Reisebericht: Single–Wanderreise Jakobsweg und Atlantik

24.09. – 03.10.2023, 10 Tage Wanderreise für Singles in Nordspanien mit Bilbao – San Sebastian – Picos de Europa – Jakobsweg – Santiago de Compostela – Atlantikküste – Porto (60 Wanderkilometer)


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Der Jakobsweg beginnt auf dich zu wirken, sobald du beschließt ihn zu gehen.” (Pater Erich)

Nordspanien geschnürten Wanderschuhen entdecken und dabei Kultur genießen
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

Bilbao & das Guggenheim Museum

Aus verschiedenen Teilen Deutschlands kam unsere Gruppe in Frankfurt am Gate nach Bilbao zusammen. Dort trafen sich alle Gäste und rasch wurden erste Kontakte geknüpft. Voller Vorfreude erhoben wir – 15 Frauen und ein Mann - uns in die Lüfte, Bilbao entgegen.
Unser Busfahrer Juan entsprach unserem Wunsch, einen kleinen Abstecher zum Guggenheim-Museum zu unternehmen, auch damit wir eine bessere Orientierung in der Stadt erhielten.
Danach fuhren wir in unser Hotel Occidental Bilbao im Stadtteil Begona oberhalb der Altstadt gelegen. Nach einem schnellen Check In versammelten wir uns auch schon wieder in der Hotel-Lobby, um per pedes ein wenig von der Altstadt kennenzulernen und im Kneipenviertel Abend zu essen. Treppen abwärtsgehend, dachten wir bereits jetzt daran, dass wir diese ganzen Stufen auch wieder hinaufsteigen müssen. Aber gab es da nicht irgendwo eine Zahnradbahn oder einen Aufzug? Naja, wir befanden uns ja auf einer Wanderreise.
Im Restaurant Zurekin saßen wir lachend und erzählend zusammen, freuten uns auf eine tolle Reise und stellten schon heute fest, dass wir eine tolle Gruppe sind.

Isla Gaztelugatxe & San Sebastian

Die Sonne ging über der Altstadt auf, und wir ließen während unseres Frühstücks den Blick versonnen über die Dächer Bilbaos schweifen. Ein erster aktiver Tag lag vor uns. Zeitig zogen wir bequeme Schuhe an die Füße, die Badekleidung verstauten wir in der Tasche und mit dem Hut auf dem Haupte waren gewappnet für das Kommende.
Fast allein standen wir alsbald am Aussichtspunkt der Isla Gaztelugatxe gegenüber. Unter blauen Himmel lag die kleine Insel, die über 241 Stufen erreichbar ist, vor uns. Die Wellen brandeten an den Felsen und gern wären wir noch eine Weile versonnen stehen geblieben. Doch die kleine Kapelle wartete auf uns, ebenso wie die Fußspuren des Hl. Johannes, die es zu entdecken gab.
Für den Nachmittag stand die elegante Küstenstadt San Sebastian auf unserem Programm. Immer am Fluss Urumea entlangbummelnd, erreichten wir das Theater Victoria Eugenia. Und nach einigen Schritten weiter über die Einkaufsstraße, erreichten wir einen Teil der Altstadt mit der Basilika Maria del Coro und Teilen der alten Stadtmauer. Doch allen brummte ein wenig der Magen, oder es meldete sich einfach der Appetit. Auch hatten wir schon so viel über die berühmte Hauptstadt der Pintxos gesprochen, dass wir es nicht verpassen durften, sie hier zu probieren. In einer der berühmten Bars der Altstadt lachten uns kleine verführerische Happen an, so dass wir nicht widerstehen konnten. Dazu ein Txakoli, ein junger, fruchtiger Weißwein aus dem Baskenland oder ein frisches Bier und der Tag fühlte sich so richtig nach Urlaub an.
Gleich hinter dem alten Stadttor beginnt das Hafenviertel und daneben liegt einer der schönsten Stadtstrände Europas, den „Playa de la Concha“ – Strand der Muschel. An dieser Stelle musste sich jeder entscheiden wie er den Rest der Zeit verbringen wollte. Sei es der Aufstieg zum Monte Urgull oder ein Spaziergang über die stattliche Uferpromenade. Hier konnte zu den kleinen Skulpturen von Don Quijote und Sancho Panza gewandelt, und kurz im Schatten der Sommertamarisken ein Blick auf das ehemalige Grand Casino geworfen werden. Fast wehte uns noch ein wenig des alten Flairs herüber, wer weiß mit wem hier Mata Hari alles flirtete, um wichtige Informationen zu erhalten?
Einige liefen zuerst durch das Hafenviertel, kosteten das Eis in der ältesten Eisdiele Donostias. Andere bevorzugten lieber die Altstadt. Dann ging es zum Strand die Füße im Wasser kühlend, in den Wellen planschend oder immer an Strandpromenade an dem Geländer entlang, welches zu einem typischen Symbol für die Stadt wurde, welches bereits mehr als hundert Jahre alt ist. Es wurde von König Alfonso XIII. 1916 höchstpersönlich eingeweiht. Axel, unser einziger Mann sprang mutig in die Wellen und kam freudestrahlend auf uns zu. Der Spaziergang endete am Funicular del Monte Igueldo mit einer Fahrt hinauf zum nostalgischen kleinen Vergnügungspark mit spektakulärer Aussicht.
An der Küstenstrasse entlang fuhren wir wieder Richtung Bilbao. Am Abend statteten wir natürlich auch noch Puppy, dem beliebten West-Highland-Terrier einen Besuch ab: Dieser von Jeff Koons geschaffene riesige blumenübersäte Hundewelpe aus (oder auf) einer Stahlkonstruktion wurde 1997 vom Guggenheim-Museums Bilbao erworben und erhielt rechtzeitig zur Eröffnung des Museums, einen festen Platz vor dem Museumsgebäude. Anschließend noch ein kleiner Rundgang rund um das spektakuläre Bauwerk. Von unserem Ausgangspunkt aus gelangten wir über eine breite Treppe zum Nervión-Fluss, wo das Museum eigentlich steht. Frank Gehry, der Architekt, schuf ein spektakuläres Bauwerk, um das wir teilweise herumgingen und die verschiedenen Perspektiven und Materialen bewunderten.
Danach hatten wir Plätze auf der Dachterrasse de Gran Hotels genau gegenüber des Guggenheim Museums reserviert. Von dort hatten wir für einen kurzen Moment eine wundervolle Aussicht auf das Museum. Bedauerlicherweise erklärte man uns, dass es keine Reservierung für die Dachterrasse gäbe, sondern nur für das Restaurant im Erdgeschoss. Wie schade. Mit etwas Wehmut verabschiedeten wir uns von der grandiosen Aussicht und begaben uns zum Fahrstuhl.

Comillas, San Vicente de Barquera & Höhlenkäserei in Cabrales

Das mittelalterliche Städtchen Santillana del Mar liesen wir an uns vorbeiziehen, hielten kurz im 650 Seelen Dorf Cobreces, wo wir an der kleinen roten Kirche von San Pedro Ad vincula danach suchten, in welcher Art und Weise das gotische Bauwerk des Erfurter Doms die hiessigen Kirchenbauer inspirierten. Den besten Winkel für das perfekte Foto suchend, beobachteten wir auch einige Pilger, die mit dem Blick auf ihr Handy an den Schönheiten der Umgebung vorbeigingen.
In der kleinen Ortschaft Comillas bestaunten wir die Laune Gaudí´s – „El Capricho de Gaudí“. Ein Detail-verliebtes Haus, was in den frühen Schöpferjahren des später so berühmten Architekten entstand. Ein Künstler, der sich intensiv mit den Vorlieben und Eigenarten seines Auftraggebers beschäftigt hatte, bevor er an die Umsetzung seines Werkes ging. Ein Haus voller Musik, obwohl es fast vollständig leer steht.
Nach einem kleinen Rundgang durch Comillas fuhren wir nach San Vincente de la Barquera, einem kleinen Fischerdorf mit einer überdimensional großen Festung, welche zum Schlendern oder Mittagessen einlud. Für einige wurde es die Riesenportion Paella, für andere die Patatas bravas. Gestärkt ging es durchs wilde Asturien zu den berühmten Höhlenkäsereien in Cabrales. Empfangen durch einen türkis-schimmernden Fluss, standen wir staunend neben dem Eingang unserer Käserei. Pünktlich erschien unsere Käserei-„Fachfrau“. Von ihr erfuhren wir alles Wissenswerte über die Gegend, die Schwierigkeiten bei der Herstellung und wohin der Käse exportiert wird. Obwohl dieser asturische Blauschimmelkäse nicht jedermanns Sache ist, nahmen wir alle die Heimatverbundenheit dieser Menschen in unseren Herzen mit, liesen sie uns doch auch teilhaben an der Lebensweise der hiesigen Bevölkerung und ihrer Liebe zum Käse.
Den Abend verbrachten wir in dem kleinen Bergdorf Potes, wo wir mit einem deftigen Abendessen mit Kichererbsen und viel Fleisch verwöhnt wurden.

Wanderung in den „Spanischen Alpen“ – Fuente Dé

Nach einem stärkenden Frühstück verließen wir unser Hotel in Potes, um tiefer und höher in die Picos de Europa einzutauchen. Das erste Ziel war die Seilbahn in Fuente Dé, die uns in weniger als 4 Minuten in eine schwindelerregende Höhe von 1823 Meter mitten hinein ins Herz der Picos de Europa befördern sollte. Leider standen wir mit vielen Wanderfreunden in der Warteschlange, ohne das sich auch nur eine Seilbahnkabine bewegte. Was war nur passiert? Vom Personal erfuhren wir endlich, dass am heutigen Tag sehr starke Windböen durch die Berge der Picos de Europa bliesen, die genau beobachtet werden müssten. Kurz vor der Gipfelstation schwankte unsere Kabine so, dass wir dem Bodenpersonal für ihre Vorsicht sehr dankbar waren. Doch anschließend wurden wir mit einem grandiosen Ausblick auf den Peña Vieja im Macizo Central belohnt.
Wir starteten unsere 16 km Wanderung bei strahlendem Sonnenschein auf breiten gut ausgebauten Wegen. Der Ursprung für die gut angelegten Wege in diesem Bereich des Gebirges liegt im Bergbau. Im 19. Jahrhundert war im industriellen Europa besonders Blei sehr gefragt, was es hier zwar nicht gab, dafür jedoch Zink, ein damals weniger bekanntes Mineral, welches Anteile an Blei enthielt. Hier fand man Galmei, was in Form von Adern und Schichten in geschichtetem Kalksteingestein vorkommt und etwa 50 % Zink enthielt.
Zu der damaligen Zeit gab es in den Bergen hier nur Viehpfade, die Hälfte des Jahres war alles eingeschneit, und man musste versuchen, das Erz aus den Bergen zum Hafen zu bringen, um es auf dem Seeweg abzutransportieren. Die Früchte der Arbeit der Menschen von damals, die dem Ruf des Bergbaus folgten, konnten wir nun in Form einer eindrucksvollen Wanderung genießen. Plaudernd ging es gemächlich bergauf und bergab bis wir schließlich die Cafeteria im Hotel Avila mitten in den Bergen erreichten. Hier wurde erstmal pausiert, eine Tortilla española (ein sehr schmackhaftes Kartoffel-Ei-Omelett) probiert bevor wir den langen, absteigenden Wanderweg der Ruta Puertos de Áliva durch die ausgedehnte Hochebene in Angriff nahmen. Die Puertos de Áliva trennt die zentralen von den westlichen Picos de Europa. Durch den schönen Eichen- und Buchenwald liefen wir „wellenförmig“ in Richtung Ausgangspunkt in Fuente Dé.
Auch wenn wir schon ziemlich müde waren, nahmen wir uns die Zeit, um kurz im Kloster Santo Toribio de Liébana (oder Santuario del Lignum Crucis genannt) einen Rundgang zu unternehmen. Wir wandelten schließlich auf Pilgerpfaden und das Kloster ist ein berühmter Wallfahrtsort des Camino de Liebana, eine Erweiterung des Nördlichen Küstenweges. Zusätzlich ist dieses Jahr ein Heiliges Jahr, da der 16. April 2023 auf einen Sonntag fiel. Somit kommen sehr viele Pilger, um den größten Schatz des Klosters, die Reliquie eines Teils des Heiligen Kreuzes zu sehen, die von Turibius von Astorga im 5. Jahrhundert aus dem Heiligen Land mitgebracht worden sein soll.
Am Spätnachmittag blieb ein wenig Zeit zur freien Verfügung und am Abend trafen wir uns alle wieder, um in einem typischen Restaurant mitten im Zentrum des Touristenörtchens Potes zu essen.

Covadonga & Wanderung im Covadonga Nationalpark

Der Tag begann entspannt, denn heute waren wir in keinen straffen Zeitplan eingebunden. Der Besuch des Kathedralenstrandes am Nachmittag verschoben wir auf den Folgetag, denn heute kollidierte unser Programm mit dem Zeitplan der Natur, Ebbe und Flut passten einfach nicht mit unserer Planung zusammen.
Mit unserem hilfsbereiten Busfahrer Juan fuhren wir in den ältesten Teil des Nationalparks Pico de Europa, bzw. bis in den Wallfahrtsort Covadonga. Dort wollten wir den öffentlichen Bus nutzen, um bis zum Besucherzentrum des Parkes zu gelangen. Doch schon der erste Bus war zu voll, so versuchten wir unser Glück an der vorhergehenden Haltestelle, aber auch dort standen schon viele Ausflügler, welche den Sonnenschein nutzen wollten. Geduldig reihte sich unsere Gruppe ein und verbrachte die Zeit mit anregenden Gesprächen.
Schließlich erreichten wir den im Jahr 1918 zum 1.200ten Jahrestag der Schlacht von Covadonga gegründeten Nationalpark der Covadonga-Berge. Damals umfasste das als Nationalpark ausgewiesene Gebiet nur das westliche Massiv mit einer Fläche von fast 17.000 ha und erhielt den Namen "Parque Nacional de la Montaña de Covadonga". Erst 1995 wurde der Nationalpark Picos de Europa um die beiden anderen Massive erweitert. Eine Besonderheit war und bleibt, das in diesem Nationalpark eine Koexistenz zwischen der Natur und der ungewöhnlich großen Zahl menschlicher Bewohner stattfinden musste). So steht die Erhaltung der Natur auf der einen Seite und beunruhigte Landwirte, die um die Zukunft ihrer traditionellen Bewirtschaftungsmethoden besorgt sind, auf der Anderen. Oftmals kreuzten hier Kühe und Schafe unseren Weg, und wir fühlten uns einmal mehr wie in den Alpen.
Als erstes durchquerten wir das ehemalige Bergwerk Buferrera, das von der Bergbauvergangenheit des Ortes zeugt. Immer wieder verharrten wir auf dem Weg, staunten über die märchenhaften Felsformationen und kamen am Ercina-See an. Er ist am höchsten gelegen und bot uns einen traumhaften Ausblick auf den Gipfel des Peña Santa de Enol. Wir erstiegen den Aussichtspunkt El Príncipe, von dem wir auf die beiden Gletscherseen Enol und Ercina, die mehr als 1.000 m über dem Meeresspiegel liegen, schauen konnten. Auch das Meer lies sich von weitem erahnen. Welch ein Ausblick! Bei diesem fantastischen Wetter entschieden wir uns spontan die wundervolle Wanderung rum um die Gletscherseen zu unternehmen. Der schmalen Pfad schlängelte sich über grüne Wiesen an kleinen Felsen hinauf zu einer Hütte, wo uns eine ältere Frau mit Käse in den Händen empfing, den wir natürlich verkosteten. Gestärkt steigen wir durch die Felsformationen, uns gegenseitig die Hände reichend und immer ein Auge auf unsere älteste Mitstreiterin werfend. Mit ihren 80 Jahren hatte sie sich Sport treibend auf die Reise vorbereitet und hielt mit ihrer ansteckend guten Laune mit uns mit.
Eine Wanderfreundin war diese Route nicht mitgelaufen, sie genoss inzwischen den Sonnenschein, erkundete das kleine Museum und verteidigte tapfer und standhaft einen Platz in der Warteschlange an der Bushaltestelle für unsere Gruppe. Was waren wir dafür dankbar!
Für eine kleine Kaffeepause und ein Eis blieb im Ort Covadonga noch Zeit, nachdem jeder nach eigenem Gusto die Heilige Höhle oder die Basilika von Covadonga besucht hatte. So mancher verweilte einen Moment in der „Santa Cueva“ oder Höhle der Mutter Gottes, welche eine Kult- und Pilgerstätte zu Ehren der Jungfrau von Covadonga ist. Dort soll auch eine Quelle entspringen, der Wunderkräfte zugesprochen werden.
Müde, doch erfüllt von so viel Schönheit erreichten wir heut erst spät unser Hotel, wo bei einem leckeren Abendessen, der Tag ausklingen konnte.

Einsamer Kathedralenstrand & Pilgern auf dem Jakobsweg

Nach einem spanischen, eher spartanischen Frühstück erreichten wir bei Nieselregen Ribadeo und den Kathedralenstrand. Die volle Schönheit dieses Strandes kann man nur bei Ebbe sehen. Der tiefste Punkt der Tide war noch nicht erreicht, doch die Felsformationen lagen einsam auf uns wartend vor uns. Die Praia das Catedrais; was für ein Strand – und heute nur für uns allein! Was für eine Seltenheit. An diesem Naturdenkmal mit übernatürlichen Dimensionen tummeln sich sonst täglich bei Ebbe hunderte Touristen. Manche zogen die Schuhe aus, liefen durch den Sand, kletterten über kleine Felsformationen und trotz der Regentropfen fühlte sich der ein oder andere ein bisschen wie im Paradies! Da tauchten 30 Meter hohe Pfeiler vor uns auf, Meereshöhlen luden den Abenteurer in uns zum Besuch ein. Für eine Weile befanden wir uns in einer Kathedrale des Ozeans.
Ganz unbemerkt waren wir vom wilden Asturien nach Galicien gekommen. Nun hieß es die Wanderschuhe schnüren. Wir wollten heute auf einem Teil des legendären Camino Francés´, dem Jakobsweg pilgern. Nach einer kurzen Einführung zur Beschilderung des Weges, wusste jeder: „Wir folgen immer der Muschel oder den gelben Pfeilen.“ Früher war der Jakobsweg nicht ausgeschildert, dies begann erst in den 1970er Jahren. Im Mittelalter, besonders in den ersten Jahren der Pilgerfahrt nach Compostela, verliefen sich viele Pilger in den Bergen und kamen niemals am Grab des Apostels Jakobus an. Im Laufe der Zeit begann man den Jakobsweg mit Kreuzen und Steinhügeln auszuschildern, um den Pilgern die Wanderung zu erleichtern. Die gelben Pfeile des Jakobsweges kamen 1984 dazu, was Elías Valiña, einem Pfarrer von O Cebreiro, der kanonisches Recht studierte und seine Doktorarbeit über den Jakobsweg schrieb, zu verdanken ist.
In O Leboreiro, einem Pilgerort, der schon im alten Pilgerführer Campus leuurarius erwähnt wurde, begann unser Abenteuer. Knapp 5 km lagen vor uns bis nach Melide, wo wir den ersten Treffpunkt im Restaurant La Garnacha vereinbart hatten. Juan, unser reger Busfahrer, reservierte uns einen Tisch. Auf den Tisch kamen Gegrillte Paprikaschoten, die Tortilla española, Käse, Salat und der berühmte Pulpo. Melide wirbt damit, dass man hier den beste Oktopus in Galicien essen kann. Der Name "pulpo á feira" stammt im Übrigen von der Art und Weise, wie dieses Gericht auf den alten Viehmärkten in den Dörfern zubereitet wurde. Der Ruhm der Pulperías in Melide basiert auf dieser Tradition und wurde vor allem durch die Pilger in die Welt getragen. Auch wir können sagen: „Der Tintenfisch schmeckte wirklich lecker!“
Doch nun fehlten noch 14 km Weg, die gegangen werden wollten. Über römische Brücken, durch schattige Wälder, an Flüsschen entlang, spürte so Mancher den Charme des Pilgerns. Die tolle Eberhardt-Wandergruppe, die sich hier gefunden hatte, trug sicherlich noch dazu bei. Im Ort Boente fotografierten manche den Brunnen mit vier Ausflussrohren und das Wegkreuz in der Nähe der Kirche. Von hier aus gelangten wir über eine Brücke, die den Fluss Iso überspannt nach Ribadiso. Dort befindet sich eine der schönsten Pilgerherberge auf dem Camino Francés. Wir sorgten für eine andere erfrischende Abwechslung bevor wir den letzten Anstieg nach Arzúa in Angriff nahmen – wir kehrten ein. Doch abgeholt wurden wir von dort leider nicht, deshalb huckelten wir die Rucksäcke auf und der alte Pilgerweg führte uns über die Landstraße bis zum Städtchen Arzúa – Ultreia!
Am Abend bummelten wir durch das kleine Städtchen und jeder suchte sich ein gemütliches Plätzchen zum Abendessen, die einen Pizza, die anderen Fleisch.

Monte do Gozo & Santiago de Compostela

Dem Körper gönnten wir auch heut keine Pause. Mit den Wanderschuhen ausgerüstet, fuhren wir einige Kilometer bis zum Monte do Gozo, wo wir mit den obligatorischen Muscheln als Geschenk von Eberhardt Travel überrascht wurden, damit wir als Pilger erkenntlich die letzte, wenn auch kurze Etappe nach Santiago de Compostela in Angriff nehmen konnten.
Am Eingang zum Plaza Obradoiro begrüßte uns ein Gaita-Spieler mit dem galicischen Dudelsack. Ergriffen schauten wir auf den von Menschen gefüllten Platz, die sich glücklich in den Armen lagen oder wie wir den Blick auf die fantastische West-Fassade der Kathedrale richteten. Diese wurde von Fernando de Casas y Novoa geschaffen und gilt als Meisterwerk des spanischen Barocks. Schnell spurteten wir weiter zum Seiteneingang der Kathedrale, um der Messe beizuwohnen. Doch die Warteschlange lies all unsere Hoffnung schwinden. Wir spazierten noch ein wenig durch Santiago bevor wir uns Richtung Hotel aufmachten. Eine kleine Siesta hatten wir uns wirklich verdient. Am Abend erreichten wir rechtzeitig die Messe, nur der Botafumeiro bewegte sich heute nicht. Früher konnte man den Botafumeiro der Kathedrale von Santiago fast jeden Tag in Betrieb sehen. Allerdings zeigten Restaurationsarbeiten im Jahr 2006, den Verschleiß des Seils und des Weihrauchfasses und der tägliche Gebrauch des riesigen Pendels wurde beträchtlich eingeschränkt.
Anschließend fanden wir uns gemeinsam im Restaurant A MOA ein, um Köstlichkeiten aus Santiago zu probieren. Das Menü war ausgesprochen reichhaltig und schmackhaft, sogar mit Jakobsmuscheln, welche ein wenig gesäubert, als Andenken mit nach Hause genommen wurden. Ursprünglich wurden die Jakobsmuscheln an den Stränden Galiciens gesammelt und als Beweis für den Abschluss der langen Reise zurückgebracht. Die Pilger hängten die Muscheln an ihre Taschen, Hüte, Mäntel oder Pilgerstäbe. Auf diese Weise unterschieden sie sich von den anderen Reisenden.

Kap Finisterre und Carnota

Ausgeschlafen und gestärkt, standen wir am Morgen zur Abfahrt ans Ende der Welt bereit. Wir freuten uns auf diesen Tag mit der Exkursion zum Cabo Fisterre, welche seit 2023 neu ins Programm dieser Wanderreise aufgenommen worden war. Ein wirklicher Gewinn – wie wir alle fanden.
Gut geplant, erreichten wir das Kap noch vor dem großen Ansturm der Tagestouristen. Nur ein Bus asiatischer Touristen stand bereits mit Kameras und Drohnen ausgerüstet am km 0. Der letzte Stempel konnte eingeholt werden, das weite Meer lag vor uns. Mit den Gedanken allein, konnte der Stein (der Sorgen und Nöte) am Kreuz abgelegt werden, der Blick in die Weite schweifen, um sich am Schluss wieder auf sich selbst zu konzentrieren.
Unterhalb des Fischerdörfchens Finisterre liefen wir barfuß am Strand Langosteira entlang, Muscheln suchend oder die Sonnenstrahlen einfangend. Unser Axel sprang auch hier mutig in die Wellen des Ozeans. Weiter ging es nach Carnota, dem malerischen Dorf mit einem der längsten Getreidespeicher – einem sogenannten Horreo – Galiciens.
Am Abend erreichten wir das Küstenstädtchen Poio, wurden wärmsten in dem kleinen Hotel empfangen und tauchten die Füße im Abendlicht nochmals ins kühle Nass der Ria.

Bootsfahrt O Grove, Isla La Toxa & Weinverkostung mit Hindernissen

Am heutigen Tag fuhren wir zur Halbinsel O’Grove. Wir waren gespannt, denn die Küstenorte Galiciens sind berühmt für ihre Muschel- und Austernzucht. Schon von weitem sahen wir die Holzplattformen im Wasser schwimmen, an denen unterhalb an Seilen die verschiedensten Muscheln bis zu ihrer Ernte hängen. Das Zusammentreffen zweier Strömungen und der Reichtum an Plankton in den Rías sind unter anderem dafür verantwortlich, dass die Meeresfrüchte hier so gut gedeihen. Gemeinsam mit einer Gruppe aus Madrid startete das Ausflugsboot hinaus zu einer der Muschelbänke, wo uns die Arbeitsweise der Fischer erklärt wurde. An Bord verkosteten wir bei Musik und mit guter Laune die fangfrischen Muscheln mit einem Glas Wein. Auch Austern fanden nach kurzen Zögern ihren Absatz. Tanzend fuhren wir in den Hafen ein und waren ein klein wenig traurig, dass dieser Ausflug so schnell zu Ende ging.
Anschließend brachte uns unser Bus zur kleinen Insel La Toja, wo wir die Muschelkirche San Caralampio besichtigen konnten, wo auch Spaniens Regierungschef Rajoy seinen Eheschwur leistete. Von außen ganz mit Jakobsmuscheln bedeckt, besticht sie im Inneren durch ihre Schlichtheit. Daneben befindet sich das ehemalige Fabrikgebäude der berühmten schwarzen Seife. Sie besteht nicht aus Aktivkohle, sondern aus den Mineralien des Thermalwassers, dass auf dem Inselchen La Toja sprudelt. Jung und schön soll sie die Haut erhalten. Um das Auszuprobieren nahmen wir das ein oder andere Seifenstückchen mit. Bei der Benutzung der Seife können wir uns an diesen schönen Tag erinnern und werden sehen, ob die Seife ihre Wirkung bei uns entfaltet.
Am frühen Nachmittag erwartete uns nicht nur ein elegantes Mittagessen auf dem Weingut Granbazan, sondern natürlich auch eine Weinverkostung des galicischen Albariños, dem Weißwein der Region. Kurz vor der Ankunft wurde eine Mitreisende plötzlich ohnmächtig und nachdem diese versorgt war, oh je gleich noch jemand (die es nicht sehen kann, wenn jemand umfällt) Glücklicherweise befand sich auch auf dieser Reise ärztliches Personal, welches professionell agierte. Vom Weingut fürsorglich umhegt, ging es unseren beiden Frauen schnell wieder besser. Diese Ankunft mit Hindernissen werden sie auf dem Weingut sicher nicht so schnell vergessen.

Porto & Rückflug

Bedauerlicherweise mussten heute endgültig die Koffer gepackt werden, unser Heimflug stand bevor.
Doch zuvor blieb noch ein kleines Zeitfenster, um die portugiesische Stadt Porto
Kennenzulernen. Den Ausblick auf die pittoreske Altstadt werfend, überquerten wir als
erstes der Brücke Ponte Dom Luis I. unterhalb vom Kloster Serra do Pilar. Die
Eisenfachwerkbrücke Dom Luis-I-Brücke (Ponte Luis I) wurde zwischen 1881 und
1888 von keinem Geringeren als einem Schüler von Gustave Eiffel, entworfen,
dem Ingenieur Teofilo Seyrig. Der Brücken – Bogen gilt als einer der größten Bögen der Welt, der aus Stahl gefertigt wurde.
Gemeinsam kamen wir direkt auf dem Platz vor der Kathedrale Sé do Porto heraus, deren Bau schon im 12. Jahrhundert begonnen wurde, und im Laufe ihrer Geschichte zahlreiche Umbauten erfuhr. Es entstand eine Mischung verschiedener Stilrichtungen, der größte Teil ist barock, die Struktur der Fassade romanisch, während der Kreuzgang und die Kapelle San Juan Evangelista gotisch sind.

Einen Blick in den vollkommen mit Kacheln ausgestalteten Bahnhof San Bento werfend, der sich auf dem Gelände des früheren Klosters Mosteiro de São Bento de Avé-Maria befindet, spazierten wir weiter zum brasilianischen Kaffeehaus, welches an die Zeit der großen Kaffeeexporte erinnert. Bei Kaffee und Kuchen entspannten wir in elegantem Ambiente. Doch schon hieß es – Adiós España, Adeus Portugal.

Schlusswort

In einer tollen Gruppe erkundeteten wir den Norden Spaniens, getrauten uns auf dem Camino frances einige Pilgerkilometer zurückzulegen und probierten uns durch die spanische Küche. Es war mir eine Freude, mit Euch zu reisen. Bleibt oder werdet gesund und so voller Lebensfreude! Hoffentlich - Bis bald, Eure Sabine

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