Reisebericht: Rundreise Schottland mit mehr Bewegung

09.08. – 16.08.2019, 8 Tage Rundreise mit mehr Bewegung – Glasgow – Stirling – Wanderungen am Loch Lomond – West Highland Way – Oban – Schottische Highlands – Loch Ness – Edinburgh (35 Wanderkilometer)


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Unsere Reise im August 2019 nach Glasgow, Stirling, zum Loch Lomond, zum Whiskytasting nach Oban, nach Glencoe, Urquhart Castle an Loch Ness, dem Queen‘s View und nach Dunkeld mit dem Höhepunkt des Royal Military Tattoo in Edinburgh.
Ein Reisebericht von
Andreas Böcker
Andreas Böcker

Donnerstag, 8. August 2019 – Über Stock und Stein, Felder und Meer


Wie bei den Touren mit Überfahrt üblich, starteten wir früh morgens um 3:00 ab Dresden Flughafen; einige hatten sogar seit Mitternacht bereits hier ausgeharrt.
Quer ging es durch die Republik und die Niederlande mit Zielrichtung Amsterdam-IJmuiden, wo die Übernachtungsfähre zu erreichen war. An einigen wenigen Haltepunkten nahmen wir weitere Gäste auf. Wir kamen so gut durch, dass wir bereits frühzeitig dort waren, viel eher als erwartet und als die Gäste eintrafen, die selbst nach Amsterdam angereist waren und uns am Terminal treffen wollten. Also eingecheckt, Kajüte bezogen, zum Teil den Sonnenschein auf dem Achterdeck genossen, zum Teil Onboard-Shopping betrieben, Abendessen eingenommen - beim Abendessen trafen wir erstmals als vollständige Gruppe zusammen -, „gute Nacht, bis morgen" und ab in die Koje.

Freitag, 9. August 2019 – Ankunft in England

Klischeelastiger hätte dass Wetter nicht sein können, als wir am kommenden Morgen aufwachten: Die englische Küste hüllte sich in Nebel und Nieselregen ein. Und so kam es dann auch, dass kaum einer der Passagiere dem Einlaufen des Schiffes in die Tynemündung größeres Interesse gegenbrachte, man ließ Arbeia Roman Fort links, die Tynemouth Abbey rechts liegen und freute sich darüber, nicht in das Schmuddelwetter hinaus zu müssen. Ein einzelner Reiseleiter stand all alone auf dem Achterdeck und fotografierte im Regen Tynemouth Abbey und Arbeia Roman Fort je auf der Steuer- und Backbordseite des Schiffes gelegen.

Am Hadrianswall...


Jetzt war wieder unser Bus das Transportmittel der Wahl.
Über Hexham, die Chollerfort Bridge ging es nun entlang des Vallum Hadriani, des Hadrianswalls. Housesteads Roman Fort war im Nebel verschwunden und der Sycamore Gap, die „Bergahorn-Lücke", bekannt aus der Robin Hood-Verfilmung mit Kevin Costner, gerade noch so im Nebel zu erkennen.
Bei Cawfields Quarry stiegen wir aus, bekamen einen Eindruck vom Whin Sill, auf dem der Hadrianswall in weiten Teilen verläuft und schauten uns das dortige Mile Castle 42 an. Wir bekamen einen Eindruck vom Hadrianswall und der Stanegate, jenes Wall- und Grabensystems, welches die Römer bereits vor dem Hadrianswall hier errichtet hatten

....und weiter nach Schottland


Über Carlisle und Gretna Green, das erste Dorf in Schottland, ging es durch die Southern Uplands Schottlands größter Stadt Glasgow, im Central Belt gelegen, entgegen. Ein kurzer Stopp in Gretna und schon ging es weiter.

Die Zukunft Schottlands


An Glasgows Kathedrale trafen wir auf Fraser Gordon, der uns in seiner Tracht, dem Kilt in den Farben des Clans Gordon begrüßte. Fraser erklärte uns das Stadtwappen, den Fisch mit dem Ring, dem Baum mit dem Rotkehlchen und der Glocke und zeigte uns die Kathedrale seiner Stadt. Die Nekropolis sahen wir wegen der fortgeschrittenen Zeit nur vom weitem. Fraser führte uns am Armadillo („das Gürteltier", Spottname für das Clyde Auditorium) und am SECC Hydro sowie der Käsereibe (das dazugehörige Parkhaus) vorbei, zeigte uns die entfernt an den Dogenpalast in Venedig erinnernde Teppichfabrik am Glasgow Green, wo wir auch den Volkspalast und den Terrakottabrunnen sahen, die Universität und erklärte uns die schottische Kiltkultur. Früher musste man sich in den Kilt einwickeln. Ein englischer Industrieller entwickelte für seine Arbeiter den neueren Kilt, der weniger kompliziert zu tragen war. Auf die Frage, was man denn darunter trüge, erklärte Fraser:
„Die Zukunft Schottlands!"
Tatsächlich, meinte er, trüge er aus hygienischen Gründen etwas drunter, aber bei Feierlichkeiten oder beim Militär sei das ein Tabu. Offiziere hätten sogar ein Spiegelchen an einem Stock oder am Schuh, um zu prüfen, ob die Soldaten sich auch regelkonform kleideten.

Samstag, 10. August 2019 – Carron Valley und Stirling

Für den Samstag Nachmittag waren für unsere Region zwischen Glasgow und Stirling schwere Unwetter angesagt. Also kehrten wir den Tagesplan um und fuhren zunächst ins Carron Valley, um uns dort ein wenig für den Rest der Reise, vor allem aber für den folgenden Tag einzulaufen.
In der Nähe des Duncarron Projects, einer von Geschichtsenthusiasten nachgebauten (bzw. nach wie vor im Bau befindlichen) Holzburg stiegen wir aus und liefen durch die Auen und Fichtenwälder entlang des River Carron Reservoires, eines Trinkwasserstausees mit dem Kuriosum, dass er zwei Staumauern besitzt. Unser Ausstieg lag auch zugleich bei der unteren Staumauer. Am Wegesrand pflückten wir vereinzelt ein paar Blau- oder Brombeeren, erfreuten uns der Schmetterlinge und Hummeln, die bei verschiedenen Blüten Station machten.
An der oberen Staumauer erwartete uns bei Ankunft bereits unser Bus, der uns nach Stirling brachte.
Zunächst begaben wir uns zur berühmten Stirlings Bridge aus dem 15. Jhdt., an deren hölzernen Vorgängerbau William „Braveheart" Wallace 1297 überraschend die Ritter Edwards I. von England, des Hammers of the Scots schlug.
Über den Moot Hill (Tom-a-Moidh), die Hinrichtungsstätte der Stadt, stiegen wir nun bergan, vorbei am ältesten Ale House der Stadt und der erhaltenen Fassade des Hauses des Kaufmannes Cowane, der auch als Vertreter der Stadt Stirling in London dem Stuart-König seine Aufwartung machte. Vorbei an Puggy, dem mopsfömigen Einhorn auf dem Stirlinger Marktkreuz kamen wir zu „Mar's Wark“, der Fassade eines Adelshofes des Lords Mar. „Wark“ ist Scots für engl. „work“ und meint ‚Gebäude'.
In die Holy Rude-Kirche (Heilig Kreuz) kamen wir aufgrund Hochzeitsfotos nicht hinein; als die frischgebackenen Eheleute, sie sehr proper, er natürlich im Kilt, endlich mit ihrem Fotografen die Kirche verließen, schloss die Küsterin die Kirche ab.
Währenddessen bekam unser Busfahrer Jan Ärger mit dem Parkplatzwächter der Burg. Was im vergangenen Jahr noch klarging, wurde dieses Jahr zum Problem: Das Parken auf dem Busparkplatz ist nur noch für Busse erlaubt, die Gruppen zur Burg bringen oder von dieser abholten. Als wir dann kamen, kam der Wächter auf mich zu:
„Are you the guide?"
„Yes."
„Don't do it again!"
Und das Wetter? Bis auf ein wenig Nieselregen hatten wir bisher nichts abbekommen. Aber die Wolken türmten sich rund um uns herum spektakulär bis dramatisch auf. Dennoch, eine Sturmfront ließ sich nicht erkennen. Und so fuhren wir, am Schlachtfeld von Bannockburn vorbei - schließlich hatten wir eine Expertin für Wasserstraßen an Bord - zum Falkirk Wheel. Dieses „Falkirk-Rad" ist eine Vorrichtung, welche es ermöglicht, vom Firth and Clyde Canal in den Union Canal bzw. vice versa umzuschiffen. Dabei wird ein Höhenunterschied von 35 m überwunden und dabei eine Schleusentreppe ersetzt, somit der Kanalwechsel erheblich verkürzt.
Danach ging es zurück in unser Hotel in Glasgow, wo uns unser Abendessen bald schon erwartete.

Sonntag, 11. August 2019 – Expeditionen im Regenwald

Unsere zweite Nacht in Glasgow war vorüber und wir begaben uns über die High Road („you take the high road and I take the low road") über Luss nach Tarbet. Luss, das „dunkle Dorf", nimmt für sich in Anspruch, das schönste Dorf der Highlands zu sein. Die Gärten sind gepflegt und blühen üppig. Dennoch hatten wir in Tarbet noch reichlich Zeit, bevor unsere Fähre kam, die uns von hier nach Inversnaid brachte. Zwei ließen wir in Inversnaid zurück, sie hatten einen Voucher für eine Extrafähre bekommen, der Rest von uns marschierte nun den West Highland Way in südlicher Richtung. Zuvor hatte uns Beth, die Kapitänin unserer Fähre erklärt, dass es sich bei dem Caledonian Forest (ursprünglicher schottischer Wald) rund um Loch Lomond um einen „temperierten Regenwald" handele, mit 3000 l Regen auf den Quadratmeter pro Jahr. Ein wenig sollten auch wir davon abbekommen. Aber wir waren ja vorgewarnt und wohlpräpariert.
Dass es sich um einen Regenwald handelte, konnte man an der Rinde vieler Bäume (fast mit Ausnahme der Eichen) sehen. An einer Stelle kamen wir etwa an einem Haselstrauch vorbei, bei dem ich mich über die Rinde wunderte, die ein wenig aussah wie Birke. Beim genauerem Hinsehen entpuppte sich die Borke als von Flechten überzogen. Und so ist das in Westschottland bei fast jedem Baum der Fall.

Menschenfresser!

Für uns war aber nicht der Regen das Problem, sondern das, was kam, wenn er aufhörte. Auf die Spur unserer Atemluft hatten sich Menschenfresser begeben, die uns nun unablässig verfolgten und deren erfolgreiche Abwehr nicht nur unmöglich erschien, sie war es: Midges! Diese kaum mehr als stecknadelkopfgroßen Mücken fallen durch ihre außerordentliche Aggressivität auf und ihre schiere Masse überwältigte alle. Während man die eine auf dem Handrücken zerschlug, hatten sich schon drei andere an Hals, Gesicht oder der Schlaghand zu schaffen gemacht.
Kurz bevor wir die Rowardennan Lodge erreichten - der schmale, über Felsen gehende Pfad war hier bereits zum Wirtschaftsweg mutiert - versperrte uns ein quer über der Straße liegender Baum den Trail und zwang uns zum Limbo. Zwei deutsche Mädchen, welche eine Rundwanderung gemacht hatten, erzählten einigen von uns, dass der Baum, als sie zwei Stunden früher an derselben Stelle vorbeigekommen waren, noch gestanden habe.
Mit dem Boot ging es zurück über den See nach Tarbet, von wo aus es nur noch drei Kilometer bis nach Arrochar waren am Loch Long. Loch Long ist ein Sea-Loch, also im Grunde ein Fjord und kein See, deutlich erkennbar auch am Seetang. Unser Abendessen erhielten wir mit Loch-Blick.

Montag, 12. August 2019 – Salzwasser, Süßwasser, Regenwasser und Wasser des Lebens


Der Tag begrüßte uns mit blauem Himmel und das Wasser des Loch Long lag spiegelglatt vor uns, als wir unseren Bus bestiegen, der uns nach Inveraray bringen sollte.
Entlang der alten General Wade's Military Road ging es durch Glen Croe (nicht zur verwechseln mit dem zwar um ein R weniger reichen, aber ungleich berühmteren Glencoe) wo wir an einem Aussichtspunkt stoppten, den die Soldaten des General Wade mit „Rest and be thankful" (mach Pause und sei dankbar) betitelten. Hier oben auf dem Pass zwischen Loch Long und Loch Fyne sollen bereits die aus den verschiedenen Richtungen hier zusammentreffenden Einheiten Pause gemacht haben.

Inveraray

Nahe Inveraray (die Häufigkeit der Inver-Namen in Schottland erklärt sich dadurch, dass das gälischen inbhir soviel wie ‚Mündung' heißt) verließen wir den Bus für einen kleinen Spaziergang in Richtung des Schlosses des Meisters des königlichen Haushalts von Schottland, des Herzogs von Argyll und Bute: Inveraray Castle. Dieses besichtigten wir auch gleich, wobei nicht mehr alle Zeit auch für die Gärten fanden.
In Inveraray New Town machten wir unsere Mittagspause, bevor wir uns am Kilchurn Castle am Loch Awe vorbei in Richtung Oban begaben.

Oben in Oban und unten in Oban


Oben in Oban liegt McCaigs Tower, eine neogotische Kopie des Colosseums. Darunter, unten in Oban, die Destille. Dort waren wir zur Whisky-Probe angemeldet.
Die Führung übernahm Cam(eron), der gar nicht so viel Whisky trinken konnte, wie er von sich behauptete. Dafür fehlte ihm die rote Nase ;) Cameron, der zwölf Jahre lang in Dtld. gelebt hatte, bemühte sich zunächst, sein Deutsch wiederzufinden und als er es wiedergefunden hatte, fluppte es ganz gut. Vor allem sprach er fast akzentfrei und hatte allein ein Problem bei den Genera, so dass er zielsicher immer wieder das falsche Genus einsetzte, aber das machte auch einen Teil des Charmes der Darstellung aus. Man möchte die Whisky-Destillation einfach von einem Schotten (oder ggf. Iren) erläutert bekommen und nicht von jemand anderem.
Der Oban Whisky habe vier Geschmäcker, so Cameron:
1.) vom Darren der eben gekeimten Gerste käme der Rauch-Geschmack
2.) aufgrund der Lage am Meer, sei der Oban Whisky leicht salzig
3.) im Destillationsprozess kristallisierten sich die Geschmäcker nach Honig und
4.) Orange heraus.
Wir lernten die beiden Brennblasen kennen, die in Oban eine Lampenform aufweisen und erfuhren, wie die Brennmeister mit dem Destillat umgehen, dass sie in head, heart and tail (Kopf, Herz und Schwanz) aufteilen. Nur das Herz geht in den Whisky, head und tail zurück in den Destillationsprozess.
Nachdem wir brav den Ausführungen Cams gelauscht hatten, durften wir endlich an das Wasser des Lebens selbst. Cam bewaffnete sich mit einem Whisky-thief (Whisky-Dieb) und füllte für jeden von uns ein Glas, direkt aus dem Fass. In dem Fass befand sich neunjähriger Whisky, der in Oban so nicht abgefüllt oder verkauft wird. Natürlich bekamen wir wenig später den Oban 14, und dass wir zunächst neunjährigen vom Fass und dann vierzehnjährigen aus der Abfüllung bekamen, war natürlich Kalkül: der vierzehnjährige Whisky sollte besonders mild auf uns wirken.
Nach der Führung kaufte der eine oder die andere im Shop ein, wohlwissend, dass das Produkt in Dtld. aufgrund der hohen britischen Steuern preiswerter wäre.
Während die meisten sich dann in Oban rund um den Hafen verstreuten - „ich bin mehr der Hafentyp" -, entschieden sich einige wenige, den Aufstieg zu McCaigs Tower anzugehen. Wir waren kaum dort, als das schottischste aller Wetter einsetzte: Drizzle Rain. Daher währte der Blick auf Bucht, Hafen und Stadt nur kurz.


Rannoch Moor/Glencoe

Es war Jans Idee, nach der Besichtigung Obans noch einen kleinen Umweg zu fahren: statt immer nur entlang des Loch Linnhe gen Nordost bis Fort William, entschieden wir uns für die lange Tour, vorbei am Verkehrsknotenpunkt Tyndrum (Tyndrum verfügt über zwei Bahnhöfe) ging es hoch über das beindruckende Rannoch Moor (wo wir zu einem Fotostopp hielten) wieder runter, durch Schottlands angeblich schönstes Tal, Glencoe, welches 1692 zum Ort eines bis heute unvergessenes Massakers, dem der Campbells an den MacDonalds of Glencoe, wurde. Es war nicht die Menge der Opfer, oder dass es das Massaker überhaupt gab, welches so unerhört war, dass es unvergessen blieb, sondern die Heimtücke: Die Campbells genossen gut zwei Wochen die Gastfreundschaft der MacDonalds, wohlwissend, was ihren Gastgebern am Ende ihres Besuchs blühte. Es wird ihrer Gewissensberuhigung dienlich gewesen sein, dass die Campbells sehr wohl wussten, dass die Milch und das Fleisch so manches Rindes, welches sie serviert bekamen, eigentlich nicht in die Ställe und auf die Wiesen der MacDonalds gehörte, sondern auf die des eigenen Clans. Dennoch war ihr Verhalten selbst in der clankrieggeprägten Zeit unerhört und brach mit der Tradition der Gastfreundschaft.
Bald kehrten wir am Loch Leven entlang zum Loch Linnhe zurück und erreichten Fort William.


Dienstag, 13. August 2019 

Auf dem Plan des heutigen Tages standen: Urquhart Castle an Loch Ness, Culloden ("Klodden") Battlefield und die Clava Cairns mit dem Splitted Stone. Also begaben wir uns nach Glenfinnan! Dort fotografierten wir das berühmte Eisenbahn-Viadukt aus den Harry Potter-Filmen, und das Glenfinnan Monument, welches an den Beginn des Zweiten Jakobitischen Aufstands erinnerte, vor dem malerischen Loch Shiel.
Die Straße, die wir gekommen waren, mussten wir auch wieder zurück. Somit hielten wir an den Banavie Locks, einer Treppe aus zwölf(?) Schleusen, die auch als Neptune's Staircase bekannt ist. Wie viele andere Gebäude in den Highlands auch, wurde die Schleusentreppe von Thomas Telford errichtet.
Jetzt ging es endlich nach Urquhart Castle am Loch Ness, für das manche sogar extra sich mit den Süßigkeiten eines bekannten Herstellers eingedeckt hatten, der damit wirbt, dass er Kunden aller Generationen zufrieden stellt. Doch hier bekamen wir ein Problem: wir waren zwar als Gruppe angemeldet und zur richtigen Zeit dort, aber aus irgendeinem Grund war die Buchung des Bus-Slots annulliert worden. Wir konnten nicht parken. Drop off war auch nicht möglich (also von Raum und Zeit her schon, es mangelte aber an der Bereitschaft der Parkwächter, dies zuzulassen) als fuhren wir gezwungenermaßen wieder fort. Kurz bevor wir vom Parkplatz herunter waren, stoppte die Chefparkplatzwächterin den Bus noch einmal und bot uns an, am Nachmittag, jedoch nicht vor 16:30 zurückzukehren, dann seien die meisten Busse weg und wir könnten parken. Also fuhren wir nach Inverness, machten dort einen Einkaufs- und Tankstopp und fuhren unsere nächsten Ziele an: Culodden und die Clava Cairns.
Ein kurzer Spaziergang über das Schlachtfeld, welches den zweiten jakobitischen Aufstand beendete und das Ende der jakobitischen Sache besiegelte musste reichen, ebenso ein kurzer Besuch der Gefallenengräber dann ging es zu den endneolithisch-frühbronzezeitlichen Kerbs (Steinkreise) und Cairns (Steinhaufen, hier die Gräber gemeint).
Besonderes Interesse genoss der Split Stone, der durch die Outlander-Geschichte populär geworden ist. Die Frage war nur: welcher der Steine war der Split Stone? Darüber könnte man verschiedene Hypothesen hören.
Am Nachmittag kehrten wir dann - auch mangels Alternativen - den Weg zurück, den wir auch gekommen waren: Nach Urquhart Castle.
Das Wetter war besser geworden und - wie die fotografisch versierteren versicherten - das Licht weicher. Insofern waren alle zufrieden, dass das, was am Vormittag zunächst ungünstig erschien, sich jetzt zum Guten wandelte.
Ein Nessiteras rhombopteryx (rhombenfömiges Nesstier) bekamen wir aber trotz aller Versuche - die exakt dem Versuchsaufbau von Bully Herbig folgten - nicht zu sehen.
Nun nahmen wir eine alternative Route von Drumnadrochit nach dem viktorianischen Kurort Strathpeffer, wo wir in einem typisch schottischen Hotel nächtigten.


Deutschlehrer mit Legasthenie

Für Heiterkeit beim Abendessen in Strathpeffer sorgte die Übersetzung des zur Auswahl stehenden Menüs sowie die feinste Kalligraphie des Reiseleiters. Denn ich hatte es tatsächlich geschafft, - handschriftlich! - einen Buchstabendreher einzubauen. So aßen einige als Vorspeise eine GeSüMesuppe anstatt einer Gemüsesuppe. Schmeckte aber auch. Manch andere fand im Hauptgang HonigschNAken auf der Menükarte: Roast Honey Gammon - Gebackener Honigschinken.

Mittwoch, 14. August 2019 - Gen Süden

Ab jetzt stand eine ganz neue Himmelsrichtung auf unserem Reiseplan: Der Süden.
Unser erstes Ziel für heute hieß Loch Tummel, Queen's View. Hatte hier schon Robert the Bruces Frau Isabella of Mar den Blick ins Tal auf Loch Tummel genossen? So jedenfalls heißt es. Oder ist der Platz doch nach Queen Victoria benannt, die 1842 hier war?
Anschließend ging es nach Dunkeld zur Kathedrale, lange die Begräbnisstätte des Heiligen Columba(n) von Iona, später zerstört und nur noch als Gemeindekirche verwendet. Die Zerstörungen an der Kathedrale von Dunkeld durch die presbyterianischen Bilderstürmer sollen ganz besonders rauschartig gewesen sein.
Nach dem Besuch in Dunkeld überquerten wir den Tay wieder und begaben uns auf eine kleine Wanderung in der Hermitage, wo sich Ossian's Hall, Seat und Cave befinden.
Ossian war eine fiktive Figur des Dichters James Macpherson, den dieser 1760 als bisher unbekannten Dichter eines schottischen Nationalepos präsentierte, was sich aber bald (1764) als falsch herausstellte.
Nach der kurzen Wanderung, auf dem Rückweg entlang des Braan, fuhren wir Richtung Edinburgh. Bevor wir die Stadt aber erreichten, hielten wir bei den drei Brücken, die den Firth of Forth (den Forth-Fjord) überspannen: Die Firth of Forth-Rail Bridge, die Firth of Fort-Road Bridge und ganz neu: Queensferry Crossing.
Schließlich erreichten wir die Stadt und unser Hotel.

Donnerstag, 15. August 2019 - Edinburgh und das Tattoo


Am Morgen holte uns Uschi, die seit 27 Jahren in Edinburgh lebt, in unserem Hotel ab, mit ihr machten wir eine Stadtführung, u.a. führte sie uns (im Bus) um Arthur's Seat, Edinburghs Hausberg, herum. Wir sahen das erdgeschichtliche Museum und das neue Parlament, die Princes Street und die Neustadt, die Altstadt und beendeten unsere Tour nahe der Burg, wo wir anschließend hingingen. Einige derjenigen, welche Edinburgh schon von früheren Besuchen kannten, besuchten die Burg allerdings nicht mehr und gingen hier bereits ihrer Wege. Der Rest der Gruppe verlief sich in der Burg und traf sich wieder, auf dem Weg zu den schottischen Kronjuwelen, der Margrets Chapel oder den Verliesen Edinburgh Castles.
Abends waren wir zum Royal Military Tattoo verabredet, die ganze Gruppe hatte sich zum Besuch des Spektakels entschieden, manch eine hatte die Reise vor allem wegen des Tattoos angetreten.
Zunächst gingen wir aber Abendessen. Wir legten das Abendessen ein wenig vor, um rechtzeitig zum Royal Military Tattoo zu kommen. Im vergangenen Jahr hatte ich mit der Gruppe und vielen hundert anderen Zuschauern die ersten Minuten verpasst, weil wir nur sehr langsam vorangekommen waren. Dieses Jahr aber liefen wir einfach durch bis zu unseren Plätzen, Warteschlangen gab es diesmal praktisch keine. Vielleicht drängelte es sich ja später, nachdem wir schon durch waren. Dabei waren auch diesmal die Tribünen weitestgehend besetzt. 8.600 Personen passen auf diese.
Das Motto dieses Jahres war weniger militärisch als das des Vorjahres, obwohl es sich beim Tattoo - beim Zapfenstreich - im Ursprung um ein militärisches Zeremoniell handelt. Diesmal war es der Blick "durch das Kaleidoskop", bei dem man neben den Musikern schottischer Regimenter auch von den norwegisch geprägten Shetlands die Geigerkombo Hjaltibonhoga zu sehen bekam, sowie natürlich viele verschiedene internationale Gäste. Aus Dtld. etwa waren die Musiker des Heeresmusikkorps Kassel da und aus Frankreich ein Artilleriemusikkorps, welches die Tänzerinnen des Moulin Rouge mitgebracht hatte. So suggerierte zumindest die Show.
Die Beijing Marching Wind Band (Pekinger Gruppe Marschierender Wind) präsentierte bei ihrem ersten Auftritt beim Edinburgher Tattoo überhaupt die chinesische Volkssage von den ballspielenden Drachen, eine Choreographie die dem Verfasser dieser Zeilen verschlossen blieb.
Karibisch-karnevaleskes Flair brachten die Musiker aus Trinidad & Tobago mit, deren Tänzer in Schmetterlingskostümen und zum Teil auf Stelzen auftraten oder unter einem brennenden Gestell in wirklich beeindruckendem Limbo herkrochen. Das karibische Element wurde außerdem durch die Steeldrums unterstrichen.
Akrobatisch war nur der Auftritt Nigerias spektakulärer.
Neben verschiedenen schottischen Militärmusikabteilungen waren auch Neuseeland und Nigeria vertreten. Bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass unter den nigerianischen Soldaten tatsächlich einige Soldatinnen waren - für mich eine kleine Überraschung.
Nach Ende der Show und ihres fulminanten Abschlussfeuerwerks, währenddessen noch mal alle Musiker und Tänzer die Esplanade füllten, trafen wir uns, wie verabredet, etwas abseits des Hauptstroms und spazierten gemütlich zurück zum Hotel, Jan hatten wir für den Nachmittag und Abend frei gegeben, schon allein deshalb, weil wir mit ihm zwar wahrscheinlich einige Hundert Meter weniger zu laufen gehabt, dafür aber um so länger im Stau gestanden hätten.


Freitag, 16. und Samstag 17. August 2019 - Unser ganz persönlicher Brexit


Wir hatten ja bereits vor zwei Tagen die Richtung unserer Reise gen Süden gewendet und jetzt, nachdem wir das Tattoo erlebt hatten, war es daran, diese Richtung konsequent weiterzuverfolgen. Wir sollten noch drei Stationen in Schottland haben:
Melrose Abbey, Jedburgh und den Carter Bar.
Bei der Melrose Abbey hatten wir einen Eintritt gebucht und so besuchten wir dieses ehemalige, in der Reformationszeit aufgelassene und zweitweilig als Gemeindekirche verwendete Zisterzienserkloster.
In Melrose ist auch das Herz des schottischen Unabhängigkeitskönigs Robert the Bruce (oder the Brus) bestattet. Robert the Bruce, der 1314 ein Heer Edwards II. bei Bannockburn besiegte und damit die Engländer aus Schottland vertrieb, wäre gerne auf den Kreuzzug gefahren. Als er sterbenskrank wurde und merkte, dass ihm dieser Wunsch verwehrt bleiben würde, bat er seinen Gefährten James Douglas, sein Herz mit nach Jerusalem zu nehmen. Also wurde sein Herz nach seinem Tod in eine Bleibox getan und der Körper in Dunfermline bestattet. James Douglas schiffte sich mit 200 schottischen Rittern nach Belgien ein und nahm von dort ein Schiff in Richtung des Mittelmeers. In Spanien verhandelte der Vertraute des Königs mit dem kastilischen König und das schottische Expeditionskontingent nahm im kastilischen Heer an einer Belagerung einer maurischen Burg (Teba) zwischen Ronda und Málaga teil. In einer Schlacht mit einem maurischen Entsatzheer aus Málaga wurde das mit den maurischen Kriegstaktiken unvertraute schottische Kontingent aufgerieben und somit endete deren Kreuzzug nach Jersualem bereits in Andalusien und das Herz des Königs wurde zurück nach Schottland gebracht, um in Melrose die letzte Ruhe zu finden. Wenn es nicht in der Reformation bei der Zerstörung von Melrose verloren ging, könnte es in der Bleibox gesteckt haben, welche Archäologen im Kloster bergen konnten. Die These: Ein Mönch hatte das Herz des Königs aus dem Hochaltar geborgen und in der Hoffnung auf ruhigere Zeiten anderswo versteckt.
In Melrose findet sich auch Schottlands berühmteste Giebelfigur, das dudelsackspielende Schwein.
Eine ähnliche Geschichte wie Melrose hat auch das Kloster Jedburgh, wenn auch von einem anderen Orden, den Augustinern gegründet. Man muss dazu wissen, dass diese Gebiete zwischen dem Central Belt und der englischen Grenze, ja eigentlich darüber hinaus, als The Borders bezeichnet werden. Diese Borders waren die Gebiete Englands und Schottlands, die im Laufe der Geschichte bei den wechselseitigen Invasionen immer am meisten zu leiden hatten und so wurden alle Klöster der Grenzregionen immer wieder zerstört und wieder aufgebaut, bis die Reformation diesem Reigen ein Ende setzte.
Einige nahmen die in Jedburgh gewährte Pause auch als Anlass, das Haus zu besichtigen, in dem Mary Stuart, Queen of the Scots bei ihrer Anwesenheit im Ort genächtigt hatte.
Letzter Halt in Schottland war am Grenzstein Carter Bar, wo wir uns noch mal einen ordentlichen Schluck Drambuie (Whiskylikör) genehmigten und die Reste des Eisenbräus Irn-Brew untereinander aufteilten. Als dann der britische Wind dem Reiseleiter die Müllentsorgung abnehmen wollte, sprangen einige Leute noch den fliegenden Bechern hinterher und guten Gewissens kann ich sagen: Wir haben alle erwischt!
Zurück in Newcastle fanden wir den Weg zurück auf das Schiff, welches uns leicht schaukelnd zurück auf den Kontinent trug. Unser persönlicher Brexit war damit für dieses Mal vollzogen, mag der politische weniger turbulent vonstatten gehen!
Von den ersten Gästen verabschiedeten wir uns bereits wieder in IJmuiden und ganz allmählich leerte sich der Bus auf der Fahrt durch Deutschland, bis wir die letzten Gäste in Dresden entließen.
Bis zum nächsten Mal!
Andreas Böcker
Busstrecken
8.8. Teufelstal - IJmuiden: 639 km (es fehlen die Kilometer DD Flughafen - Teufelstal = 158 km)
9.8. Newcastle - Glasgow: 294 km
10.8. Glasgow - Carron Valley - Stirling - Falkirk Wheel - Glasgow: 174 km
11.8. Glasgow - Luss - Tarbet - Arrochar: 54 km
12.8. Arrochar - Inveraray - Oban - Rannnoch Moor/Glencoe - Fort William: 228 km
13.8. Fort Willam - Glenfinnan - Inverness - Culodden - Clava - Urquhart - Strathpeffer: 260 km
14.8. Strathpeffer - Loch Tummel - Dunkeld - Edinburgh: 320
15.8. Edinburgh: 32 km
16.8. Edinburgh - Melrose - Jedburgh - Newcastle: 190 km
17.8. IJmuiden - Teufelstal 639 km + 158 km DD Flughafen
Wanderstrecken:
10.8. Carron Valley: 8 - 9 km; Stirling: ca. 2,5 km
11.8. Inversnaid - Rowardennon (Westhighland Way): 11 km
12.8. bei Inveraray - Inveraray Castle ca 2 - 2,5 km
13.8. The Hermitage/Dunkeld: 3,5 km

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Das ist ein fantastischer Reisebericht mit wunderbaren Fotos! Ich habe die Reise nicht mitgemacht (wie schade), konnte nun aber einen interessanten Einblick bekommen, wie erlebnisreich die Rundreise gewesen ist.
Auch der Reisebericht ist wunderbar humorvoll geschrieben. Das macht in der Tat Lust auf eine Reise mit Eberhardt.

Heidi Münster
24.08.2019

Das ist ein fantastischer Reisebericht mit wunderbaren Fotos! Ich habe die Reise nicht mitgemacht (wie schade), konnte nun aber einen interessanten Einblick bekommen, wie erlebnisreich die Rundreise gewesen ist.
Auch der Reisebericht ist wunderbar humorvoll geschrieben. Das macht in der Tat Lust auf eine Reise mit Eberhardt.

Heidi Münster
24.08.2019

Busfahrer Jan und Reiseleiter Andreas sorgten dank ihrer angenehmen, humorvollen Art, Ortskenntnis und interessanten Erzählungen zu Geschichte, Leuten und Kultur Schottlands für eine abwechslungsreiche, erinnerungswürdige Reise, bei der Bewegung dank Wandertouren nicht zu kurz kam, aber auch Zeit für individuelle Erkundungen und Shopping blieb. Ein Höhepunkt war der Besuch des Royal Military Tattoos in Edinburgh, das wir von sehr guten Plätzen bei fast trockenem Wetter genießen konnten. Ein Dankeschön auch an die Mitreisenden, die ebenfalls zum Gelingen der Reise beitrugen, da wir eine tolle Gruppe waren, wo aufeinander acht gegeben und sich gegenseitig unterstützt wurde!

S. Kucharzewski
10.09.2019

Die Reise ist so toll gewesen wie es der Reisebericht hergibt. Wir haben in den
8 Tagen in Schottland unglaublich viel gesehen, viel gelernt, viel gelacht. Mit "dem besten Busfahrer Schottlands" Jan und unserem kenntnisreichen Guide Andreas war jeder Tag besonders. Der krönende Abschluss dann das Royal Military Tattoo. Und ja, danke an alle Mitreisenden für Pünktlichkeit und Achtsamkeit!

Birgit Sajetzki
16.09.2019

Wären 4 Personen und würden gerne im August nach Schottland reisen .
sind wandere und sportlich unterwegs

Dania Fitschek
04.03.2022

Wären 4 Personen und würden gerne im August nach Schottland reisen .
sind wandere und sportlich unterwegs

Dania Fitschek
04.03.2022