Rundreise Rumänien
Reisebericht: 16.08. – 23.08.2025
Mystische Wälder der Karpaten, Gänsehaut beim Gedanken an Vlad Tepes, der als walachischer Graf das Vorbild zu Stokers Dracula war, pittoreske kleine Siebenbürgenstädtchen und kunstvoll gestaltete Klöster erwarten uns auf unserer Rundreise. Wir freuen uns und sind gespannt ...
Ein Reisebericht von
Simone Willner
Anreise nach Bukarest
Am frühen Morgen trifft sich Simone, die Reisebegleiterin, mit drei Gästen in Dresdem und wir starten auf die Minute pünktlich. So viel Glück haben wir in München nicht. Einige Starkgewitter halten uns auf, aber wir nehmen es mit Humor, denn so müssen wir nicht so lange auf die von Berlin und Frankfurt kommenden Gäste in Bukarest warten.
Die Hauptstadt Rumäniens erwartet uns mit hochsommerlichen 34 Grad und Sonnenschein und wir steigen gleich mit Petru, unserem Reiseleiter, in den riesigen Bus, um eine Rundfahrt in dieser faszinierenden Metropole zu unternehmen.
In Bukarest leben heute knapp zwei Millionen Einwohner. Diese Stadt hat sich nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wirklich gemausert, die Alleen sind üppig grün, die Parks liebevoll gepflegt, viele Gebäude sind saniert und erstrahlen in neuem Glanz.
Wir fahren um den Triumphbogen herum, der zu Ehren des Sieges im Ersten Weltkrieg errichtet wurde.
Das imposanteste und vermutlich auch das bekannteste Gebäude der Hauptstadt ist mit Abstand der Parlamentspalast. Mit diesem Bau waren über fünf Jahre mehr als 20.000 Arbeiter und 500 Architekten beschäftigt. Die bebaute Grundfläche beträgt 65.000 m². Die größte Galerie im Inneren ist sage und schreibe 150 Meter lang und der größte Saal mißt 16 Meter Höhe. Die Baukosten schätzt man auf 3,3 Milliarden Euro. Allerdings erlebte der Diktator die Fertigstellung seines überbordenden Palastes nicht mehr. Heute ist es der Sitz der Abgeordnetenkammer.
Am Nachmittag fahren wir weiter und besuchen das Kloster Sinaia. Das Kloster wurde 1695 von Fürst Mihail Cantacuzino gegründet und nach dem großen Katharinenkloster auf dem Berg Sinai in Ägypten benannt. Seit 2005 wird es von 13 orthodoxen Mönchen unter der Leitung von Hegumen Macarie Bogu bewohnt. Wir schauen uns die Anlage gemeinsam an und machen Erinnerungsfotos und bekommen sogar zwei orthodoxe Priester auf unsere Fotos gebannt.
Nun fahren wir mitten durch die Karpaten nach Predeal. Hier, im höchstgelegenen Luftkurort Rumäniens, werden wir zwei Tage in reinster Bergluft verbringen und sind umgeben von den Bergmassiven Postavarul, Piatra Mare und Bucegi. Der Wintersportort liegt in der Region Siebenbürgen und wir sind schon sehr gespannt auf die berühmten Siebenbürgen-Städte, die wir in den nächsten Tagen besuchen werden.
Heute sind allerdings die meisten von uns so früh aufgestanden, daß wir nach dem Abendessen müde sind und nur noch ausruhen wollen, schließlich müssen wir morgen für die Begegnung mit dem Fürsten der Dunkelheit vorbereitet sein ...
Siebenbürgenstadt Brasov (Kronstadt) und Draculaburg Bran
Nach einer erholsamen Nacht fahren wir am Morgen zuerst nach Bran, wo die berühmte Törzburg steht. Mächtig erhebt sich dieses alte Gemäuer über der gleichnamigen Ortschaft in Transsilvanien. Tatsächlich umgibt diese Burg eine düstere Atmosphäre und durch viele Draculafilme ausgelöst, läuft beim Anblick des Anwesens so manchem Besucher ein eiskalter Schauer über den Rücken. Alle haben die berühmte Romanfigur des irischen Schriftstellers Bram Stoker in bester Erinnerung. Stoker hatte bei den Recherchen zu seinem Roman eine Zeichnung dieser Burg gefunden und siedelte seinen Roman hier an. Als historische Vorlage für seinen Dracula diente ihm Vlad III. Draculea, ein walachischer Fürst, der Angst und Schrecken unter seinen Feinden durch seine Vorliebe für das Pfählen verbreitete.
Wir haben unglaubliches Glück, wir sind sehr früh aufgebrochen und bei unserer Ankunft ist von den sonst üblichen Besucherströmen keine Spur, der sonst immer völlig überfüllte Markt am Fuße der Burg ist kaum besucht und so können wir die Ausblicke von der hoch auf dem Felsen gelegenen Burg in vollen Zügen genießen.
In der Nähe von Bran liegt das kleine Dorf Harman - zu deutsch Honigberg und dort hat Simone eine kleine Überraschung eingeplant. Wir besichtigen eine der am besten erhaltenen Kirchenburgen in ganz Rumänien. Sie war einst eine bäuerliche Wehranlage der Siebenbürger Sachsen. Um 1300 wurde die ursprüngliche Kapelle errichtet. Die Besonderheit an dieser Kirche sind Vorratskammern, die sich wie Nester von Schwalben unter der Traufe an das Mittelschiff schmiegen. Diese Lebensmittelspeicher brauchte man, um sich während der widerholten Angriffe der Osmanen im 16. Jahrhundert und der Ungarn im 17. Jahrhundert monatelang verschanzen zu können. Die sogenannten Specktürme beherbergten, wie ihr Name schon andeutet, tatsächlich gepökeltes Fleisch und Speck und nur durch sie war es möglich, den Eroberungsversuchen zu entgehen. Dane, der Verwalter der Anlage, erklärt uns ausführlich, wie man damals hier gelebt hat und erzählt die verschiedenen Geschichten, die mit der Anlage verknüpft sind. Danach sehen wir uns das Innere der Kirche an und besichtigen die Räume im Ringwall, wo man einen guten Eindruck bekommt, wie die Siebenbürger Sachsen in den vergangenen Jahrhunderten gelebt haben. Am Ende steigen wir die steile Treppe zum Festungswall hinauf und umrunden das ganze Areal.
Nach diesem Abstecher fahren wir nach Brasov, zu deutsch Kronstadt. Sie ist die meistbesuchte der Siebenbürgenstädte. Heutzutage leben knapp 300.000 Einwohner in der 1234 erstmals urkundlich erwähnten Stadt. Kronstadt wurde von den Deutschen Rittern als südöstlichste Stadt in Siebenbürgen unter dem Namen Corona (Krone) gegründet und war über mehrere Jahrhunderte hinweg das kulturelle, geistige und religiöse Zentrum der Siebenbürger-Sachsen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bildeten sie in der Region die Mehrheit der Bevölkerung. Kurzzeitig zwischen 1951 und 1961 nannte man die Stadt zur Ehrung von Stalin Orasul Stalin (Stalinstadt).
Seit 1987 gingen von hier die ersten Demonstrationen gegen die Diktatur Ceausescus aus. Neben den Siebenbürger Sachsen leben heute auch etliche Ungarn in der Stadt. Und auch hier schrumpfte durch Deportationen die Zahl der deutschsprachigen Einwohner wie in Sibiu nach dem Zusammenbruch des Ostblock. Heute leben nur noch etwa 2.000 deutschsprachige Einwohner in Brasov.
Wir schauen uns zuerst den beeindruckenden Marktplatz mit dem Rathaus an und werfen einen Blick in die versteckte Kirche Maria Himmelfahrt und wollen gleich darauf noch die berühmte Biserica Neagra (die Schwarze Kirche) besichtigen. Sie beherbergt eine Sammlung an Orientteppichen und zählt zu den bedeutendsten Baudenkmälern Rumäniens. Ursprünglich wurde sie der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet und war eine katholische Kirche. Mit der Reformation in Siebenbürgen, wurde das katholische Patrozinium aufgegeben und heute ist sie ein evangelisches Gotteshaus. Den Namen schwarze Kirche verdankt sie einem Stadtbrand im Jahre 1689.
Nun genießen wir die sonntägliche Freizeit in der belebten Altstadt und schlemmen Eis oder gönnen uns ein kühles Bier, bevor wir am Abend zurück durch die bezaubernde Landschaft von Transsilvanien zum Hotel fahren Etwa 20 Kilometer vor Predeal kommen wir zum Stillstand, der Bus hat mit der Belüftung und einem fehlenden Schlauch Probleme. Als sich das nicht so schnell beheben läßt, bietet uns ein anderer Bus mit rumänischen Touristen, die gerade von einer Reise aus Serbien zurück kommen, an, uns bis zum Hotel mitzunehmen. Dankend nehmen wir an, die Handys werden rausgeholt und mit Übersetzungsapps verständigen wir uns. Dann wird für uns noch rumänische Musik angeschaltet und beim Abschied applaudieren wir begeistert.
Im Hotel erwartet man uns und wir bekommen einen Rotwein spendiert, das Abendessen steht bereit.
Morgen werden wir Predeal verlassen und erkunden eine Schlucht und ein Kloster bevor wir in die Bukovina fahren ...
Bicaz Stausee und –klamm und Kloster Neamt
In der vergangenen Nacht hat es stark geregnet und am Morgen ist die Stimmung in Predeal tatsächlich wie in den Draculafilmen. Der Nebel hängt tief, die Wälder sind nahezu im Dunst verschwunden und hinter den dichten Schleiern geht die Sonne auf. Leider können wir das Spektakel nicht lange verfolgen, da wir heute eine sehr lange Fahrt gen Norden vor uns haben und früh aufbrechen müssen.
Unser Weg führt uns am Morgen durch Dörfer, in denen vor allem Szekler leben. Die Szekler sind eine ungarischsprachige Minderheit in Rumänien. In Miercurea Ciuc, einer Kleinstadt, die zu 90 Prozent von den Szeklern bewohnt wird, schauen wir uns das imposante Gymnasium und das Franziskanerkloster an. Danach fahren wir zum sogenannten Roten See, einem natürlichen Stausee, der auf einer Höhe von 983 Metern liegt und der 1837 entstanden ist. Der Wasserspiegel wird von den Baumstämmen durchdrungen, die die Überreste des Waldes sind, der einst vom See überflutet wurde. In der malerisch schönen Berg- und Seekulisse machen wir eine ausgedehnte Mittagspause, bevor wir in die enge Bicazklamm hinein fahren. Diese zehn Kilometer lange Schlucht wurde durch den gleichnamigen Fluß geformt und begeistert uns mit ihren steilen bis zu 300 Meter in die Höhe ragenden Felswänden. An manchen Stellen scheinen sie oben zusammenzustoßen. Aber unser Fahrer Georghiu hat sein Handwerk gelernt und schlängelt den Bus mit viel Geschick ohne Kratzer durch die enge Schlucht.
Am Ende der Schlucht erreichen wir den Stausee Bicaz, der wunderschön eingebettet in den Bergen Transsilvaniens liegt. Die Aussicht ist so malerisch, obwohl die Sonne Mühe hat, die dichte Wolkendecke zu druchdringen, daß wir um einen weiteren Fotostopp bitten.
Erst am frühen Abend erreichen wir das Kloster Neamt. Diese gepflegte Anlage wird auch heute noch von Mönchen bewohnt Sie wurde zu Zeiten des Fürsten Petru Musat zwischen 1371 - 1375 gegründet und ist damit das älteste Kloster der Region. Die innerhalb der Mauern befindliche Kirche ließ Stefan der Große erbauen, fertiggestellt wurde sie erst 1497, als die moldawische Armee eine Schlacht gegen den polnischen König Johann I. gewonnen hatte. Dieses Kloster war in seiner Blütezeit ein bedeutendes Kulturzentrum und beherbergte eine Schule für Miniaturmalerei und Kalligrafie, einige gut erhaltene Schöpfungen sind noch im kleinen Museum der Anlage zu bestaunen. Die Klosterbibliothek nennt viele seltene Bücher ihr eigen.
Wir treffen einen Mönch, der in Deutsch mit uns plauscht und wenn wir nicht noch eineinhalb Stunden Fahrt bis zum Hotel in Gura Humorului vor uns hätten, könnten wir hier noch verweilen. Unterwegs sehen wir unzählige schön geschnitzte alte Holzhäuser, daneben ganz modern und futuristisch neu gebaute Einfamilienhäuser, die gar nicht recht in die Landschaft passen wollen. Pferdewagen beladen mit der Ernte vom Feld begegnen uns ebenso oft wie moderne Elektroautos. Rumänien ist eben alles - alt und neu. Alles nah beieinander.
Durch die sanft hügelige Landschaft der Bukovina fahren wir weiter und am Abend endlich nach 364 Kilometern und vielen unvergeßlichen Eindrücken erreichen wir unser Hotel, wo wir bereits erwartet werden.
Morgen werden wir drei Klöster in der Umgebung und eine Töpferei erkunden, aber erstmal genießen wir das Abendessen ...
Kloster Moldovita, Kloster Sucevita, Kloster Voronet und Schwarzes Porzellan
Am Morgen machen wir zuallererst einen Abstecher nach Marginea im Kreis Suceava und schauen uns die Werkstätten an, die die berühmte schwarze Keramik herstellen. Im Gegensatz zum üblichen Oxidationsbrand werden die schwarzen Gefäße geschmaucht, was bedeutet, sie werden erst etwa vier Stunden in der allgemein üblichen Brenntechnik gebrannt und danach weitere vier Stunden sozusagen geräuchert, indem man die obere Öffnung mit Scherben und Lehm verschließt und möglichst hermetisch abdichtet und die Gefäße dadurch dem geschlossenen Brand aussetzt. Einige Gäste finden ein schönes Mitbringsel und wir fahren weiter durch die lieblich hügelige Landschaft der Bukovina. Erneut sehen wir etliche Storchennester, samt Bewohnern und unser Fahrer ist sogar so nett, an der Straße zu halten, damit wir endlich einen Pferdewagen fotografieren können.
Am Vormittag erreichen wir Sucevita, wo uns die erste Klosteranlage erwartet. Dieses Kloster wurde zwischen 1582 und 1584 erbaut, hat noch beeindruckende Außenmalereien. Innen ist die Kirche sehr prächtig. Diese Anlage wird heute von etwa 70 Nonnen betrieben und Petru erzählt uns, daß Rumänien keine Probleme mit dem Nachwuchs der Klöster hat, wie andere europäische Länder. Der Nachwuchs strömt in Scharen.
Am Mittag erreichen wir das ebenfalls prächtig bemalte Kloster Moldovita, welches zu den schönsten Moldauklöstern in der Region gehört. Die innerhalb der Mauern befindliche Kirche ist Maria und der Verkündigung geweiht. Die Klosteranlage stammt aus dem Jahre 1532. Innen- und Außenwände sind mit Wandmalereien geschmückt, die das jüngste Gericht darstellen, oder die Belagerung Konstantinopels an der Südfassade. 1993 wurde es zusammen mit weiteren sechs Moldauklöstern zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Die Anlage ist von einem sehr gepflegten Garten umgeben, man spürt deutlich, daß hier Nonnen leben, die sich sehr um die Kirche und ihre Umgebung kümmern. Eine davon, Tatjana, nimmt sich unserer Gruppe an und erklärt uns ausführlich die Klostergeschichte und frischt unsere in Vergessenheit geratenen Bibelkenntnisse wieder auf.
Nun ist es schon früher Nachmittag und leichter Hunger kommt auf. Auf der Strecke liegen keine großen Städte mit vielfältigem gastronomischem Angebot und Petru, unser Reiseleiter, beschließt, mit uns in eine der zünftigen Dorfkneipen zu gehen. Wir sitzen also mitten im kleinen rumänischen Dorf, bewundern die schöne Aussicht, nebenan weiden die Kühe, die Pferdewagen ziehen vorbei, die Bauern auf den Feldern schichten Heu auf Spieße, so daß wohl geformte Kegel entstehen. Wir laben uns an leckeren traditionellen Suppen, selbst gebackenem Brot, Pilzspeisen und Schnitzel.
Gestärkt erreichen wir das Kloster Voronet. Dieses Kloster wurde ebenfalls in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Es wurde im Gedenken an die Schlacht von Vaslui von Stefan dem Großen erbaut. Die in den Mauern liegende Klosterkirche des Heiligen Georg stammt aus dem Jahr 1488. Wegen der exzellent erhaltenen Fresken wird sie auch "Sixtinische Kapelle des Ostens" genannt. An der Westseite des Gebäudes findet man Darstellungen aus dem Jüngsten Gericht. Das Wetter der Jahrhunderte hat den Malereien auf der Südseite sehr zugesetzt und die Bilder vom Stammbaum Jesses sind nicht mehr sehr gut zu erkennen.
Zurück in Gura Humorului beschließen die meisten Gäste, noch einen Spaziergang durch die Stadt zu machen und zum Abendessen treffen wir uns alle wieder.
Morgen verlassen wir die Bukovina und besuchen Siebenbürgenstädte und Targu Mures
Bistritz und Targu Mures
Am Morgen verlassen wir Gura Humorului und die Bukovinaregion und fahren in Richtung Südwesten mit dem Ziel Bistita -zu deutsch Bistitz. Die Kleinstadt liegt mitten im Nösnerland, hindurch fließt der gleichnamige Fluß Bistrita.
Am Beginn der Fußgängermeile gelegen, schauen wir uns die evangelische Kirche an, im Inneren befindet sich ein schlichter Barockaltar, während die restliche Kirche im Stil der Gotik errichtet wurde. Gegenüber den üppig bemalten Moldauklöstern wirkt sie auf uns eher schmucklos. Die Flaniermeile ist rechts und links von schmucken kleinen Häuschen und unzähligen Cafés und Restaurants gesäumt. Hier suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und machen eine gemütliche Mittagspause.
Am Nachmittag fahren wir weiter nach Targu Mures. Mitten in Transsilvanien gelegen, treffen in dieser Stadt die verschiedenen Kulturen aufeinander, hier spricht man sowohl rumänisch, als auch ungarisch und deutsch und alle Beschilderungen sind dreisprachig.
Auf die Architektur der Stadt hatte die ungarische Jugendstilbewegung großen Einfluß, was sich vor allem im reichlich verzierten Kulturpalast mit dem faszinierenden Spiegelsaal und den farbenprächtigen Mosaikfenstern widerspiegelt.
Nach dem Abstecher in die orthodoxe Kirche mit ihren güldenen Ikonen fahren wir zu unserem Hotel und genießen das Abendessen. Da wir heute direkt in der Innenstadt übernachten, steht einem Abendspaziergang nichts im Weg.
Morgen erwarten uns Schäßburg, eine Kutschfahrt in Siebenbürgen und eine weitere Kirchenburg...
Sigishoara, Kirchenburg Biertan, Kirchenburg Boian, Margarethenkirche Medias
Gleich nach dem Frühstück werfen wir einen Blick ins Innere des Kulturpalastes, der ein Erlebnis für sich ist. Das Gebäude beherbergt die Bibliothek des Kreises Mures, das städtische Museum und die Staatsphilharmonie. Im Inneren staunen wir zuerst über das reich im ungarischen Jugendstil verzierte Foyer, was uns eher an eine Oper erinnert als an einen Kulturpalast. Im großen Saal im ersten Stock schauen wir uns die bunten Glasfenster an, auf denen verschiedene mystische Motive und Folkslegenden verewigt wurden. Im Obergeschoß befinden sich ein prunkvoller Konzertsaal und eine Galerie mit Bildern von rumänischen und ungarischen Künstlern.
Etwa eine Autostunde entfernt liegt die von sanften Hügelketten der Karpatenausläufer umgebene Stadt Shigishoara (Schäßburg). Hier leben heute etwa 30.000 Einwohner und sie ist wie Targu Mures dreisprachig. Ein Fünftel der Bevölkerung gehört zur ungarischen Volksgruppe und noch etwa 500 Bewohner sind Siebenbürger Sachsen. Wir fahren hinauf in die Oberstadt und passieren eines der eindrucksvollen Stadttore mit dem markanten Zinngießerturm. Von oben hat man eine ganz bezaubernde Sicht auf die Umgebung und die Dächer der mittelalterlich wirkenden Altstadt. Vom Marktplatz aus sehen wir den Stundturm, in den wir über enge Stiegen hochsteigen, um einen Blick in die Umgebung werfen zu können.
Gleich dahinter liegt das Geburtshaus des Fürsten der Walachei, Vlad III. Wir kennen diese Person nur aus Bram Stokers Roman "Dracula", bildete er doch das historische Vorbild für die Hauptfigur. Es ist ein kleines verwinkeltes Haus mit engen Aufgängen und einigen Waffen und Rüstungen aus dem Mittelalter. Wir passieren enge Flure, wo Spinnen und Gerippe auf uns herunter gelassen werden und die ganz Hartgesottenen können einem - sehr lebendigen - Dracula im Sarg die Hand halten und ein Foto schießen. Hollywood läßt grüßen.
Nun wird es anstrengend. Wir erklimmen die 176 Stufen der sogenannten "gedeckten Schülertreppe", die zum Gipfel des Schulberg-Hügels führt, wo sich das Josef Haltrich Lyzeum befindet, in dem seit Anfang des 17. Jahrhunderts Deutsch unterrichtet wird. Die Schüler und Lehrer dieses Gymnasiums müssen alle sportlich sein, sie legen diesen Weg mehrmals täglich zurück!
Auf der Spitze des Hügels thront die Bergkirche, der wir ebenfalls einen Besuch abstatten. Danach laufen wir über den Friedhof wieder nach unten und können ein wenig Freizeit in dieser pittoresken Stadt, die seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, genießen. Die meisten Gäste suchen sich ein schattiges Plätzchen in einem der zahlreichen Cafés und Restaurants und lassen die Eindrücke Revue passieren.
Am Nachmittag steht der Besuch der Kirchenburg Biertan auf dem Programm. Sie zählt seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe und befindet sich zwischen Sighishoara und Medias. In den Jahren 1492 bis 1515 erbaute man sie im gotischen Stil und wir erblicken sie auf dem Hügel schon von weitem über der kleinen Siedlung. Nachdem 1572 der Birthälmer (deutscher Name von Biertan) Pfarrer Lukas Unglerus zum Bischof der evangelischen Kirche gewählt worden war, wurde diese Kirche zum Bischofssitz und blieb bis zur Verlegung 1867 geistlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen. Wir treffen in der Kirche eine Siebenbürgin, die uns ein riesiges Türschloß aus dem 16. Jahrhundert zeigt und uns einige Sätze in ihrer eigentlichen Muttersprache sagt, was wie Luxemburgisch klingt.
In unserem heutigen Übernachtungsort Medias unternehmen wir einen Spaziergang in der Altstadt, sehen das beindruckende Gymnasium und die Margarethenkirche. Sie hat einen sehr charakteristischen schiefen Trompetenturm und in ihrem Innenraum befindet sich eine Sammlung wertvoller historischer siebenbürgischer Teppiche.
Nun fahren wir nach Bazna und dort erwartet uns ein Kutscher, der mit uns durchs Koketal fährt. Um uns herum erblicken wir sanfte Hügel und das größte Weinanbaugebiet Siebenbürgens. Auf den Wiesen grasen friedlich nebeneinander Kühe und Wasserbüffel. Bereits im Jahre 1302 wurde Baaßen, wie der Ort auf deutsch heißt, erstmals urkundlich erwähnt und aus dieser Zeit stammte auch die erste Kirche. Im 14. Jahrhundert, später wurde die Kirche im Stile der Gotik umgebaut und wegen der ständigen Bedrohung durch die Osmanen ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts zu einer Wehrkirche mit Außenmauern erweitert.
Die Kutsche bringt uns ins benachbarte Boian. Dort schauen wir uns eine recht verfallene Wehrkirche an, deren Gründung aufs 14. Jahrhundert zurück geht. Im Chor gibt es ein Kreuzgewölbe, das Schiff dagegen hat eine flache Decke. Im Obergeschoß des Turms sehen wir einen Wehrgang mit hölzernem Geländer. Über der Einfahrt des Turms und über dem Nordportal befinden sich je ein Wappen mit dem moldauischen Symbol: einem Ochsenkopf mit Stern und Halbmond zwischen den Hörnern. Wir trinken in den alten Mauern einen Rotwein und fahren im Anschluß zurück nach Medias, wo uns das Hotelpersonal bereits mit dem Abendessen erwartet.
Nun sind wir von den vielen Eindrücken geschafft und fallen müde in unsere Betten, bevor wir morgen in die Hauptstadt zurück kehren, schlafen wir erstmal aus ...
Sibiu, Kloster Cozia und Abschiedsabendessen in einer Karawanserei
Früh am Morgen frühstücken wir ganz für uns allein im Hotel und nachdem wir noch ausführlich die Hotelkatze gekrault haben, machen wir uns auf den laaaaaaangen Rückweg nach Bukarest.
Nach einer Fahrstunde erreichen wir die wunderschöne Siebenbürgenstadt Sibiu, zu deutsch Hermannstadt. Die ersten deutschen Siedler kamen ab 1147 in die Stadt auf dem Hügel über dem Fluß Zibin, der heutigen Oberstadt des Ortes. Urkundlich erwähnt wurde Hermannstadt 1191. Die Stadt trägt viele Namen, Hermannstadt auf Deutsch, Sibiu auf Rumänisch und Nagyszeben auf Ungarisch. 1223 wurde der Ort zu Ehren des damaligen Kölner Erzbischhof Hermann dem Zweiten in Villa Hermanni umbenannt.
1241 zerstörten die Mongolen die gesamte Siedlung und erst im 14. Jahrhundert nach dem Wiederaufbau verlieh man die Stadtrechte. Nun entwickelte sich hier ein Zentrum der Siebenbürgerkultur und man trieb rege Handel. Davon zeugen noch heute die Reste der beeindrucken Stadtmauer mit ihren Wachtürmen und großen Toren vor der historischen Altstadt. Auch die Osmanen versuchten mehrfach, die Stadt zu erobern, was ihnen allerdings nie gelang. Erst dem ungarischen Fürsten Gabriel Bathory gelang es durch eine List, Hermannstadt zu besetzen und auszuplündern, danach wurden alle deutschsprachigen Bewohner der Stadt verwiesen.
Heute sehen wir eine Stadt mit einer Vielfalt an kulturellen Angeboten, 2007 war sie Kulturhauptstadt Europas und auf dem Marktplatz herrscht reges Treiben. Wir schauen uns die Lügenbrücke an, besuchen das Brukenthalmuseum, in dem vor allem siebenbürgische Volkskunst ausgestellt ist und werfen einen Blick in die große evangelische Stadtpfarrkirche, bevor wir ein wenig Freizeit auf dem schönen Marktplatz genießen.
Unser nächstes Ziel ist das Kloster Cozia, welches 24 Kilometer von der Stadt Ramnicu Valcea am Fluß Olt liegt. Es ist eines der ältesten Klöster Rumäniens und macht einen sehr gepflegten Eindruck auf uns. Auf Anraten des Mönchs Nicodem Tismana, des späteren Beraters des Woiwoden, förderte Mircea I. von der Walachei zwischen den Jahren 1386 und 1388 den Bau dieses Klosters und nach seinem Tod ruht sein Leichnam im Mausoleum des Klosters. Es diente vor allem dazu, das Gebiet zu verwalten, die theologische Kultur zu bewahren und dazu, das Territorium zu kontrollieren und im Falle eines Falles zu verteidigen. Die Fresken stammen aus den Jahren um 1390 und sind fantastisch erhalten geblieben. Die Kirche wurde 1517 unter der Herrschaft des Woiwoden Neagoe Basarab und zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem walachischen Herrscher Constantin Brancoveanu renoviert, wobei die Nartexgalerie vor dem Eingang der Kirche, eine Kapelle, Brunnen und der Uhrenturm hinzugefügt wurden. Wir sehen die Bildnisse beider Fürsten an den Wänden des Klosters, als wir uns umschauen.
Nach dieser interessanten Besichtigung und einer Mittagspause machen wir uns auf den Weg in die Hauptstadt. Der Verkehr ist zäh und stockend und uns erscheint die Fahrt unendlich.
Bukarest erwartet uns am Abend mit Gewitter, Sturmböen und dem alltäglichen Verkehrschaos. Fahrräder fahren zwischen den Autos wild herum, LKWs und Busse fahren zwischen endlosen Autoschlangen, die Grünphasen sind kurz und wir haben genügend Zeit, uns die häßlichen Zweckbauten aus der kommunistischen Ära am Stadtrand aus dem Bus raus anzuschauen.
Heutzutage leben hier etwa zwei Millionen Einwohner. Die Innenstadt hat sich dem Zusammenbruch des Kommunismus wirklich gemausert, die Alleen sind üppig grün, die Parks liebevoll gepflegt, viele Gebäude sind saniert und erstrahlen in neuem Glanz.
Am Piata Revolutiei (dem Platz der Revolution) steht das sogenannte Denkmal der Wiedergeburt, eine 25 Meter hohe Marmorpyramide mit einer metallenen Krone. Auf diesem Platz hielt Ceausescu im Dezember 1989 seine letzte Rede, tags darauf flüchteten er und seine Frau vom Dach des damaligen Zentralkomitees der Kommunistischen Partei mit dem Helikopter aus der Hauptstadt und wurden wenig später vor ein Tribunal gestellt, zum Tode verurteilt und erschossen. Heutzutage befindet sich in dem Gebäude das rumänische Innenministerium.
Wir fahren so nah an die Altstadt heran, wie es geht und laufen zur alten Karawanserei, dem Hanul Manuc. 1769 durch Manuc Bey gegründet, diente der Hof einst als Herberge für Reisende, die von der Seidenstraße kamen. Hier lagerte man Wein in 15 unterirdischen Weinkellern und beherbergte über 20 Läden im Erdgeschoß. Im ganzen Areal konnte man bis zu 500 Fremde unterbringen. Heute ist der Hof ein Restaurant, als wir ankommen ist es rappelvoll und aufgrund des schlechten Wetters dürfen wir in den ersten Stock in einen geschlossenen Raum und müssen nicht im offenen Innenhof frieren. Zuerst gibt es lateinamerikanische Tänze und danach geht es mit zünftiger rumänischer Folklore und Tänzen weiter.
Nach unserem umfangreichen Programm, der langen Fahrt und den vielen Eindrücken sind wir müde und froh, daß wir direkt nach dem Essen ins Hotel gebracht werden, wo wir todmüde in unsere Betten fallen. Morgen schon müssen wir abreisen ...
Heimreise
Heute ist unsere eindrucksvolle Rumänienreise leider schon vorbei. Am Vormittag erklimmen wir noch den Patriarchenhügel von Bukarest und schauen uns die gleichnamige Kirche darauf an, bevor wir uns auf den Weg zum Flughafen machen. Die heutige Kathedrale entstand als Teil eines Kloster, das Constantin Serban Basarab, ein Fürst der Walachei, im Jahr 1658 gründete. 1925 erhielt die rumänisch-orthodoxe Kirche den Rang eines Patriarchats und die Metropolitankirche wurde zur Patriarchalkathedrale erhoben. Als wir ankommen findet gerade ein Gottesdienst statt und die Gesänge klingen bis nach draußen. Nun heißt es Abschied von Petru und Georghiu nehmen.
Zwei Gäste bleiben länger in Rumänien und wollen sich das Donaudelta anschauen, wir sind ein wenig wehmütig und neidisch. Zwei weitere Gäste fliegen nach München und mit den anderen Gästen macht Reisebegleiterin Simone sich auf den Weg nach Frankfurt. In Frankfurt trennen sich unsere Wege und nun müssen wir erstmal die vielen Eindrücke und Fotos sortieren
Liebe Reisegäste.
Was haben wir nicht alles auf unserer Rundreise gesehen. MIttelalterliche Klöster, orthodoxe Kirchen mit prächtigen Innenausstattungen, Siebenbürgenstädte, postkartengleiche hügelige und waldreiche Landschaften in der Bukovina, Pferdewagen, bunte Romafrauen am Straßenrand, kleine Dörfer, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Die Zeit war vieeeeeeeeeel zu kurz aber wir haben jetzt einen Eindruck von Rumänien gewonnen, der so gar nicht dem vorherrschenden Klischee von Armut und Zigeunerland entsprechen will. Ganz im Gegenteil, nur selten sind uns Roma begegnet und die meisten Städte sind heutzutage hübsch saniert und gepflegt. Mir bleibt, mich bei Euch für die Geduld zu bedanken, wenn eine Planänderung gemacht werden mußte, für die Pünktlichkeit, die immer wichtig ist, um ein so umfangreiches Programm auch zu schaffen und hoffe, daß das Land hinter den Wäldern Euch in guter Erinnerung bleiben wird.
Eure Reisebegleiterin Simone