Reisebericht: Rundreise Marokko und Andalusien – Auf den Spuren der Mauren

10.10. – 21.10.2019, 12 Tage Rundreise Marrakesch – Atlasgebirge – Casablanca – Rabat – Meknes – Fes – Ronda – Sevilla – Cordoba – Granada – Malaga


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Andalusiens maurisches Erbe entdecken und bei den Wurzeln in Marokko beginnen
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

Donnerstag 10.10.2019 Flug nach Marrakesch

Von verschiedenen Flughäfen Deutschlands starteten unsere Gäste mit dem Ziel "Marrakesch". In München trafen sich alle am Gate, und gleich wurde erzählt und gefragt 'Müssen wir schon Geld getauscht haben?, Wie geht es am Flughafen weiter?' - alles was eben wichtig ist bei so einer Reise.
Am Flughafen erwartete uns bereits Mohamed unser marokkanischer Fremdenführer und begrüßte uns in ausgezeichnetem Deutsch in seinem Heimatland. Mit ihm übten wir gleich, uns mit orientalischer Gelassenheit durch die vielen Menschen zu unserem Bus zu drängen.
Auf dem Weg zum Hotel tauschten wir an einer offiziellen Wechselstube unsere Euros in marokkanische Dirham. Geld nach Marokko einzuführen, ist illegal. Oft wird gesagt, dass dies nur für Geschäftsreisende gelte, jedoch entspricht dies nicht ganz der Wahrheit, den oft wird bei Touristen nur ein Auge zugedrückt. Das heißt jedoch nicht, dass es deshalb legal ist.
"Les Jardins de L'Agdal" - 'Die Gärten der Wasserspeicher' - unser Hotel- empfing uns mit orientalischem Flair. Schon an der Rezeption fühlten wir uns wie im Palast des Sultans.
Ein großer Swimmingpool im Zentrum der Anlage und ein Abendessen unter Palmen - dieses Ambiente versprach definitiv auch Zeit für Erholung.

Freitag 11.10.2019 Marrakesch – PUR

Nach einem ausgiebigen Frühstück sahen wir voller Vorfreude auf den heutigen Tag in Marrakesch, der ersten unserer vier Königsstädte. Marrakesch - auch als "Rote Stadt" bezeichnet, wurde bereits im Jahr 1070 durch Abu Bakr ibn Umar als damaliges Zentrum der Almoraviden gegründet. Doch schon im 12. Jhd. kamen erst die Almohaden, dann die Saadier, dann die... naja viele Herrschergeschlechter folgten aufeinander und zerstörten oftmals die Gebäude ihrer Vorgänger wie immer aus machtpolitischen Gründen. Wir fanden jedoch das verbliebene Marrakesch mit seiner Medina noch immer beeindruckend. Unser Rundgang begann mit den Saadiergräbern, die lange Zeit eingemauert und vergessen waren. Die Anlage beherbergt die Gräber von insgesamt sieben Sultanen und mehreren Familienmitgliedern der Saadier-Dynastie aus dem 16. Jhd. Danach begann die Ära von Moulay Ismael, und auch er wollte als Herrscher nach seiner Machtübernahme das bauliche Erbe seiner Vorgänger auslöschen. Erstaunlicherweise machte sein Zerstörungs-Eifer vor den Saadier-Gräbern halt. Sei es nun um kein Sakrileg zu begehen oder aus persönlichen Gründen, jedenfalls ließ Ismael die gesamte Grabstätte NUR einmauern - bis auf einen kleinen versteckten Durchgang. Und auch wir kamen nur durch eine schmale Gasse herein und stießen hier das erste Mal auf unser Reisemotto 'Auf den Spuren der Mauren", erinnert die Nekropole doch in vielen Aspekten an die Alhambra, natürlich eher in kleinen Details, aber doch schon ein Vorgeschmack auf die maurische Burg im spanischen Granada.
Uns zog es bald weiter zum nahegelegenen Bahia-Palast, wo sich ebenfalls andalusische und maurische Bautradition begegnen. Der frühere Wesirpalast verzauberte uns mit seinen etwa 160 Räumen und den mit Blumen, Bananen oder Orangenbäumen bepflanzten Riads (Gärten). Auch wenn heutzutage fast alle Räume leer sind, begeisterte uns trotz allem die orientalische Architektur des Palais, die Mosaike und Holzdecken. Wahrscheinlich erinnerte sich der ein oder andere hier an den Film "Laurence von Arabien", der unter anderem im Bahia-Palast seine Filmkulisse fand.
Aber es blieb keine Zeit zum weiteren Verweilen, denn es warteten noch der Bummel durch den Souk, das Museum "Dar Si Said"und natürlich der Besuch in der Berberapotheke. Bei den Zutaten wie Schneckenschleim für Anti-Aging-Cremes wollte dann doch nicht jeder zugreifen, gesundes Argan-Oel fand da schon eher seine Abnehmer.Am frühen Abend gelangten wir nach einer kurzen Ruhepause im Hotel wieder auf den Gauklerplatz "Djemaa el Fna", über den man sagt, 'er gehöre zu Marrakesch wie der Zucker zum Minztee'. Und so wollten auch wir uns dieses orientalische Spektakel, diese wahnsinnige Mischung aus Gerüchen, Geräuschen und Gerichten nicht entgehen lassen, zumal all das bunte Leben auf dem Platz seit 2001 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Am Abend erst zeigten sich die zwei Gesichter des Platzes, denn jetzt präsentierte sich hier ein vollkommen anderes Bild als am Tag. Wir ließen uns durch und mit den vielen Menschen treiben, an den Garküchen vorbei, einige probierten wie sich eine Schlange um den Hals anfühlt, und andere sahen dann doch lieber bei besagtem Minztee von weitem zu.
Gemeinsam klang der Abend für uns in einem Riad - Restaurant in wundervollen Ambiente mit typisch marokkanischen Gerichten und Bauchtanz aus.

Samstag 12.10.2019 Erholung oder Ourika–Tal im Atlasgebirge

Der heutige Tag stand zur freien Verfügung. Endlich Ausruhen und alle Annehmlichkeiten des Hotels auskosten, selbst auf Entdeckungstour durch Marrakesch gehen, vielleicht nochmals in die Medina, Feilschen üben auf dem Bazar (das will schließlich gelernt sein, wenn es schon zum guten Ton auf dem Markt gehört) oder ein Besuch des Skulpturen-Garten André Hellers.
Ein Teil der Gruppe entschied sich jedoch für den Ausflug ins Atlasgebirge. Als Start hatte sich unser Fremdenführer Mohamed überlegt, uns vom Bus aus noch ein wenig von der alten Stadtmauer zu zeigen, was uns die Größe der Medina verdeutlichte. Auf der weiteren Fahrt ging es vorbei am Ort Souk Tnine de l'Ourika und weitere 25 km in südlicher Richtung bis nach Setti Fatma; im grünen Tal fast immer dem Fluss Ourika folgend. Er entspringt an den Hängen des Toubkal-Massivs, welches mit 4.160 m der höchste Punkt Nordafrikas ist und versickert allmählich in der Ebene von Marrakesch. Auf unserem Weg nach Setti Fatma, wo wir eine Mittagspause einlegten, hatten wir Gelegenheit, einige traditionelle Berber-Dörfer aus der Ferne zu bewundern, eingebettet in eine bezaubernde Hügellandschaft.
Doch zuvor pausierten wir bei einer Berberfamilie und tranken mit der Hausherrin den traditionellen Minztee, gereicht mit selbst gebackenem Brot, Nüssen und einem sehr schmackhaftem Orangenblütenhonig.Auf der Rückfahrt mussten wir unbedingt zum Fotografieren an einem der verschiedenen am oder besser gesagt im Fluss gelegenen Restaurants anhalten. Dort sitzt man mit vom Wasser umspülten Beinen am Tisch unter dem Sonnenschirm und läßt sich sein Essen schmecken. Solche außergewöhnlichen Motive wollten wir natürlich mit der Kamera festhalten.

Sonntag 13.10.2019 El Jadida – Casablanca – Rabat

Relativ früh verließen wir die 'rote Stadt', um in Richtung Küste aufzubrechen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in El Jadida, einer ehemals portugiesischen Festung, erreichten wir die im Film verewigte Stadt Casablanca. Ricks Café gibt es nicht, und auch sonst erinnert nicht viel an den berühmten Film. Wir werfen lieber einen Blick auf die Strandpromenade, einige probieren ausgefallene Gerichte zum Mittagessen, andere sitzen am Strand, den Wochenend-Trubel um sich herum beobachtend. Um 15 Uhr erst beginnt die nächste Führung in der Hassan II. Moschee, denn die monumentale Hassan-II.-Moschee kann auch von Nicht-Gläubigen besichtigt werden. Der Prachtbau bietet jedoch nicht nur von außen eine überwältigende Erscheinung. Über den Hof, an Springbrunnen vorbei, gelangt man zum überdimensionalen Hauptportal. Allein in der monumentalen Gebetshalle finden 25.000 Gläubige Platz. Besonders beeindruckend neben der ganzen Pracht ist, wie man moderne Technik eingebunden hat, z.B. beim diskret verborgenen Sound-System, dem sich öffnenden Dach oder beim Minarett, das von seiner Spitze einen Laserstrahl Richtung Mekka wirft, der noch aus 30km Entfernung zu sehen ist.
Was sollte also heute nach der so beeindruckenden Hassan II. Moschee noch Grossartiges kommen? Natürlich Marokkos Hauptstadt Rabat, die zugleich Residenz des marokkanischen Königs ist. Und mit dem Königspalast begann auch unsere Tour durch Rabat. Das majestätische große Eingangstor des Palastes Dâr-al-Makhzen bestach durch die kunstvolle Mosaikgestaltung und die davor stehende Palastwache mit den prächtigen Uniformen. Dies sind die einzigen Sicherheitskräfte im Land, für die wir die Erlaubnis zum Fotografieren erhielten. Der Zutritt zum eigentlichen Palast blieb uns Touristen jedoch verwehrt, aber auch so erhielten wir einen tollen Einblick von der eindrucksvollen Anlage. Mit dem Bau des Königspalastes wurde bereits 864 begonnen, weitere Gebäude kamen im 19. Jahrhundert hinzu: ein großer Paradeplatz mit Springbrunnen und Amerikanische Tulpenbäume, die Königsmoschee als auch die französisch gestalteten Gärten gehören ebenso zum Palastbezirk wie die Wohneinheiten der Bediensteten. Aber als Wohndomizil nutzt der aktuelle König Mohammed VI. dies alles nicht.
Letztes Ziel des Tages - die Festung Kasbah des Udayas - sie befindet sich direkt an der Mündung des Bou-Regreg Flusses. Von einem tollen Aussichtspunkt, den wir nur noch durch gutes Zureden und Gabe eines wohl angemessenen Trinkgeldes an das Wachpersonal durch unseren versierten Fremdenführer Mohamend erreichten, erblickten wir von dort die gegenüber liegende Stadt Salé. In der Festungsanlage blieb ein wenig Zeit, um durch den Andalusischen Garten und die kleinen Gässchen zu wandeln. Nach einem letzten Blick auf die abendlich beleuchtete Kasbah beendeten wir müde unsere Sightseeingtour in Rabat, um nach so vielen Erlebnissen ins weiche Hotelbett zu fallen.

Montag, 14.10.2019 Rabat – Meknes – Fés

Eine kurze Busfahrt und schon stehen wir als erste Besuchergruppe auf einem weitläufigen Platz, wo unser Blick hin und her schweift zwischen einem riesigen Turm, der wie ein Minarett anmutet und einem orientalisch verzierten Mamor-Bau auf einer Anhöhe gegenüber. Dazwischen ragen Steinsäulen empor, die Anordnung scheinbar ohne Struktur. Mit Mohameds Erklärungen erhält alles einen Sinn. Der prunkvolle, erhöht stehende Bau enthält die Gräber des ersten marokkanischen Königs Mohammed V und seiner beiden Söhne König Hassan II und Prinz Abdallah. Von den Stufen dieses prachtvollen Mausoleums aus hat man einen guten Blick auf den Platz der nie fertig gestellten Moschee und den Hassan Turm. Dieser ist wirklich das unvollendet gebliebene Minarett und die zahlreichen steinernen Säulen und Stümpfe sind die Reste der Moschee. Mit diesem Panorama vor Augen, verabschieden wir uns von der Hauptstadt.
Die Landschaft flog an uns vorbei, wir hörten die Erklärungen unseres Fremdenführers und nahmen all die vielfältigen Eindrücke während der Busfahrt Richtung Meknes in uns auf. Insbesondere fiel uns auf, dass viel gebaut wird, vor allem neue Wohnsiedlungen. Wie wir erfuhren, gab es früher in jedem Stadtviertel eine Moschee, eine Schule, ein Bäcker, ein Markt und eine Mühle sein. Auf letztere kann man heutzutage sicher verzichten.
Langsam änderte sich die Landschaft, die an uns vorbeizog, die fruchtbare Ebene des Wadi Bou Sekrane tauchte auf, nicht verwunderlich also das hier ein wichtiges Zentrum des Obst- und Gemüseanbaus der Region liegt, vor allem für Gemüse, Oliven, Wein und Zitrusfrüchte. Wir fuhren weiter durch das ehemalige Land der Berber vom Stamm der Miknasa (Meknassa). Von ihnen stammt auch der Name des Ortes, der unser nächstes Ziel darstellt: Meknès.
Wir beginnen in dieser Königsstadt mit prachtvollen Palast- und Residenzgebäuden sowie den Park- und Gartenanlagen von Sultan Moulay Ismail. Auch das Areal des 4 ha großen Wasserbeckens - Bassin d'Agdal - ließen wir nicht aus. Ein wenig mehr Zeit wünschten wir uns hier für einen ausgiebigeren Spaziergang, doch wir wollten ja auch noch das prächtigste Tor der Stadt und das wohl berühmteste des gesamten Landes sehen - das Bab el-Mansour el-Aleuj. Und hier genossen wir endlich die erhoffte Pause und mit einem frisch gepressten Granatapfelsaft in der Hand gingen wir vom Stadttor aus über den größten Platz der Medina, den Place el-Hédim, wie der Djemma el Fna, ein beliebter Anziehungspunkt, auf dem sich Gaukler und Straßenhändler tummeln.
Und pünktlich zum Mittagessen gelangten wir in die vierte und letzte Königstadt unserer Reise - meinen Favoriten, Fés.
Warum eigentlich vier Königstädte? Im Laufe der Jahrhunderte herrschten verschiedene Könige und auch Staaten über den Maghreb - den Norden Afrikas. Einige entschieden sich für die bestehende Residenz, andere bevorzugten einen Neuanfang in einem anderen Teil des Landes. Es begann alles in Fès, als Hauptstadt der Idrisiden, dann kam Marrakesch, später Meknès und seit 1912 Rabat. Was uns davon heute bleibt, sind wundervolle, kulturelle und architektonische Perlen, die zu Recht zum Weltkulturerbe der Menschheit zählen.
Anschließend trauten auch wir uns in die größte Medina Nordafrikas. Leicht kann man sich dort verlaufen, entspricht die Fläche doch in etwa 400 Fußballfeldern. Immer unserem Guide Mohamed folgend, der diesmal helfend von dem jungen Ahmed begleitet wurde, damit auch wirklich alle von uns aus dem Wirrwarr der Gassen wieder herausfinden. Schnell läßt man sich ablenken von alle den Ständen links und rechts, wo sich Feigen und Datteln zu waghalsigen, farbenfrohen Pyramiden auftürmen, der Fleischer Kamelköpfe als Ausstellungsstücke zeigt und die aufgeregten Stimmen der Händler erschallen. Plötzlich wird es hinter uns lauter, denn wir versperren den Weg - Esel haben hier Vorfahrt. Wir biegen ab, bekommen plötzlich einen Bündelchen Minze in die Hand gedrückt und fragen uns, was wir damit wohl sollten. Einige Treppen weiter oben hielten wir besagtes Sträusschen vor unsere Nasen. Die Gerüche in einer Gerberei sind auch heute noch sehr intensiv. Hier wurden wir von einem Mitarbeiter in bestem Deutsch begrüsst, tauchten mit ihm erst in die Geschichte der Lederherstellung und -verarbeitung und später in die Einkaufsräume ein.
Noch so vieles bliebe von diesem Tag zu erzählen, aber was bleibt, ist das Gefühl, dass wir heute in der Medina eine Zeitreise in vergangene Jahrhunderte unternommen haben.

Dienstag, 15.10.2019 Fés – Chefchaouen – Tanger

Von der Terrasse des 'Borj Nordaus' breitet sich die gesamte Altstadt von Fes vor uns aus. Von dieser Festungsanlage aus nehmen wir Abschied vom geistigen und kulturellen Zentrums Marokkos. Noch ein kurzer Besuch der Töpfer- und Mosaikkooperative und schon sitzen wir im Bus Richtung Rif-Gebirge.
Kurz vor dem Zwischenziel stiegen wir vom bequemen Reisebus in kleine Sammeltaxen um, und fahren so in die blaue Stadt Chefchaouen oder auch nur Chaouen genannt. Der Name heißt übersetzt „zwei Hörner" und bezieht sich auf zwei von der Stadt aus sichtbare Bergspitzen des Rif-Gebirges. Über lange Zeit war Nichtmuslimen der Zutritt zur Stadt verwehrt, denn sie galt als heilige Stadt, was dazu führte, dass man seine aus dem Mittelalter entstammende Architektur erhielt. Seinen farbenfrohen Anstrich hat Chefchaouen den Muslimen zu verdanken, welche Ende des 15. Jhdt. aus Andalusien vertrieben wurden, denn sie glaub(t)en, dass die blaue Farbe vor Unheil bewahrt und vor dem bösen Blicken schützt. Dies ist nun zum Markenzeichen der Stadt geworden und auch wir sind deshalb hierher gekommen. Wir schlendern durch die verwinkelten Gassen mit ihren bunten Blumentöpfen, die mit den blauen Wänden ein frohes Farbenspiel ergeben, verharren vor schön verzierten Türen oder Fensterrahmen und sogar auf blaue Treppen und Straßen stoßen wir. Fast schein es, als würden die Bewohner in einem Wettbewerb stehen, wer die blaueste Wand oder die bunteste Dekoration aufweisen kann. Gemütlich spazieren wir zu unserem Reisebus und lehnen uns bis zur Ankunft in Tanger bequem zurück.

Mittwoch, 16.10.2019 Tanger – Gibraltar – Estepona

Mit der Fähre überquerten wir die Straße von Gibraltar und schauten mit einem wehmütigen Lächeln Richtung Marokko. Auf der anderen Seite wartete das spanische Festland, denn unsere Reise brauchte noch die andalusische Sichtweise, um das Bild der Mauren zu komplettieren.
Doch als erstes machten wir noch einen Abstecher nach England. Nochmals Grenzkontrollen und schon sahen wir das kurze Rollfeld des Flughafens von Gibraltar, dem britischen Überseegebiet an der Südspitze der Iberischen Halbinsel. Da hier jedes Fleckchen Erde ausgenutzt wird, durften wir zu Fuss über die Piste laufen. Am gegenüberliegenden Ende steht die obligatorische rote Telefonzelle und das Toilettenhäuschen möchte gern 50 Pence, unsere Euros lehnte es kategorisch ab. Alles ist britisch, außer der Verkehr - hier wird nicht links gefahren. Nach ein wenig Freizeit, begaben wir uns mit Sean, unserem stets etwas hektisch wirkenden Busfahrer auf Entdeckungstour. Die abgespielte CD lenkte auf lustige Art unsere Aufmerksamkeit auf diverse Sehenswürdigkeiten, auch mit englischem Humor nicht sparend. Am Europa-Point schauten wir zum Berg Dschebel Musa auf marokkanischer Seite. Zwischen dem Fels von Gibraltar und dem Dschebel Musa hieß es zu Zeiten der Griechen und Phönizier "Non plus ultra" (Nicht mehr weiter) - Wir stehen sinnierend am damaligen Ende der Welt. In die Gegenwart zurückgeholt durch den winkenden Sean vor uns, schnell ein letztes Foto und weiter ging es zur St. Micheals Cave (Höhle), vor deren Eingang bereits die Berberaffen auf uns warteten. Das wir die Affen sahen, bedeutet wohl, dass Gibraltar trotz Brexit weiterhin englisch bleiben wird. Der Legende nach soll Gibraltar solange in britischer Hand bleiben wie diese Makaken auf dem Affenfelsen leben.
Wir verließen das pulsierende Gibraltar und entspannten uns bei einem romantischen Sonnenuntergang in der wundervoll am Strand gelegenen Hotelanlage in Estepona.

Donnerstag, 17.10.2019 Estepona – Ronda – Sevilla

Durch die Serranía de Ronda schlängelt sich die Straße bis zu dem kleinen Bergdorf Ronda. Was soll ich nur dazu schreiben, wo doch berühmte Schriftsteller schon alles über diesen Ort geschrieben zu haben scheinen? Nicht nur Hemingway lies sich hier inspirieren, auch für das Libretto der späteren Oper "Carmen" stand Ronda Pate. So lasse ich dann auch lieber den großen Rilke zu Wort kommen:
„Es ist unbeschreiblich, um das Ganze herum ein geräumiges Tal, beschäftigt mit seinen Feldflächen, Steineichen und Ölbäumen, und drüben entsteigt ihm wieder, wie ausgeruht, das reine Gebirg, Berg hinter Berg, und bildet die vornehmste Ferne. Was die Stadt selbst angeht, so kann sie in diesen Verhältnissen nicht anders als eigen sein, steigend und fallend, da und dort so offen in den Abgrund, dass gar kein Fenster hinzuschauen wagt, - kleine Paläste hinter Krusten von jährlicher Weiße, jeder mit farbig abgesetztem Portal."
Bezaubernd ist diese kleine Stadt Ronda, allein durch seine Lage - geteilt durch eine Schlucht und vereint durch die Brücke "Puente Nuevo" und wieder einmal fühlte es sich so an, als würde man durch die Zeit reisen. Ein Journalist sagte einmal: Ronda "... ist auch wie ein begehbares Museum, eine von Touristen, Bars und Einheimischen belebte Kulisse.." Hinzuzufügen bleibt da nichts - alles weitere muss man selbst erleben.
Am Nachmittag errichten wir die größte Stadt Andalusiens: Sevilla. Was für ein Anblick, schon von weitem den Turm der Kathedrale, die 'Giralda' zu sehen.

18.10.2019 Sevilla, Sevilla, Sevilla !!!

Mit unserer Stadtführerin Pilar lernten wir mit Bus und per pedes die verschiedenen Seiten von Sevilla kennen. Erste Anlaufstelle, der spanische Platz "La Plaza de España", an den am Abend einige zurückkehrten, um dann die besondere dort Stimmung einzufangen.
Ein Höhepunkt der Tour ist definitiv die Kathedrale. Den Erbauern gelang ihr Vorhaben: „Bauen wir eine Kirche, damit die anderen uns für verrückt halten", dies gab das Kapitel der Kathedrale 1401 bekannt, als man sich dazu entschloss, die Moschee abzureissen. Sie gilt als letzte gotische Kathedrale Spaniens mit Einflüssen aus der Renaissance und sie ist drittgrösste Kathedrale der Welt nach dem Petersdom im Vatikan und der St. Paul's Cathedral in London. Bei so vielen Superlativen muss man vor Ehrfurcht erstarren, oder vor Bewunderung. Vor dem Hauptaltar fanden wir Zeit zur Besinnung, zum Staunen und Durchatmen bevor wir auch bei Kolumbus' Grab noch kurz Pilars Ausführungen lauschten.
Am Abend probierten alle ihre im Eberhardt-Bus-Schnellkurs erworbenen Spanisch- und Tapas -Kenntnisse aus. Fast jeder versuchte sich in der Verkostung andalusischer Spezialitäten und es gab am Folgetag viel darüber zu berichten.

Samstag, 19.10.2019 Sevilla – Cordoba – Granada

Die Stadt Cordoba ist klein, manch einer könnte sie vielleicht auf der Landkarte übersehen, aber ein Ruf eilt ihr voraus: Der Weltruf als Kultur- und Wirtschaftszentrum aus längst vergangener Zeit, als die Stadt noch zum Emirat und späteren Kalifat Cordoba gehörte, als sie in einem Atemzug mit Konstantinopel und Bagdad genannt wurde.
Ein kurzer Bummel durch das Judenviertel, durch enge Gassen, wo wir uns an Hundert anderen Touristen vorbeidrängten und hofften, den ein oder anderen Blick auf ein Monument erhaschen zu können. Fast war es unmöglich, die Statue des Gelehrten Moses Maimonides zu fotografieren. Zum Glück hatten wir hoch gewachsene Männer in der Gruppe :-)
Die Kathedrale "la Mezquita" (das spanische Wort für Moschee) behielt ihren Namen, wurde mehrfach erweitert und den religiösen Gegebenheiten angepasst und hat doch nichts von ihrem Charme eingebüßt. Dieses Bauwerk beinhaltet für mich persönlich all das, was ich mir immer unter den Mauren und Andalusien vorgestellt hatte.
Der Abend klang im romantisch beleuchteten Granada aus. Einige aus der Gruppe ließen sich auf das Abenteuer Flamenco ein und wurden überrascht, geflasht und mitgerissen. Mit einem Kleinbus passierten wir mit atemberaubender Geschwindigkeit schmale Gassen. Mehr als einmal hielten wir die Luft an, wenn Gegenverkehr nahte, dort wo eigentlich nur ein Fahrzeug durchzupassen scheint. Allein schon diese Fahrt war ein Erlebnis für sich. Mit klopfenden Herzen an kleinen Gewölbekeller angekommen, der gerade mal ein paar Dutzend Zuschauern Platz bot, erwartete uns die Familie von Maria de la Canastera de Sacramonte. Hautnahes Erleben - mit Leidenschaft und Energiegeladen, trafen uns die Sänger und Tänzer mitten ins Herz. Bei einigen im Publikum zuckte zumindest der Fuß mit, andere schauten ganz erstaunt, wieviel Passion so ein Tanz zeigen kann. Fazit: ein wirklich gelungener Abend, der uns Flamenco auf authentische(re) Art erleben lies.

Sonntag, 20.10.2019 Alhambra – Málaga

Der Vormittag stand in Granada ungewollt zur freien Verfügung. Unser Besuch der Al-Hambra begann erst am Mittag. Die Eintrittskarten für die Al-Hambra sind schwer zu bekommen und oft Monate im Voraus ausgebucht. Somit muss man sich mit den Zeiten arrangieren, die vorgegeben werden. Unser Fremdenführer Pepe war ein versierter Guide, der sich nicht nur in der Geschichte Andalusiens auskannte, sondern auch Bezüge zu Deutschland herstellte oder Anekdoten aus Fussball, von VIP's und Politikern zum Besten gab. Seiner perfekten Zeitplanung verdankten wir, dass wir mit Ruhe durch die wundervollen Gärten wandelten, Zeit zum Fotografieren von kleinsten Details im Nasridenpaläste blieb sowie ein kurzer Abstecher ins Museum möglich war.
Soviel Schönheit, beeindruckende Aussichten, Gebäude voller Geschichte! Auch wir werden Zeit brauchen, dass alles gedanklich im Nachhinein zu verarbeiten. Das wir die rote Festung überhaupt noch sehen können, verdanken wir natürlich den zahlreichen Mitarbeitern einerseits, die sie heutzutage in Stand halten, aber andererseits wohl einem schwachen Moment von Muhammed XII, auch Boabdil genannt, wie ein Zitat seiner Mutter Fatima vermuten läßt?: denn laut einer Legende soll der Herrscher vom Pass des Gebirges der Alpujarras ein letztes Mal auf Granada geschaut und tief geseufzt haben. Seine kämpferische Mutter entgegnete daraufhin: "Was jammerst du wie ein Weib über den Verlust der Stadt, die du als Mann nicht zu verteidigen wusstest?" Doch gerade weil es keine Gefechte gegeben hat, blieb die Alhambra unzerstört und ist somit der einzige maurische Palastbau, der in Südspanien seit dem 15. Jahrhundert erhalten geblieben ist. Welch ein Glück für uns!

Montag, 21.10.2019 Málaga – Rückflug

Ein bißchen verschlafen wirkten alle noch beim Frühstück, denn am Vortag wurde beim Abschlußessen viel gelacht und gefeiert. Eine tolle Gruppe nahm Abschied voneinander.
Da für einen Großteil der Rückflug jedoch erst am späten Nachmittag geplant war, nutzten viele die Zeit, um die lebendige Küstenstadt Málaga nochmals auf eigene Faust zu erkunden. Einen guten Grundstein dazu hatte unsere temperamentvolle Fremdenführerin Carmen bereits am Vortag mit einer kurzen knackigen City-Tour gelegt. Alles war enthalten - angefangen bei den römischen Ruinen, zum Geburtshaus Pablo Picassos hinüber zur Kathedrale und last but not least ein kurzer verbaler Abstecher zu Antonio Banderas, der ab und an in Malaga wohnt. Bedauerlicherweise weilte er gerade anderswo.
Aber auch so war Málaga ein gelungener Abschluss und mit ein wenig Wehmut standen wir am Flughafen und sagten Adios y Hasta luego Andalusia.

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