Reisebericht: Winter–Erlebnisreise Lappland

25.01. – 30.01.2022, 6 Tage Flugreise ins winterliche Norwegen und Schweden: Tromsö – Narvik – Kiruna – Zugfahrt Arctic Circle Train mit Direktflug ab/an Dresden


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Arktis, Polarlicht, Eishotel, Schneeschuhwanderung, Sami Siida, Besuch der größten Eisenerzmine der Welt, Hundeschlitten, Motorschlitten erwartet uns auf der Reise nach Schwedisch Lappland...
Ein Reisebericht von
Martin Büchner
Martin Büchner

Tag 01 – 25.01.2022 – Anreise nach Tromsø

Mit einem Nonstop-Flug (Direktflug) erreichen wir Tromsø, mitten in der Arktis, etwa 450 km nördlich des Polarkreises in der Provinz (fylke) „Troms og Finnmark“ gelegen. Mit ca. 70.000 Einwohnern ist sie mit Abstand die größte Stadt im Norden Skandinaviens.
Tromsø ist eine wichtige Universitätsstadt, mit einem jungen dynamisch modernen Charakter, deren arktische Wurzeln unverkennbar sind. In der Polarlichthauptstadt der Welt oder dem „Paris des Nordens“, treffen von jeher jahrtausendealte samische Tradition zum Leben und Überleben, in einer lebensfeindlichen Arktis und Arktisjäger, auf hochmoderne Gesellschaft und Forschung, natürlich mit einem wichtigen Schwerpunkt in der Arktisforschung.
Keine der großen historischen und modernen Arktis-Expeditionen ließ es sich nehmen vor Abreise ins Expeditionsgebiet in Tromsø noch einmal fest zu machen. Hier wurden stets Vorräte und Fachkräfte aufgenommen, neueste Nachrichten ausgetauscht, bevor man ins ewige Eis startete.
So ist es nicht verwunderlich, dass das Who-is-Who der Arktisforschung in Tromsø seine Spuren hinterlassen hat. Allen voran der große Fridtjof Nansen, er lernte das Überleben im ewigen Eis von den hier lebenden Samen bevor er zu seinen bekannten Expeditionen auf Skiern durch Grönland, oder der Eisdrift-Expedition zum Nordpol mit seinem berühmten Forschungsschiff Fram startete. Er war das Vorbild für Roald Amundsen, den ersten Mensch am Südpol und sehr erfahrener Polarforscher. Der deutsche Alfred Wegener, Namensgeber des deutschen Polarforschungsinstitut „AWI = Alfred-Wegener-Institut“ von Bremerhaven hat seine Spuren hier hinterlassen. Da wundert es nicht, dass die modernen Forscher des AWI mit Ihrem Forschungsschiff Polarstern auf den Spuren von Nansens Eisdrift-Expedition von 1893-96 ebenso hier Station machten. Mit der modernen Expedition MOSAiC aus dem Jahr 2019/20 wurde die historische Fridtjof-Nansen-Expedition der Eisdrift über den Nordpol wiederholt.
Neben diesen namhaften Größen der Polarforschung gibt es unzählige weitere wichtige Expeditionen in die Arktis. Ebenso die großen Winterjagden nach Eisbären, Robben und Walen. Für einige heute sicherlich befremdlich – im 19. Jh. wäre ohne diese tollkühnen Männer in Europa und der westlichen Welt nicht nur sprichwörtlich „das Licht ausgegangen“, lieferten die Jäger doch wichtigen Fisch und Fleisch, aber eben auch Pelze und Lampentran für die Welt.
Es ist spannend diese wunderbare Stadt auf einer Stadtrundfahrt und einem Spaziergang zu erkunden.
Nach der Ankunft beginnen wir mit einer Stadtrundfahrt. Troms-ø bedeutet die Troms-Insel, sie ist durch optisch eindrucksvolle Brücken sowohl mit dem Festland wie auch mit weiteren Inseln verbunden. Ergänzt werden die Brücken durch eine Reihe von unterseeischen Tunneln.
In der jüngeren Vergangenheit, im 2. Weltkrieg, war die Stadt kurzzeitig Hauptstadt Norwegens, als sich König Håkon VII. von Norwegen, zunächst hierher flüchten und die Regierungsgeschäfte von hier führen konnte, bevor er durch die heranrückende Wehrmacht ins Exil nach England flüchten musste.
Vor der Insel lag dann später das mächtige Schlachtschiff Tirpitz, das nahezu baugleiche Schwesterschiff der Bismarck, bevor sie am 12. November 1944 im Sund vor Tromsø von britischen Bombern gezielt versenkt wurde.
In die Nachkriegszeit fiel die Entscheidung für den Bau der „Tromsdalen kirke“. Heute viel besser bekannt als „Eismeerkathedrale“, fertiggestellt 1965. Sie erinnert an Eisberge oder sich an Land auftürmende Eisschollen. Imposant ist ihr Buntglasfenster, hervorragend die Akustik. Etwas kurios, der Keller der Kirche diente im Kalten Krieg gleichzeitig als Luftschutzbunker – die Spuren sind im zugänglichen Keller auch heute kaum übersehbar.

Tag 02 – 26.01.2022 – Fahrt von Tromsø nach Kiruna

Perfektes arktisches Winterwetter! Atemberaubendes Licht genau an unserem Reisetag nach Kiruna. Wir folgen der E8 nach Süden, zunächst durch das Norddalen entlang des Balsfjords. Hier liegt der ehemalige unterirdische NATO-U-Boot Bunker "Olavsvern". In Nordkjosbotn wechseln wir auf die E6 in Richtung Süden.
Vorbei am "Heia Sami Camp" geht es durch das Takelvdalen, über den Fluss Målselven, einem berühmten Lachsfluss nach Bardufoss. Wir folgen dem Barduelv und später dem Salangsdalen bis zum Aussichtspunkt über den Gratangsbotn, einem Meeresarm als Nebenfjord des Astafjords.
Wir erreichen die wichtige Wegkreuzung Bjerkvik. Hier trifft die E6 auf die E10, auf den sogenannten Olavsvei. Richtung Westen führt die E10 ins das Inselreich der bekannten Archipele Vesterålen und Lofoten. Wir folgen E6 und E10 in Richtung Narvik. Später zweigt die E10 nach Osten über das Bjørnfjell nach Schweden in Richtung Abisko, Kiruna und Luleå ab.
Bjerkvik liegt am Ofotenfjord, trauriger Schauplatz der Seeschlacht um Narvik aus den Anfängen des 2. Weltkrieges. Für tausende Matrosen auf beiden Seiten wurde es zu einem nassen Grab. Der Grund für den Angriff war der wichtige, ganzjährig eisfreie Erzhafen von Narvik von dem seit über 140 Jahren Eisenerz aus Kiruna, geliefert von Zügen, in die ganze Welt verschifft werden. Heute zählt der Erzhafen von Narvik zu den modernsten der Welt.
Am Ofotenfjord erleben wir großartige arktische Momente – die Tage mit ihrem Licht sind kurz im Nordland um diese Jahreszeit, denn die Polarnacht ist erst wenige Tage vorüber. So beginnt kurz nach Mittag die Dämmerung. Am Strand hat das Meer Klareis angespült. Eine wunderbare arktische Szenerie mit atemberaubenden Lichtspiel.
Dazu passend begegnen wir mehrfach dem König der nordischen Wälder – dem Elch.
Während die Bahnstrecke von Narvik über das Bjørnfjell schon 140 Jahre in Betrieb und seit 1922 vollständig elektrifiziert (!) ist, wurde die Straßenverbindung erst in den 1980er Jahren fertig gestellt.
Die Herausforderung sind die geographischen Gegebenheiten. Der Straßenpass am Bjørnfjell ist zwar vermeintlich „nur“ 500 Meter hoch gelegen, er hat es aber in sich. Unweit des Passes liegt der schwedische Ort Riksgränsen, er zählt zu den niederschlagsreichsten Orten Schwedens – nicht selten gibt es hier eine geschlossene Schneedecke von Oktober bis Juni.
In Kombination mit steilen Hängen (Lawinengefahr) und häufig auftretenden Stürmen, bis hin zu Orkanen, führt dies durch unbarmherzige Schneeverwehungen nicht selten zu Straßensperrungen, auch wir werden auf dieser Reise damit thematisch konfrontiert. Arktis pur!
Auf unserer Hinfahrt ist alles ruhig – einer sicheren Überquerung steht nichts im Weg.
An dieser Stelle sei auch auf die in Skandinavien üblichen Spikes-Reifen (norwegisch Piggdekk) hingewiesen, die für ein erhebliches Maß an Sicherheit auf den winterlichen Straßen sorgen. Unser moderner Reisebus ist selbstverständlich damit ausgerüstet. Geführt wird unser Bus durch einen sehr erfahren norwegischen Chauffeur.
Unsere Route führt uns vorbei am zugefrorenen Torneräsk – der sechstgrößte See Schwedens – er gilt als Quellgebiet des Torneälv (finnisch Torniojoki, Torne Fluss), der in seinem weiteren Verlauf über weite Strecken die Grenze zwischen Schweden und Finnland bildet (im Übrigen auch eine Zeitzonengrenze) und bei Tornio (Finnland) und Haparanda (Schweden) in den Bottnischen Meeresbusen (nördlichster Teil der Ostsee) mündet.
Der See bildet einen Teil des „Abisko Nationalparks“. Von der hiesigen Turiststasjon beginnt der 450 Kilometer lange Kungsleden, Schwedens berühmtester Fern-Wanderweg entlang der höchsten Gipfel Schwedens.
Südlich schließen sich weitere Nationalparks an. Fast in Sichtweite liegt auch der Kebnekaise (2.097 m), der höchste Berg Schwedens, vielen möglicherweise bekannt von „Aka von Kebnekaise“, der Leitgans aus Selma Lagerlöffs Roman „Nils Holgersson“.
Das gesamte Gebiet der Nationalparks und den höchsten Gipfeln im Grenzgebiet zwischen Norwegen und Schweden zählt als letzte große arktisch-nordische Wildnis Europas, deshalb von der UNESCO zum Weltnaturerbe „Lapponia“ erklärt.
Optisch ebenso imposant die Bergformation „Lapporten“, die Berge Tjuonatjåkka (1.554 m ö.h.) und Nissuntjårro (1.738 m ö.h.) werden durch ein u-förmiges Gletscher-Trogtal voneinander getrennt.
Zurecht heißt es „Lapporten“ – ein schönes Symbol für die Pforte oder das Tor nach Lappland.
Am Abend erreichen wir unser Hotel in Kiruna.
Nach einem ersten hervorragenden Abendessen allererster Güte, beginnt für einige Reisegäste ein ganz anderes Abenteuer. Sie übernachten heute im Eishotel von Jukkasjärvi.
Es ist mittlerweile das 32. Eishotel (Icehotel) und ist tatsächlich das Original, Vorbild für mittlerweile unzählige Nachahmer.
Sicher ein unvergessliches „eisiges“ Erlebnis in der arktischen Nacht inmitten der lappländischen Wälder.
Errichtet wird es alljährlich neu aus dem Eis des Torneälv bei Jukkasjärvi (ca. 30 km östlich von Kiruna), der hier im Winter einen Meter dick zufriert. Durch seine perfekte Fließgeschwindigkeit, langsam genug damit sich störende Sedimente gut absetzen können, schnell genug für sauerstoffreiches klares Wasser, dass mit seinen schönen Blasen so glasklar gefriert. Man hat hier so viel Eis, dass man sogar fertig Module für Eisbars in der ganzen Welt exportiert.
Für mich als Reiseleiter schon ein merkwürdiges Gefühl meine mir anvertrauten Gäste einfach so dem Eis zu überlassen… ??

Tag 03 – 27.01.2022 – Eishotel Jukkasjärvi & Sami Siida, Schneeschuhwanderung

Nach einem sehr guten Frühstück startet die Gruppe von Kiruna nach Jukkasjärvi. Wie wird es wohl den fünf Teilnehmern im Eishotel ergangen sein? Für alle steht nun eine Besichtigung der gesamten Anlage an (inkl. Führung durch einen lokalen Guide). Insbesondere die Suiten stellen jede für sich ein vergängliches künstlerisches Unikat dar, dass sich in keinem Jahr wiederholt. Jeder darf Vorschläge für neue Kreationen einsenden. Die besten Entwürfe und deren Schöpfer werden eingeladen die Papierkreationen in Eisskulpturen zu verwandeln. Erfahrene Eiskünstler helfen bei der Umsetzung. Jeder kann mitmachen, so gibt es Eiskünstler, die in Jukkasjärvi zum ersten Mal in ihrem Leben mit Schnee und Eis in Kontakt kommen.
Höhepunkt für uns ist sicher ein gemeinsamer Drink in der spektakulären Eisbar.

Nach dem Besuch des Eishotels geht es weiter zur nur wenige Kilometer entfernten Sami Siida. Die Samen oder auch Sami sind die Urbevölkerung Skandinaviens, die seit nachweislich mehr als 10.000 Jahren im hohen Norden siedeln. Es gibt sie heute in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland. Das gesamte Siedlungsgebiet wird von ihnen „Sapmi“ genannt. Samen leben also in Sapmi. Neben Fjellsamen gibt es Waldsamen und Seesamen. Je nach Siedlungsraum unterschied sich ihre Lebensweise. Insbesondere die Fjellsamen (Bergsamen) begannen durch die künstlich herbeigeführte Armut durch den Siedlungsdruck aus Süden mit der Rentierdomestizierung. Sie gelten auch heute noch als die klassischen Rentierzüchter. Wo es Rentiere gibt, sind in Europa die samische Bevölkerung nie weit entfernt.
Die Samen kennen bis heute keine Hierarchien. Es gibt keine Häuptlinge, Könige, Adlige oder andere gesellschaftliche Schichtungen. Familien lebten traditionell nomadisch in ihren Lavvus (Zelte). Sie folgten den natürlichen Wanderbewegungen der Rentiere, die im Sommer in großen Gruppen nach Norden in die Tundren oder rauf in die hohen Berge ziehen, um in den kurzen arktischen Sommern das saftige Grün zu fressen. Im Herbst zogen sie zurück in den Süden oder in die schützenden Wälder. Die Samen folgten ihnen in der Regel entlang der großen lappländischen Flüsse.
Die Samen sehen sich religiös als Söhne und Töchter der Sonne, als Teil eines Ganze im Universum ohne besonderes Alleinstellungsmerkmal, dass ihnen Sonderrechte gegenüber anderen Wesen und Objekten der Natur verliehen hätte. Eine wichtige Funktion erfüllten die Schamanen mit ihren Traumtrommeln, eine mit Rentierleder bespannte Trommel, auf der viele rituelle Symbole abgebildet waren. Beim Spielen der Trommel wanderten Knochenstücke über die Symbole und orakelten die Zukunft und das Schicksal der Menschen. Christliche Missionare fürchteten sich bis in moderne Zeiten vor der Macht der Schamanen mit ihren Traumtrommeln. Unbedingt erwähnt werden muss der samische Joik, ihr traditioneller Gesang, bei dem Menschen, Tiere oder Objekte herbei gejoikt werden können. Ein spannendes Erlebnis in der Polarnacht im Lavvu unter dem arktischen Sternenhimmel mit Polarlicht…
Die traditionelle Tracht ist besonders farbenfroh. Die häufigsten Farben sind blau, rot, gelb, grün und schwarz.
Die Schuhe bestehen aus Rentierleder – Winterschuhe mit den markanten Röhrenhaaren der Rentiere, Sommerschuhe mit gegerbtem Leder. Gefüllt werden sie mit speziellem Gras, dass in den vielen natürlichen Wasserflächen reichlich wächst. Socken sind in diesen Schuhen auch bei Temperaturen unter -40°C überflüssig. Man trägt Lederhose und den Gákti, ein oft kittelähnliches Oberteil. Die Oberbekleidung besteht aus Rentierfell-Jacken und -hosen. Die Kopfbedeckung weist vier Spitzen auf, sie stehen für die vier Himmelsrichtungen.
Die bereits erwähnten Rentierfell-Schuhe sind in ihren Spitzen oft stark verlängert, damit fungieren sie bei Bedarf als „Ski-Schuhe“, denn die Samen gelten als Erfinder von Schlitten und Ski. Mehrere tausend Jahre alte Felsritzungen in Skandinavien belegen dies.
Von diesen Menschen lernte kein geringerer als Fridtjof Nansen das Leben und Überleben im Ewigen Eis. Stets begleiteten Samen seine Expeditionen. Er ließ seine Expeditionen stets mit samischer Kleidung ausstatten. Und erlernte von ihnen das Ski fahren, in Norwegen wurde es als Notwendigkeit im Alltag auch von anderen Bevölkerungsteilen praktiziert. Nansen entwickelte den Ski von einer Notwendigkeit zum Sport. Es gäbe keine Olympischen Spiele ohne die samische Erfindungen. Auch Roald Amundsen ließ sich von Samen und Nansen inspirieren und ausbilden. Samen rieten ihm für eine Expedition zum Südpol – nimm Hunde mit – die kann man im Notfall essen. Ausgerüstet mit Sami-Kleidung und Hundeschlitten erreichten Amundsen und seine Männer als erste den Südpol. Im Gegensatz zu seinem englischen Rivalen Scott, der technikgläubig, an die Überlegenheit der Moderne glaubte, überlebte die Amundsen-Expedition, da sie ihre Hunde als letzte Notration essen konnten. Scott und seine Expedition überlebten nicht, da er zu wenig Vorräte hatte und sich die Technik in der Antarktis als untauglich erwies…
Mit dem Besuch der „Nutti Sami Siida“ von Jukkasjärvi können wir, leider viel zu kurz, in diese hochinteressante samische Welt eintauchen. Leider muss das Museum an diesen Tag eher schließen…
Noch ist es hell in Lappland, so nutzen wir das verbleibende Tageslicht für eine Fahrt durch den verschneiten Winterwald.
Ziel ist die esa – die Europäische Weltraumagentur – die in Esrange unweit von Jukkasjärvi tatsächlich einen Weltraumbahnhof betreibt. Von hier starten regelmäßig kleinere Raketen der Maxus-Klasse ins All. Eine wichtige esa Bodenstation wird auch hier betrieben. Raketen der Maxus-Klasse bringen kleinere Satelliten ins All und führen Experimente und Messungen im erdnahen Orbit durch. Die hier gestarteten Raketen erreichen Flughöhen von 700 Kilometern! Zum Vergleich die Internationale Raumstation ISS fliegt in einem Orbit von 300 – 400 Kilometern über der Erde! Darüber hinaus starten hier viele Stratosphären-Ballons zur Erforschung der oberen Atmosphäre. Ab 2022 sollten größere Raketen von hier starten, man wird wohl mehr von hier hören…

Am Abend startet für einige Gäste und mich ein weiteres Abenteuer: Nach dem Abendessen starten wir mit einem lokalen Guide zu unserer Schneeschuhwanderung („Snowshoe-Hike“).
In wenigen Minuten sind wir am Luosavaara, einem der Hausberge von Kiruna. Der eisenerzhaltige Berg liefert das „L“ der Minengesellschaft LKAB.
Bis in die 1960er Jahre wurde auch hier im großen Stil Eisenerz abgebaut. Dieser Bergbau ist Ursache für einen mächtigen Spalt in diesem Berg. Schnell lohnte sich ein Abbau nicht mehr, der Erzabbau konzentrierte sich auf den benachbarten Kirunavaara (das „K“ in LKAB).
Der Luosavaraa wurde zu einem Naheerholungsgebiet ausgerüstet mit Sessellift und gut erschlossenen Ski-Pisten, beleuchtetet Langlauf-Loipen und Schneemobilstrecken.
Der Berg hat allerdings auch eine „wilde“ Seite. Der Sessellift bringt uns hinauf auf etwa 724 Meter Höhe.
Hier beginnt unsere Schneeschuhwanderung. Temperaturen um die -20 °C schufen hervorragende Bedingungen für eine solche Aktivität. Hart überfrorener Schnee bilden einen perfekten Untergrund für Schneeschuhe.
Schnell bewegen wir uns aus dem grellen Lichtkegel der Ski Piste, hinein in die lappländische Dunkelheit. Von der Gipfelregion bietet sich ein fantastischer Blick auf das beleuchtete Kiruna.
An der dunkelsten Stelle des Weges, am perfekten Ort zum perfekten Zeitpunkt, zeigt sich zum ersten Mal auf dieser Reise „die grüne Lady“, das Polarlicht bzw. Nordlicht. Laut knisternd stapfen wir zum Teil steil bergab, durch den meterhohen staubtrockenen Schnee. Etwas tiefer liegt ein kleines Birkenwäldchen, deutlich geschützter fehlt hier die gefrorene Oberfläche. Reinster Pulverschnee bei der man trotz Schneeschuhe sofort bis zur Hüfte versinkt. Etwas fordernd überwinden wir diese Tiefschneestelle. Wir stapfen weiter über den nun wieder hart gefrorenen Boden durch die Nacht. Das Licht der Sterne funkelt wie kleine Diamanten in den Eiskristallen. Nach gut zwei Stunden erfreuen wir uns bei einer kleinen Rast, typische selbstgebackene Plätzchen und heißer Heidelbeertee versüßen uns den Stopp. Nach einer weiteren Stunde erreichen wir unser Hotel. Eine unvergessliche Wanderung entlang des „Midnatsolstigen“ – Mitternachtssonnensteig liegt hinter uns.

Tag 04 – 28.01.2022 – Eisenerzmine LKAB Kiruna, Hundeschlitten, Motorschlitten

Nach einem guten Frühstück starten wir in einen hochinteressanten Tag. Wir beginnen mit dem Besuch der LKAB, der größten Eisenerzmine der Welt. LKAB = Luossavaari Kirunavaari AB, das „L“ und „K“ stehen für die eisenerzhaltigen Berge um Kiruna. AB bedeutet so viel wie eine AG im Deutschen.
Jeder kennt den Begriff „hinter schwedischen Gardinen sitzen“, gemeint ist ein Gefängnis, dass mit besonders hochwertigem Stahl aus schwedischem Eisen gefertigt wurde. Dieses hochwertige stark eisenerzhaltige Gestein stammt aus der Eisenerzmine von Kiruna.
Seit über 140 Jahren wird hier im großen industriellen Stil Eisenerz abgebaut.
Wir erhalten in der Touristeninformation eine Sicherheitseinweisung für unseren Bergwerksbesuch, bevor wir mit einem werkseigenen Bus (!) auf 540 Meter unter Tage in das eigentliche Visitor-Center (Besucherzentrum) der Mine gelangen. In dieser Tiefe wurde etwa von der Mitter der 1970er bis in die Mitte der 1980er Jahre Eisenerz gefördert.
Der abzubauende Eisenkörper ist etwa 80 Meter breit und 4 km tief. Die aktuelle Produktionsebene liegt heute auf ungefähr 1.045 Meter unter Tage, die tiefsten Arbeitsebenen liegen allerdings schon auf gut 1.500 Meter Tiefe.
Für den Abbau wird die Schwerkraft benutzt. Vom sicheren Gestein werden waagerechte Stollen in Richtung Eisenkern gebohrt (viele Ebenen übereinander). Sind diese Versorgungsstollen angelegt, beginnt der eigentliche Abbau. Sogenannte Driller bohren Sprenglöcher in die Decke, die Stollen werden Stück für Stück nach oben abgebaut. Das Material, Abraum und Erz werden durch die waagerechten Stollen abtransportiert. Das Material fällt dann wiederum in darunterliegende Schächte in unterirdische Erzzüge. Diese transportieren das Material zu gigantischen „Aufzügen“, von denen das Erz an die Oberfläche gehoben wird.
Nach und nach werden die Zwischendecken immer dünner, bevor sie von selbst zusammenbrechen. Die gewaltigen Mengen von Abraum werden von oben wieder in die Hohlräume geschüttet. Stück für Stück rutscht dann immer mehr Material wieder nach unten. Diese gewaltigen Materialbewegungen führen auch zu Rutschungen im umliegenden Gestein, was mittlerweile eine Gefahr für die Stadt Kiruna darstellt. So das beschlossen wurde die Stadt Kiruna um 4 km nach Osten umziehen zu lassen. Eine Stadt von 20.000 Einwohnern muss um 4 km versetzt werden. In dieser Größenordnung hat es dies zuvor noch nie irgendwo auf der Welt gegeben.
In Zahlen:
Jeden Tag werden 130.000 t Eisenerz gefördert. Täglich verlassen mindestens 10 Erzzüge den Bahnhof von Kiruna in Richtung Erzhafen von Narvik und 5 weitere in Richtung Erzhafen von Luleå. Ein Zug hat 68 Waggon. Ein Waggon nimmt 100 t Eisenerz auf. Mit jedem Zug bewegen sich also 6.800 t Eisenerz in Richtung Narvik. Bei 10 Zügen pro Tag (!) werden folglich täglich 68.000 t Eisenerz nach Narvik und 34.000 t nach Luleå transportiert, das entspricht genau 2.550 Lkw Ladungen mit jeweils 40t pro Tag.
Die LKAB betreibt seit 2001 die IORE – die stärksten E-Loks der Welt. In der Summe gibt es 17 E-Loks. Die Züge sind jeweils 750 Meter lang und bis zu 8.600 t schwer. Die Loks haben eine Traktion von zusammen 1.200 KN. Die beiden Motoren liefern jeweils ca. 5.400 KW bzw. 7.300 PS ergibt 10.800 KW bzw. 14.600 PS. Höchstgeschwindigkeit des Zuges 80 km/h.
Die Strecken von Kiruna nach Narvik betragen ca. 180 km, von Kiruna nach Luleå ca. 350 km.
Der Hafen von Narvik schlägt 30 Mio. t Eisenerz im Jahr um. Die Entladung von 6.800 t Eisenerz dauert ganze 30 Minuten. Der Hafen von Luleå ist 7 Monate im Jahr eisfrei, 8 Mio. t. Eisen können hier pro Jahr umgeschlagen werden. Da die Lieferwege insbesondere für europäische Kunden besonders kurz sind, wird dieser Weg sehr gern genutzt.
Die neuste Vision des Unternehmens ist eine CO2 neutrale Bilanz der gesamten Produktionsstrecke von der Exploration, über den Abbau, der Veredelung und dem Abtransport soll zukünftig frei von CO2 Emission erfolgen. Aktuell produziert dieses Unternehmen allein 25% der schwedischen CO2 Emission.

(Quellen für die Zahlen: LKAB.com und Wikipedia.de: MTAB IORE).
Auch wenn man sich im Alltag für Bergbau und Eisenbahn vielleicht weniger begeistert so hinterlassen die schieren Zahlen bei jedem einen bleibenden Eindruck.

Die Führung endet wieder im Stadtzentrum – ein historisches Erlebnis für unsere Gruppe, da dieses Stadtzentrum bis Herbst 2022 geräumt und danach abgerissen bzw. in Teilen umgesiedelt wird, folglich nicht mehr als eine Erinnerung sein wird.

Bis in die 1950er Jahre hinein gab es eine elektrische Straßenbahn aus der Stadt bis direkt zu den Arbeitsplätzen tief unter Tag.

Am frühen Nachmittag starten die gebuchten Gäste zu unserer Hundeschlittenausfahrt. Wir werden abgeholt und nach Kurravaara gebracht. Mitten im Wald beginnt an einer Hundestation unser Abenteuer. Ausgestattet mit warmer Kleidung fahren die Schlitten mit je vier Gästen und einem Musher (Hundeschlittenführer) in die lappländischen Wälder. 12 Hunde ziehen ein Schlitten. Bis zu 30 km/h schnell laufen die Hunde, in unserem Fall mehrheitlich Alaska Huskys. Ein einzelner Hund kann bis zu 100 kg Gewicht ziehen. Mit hoher Geschwindigkeit beginnt die rasante Fahrt. Die Musher müssen intensiv Dauerbremsen damit die Fahrt nicht zu rasant wird. Unglaublich diese Kraft und Energie. Wer einmal so einen Hund in Aktion erlebt hat, dem fällt es schwer solche Hunde in städtischen Wohnungen zu wissen. Die Fahrt führt uns hinaus auf den zugefrorenen Torneälven. Unterwegs werden wir an einem Lavvu mit Feuerstelle und einer kleinen Stärkung erwartet. Ein unvergessliches Erlebnis.
Doch der Tag hat noch mehr zu bieten – am späten Nachmittag starten wir zu unserer Schneemobil-Tour nach Laksforsen. Auch hier werden wir wieder abgeholt und für die Arktis eingekleidet. Auch hier führt der Weg auf einen anderen Teil des Torneälv. Der Himmel ist sternenklar als noch das Polarlicht als Krönung dieser unvergesslichen Szenerie auftaucht.
Nach einem späten Abendessen bringt die Nacht noch intensives Polarlicht. Mehr arktische Abenteuer sind an einem Tag kaum möglich. Unvergesslich!

Tag 05 – 29.01.2022 – Arctic Express nach Narvik, Tromsø

Nun heißt es bereits Abschied nehmen von unserem Hotel Camp Ripan und Kiruna.
Ein Transfer-Bus bringt uns zum Bahnhof von Kiruna. Da noch etwas Zeit ist zeigt uns der örtliche Chauffeur das gerade neu entstehende Kiruna. Der Arctic Express (Nachtzug aus Stockholm) trifft pünktlich (!) in Kiruna ein, bevor er nach 15 Minuten Aufenthalt auf der Strecke der Erzbahn seine Fahrt über Abisko, Riksgränsen und dem Bjørnfjell nach Narvik fortsetzt. Unglaublich viele Elche können wir vom Zug beobachten.
In weiser Voraussicht war unser Chauffeur bereits am Vortag mit unserem Bus nach Narvik aufgebrochen. Der Wetterbericht kündigte für unseren Reisetag ein Unwetter mit starken Winden auf dem Bjørnfjell an. Wir gingen von einer Straßensperrung aus, eine Weiterfahrt nach Tromsø wäre dann ggf. nicht mehr möglich gewesen. Zur Sicherheit fuhr unser Chauffeur einen Tag eher nach Narvik. Wir bekamen einen Extra-Transfer zum Bahnhof von Kiruna und nahmen unsere Koffer im Zug selbst mit.
Im Gegensatz zur Straße wird die Bahnstrecke (fast) immer freigehalten. Eine spannende und spektakuläre Fahrt begann für gut drei Stunden. Fast pünktlich erreichten wir unser Ziel Narvik.
Unser Chauffeur erwartete uns am Bahnhof für die Weiterfahrt zurück nach Tromsø.
Kurz nach Narvik erwartete uns noch die gewaltige Hålogalandsbrua – eine gewaltige neue Hängebrücke (Länge 1.559 Meter, längste Stützweite 1.145 Meter), zweitgrößte nach der Hardangerbrücke. Bei Windstärke 8 bft bzw. 18 m/s stellt die Überquerung eine gewisse Herausforderung dar. Unser Chauffeur bringt uns sicher zurück nach Tromsø.
Nach dem Abendessen bleibt Zeit für einen Stadtspaziergang und/oder die Auffahrt mit dem Fjellheisen – mit atemberaubenden Blick über die Stadt und/oder einem Besuch der berühmten Ølhalle – der ältesten Kneipe der Stadt, legendärer Treff für Eisbären- und Robbenjäger sowie Polarforschern.

Tag 06 – 30.01.2022 – Rückreise nach Deutschland

Am Sonntagvormittag reisen wir auf direktem Weg und perfektem Flugwetter zurück nach Dresden. Die Flugroute verläuft entlang der Inseln Kvaløya und Senja, weiter über Harstad auf dem Archipel der Vesterålen, gefolgt vom Archipel der Lofoten. Weiter geht es über den Vestfjord in Richtung Bodø und zum Saltstraumen, dem stärksten Gezeitenstrom der Welt. Wir überqueren den Polarkreis nach Süden, überfliegen Mo i Rana, Trondheim, Lillehammer und Oslo. Schon fast im Landeanflug überfliegen wir die westschwedische Küste mit ihren kleinen Schäreninseln. Wir erkennen die Spitze der dänischen Halbinsel Jütland. Wir überfliegen den Großen Belt, gut zu sehen die Großer Belt Brücke, längste Hängebrücke Europas. Zum Schluss geht es über Berlin nach Dresden. Etwas windig erfolgt die sichere Landung in Dresden.

Schlusswort

Eine eindrucksvolle Reise geht zu Ende. Wir hoffen, dass wir, als das Team von Eberhardt Travel, unserem Chauffeur und meiner Wenigkeit, als Reiseleiter, eine angenehme Reise nach Skandinavien ermöglichen konnten. Wir bedanken uns für Eure Treue und Euer Vertrauen.

Vielen Dank für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit.

Einen besonderen Dank richte ich an unseren Chauffeur, Danke für die wunderbare Zusammenarbeit!

Danke an die Kollegen der anderen Gruppen, namentlich

Katrin Deutschbein – Nordkapp
Philipp Schmitz – Lofoten
Annett Müller – Standort Tromsø
Martin Gruhle – Standort Tromsø

Es hat super viel Spaß gemacht mit Euch zusammen zu arbeiten!

Es würde mich und uns sehr erfreuen, Euch bald wieder im Namen von Eberhardt Travel auf einer der nächsten Reisen recht herzlich begrüßen zu dürfen.

In diesem Sinne, bleibt gesund (!!!) und reisefreudig.

Auf ein Wiedersehen! Bis bald!

Euer

Martin Büchner
Reiseleiter
Eberhardt Travel

und das gesamte Team von Eberhardt Travel & seinen Partnern.
Leipzig, 08.02.2022

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Hallo Martin,
ein toller Reisebericht mit beeindruckenden Bildern.
Auch von meiner Seite ein Dank an alle Reiseleiter/-begleiter. Auch für mich war es eine super Zusammenarbeit. Gerne wieder.

Philipp Schmitz
09.02.2022