Reisebericht: Wanderreise Siebenbürgen

20.09. – 27.09.2023, 8 Tage Wanderreise in Rumänien mit Bukarest – Schloss Peles – Bärenreservat Zarnesti – Schloss Bran – Brasov – Biertan – Sighisoara – Sibiu – Bukarest (ca. 30 Wanderkilometer)


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Auf unserer Wanderreise werden wir vor allem Transsilvanien, auch als Siebenbürgen bekannt, erkunden. Diese Region liegt im Nordwesten Rumäniens und gehört zu den bekanntesten Regionen der Welt. Jeder denkt sofort an Vampire und den Grafen Dracula, und ja, auch dem als Draculaburg vermarkteten Schloß Bran werden wir einen Besuch abstatten. Wir freuen uns auf die wundervolle Natur und die bildhübsch hergerichteten Städte wie Brasov, Sibiu und Sigishoara. Wir werden auf urigen Bauernhöfen in malerischen kleinen Dörfern übernachten und mehrere der in Rumänien einzigartigen Kirchenburgen besichtigen. Besonders freuen wir uns natürlich auf die hundertprozentige Garantie, Meister Petz persönlich kennenzulernen und ihn aus nächster Nähe zu erleben ...
Ein Reisebericht von
Simone Willner
Simone Willner

Anreise über Bukarest nach Predeal

Während fünf Gäste unserer Gruppe am Morgen mit Ryanair von Berlin direkt nach Bukarest fliegen, startet der Großteil der Gruppe von Dresden und fliegt mit Zwischenstop in Frankfurt nach Bukarest, ein Herr kommt mit dem Zug direkt zum Frankfurter Flughafen und am Gate des Weiterfluges sind wir bereits zu elft. Während die kleine Berlingruppe schon in Predeal auf uns wartet, geraten wir in den Feierabendverkehr und stecken 20 Kilometer vor dem Ziel im Baustellenstau über mehrere Stunden fest.

Erst am Abend treffen wir uns alle beim Essen in Predeal. Hier, im höchstgelegenen Luftkurort Rumäniens, werden wir drei Tage in reinster Bergluft verbringen und sind umgeben von den Bergmassiven Postavarul, Piatra Mare und Bucegi. Der Wintersportort liegt in der Region Siebenbürgen und wir sind schon sehr gespannt auf die berühmten Siebenbürgen-Städte, die wir in den nächsten Tagen besuchen werden.

Morgen warten Sinaia, das Schloß Peles und eine Wanderung auf uns, aber jetzt haben wir erstmal Hunger und müssen uns ausschlafen ...

Schloß Peles in Sinaia, Fahrt mit der Seilbahn und Wanderung zurück ins Tal

Ausgeschlafen und erholt treffen wir uns zum morgendlichen Frühstück. Danach fahren wir zum berühmten Schloß Peles in der Nähe der Kleinstadt Sinaia. Dieser Besuchermagnet wurde zwischen 1873 und 1883 unter der Schirmherrschaft von Carol I. erbaut, dem ersten König Rumäniens. Nach der Entstehung dieses prunkvollen Schlosses wurden in der Umgebung die ersten Villen errichtet und sogar eine Eisenbahnstrecke gebaut, der Halt in Sinaia gehörte zur Route des Orient-Express. Der König hatte bis 1914 hier in den Bergen seine Sommerresidenz.

Nach der Abschaffung der Monarchie und der Umwandlung Rumäniens in eine Volksrepublik im Jahre 1947 wurde das Anwesen vom kommunistischen Regime beschlagnahmt.

Für Besucher öffnete man 1993 nach der Umgestaltung in ein Museum die Tore und für die nahe gelegene Stadt Sinaia ist das Schloß heute die wichtigste Attraktion und Haupteinnahmequelle.

Wir besichtigen die Räume der ersten Etage im Schloß und sind begeistert von der prunkvollen Möblierung, den vielen Schnitzereien, den üppig verzierten Decken und den Bankettsälen mit ihrer opulenten Ausstattung. Die Gebrüder Klimt wurden einst vom König beauftragt, das Schloß mit Wand- und Deckengemälden und Porträts zu verschönern und diese Werke zählen heut zu den berühmtesten Kunstschätzen Rumäniens. Leider können wir sie nicht sehen, da sie sich allesamt in den oberen Stockwerken und im nicht zugänglichen Theater befinden.

Danach genießen wir die waldreiche und hügelige Landschaft rund ums Schloß und laufen ins Zentrum der Kleinstadt Sinaia. Sie liegt etwa 50 Kilometer südlich von Brasov im Tal des Flusses Prahova mitten in den Karpaten. Besucher schätzen vor allem die heilende Wirkung der Mineralquellen in der "Perle der Karpaten", wie Sinaia liebevoll genannt wird. Am imposanten Casino staunen wir erneut über die wunderschöne Architektur, heutzutage ist ein Tagungszentrum darin und gerade findet eine Fachtagung von Medizinern statt und es herrscht reges Treiben.

Wir genießen ein wenig Freizeit auf der Fußgängerpromenade, einige Gäste bummeln auf der Geschäftsstraße entlang und andere suchen sich ein gemütliches Plätzchen zum Mittagessen.

Im Anschluß fahren wir mit der Seilbahn hinauf auf den Hausberg und steigen aus der Gondel in über 1000 Metern Höhe aus. Hier müssen wir erstmal den Talblick fotografieren, bevor wir auf einem abenteuerlich steilen und schmal gewundenen Pfad wieder ins Tal zurück kraxeln.

Da der Weg sehr steinig ist, müssen wir uns sehr auf unsere Füße konzentrieren und plötzlich erschrecken wir regelrecht, als uns ein neugieriger Fuchs entgegenkommt, der ganz offensichtlich erwartet, daß wir ein paar Leckerli einstecken haben. Er folgt uns eine Weile und beäugt uns interessiert, aber wir wollen ihn nicht füttern, da er ein wild lebendes Tier ist und das auch so bleiben soll.

Die Navigation des Telefons zeigt am Abend an der Baustelle vor Predeal wieder einen langen Stau an und kurzerhand beschließen wir, einfach mit dem Zug zurück zu fahren. Die Bahn kommt fast auf die Minute genau, es ist ein moderner Zug, Fabrikat Waggonbau Görlitz mit Doppelstockabteil. Der freundliche Schaffner freut sich über eine so große Gesellschaft und wir packen den Weinschlauch aus und lassen es uns gut gehen. Als wir auf der Straße neben uns den stockenden Verkehr sehen, frohlocken wir, daß wir es genau richtig gemacht haben. Nur unser armer Busfahrer tut uns richtig leid.

Zum Abendessen holen wir die schon seit zwei Tagen geplante Vorstellungsrunde nach und endlich lernen wir die Namen und Herkunftsorte unserer Mitreisenden kennen, erholen uns ein wenig von der Wanderstrapaze und sind mächtig gespannt auf morgen ...

Bärenreservat Zarnesti, Schloß Bran, Fahrt mit dem Pferdewagen nach Moieciu

Die Sonne strahlt am Morgen und nach dem Frühstück ist es nun endlich soweit: Wir werden Bären aus nächster Nähe erleben im Bärenreservat Zarnesti. Auf einer Fläche von 70 Hektar leben hier in der Nähe des Nationalparks Piatra Craiului etwa 120 Braunbären, mittlerweile auch Hunde, Katzen, Schildkröten und Wölfe. Die meisten dieser schönen Tiere haben eine leidvolle Geschichte hinter sich, sie vegetierten unter unsäglich schlimmen Bedingungen, in Käfigen, die an Tankstellen oder Restaurants standen zum Amüsement des Menschen.

Durch internationale Förderungen konnte die Journalistin Cristina Lapis im Jahre 2005 zusammen mit ihrem Ehemann und Spenden etlicher reicher Stars und Sternchen dieses Reservat eröffnen und ermöglicht den Bären nun ein artgerechtes Leben.

Am Nachmittag fahren wir weiter nach Bran, wo das berühmte Schloß , die so genannte Törzburg, steht. Mächtig erhebt sich dieses alte Gemäuer über der gleichnamigen Ortschaft in Transsilvanien. Tatsächlich umgibt diese Burg eine düstere Athmosphäre und durch viele Draculafilme ausgelöst, läuft beim Anblick des Anwesens so manchem Besucher ein eiskalter Schauer über den Rücken. Alle haben die berühmte Romanfigur des irischen Schriftstellers Bram Stoker in bester Erinnerung. Stoker hatte bei seinen Recherchen zu seinem Roman eine Zeichnung dieser Burg gefunden und siedelte seinen Roman hier an.

Als historische Vorlage für seinen Dracula diente ihm Vlad III. Draculea, ein walachischer Fürst, der Angst und Schrecken unter seinen Feinden durch seine Vorliebe für das Pfählen verbreitete.

Es ist viel los, als wir aussteigen. Auf dem Markt am Fuß der Törzburg bieten unzählige Händler ihre Waren feil und natürlich darf da ein Shirt mit dem Abbild des Fürsten der Dunkelheit nicht fehlen, oder unzählige Fledermäuse aus Kunststoff zwischen bestickten Blusen und Obst und Gemüse aus der Region.

Wir erklimmen die schmale Treppe zum Eingang und laufen durch die verschiedenen Räume, die von der königlich rumänischen Familie bewohnt waren. In der Folterkammer kann man sich tatsächlich beim Anblick der "Instrumente" gruseln, nur Dracula ist außerhalb der Burgmauern präsenter als drinnen. Er soll nie hier gewesen sein, behaupten Historiker, andere wiederum wollen herausgefunden haben, daß er eine Weile hier gefangen gewesen sein soll. Genaueres weiß man nicht...

Als wir uns alles angesehen haben, fahren wir weiter nach Moieciu, einem kleinen Örtchen in den Bergen, welches, wenn wir es nicht besser wüßten, genauso gut in Österreich oder dem Schwarzwald sein könnte. Ein Flüßchen schlängelt sich durch den Ort, der rechts und links der hohen Berge von schönen weißen Villen im Bauernstil geprägt wird, die sehr einladend aussehen, und oft ein Schild mit der Aufschrift "Gästezimmer frei" im gepflegten Vorgärtchen stehen haben. Mitten auf der Straße des Ortes warten die Pferde Stella und Rana mitsamt Kutscher und Anhängern auf uns und in Windeseile sind wir auf die Kutschböcke verteilt. Entlang der gewundenen Dorfstraße holpern wir entlang schöner Kulissen mit Heuhaufen, bildhübschen Landhäusern,, weidenden Kühen, Schafen und Pferden und landen vor einem Bauernhof vom Feinsten. Manche Gäste vermissen gar die Vorjahrhundertidylle ohne Strom, mit Kühen und Hühnern. Unser Ziel heute sieht eher aus wie das gut herausgeputzte Gemeindezentrum mit schickem Holztanzsaal in dem riesige Kronleuchter hängen. Die Gemüsesuppe mit dem Polentaschweinchen mundet uns vorzüglich, der Hauswein stimmt uns heiter und eigentlich würden wir am liebsten dableiben und nicht wieder ins sooooooooo zivilisierte und laute Predeal zurückfahren. Aber die Betten sind nun mal dort gebucht und morgen ziehen wir ja ohnehin um.

Brasov und eine erneute Kutschfahrt erwarten uns ...

Stadtrundgang in Brasov, Kirchenburg Boian und Bazna, Orgelkonzert

Früh am Morgen verlassen wir Predeal und fahren nach Brasov, zu deutsch Kronstadt. Sie ist die meistbesuchte der Siebenbürgenstädte. Heutzutage leben knapp 300.000 Einwohner in der 1234 erstmals urkundlich erwähnten Stadt. Kronstadt wurde von den Deutschen Rittern als südöstlichste Stadt in Siebenbürgen unter dem Namen Corona (Krone) gegründet und war über mehrere Jahrhunderte hinweg das kulturelle, geistige und religiöse Zentrum der Siebenbürger Sachsen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bildeten sie in der Region die Mehrheit der Bevölkerung. Kurzzeitig zwischen 1951 und 1961 nannte man die Stadt zur Ehrung von Stalin Orasul Stalin (Stalinstadt).

Seit 1987 gingen von hier die ersten Demonstrationen gegen die Diktatur Ceausescus aus. Neben den Siebenbürger Sachsen leben heute auch etliche Ungarn in der Stadt. Durch Deportationen schrumpfte die Zahl der deutschsprachigen Einwohner nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Heute leben nur noch etwa 2.000 deutschsprachige Einwohner in Kronstadt.

Wir schauen uns zuerst den beeindruckenden Marktplatz mit dem Rathaus an und werfen einen Blick in die versteckte orthodoxe Kirche Maria Himmelfahrt. Gleich danach besichtigen wir die berühmte Biserica Neagra (die Schwarze Kirche). Diese gotische Hallenkirche ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler Rumäniens. In der Kirche gibt es die größte Sammlung an orientalischen Teppichen in Europa, die von der handelsgeschichtlichen und kulturellen Vernetzung des siebenbürgischen Patriziats zeugt. Ursprünglich wurde der Bau der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet und war einst eine katholische Kirche. Mit der Reformation in Siebenbürgen wurde das katholische Patrozinium aufgegeben und heute ist sie ein evangelisches Gotteshaus. Den Namen schwarze Kirche verdankt sie einem Stadtbrand im Jahre 1689. Während unseres Besuches spielt jemand Orgel und so kommen die Kirchenmusikliebhaber voll und ganz auf ihre Kosten.

Nun bekommen wir ein wenig freie Zeit und die meisten Gäste verschwinden schnell in den schmalen Altstadtgassen und suchen sich ein gemütliches Café.

Im Anschluß daran treten wir die knapp vierstündige Fahrt nach Bazna an und Gabor erzählt uns einiges über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen.

Wir sehen auf dem Weg wunderschöne Kirchenburgen, die so typisch für diese Region sind. Die Dörfer, die wir erblicken, bestehen zumeist aus bunten zur Straße weisenden Fassaden und die kleinen Häuser ziehen sich sehr lang in einen u-förmigen Hof, in dem oft ein Ziehbrunnen steht. Auf der Straße begegnen uns Pferdekutschen und bunt gekleidete Romafrauen.

Am Nachmittag kommen wir in Bazna an, dieses Dorf liegt mitten im Koketal. Umgeben ist es von sanften Hügeln und dem größten Weinanbaugebiet Siebenbürgens. Bereits im Jahre 1302 wurde Baaßen, wie der Ort auf deutsch heißt, erstmals urkundlich erwähnt und aus dieser Zeit stammte auch die erste Kirche. Im 14. Jahrhundert, später wurde die Kirche im Stile der Gotik umgebaut und wegen der ständigen Bedrohung durch die Osmanen ab dem Beginn des 16. Jahrhundert zu einer Wehrkirche mit Außenmauern erweitert.

Mitten im Dorf sind wir in einem gemütlichen Gasthof untergebracht und als wir ankommen, wartet bereits unsere Kutsche auf uns, die uns ins benachbarte Boian bringt. Dort schauen wir uns eine recht verfallene Wehrkirche an, deren Gründung aufs 14. Jahrhundert zurück geht. Im Chor gibt es ein Kreuzgewölbe, das Schiff dagegen hat eine flache Decke. Im Obergeschoß des Turms sehen wir einen Wehrgang mit hölzernem Geländer. Über der Einfahrt des Turms und über dem Nordportal befinden sich je ein Wappen mit dem moldauischen Wappen: einem Ochsenkopf mit Stern und Halbmond zwischen den Hörnern. Wir trinken in den alten Mauern einen Rotwein und schwingen uns wieder auf die Pferdekutsche, um das abendliche Orgelkonzert in der Kirche von Bazna nicht zu verpassen.

Als wir ankommen, schließt eine nette Siebenbürgerin mit einem riesigen Schlüssel auf, sie ist hier geboren, mit ihren Eltern jedoch nach Deutschland ausgewandert. Jedes Jahr kehrt sie für ein paar Monate in ihre alte Heimat zurück und kümmert sich liebevoll um die alte Kirche mit ihrer gut erhaltenen Orgel. Wir bekommen Werke von Bach, Händel und unbekannten siebenbürgischen Komponisten vorgespielt und lauschen andächtig. Nach dem Konzert spazieren wir durchs Dorf zurück zu unserem Gasthof, wo uns bereits die Familie mit dem Abendessen erwartet.

Morgen sind wir gespannt auf Schäßburg und das Dörfchen Biertan ...

Kirchenburg Biertan, Wanderung nach Copsa Mare, Sigishoara, Weinverkostung in Seuca

In der Nacht hat es ein starkes Gewitter gegeben und die Luft am Morgen ist frisch und angenehm kühl. Geweckt wurden wir vom Krähen der Hähne.

Heute steht der Besuch der Kirchenburg Biertan auf dem Programm. Sie zählt seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe und befindet sich zwischen Sighishoara und Medias. In den Jahren 1492 bis 1515 erbaute man sie im gotischen Stil und wir erblicken sie auf dem Hügel schon von weitem über der kleinen Siedlung. Nachdem 1572 der Birthälmer (deutscher Name von Biertan) Pfarrer Lukas Unglerus zum Bischof der evangelischen Kirche gewählt worden war, wurde diese Kirche zum Bischofssitz und blieb bis zur Verlegung 1867 geistlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen. Wir treffen in der Kirche eine Siebenbürgerin, die uns ein riesiges Türschloß aus dem 16. Jahrhundert zeigt und uns einige Sätze in ihrer eigentlichen Muttersprache sagt, was wie Luxemburgisch klingt.

Direkt am Fuße der Wehrkirche beginnen wir unsere heutige Wanderung auf der Via Transsilvanica, einem insgesamt 600 Kilometer langen Wanderweg, der durch ganz Rumänien führt. Zu Beginn erklimmen wir den Dorfhang und erhaschen noch einmal wunderschöne Ausblicke auf den Ort mit seinen Kirchen. Etwas später biegen wir in einen dichten Buchenwald ab und nach eineinhalb Stunden erreichen wir Copsa Mare, zu deutsch Großkopisch. Hier lebten bis 1238 die Szekler, also die Siebenbürger, die ungarisch sprachen. Die Wehrkirche hier wird allerdings gerade restauriert und wir stehen vor verschlossenen Toren.

Auf holprigen Dorfstraßen schaukeln wir in unserem Bus weiter nach Sigishoara, zu deutsch Schäßburg und machen zuerst eine kleine Mittagspause. Nun sind wir gestärkt genug für den steilen Aufstieg auf mittelalterlichen Steinen durchs Stadttor. Die von sanften Hügelketten der Karpatenausläufer umgebene Stadt hat heute etwa 30.000 Einwohner und ist dreisprachig. Ein Fünftel der Bevölkerung gehört zur ungarischen Volksgruppe und noch etwa 500 Bewohner sind Siebenbürger Sachsen, der restliche Teil sind Rumänen. Wir steigen hinauf in die Oberstadt und passieren eines der eindrucksvollen Stadttore mit dem markanten Stundturm.

Gleich dahinter liegt das Geburtshaus des einstigen Fürsten der Walachei, Vlad III. Wir kennen diese Person nur aus Bram Stokers Roman "Dracula", bildete er doch das historische Vorbild für die Figur des Blutsaugers. Es ist ein kleines verwinkeltes Haus mit engen Aufgängen und einigen Waffen und Rüstungen aus dem Mittelalter. Von Gruseln keine Spur.

Nun wird es anstrengend. Wir erklimmen die 176 Stufen der sogenannten "gedeckten Schülertreppe", die zum Gipfel des Schulberg-Hügels führt, wo sich das Josef Haltrich Lyzeum befindet, in dem seit Anfang des 17. Jahrhunderts auf deutsch unterrichtet wird. Die Schüler und Lehrer dieses Gymnasiums müssen alle sportlich sein, sie legen diesen Weg mehrmals täglich zurück! Auf der Spitze des Hügels thront die Bergkirche, der wir ebenfalls einen Besuch abstatten. Danach laufen wir über den Friedhof wieder nach unten und können ein wenig Freizeit in dieser pittoresken Stadt, die seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, genießen. Die meisten Gäste suchen sich ein schattiges Plätzchen in einem der zahlreichen Cafés und Restaurants und lassen die Eindrücke Revue passieren.

Von dem ganzen Auf und Ab sind wir ganz schön geschafft, zumal das Thermometer 29 Grad im Schatten zeigt. Also kommt es gerade recht, daß jetzt eine Weinverkostung auf dem Programm steht. Unser Weg führt uns nach Gänesti, zu deutsch Gallenburg. Im eingemeindeten Dorf Seuca werden wir schon vom Winzer erwartet, der uns zuallererst die Schätze seines Kellers zeigt. Hier lagern noch Flaschen, die eigentlich für den Diktator Ceausescu gedacht waren. Heute sind die verbliebenen Flaschen zu Sammlerstücken avanciert und erreichen auf Versteigerungen Preise bis zu 1.000 Euro.

Wir steigen wieder ans Licht und probieren zwei Weißweine und einen leichten Rotwein. Alle Gäste sind ganz interessiert, den schwarzen Knoblauch und den vom Weingut gewonnenen Honig zu verkosten. Beides schmeckt vorzüglich und etliche Mitbringsel werden erworben, bevor wir gut gelaunt wieder zurück nach Bazna fahren und ein Abendessen in stiller Dorfidylle genießen.

Morgen erwarten uns Sibiu und ein weiterer Wanderabschnitt auf der Via Transsilvanica ...

Stadtrundgang in Sibiu, Ausflug ins Hirtendorf, Wanderung und Glasikonenmuseum

Wir haben die ländliche Stille letzte Nacht sehr genossen und vorzüglich geschlafen. Da es heute erst zehn Uhr los geht, können wir uns sogar noch im Dorf umschauen, bevor wir nach Sibiu fahren.

Bereits im 12. Jahrhundert siedelten sich die ersten Siebenbürgisch-Sachsen in der Gegend um Hermannstadt, wie Sibiu auf deutsch heißt, an und sie sind heute die älteste noch existierende Siedlergruppe in Osteuropa. Siebenbürgen gehörte zu dieser Zeit zum Königreich Ungarn und nach der Teilung Ungarns 1540 wurde es zum Fürstentum Siebenbürgen. Obwohl dieses Gebiet zur Oberhoheit des Osmanischen Reiches gehörte, blieben die Bewohner weitgehend autonom. 1699 wurde die Region mit dem Vertrag von Karlowitz der Habsburger Monarchie angegliedert.

Im ersten Weltkrieg nach der Niederlage Österreich-Ungarns kam das Gebiet zum rumänischen Altreich und 1920 wurde die Zugehörigkeit zum Rumänischen Staat im Vertrag von Trianon fest verankert. Um 1930 zählte man 300.000 Siebenbürger Sachsen, nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes von Ceausescu waren es nur noch knapp 15.000. Die große Mehrheit war ab den 1970er Jahren in die BRD oder nach Österreich emigriert, kleine Gemeinden gibt es heute ebenfalls in Kanada und den USA.

Sibiu, zu deutsch Herrmannstadt, ist eine der repräsentativsten Städte ganz Rumäniens vor allem aus wirtschaftlicher und kultureller Sicht. 2007 war sie zusammen mit Luxenburg Kulturhauptstadt Europas und seitdem wurden Reisen nach Siebenbürgen immer populärer und der Tourismus in Rumänien entwickelte sich kontinuierlich.

Das malerisch am Fuße der Südkarpaten gelegene Hermannstadt betritt man auch heute noch durch die alten Stadtmauern vorbei an einem sehr dicken Turm, dem Turnul gros.

Die ersten deutschsprachigen Bewohner hatten sich im 12. Jahrhundert auf dem Hügel über dem Zibin-Fluß, der heutigen Oberstadt angesiedelt. Die Siedlung wuchs aufgrund ihrer günstigen Lage an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen stetig an und im Jahre 1878 berief man das erste siebenbürgisch-sächsische Parlament ein. Wir laufen zuerst zum großen Markt, wo wir unseren Stadtbummel beginnen. Der wundervolle Marktplatz mit seinen schmucken Häusern beeindruckt uns. Danach laufen wir weiter und schauen uns den Turm des alten Rathauses, die beeindruckende Stadtpfarrkirche und die orthodoxe Kathedrale an, die besonders schöne Kuppeln, Ikonen und Malereien hat.

Die Straßen der Stadt sind sehr gepflegt, liebevoll saniert und die Gäste sind begeistert von den vielen schönen Fotomotiven, die sich reichlich bieten.

Nun ist es wieder Zeit für eine kleine Wanderung und erneut sind wir auf der Via Transsilvanica unterwegs. Wir umrunden das Dörfchen Sibiel, erblicken immer wieder den weißen Kirchturm mit der roten Spitze und laufen begleitet von zwei Hunden über Wiesen die von Apfel- und Nußbäumen gesäumt werden. An unzähligen Gärten sind wir ganz grün vor Neid, dort wachsen die Auberginen, Lauch, Kürbisse, Bohnen, Kartoffeln, Tomaten und Sellerie üppig, groß und dick.

Am Abend erreichen wir Sibiel, zu deutsch Budenbach. Einige Häuser erinnern uns an die guten alten russischen Märchenfilme mit ihren geschnitzten Holzgiebeln, die Ziehbrunnen sind allesamt noch funktionsfähig und wir fühlen uns, wie ein Jahrhundert rückversetzt. Zu allererst statten wir dem Friedhof und der Kirche einen Besuch ab und schauen uns das dorfeigene Glasikonenmuseum an. Danach wartet im Bauernhof bereits der selbtgebrannte Hochprozentige auf uns und bei der Zimmerverlosung sind wir schon recht heiter.

Wir werden die Nacht auf zwei verschiedenen Bauernhöfen untergebracht und diejenigen, die etwas weiter weg müssen, werden eigens vom Bauer mit Pferdekutsche zum Abendessen gefahren. Dort erwartet uns die Familie, die alle hausgemachten Leckereien bereits aufgetischt hat. Die Tomaten und Gurken sind frisch aus dem Hof gepflückt worden, der Käse ist handgemacht, die Leberwurst schmeckt wie zu Omas Zeiten und das Brot ist selbst gebacken. Dazu werden Schnaps und Wein kredenzt und wir lachen von Gang zu Gang und Glas zu Glas lauter und ausgelassener. Die Suppe mundet uns, danach gibt es eine Art Sauerkraut mit fleischgefüllten Krautwickeln und zum Abschluß Kräppelchen. Wir sind sooooooo satt und fühlen uns laufunfähig. Warum müssen wir morgen in die Hauptstadt fahren????? Warum müssen wir immer gehen, wenn es am schönsten ist??????

Walachei, Kloster Cozia, Stadtrundfahrt in Bukarest mit Dorfmuseum, Folkloreabend

Früh am Morgen frühstückt jede Gruppe auf ihrem Bauernhof und erst kurz vor der Abfahrt treffen wir uns alle am Bus wieder und verlassen das romantische Sibiel, nachdem wir noch ausführlich den riesigen Dorfhund gekrault haben.

Unser Weg führt uns durch die Walachei. Diese Region befindet sich im Süden Rumäniens und ist in die Kleine und Große Walachei unterteilt, deren Grenze der Fluß Olt bildet. Im Norden dieser historischen Region liegen die Südkarpaten und im Süden die Donau, die gleichzeitig die Grenze zu Bulgarien ist.

Nach etwa anderthalbstündiger Fahrt erreichen wir das Kloster Cozia, welches 24 Kilometer vom der Stadt Ramnicu Valcea am Fluß Olt liegt. Es ist eines der ältesten Klöster Rumäniens und macht einen sehr gepflegten Eindruck auf uns. Auf Anraten des Mönchs Nicodem Tismana, des späteren Beraters des Woiwoden, förderte Mircea I. von der Walachei zwischen den Jahren 1386 und 1388 den Bau dieses Klosters und nach seinem Tod ruht sein Leichnam im Mausoleum des Klosters. Das Kloster diente vor allem dazu, das Gebiet zu verwalten, die theologische Kultur zu bewahren und dazu, das Territorium zu kontrollieren und im Falle eines Falles zu verteidigen. Die Fresken stammen aus den Jahren um 1390 und sind fantastisch erhalten geblieben. Die Kirche wurde 1517 unter der Herrschaft des Woiwoden Neagoe Basarab und zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem walachischen Herrscher Constantin Brancoveanu renoviert, wobei die Nartexgalerie vor dem Eingang der Kirche, eine Kapelle, Brunnen und der Uhrenturm hinzugefügt wurden. Wir sehen die Bildnisse beider Fürsten an den Wänden des Klosters, als wir uns umschauen. Beeindruckt sind wir von den starken Mauern, die das Kloster umgeben, die von der einstigen Angst vor den osmanischen Angriffen zeugen.

Nach dieser interessanten Besichtigung machen wir uns auf Weg in die Hauptstadt. Bukarest erwartet uns mit hochsommerlichen 28 Grad und dem alltäglichen Verkehrschaos. Fahrräder fahren zwischen den Autos wild herum, LKWs und Busse fahren zwischen endlosen Autoschlangen, die Grünphasen sind kurz und wir haben genügend Zeit, uns die häßlichen Zweckbauten aus der kommunistischen Ära am Stadtrand aus dem Bus raus anzuschauen.

Heutzutage leben hier etwa zwei Millionen Einwohner. Die Innenstadt hat sich dem Zusammenbruch des Kommunismus wirklich gemausert, die Alleen sind üppig grün, die Parks liebevoll gepflegt, viele Gebäude sind saniert und erstrahlen in neuem Glanz.

Wir fahren um den Triumphbogen herum, der zu Ehren des Sieges im Ersten Weltkrieg errichtet wurde. Am Piata Revolutiei (dem Platz der Revolution) bestaunen wir die Bibliothek der Universität und das sogenannte Denkmal der Wiedergeburt, eine 25 Meter hohe Marmorpyramide mit einer metallenen Krone. Auf diesem Platz hielt Ceausescu im Dezember 1989 seine letzte Rede, tags darauf flüchteten er und seine Frau vom Dach des damaligen Zentralkomitees der Kommunistischen Partei mit dem Helikopter aus der Hauptstadt und wurden wenig später vor ein Tribunal gestellt, zum Tode verurteilt und erschossen. Heutzutage befindet sich in dem Gebäude das rumänische Innenministerium.

Das imposanteste und vermutlich auch das bekannteste Gebäude der Hauptstadt ist mit Abstand der Parlamentspalast. Mit diesem Bau waren über fünf Jahre mehr als 20.000 Arbeiter und 500 Architekten beschäftigt. Die bebaute Grundfläche beträgt 65.000 m². Die größte Galerie im Inneren ist sage und schreibe 150 Meter lang und der größte Saal mißt 16 Meter Höhe. Die Baukosten schätzt man auf 3,3 Milliarden Euro. Allerdings erlebte der Diktator die Fertigstellung seines überbordenden Palastes nicht mehr. Heute ist es der Sitz der Abgeordnetenkammer.

Am Ende unserer Rundfahrt schauen wir uns die Patriarchen-Kathedrale mit dem Patrozinium der Heiligen Konstantin und Helena an. Es findet gerade ein orthodoxer Gottesdienst statt und uns umweht ein leichter Weihrauchduft.

Danach spazieren wir durchs Dorfmuseum Dimitrie Gusti. Mitten in der Stadt gelegen, hat man hier alte Bauernhäuser, Kirchen, Windmühlen und Ställe aus allen Gegenden Rumäniens gesammelt und wieder aufgebaut, um einen Eindruck zu vermitteln, wie das ländliche Leben in Rumänien um die Jahrhundertwende war. Die Häuser sind entweder mit Stroh oder Ried gedeckt, alles ist hübsch bepflanzt und da nicht viel los ist, können wir in aller Ruhe durch das Museum spazieren.

Danach erwartet uns wieder der zähe Hauptstadtverkehr, wir fahren so nah an die Altstadt heran, wie es geht und laufen zur alten Karawanserei, dem Hanul Manuc. 1769 durch Manuc Bey gegründet, diente der Hof einst als Herberge für Reisende. Hier lagerte man Wein in 15 unterirdischen Weinkellern und beherbergte über 20 Läden im Erdgeschoß, zehn Hütten und im ganzen Areal konnte man bis zu 500 Fremde unterbringen. Heute ist der Hof ein Restaurant, als wir ankommen ist es rappelvoll und wir bekommen die Plätze genau vor der Bühne, wo eine Kapelle zünftige rumänische Musik spielt und Tänze aufgeführt werden.

Nach unserem umfangreichen Programm und den vielen Eindrücken sind wir müde und froh, daß wir direkt nach dem Essen ins Hotel gebracht werden, wo wir unseren tollen Busfahrer Laurentiu verabschieden. Geschafft sinken wir in die Hotelbetten, morgen schon müssen wir abreisen ...

Heimreise

Früh am Morgen starten zuallererst die Gäste, die mit Ryanair direkt nach Berlin fliegen. Mittags folgt ihnen der Gast, der ein Rail und Fly Ticket ab Frankfurt gebucht hat, damit er noch einen Zug erreicht, der ihn nach Hause bringt. Die Gäste, die nach Dresden fliegen haben noch bis Nachmittag Zeit, sich nochmals in Bukarest umzuschauen. Wir entscheiden uns, dem nahe gelegenen Park einen Besuch abzustatten und flanieren dort im Grünen, bevor wir die Koffer packen und ebenfalls vom kleinen Karpatentransfer abgeholt werden.

Schlusswort

Eine spannende Reise durch wildes, ländliches und teils romantisches Rumänien liegt hinter uns. Nur einen kleinen Teil haben wir kennengelernt. Wir waren erstaunt, wie touristisch es einerseits an den Hotspots wie Bran und Peles zugeht und andererseits verschlafen und ruhig in den Dörfern. Dort glaubt man sich um ein Jahrhundert in der Zeit zurückversetzt. Viele Vorurteile über Rumänien müssen wir revidieren, Roma haben wir nur vom Bus aus an ihrer bunten Kleidung erkannt, sonst sieht man sie nur ab und an auf Märkten stehen und Nüsse verkaufen. Die meisten Häuser und Bauten in den Städten sind heutzutage renoviert und frisch gestrichen. Auf den Bauernhöfen geht es da noch traditioneller zu. Ein Gärtchen am Haus darf nicht fehlen, wir haben mehrere Familien bei der Ernte und beim Einkochen beobachten können. Gefeuert wird hier noch mit Holz und die Lebensweise ist weit weniger luxuriös als in den großen Städten.

Ich freue mich, daß wir alle ohne Zwischenfälle wandern konnten, gesund und munter wieder in Bukarest gelandet sind. Ich wünsche Euch eine gute Heimreise und hoffe, daß Euch die lieblichen Landschaften Siebenbürgens in guter Erinnerung bleiben werden. Wenn Ihr im Winter mal Zeit und Muße habt, schaut Euch den Film "Schwarze Katze, weißer Kater" an. Dann könnt Ihr Euch zurückerinnern an die Tage, die wir zusammen verbracht haben. Alles Gute, vor allem Gesundheit wünscht Euch

Eure Reisebegleiterin Simone

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