondern auch mit einfachen Ornamenten verziert. Die UESCO hat das Patronat über den Ort übernommen und die Filmindustrie die Ait-Benhaddou als Kulisse vieler Filme entdeckt. Und wo noch etwas Lokalkolorit fehlte, wurden neue Bauten errichtet und so konnten aus 5000 Jahre Geschichte Szenen von Sodom und Gommorha über Alexander den Großen, Jesus, römische Gladiatoren, Lawrence von Arabien bis zu James Bond gedreht werden. Das Zentrum dieser marokkanischen Filmindustrie ist Quarzazate, wo wir zwei Nächte verbringen. Mittwoch, 26.10.2011 Es geht weiter nach Süden, im Tal des Flusses Draa. Es ist Marokkos längster Fluss, aber sein Wasser erreicht dann nach 1200 km Länge seine alte Mündung nicht mehr. Aber er ist die Lebensquelle für eine 200 km lange Oase. Bevor wir diese erreichen, müssen wir erst einmal über den Anti-Atlas fahren. Wir fotografieren in der Ebene Kasbahs wie die von Tinzouline, die einem Vizepascha als Festung, Kaserne, Speicher, Gefängnis und Zollstation diente oder den Ksour Tamenougait, einst Berberhauptstadt. Im Tal
verläuft die wichtigste Verbindung nach Schwarzafrika, die alte Karawanenstraße nach Timbuktu, die von Zagora aus in 52 Tagen ? so das berühmte Bild ? erreichbar ist. Hier wurde das lebenswichtige Salz, damals einziges Konservierungsmittel für Fleisch, ebenso transportiert, wie Elfenbein oder das für die Herrscher wichtige Gold aus Ghana. Aber auch der ?Ebenholzhandel? ging über Straße, schwarzafrikanische Menschen in Ketten nach Norden und aus Europa von den Korsaren verschleppte Christenmenschen, die nicht freigekauft wurden, nach Süden zum Sklavenmarkt nach Timbuktu. Bis zu 400 Karawanen mit 140.000 Kamelen erreichten jährlich die geheimnisvolle Stadt. Heute reihen sich Lehmsiedlungen und kleinere Marktorte aneinander bis zu modernen Provinzstadt Zagora, dazwischen mancher Friedhof, Felder, auf denen senkrecht aufgestellte Steinplatten an die Toten erinnern, der hier von ihren männlichen Verwandten begraben wurden. Die Lebensader Draa spendet das Wasser für die vielen Leitungen und Gräben, die die Oase durchziehen. Vor allem Dattelpalamen liefern hier reiche Ernte, aber auch Gemüse und Grünfutter für die Tiere gedeihen prächtig. Wir werden noch einmal durch eine solche Oase geführt und kosten frisch vom Baum gepflückte Datteln, umschwärmt von Jungen, die kleine Kisten mit Dattel verkaufen möchten. Voller Eindrücke kehren wir nach Quarzazate zurück. Hier hat Wasser noch einen ganz anderen Stellenwert für die Menschen als bei uns, die wir Waschmaschine, Spülmaschine, Pool, mehrfach täglich den Spülkasten und ab und zu die Badewanne mit guten Trinkwasser füllen, Autos waschen, Rasen sprengen und allenfalls über den hohen Wasserpreis schimpfen. Donnerstag, 27.10.2011 Wir fahren wieder nach Norden und verlassen Südmarokko über das Atlasgebirge. Die Vegetation wechselt. Oliven- und Walnussbäume sind hier die Nutzpflanzen, Schafe und Ziegen weiden auf steinigen Hängen, auf denen das Auge kaum etwas Essbares erkennen kann. Später kommen Aleppokiefern und Steineichen dazu und vor allem planmäßig angelegte Wacholderanpflanzungen. Die Berghänge müssen nach Jahrhunderten des Raubbaues an den Wäldern vor weiterer Erosion geschützt werden. Es kann auch kalt sein in Marokko und so halten wir uns auf dem Pass Tizi n-Tichka (2260 m) nicht weiter auf, sehr zum Leidwesen der Verkäufer von Mineralien und Fossilien, die den Bus schon erwartungsvoll angesehen hatten. Die Nordseite des Atlas erwartet uns mit Regen, wir können trotzdem die Farbspiel der Berge sehen, deren Sedimentschichten von weiß über gelb, ziegelrot und blaugrau eine breite Palette bieten, dazu das Grün der Kiefern.
Auch Marrakesch zeigt uns noch am Anfang, dass das Land Regen benötigt, aber dann ist der Himmel wieder friedlich. Am Gauklerplatz warten Schlangenbeschwörer, Affendresseure, Wasserverkäufer, Zahnreißer, eine Exorzistin, Hennamalerinnen (wahre Künstlerinnen, die Hände oder Füße verzieren) auf Kunden oder mindestens dass Fotografieren. Jedes Foto wird unausweichlich mit 5 Dirham besteuert. Der Souk von Marrakesch ist noch bunter als der von Fez, das Angebot sicher noch reichlicher, aber es fehlen manche Handwerker, die mit den einfachsten und altertümlichsten Werkzeugen vor den Augen der Zuschauer kleine Kunstwerke schaffen. Aber für den Kauf einer Lederhandtasche, eine Schals oder Gürtels ist es natürlich eine gute Adresse. Als wir zurückkehren, hat sich der Gauklerplatz in eine riesige Freiluftgaststätte verwandelt, in der überall Rauchwolken und die exotischen Düfte der Gewürze aufsteigen. Der Tag ist aber damit noch nicht beendet. Uns empfängt außerhalb der Stadt die Fantasiashow Chez Ali, eine Mischung aus arabischer ?1001 und eine Nacht?- Atmosphäre und berberischer Folklore. Nach der
Besichtigung einer kleinen Ausstellung mit Prunkgewändern und Prunksätteln essen wir in einem der großen prachtvollen Zelte noch einmal die typischen Gerichte Marokkos: Huhn, Lamm oder Rind mit gekochtem Gemüse, in der Tajine zubereitet, einer zweiteiligen, kunstvoll bemalten Schmorgefäß aus Keramik und das Couscous mit Hartweizengries als Grundlage. Dann beginnt die Vorstellung mit viele Musik und Lichteffekten, Bauchtanz, fliegendem Teppich, Folkloregruppen mit Trachten verschiedener Regionen und natürlich den akrobatischen Vorführungen der Reiter auf ihren Berberpferden, die kurz vor den Zuschauerreihen mit ihren Vorderladern in die Luft schießen. Seit 27 Jahren ist das Schauspiel erfolgreich und ein Muss für alle Marrakechbesucher. Freitag, 28.10.2011 Wir haben noch einen ganzen Tag für Marrakech. Auf den ersten Blick bietet sich eine moderne, sehr saubere Großstadt an , die jedoch auch fast 1000 Jahre Geschichte seit der Gründung durch die Almoraviden aufweist und mehrfach Marokkos Hauptstadt war. Die Nachfolgerdynastie der Almohaden ließ auf dem Platz der Buchhändler die Koutoubia-Moschee errichten, deren 77 m hohes Minarett das Vorbild für alle marokkanischen Minarette ist, jene soliden Türme mit quadratischen Grundriss, die, ohne sich zu verjüngen die Plattform und einen Aufsatz mit Fahnenhalter und Kugelschaft tragen und die sich von den schlanken Minaretten mit runden Querschnitt der übrigen islamischen Welt unterscheiden. Nachdem die Meriniden Fèz bevorzugten, machten die Saadier Marrakesch noch einmal zur Hauptstadt. Ihre Grabanlagen in 3 Mausoleen, in denen immerhin 7 Sultane und über 60 Familienangehörige bestattet sind, ließen die Nachfolger ummauern, um das Andenken zu tilgen, dadurch bleiben sie erhalten und wurden erst 1917 wieder entdeckt. Schon am Morgen hatten wir die Menaragärten besucht, die Olivenernte per Hand gesehen und das große Wasserbassin mit den verehrten dicken Karpfen. Ach ja, man vergisst leicht bei der Fülle der Eindrücke etwas: wir hatten das Museum Dar si Said gesehen, mit seinen kunstvollen Gebrauchsgegenständen, Teppichen, Musikinstrumenten, Kleidungsstücken und den
prächtigen Mosaik,- Stuck- und Holzarbeiten der oberen Räume und dem wunderbaren Atrium-Garten. Die Schönheit marokkanischer Häuser offenbart sich fast immer nur im Innenhof, nicht von außen. Am Nachmittag fuhren wir mit Kutschen zum etwas außerhalb liegenden Majorellegarten. Dieses schattige Kleinod inmitten einer im Sommer sehr heißen Großstadt zeigt Gewächse aus unterschiedlichen Vegetationszonen Afrikas. Yves Saint-Laurent bestimmte den Garten als seine letzte Ruhestätte. Noch einmal schlendern wir durch die Gassen des Souks und kehren zum Bus am Gauklerplatz zurück, der sich inzwischen wieder in eine riesige Volksküche im Freien verwandelt hatte. Sonnabend, 29.10.2011 2 weitere typische Bäume begleiten uns auf der Fahrt nach Essaouira am Atlantik. Der eine ist endemisch für Marokko und hat auch zur Anerkennung als Bioreservat der UNESCO geführt: der Arganbaum. Seine Nüsse liefern ein kostbares Speiseöl, ist aber auch Ausgangsprodukt für Kosmetikartikel. Traditionell verrichten Frauen die Arbeit des Sammelns der Früchte, sie übernehmen das Aufschlagen der Nüsse mit einem faustgroßen Stein, das Mahlen mit steinernen Handmühlen, das Rösten, des langwierigen Verkneten mit Wasser und schließlich haben sie selbst in ihren Frauenkooperativen den Vertrieb übernommen. Ca. 9 ? kosten 100 ml in einem Bioladen in Deutschland und das ist noch nicht einmal in dieser Handarbeit entstanden, wie wir sie zu sehen bekamen.Die zweite Baumsorte sind die Thuyas, die das Ausgangsmaterial für die handwerklichen und preiswerten Instarsienarbeiten bilden. Das von Touristen sehr besuchte Essaouira hat eine lange Geschichte. Schon die Phönizier hatten die Säulen des Herkules (Gibraltar) hinter sich gelassen und fanden auf den Purpurinseln den wertvollen Farbstoff der Purpurschnecke. Die Stadt wurde aber geprägt vom Festungsbauwerk des französischen Gefangenen Cornut, der die Planung des Bollwerks übernahm, auf denen die spanischen Bronzekanonen auf das Meer gerichtet sind. Auch die Stadtplanung ist sein Werk, ungewohnt schachbrettartig angelegt, zum Missfallen seines Auftraggebers, der das christliche Kreuz als seine Grundform erkannte. Die Fangflotte mit ihren hölzernen Trawlern und Küstenbooten bringt nicht nur Fische an Land, sondern Krustentiere, Tintenfische, Seeigel, allerlei Meeresgetier, das gleich am Hafen in vielen Pavillons über
Holzkohle frittiert wird, eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan. Wie immer führt Mohammed durch die Stadt, aber wir bekamen auch ein kleines Geschenk, etwas Freizeit, denn in dieser Stadt kann man sich nicht verlaufen. Mit viel Sorgfalt hatte Mohammed, auch im dicksten Getümmel, immer wieder dafür gesorgt, dass kein Gast vom rechten Weg abkam und Hassan im Bus immer eine erfolgreiche Schlussmeldung abgeben konnte. Noch einmal geht es in Richtung Marrakesch, dann nimmt uns eine nagelneue Autobahn auf, mit der wir Casablanca am Abend bei dichten Autoverkehr erreichen. Wer kennt den Film Casablanca nicht, der 1942 in Hollywood gedreht wurde, in dem Jahr, als die Amerikaner in Marokko landeten, um ihren Beitrag zur Befreiung Europas zu leisten ? Die feine Pianobar in Casablana, die wir für das Abschlussessen besuchen, hat zumindest den Namen mit Rick's Bar in Tanger aus dem melodramatischen Kultfilm gemeinsam und in schwarz-weiß erscheinen dann auch Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann auf dem Bildschirm. Noch einmal wird das Oum Palce angesteuert, um in einigen angemieteten Zimmern den Gästen die Möglichkeit zum Umziehen und Frischmachen zu geben. Dann geht es zum Flugplatz. Wir verabschieden uns herzlich von Hassan und Mohammed dem Fahrer. Unser besonderer Dank gilt unserem Reiseleiter Mohammed, der uns jeden Morgen mit einem gefühlvollen Gedicht von Elli Michler begrüßte, der uns Natur, Geschichte und Kultur Marokkos in hoher Qualität und mit einer Fülle von Informationen näher brachte, der uns behutsam in die Grundlagen der islamischen Kultur und Religion einführte, der die gesamte Organisation der Reise mit Bravour bewältigte, ständig ein freundliches Lächeln hatte, uns alle unsere Fragen beantwortete und der uns etwas von seiner Liebe zu seinem Vaterland und seinen Menschen übertragen hat. Schoukran

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht