Reisebericht: Wanderreise Nord–Spanien – Jakobsweg und Atlantik

13.09. – 21.09.2022, 10 Tage Wanderreise in Nordspanien mit Bilbao – San Sebastian – Picos de Europa – Jakobsweg – Santiago de Compostela – Atlantikküste – Porto (58 Wanderkilometer)


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Hohe Berge, spektakuläre Schluchten, wilde Küsten, grüne Landschaften – der Norden Spaniens hält viele Überraschungen & Abwechslung bereit
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

Bilbao & das Guggenheim Museum

Früh am Morgen starteten wir in Dresden, um nach der sehr ausführlichen Sicherheitskontrolle ins Flugzeug nach Frankfurt zu steigen. Dort trafen sich alle Gäste am Gate und erste Kontakte wurden geknüpft. Voller Vorfreude hoben wir ab, Bilbao entgegen.
Unser Busfahrer Jesús entsprach unserem Wunsch, einen kleinen Abstecher zum Guggenheim-Museum zu unternehmen. Dieses emblematische Bauwerk veränderte nicht nur die Stadt am Fluss Nervión, indem es seine industrielle Vergangenheit hinter sich ließ, sondern zog Kunstliebhaber, Architekten und natürlich Touristen gleichermaßen an.
Aber zuerst ein Fotostopp bei Puppy, dem beliebten West-Highland-Terrier: Dieser von Jeff Koons geschaffene riesige blumenübersäte Hundewelpe aus (oder auf) einer Stahlkonstruktion wurde 1997 vom Guggenheim-Museum Bilbao erworben und erhielt rechtzeitig zur Eröffnung des Museums, einen festen Platz vor dem Museumsgebäude. Anschließend noch ein kleiner Rundgang rund um das spektakuläre Bauwerk bevor wir in Richtung San Sebastian fuhren. Von unserem Ausgangspunkt aus gelangten wir über eine breite Treppe in die Eingangshalle, bzw. daneben zum Nervión-Fluss, wo das Museum eigentlich steht. Frank Gehry, der Architekt, schuf ein spektakuläres Bauwerk, um das wir teilweise herumgingen und die verschiedenen Perspektiven und Materialen bewunderten.
Unser Hotel Avenida lag oberhalb der Stadt und punktete mit einer wundervollen Aussicht auf die Altstadt von Donostia, wie die Stadt san Sebastian im Baskischen heißt. Ein kleiner Spaziergang am Abend führte uns zum Monument „Peine del Viento“ – dem Windkamm. An dem Ort, an dem der Wind und das Meer zusammenschlagen und das Wasser die Felsen mit Hingabe aufpeitscht, fanden wir auch das Restaurant für unser Abendessen. Noch ein Blick auf das Meer, und der Abend klang entspannt mit dem Meeresrauschen des Windkammes aus, dort wo Natur und Kunst verschmelzen.

San Sebastian & Santillana del Mar

Die Sonne ging über der Altstadt auf, und wir ließen während unseres Frühstücks den Blick versonnen über die Dächer San Sebastians schweifen. Ein erster aktiver Tag lag vor uns.
Bequeme Schuhe an den Füßen, die Badekleidung in der Tasche und den Hut auf dem Haupte; wir waren gewappnet für das Kommende. Ein paar Schritte nur, so erreichten wir einen der schönsten Stadtstrände Europas, den „Playa de la Concha“ – Strand der Muschel. Wir begannen unseren Spaziergang über die stattliche Uferpromenade, die noch ziemlich verschlafen vor uns lag. Erste Sportler und mutige Schwimmer stürzten sich ins kühle Wasser des Atlantiks. Als erstes erreichten wir den Palast von Miramar, den einstigen Sommersitz der habsburgischen Königin Maria Christina. Der Miramar-Palast wurde 1893 auf Wunsch von Königin Maria Christina von Österreich errichtet, die ihre Sommerferien in San Sebastian verbrachte. Nachdem sie andere Orte wie den Monte Urgull oder Aiete in Betracht gezogen hatte, entschied sich die Königin für diesen Ort, an dem sich eine Kapelle befand, die verlegt werden musste. Der Palast erinnerte uns an englische Landhäuser, wurde auch von einem englischen Architekten, Selden Womun entworfen und war jahrelang die Sommerresidenz des spanischen Königshauses. Seit 1973 gehört es der Stadt, so dass auch wir den Ausblick auf die Bucht und die Insel Santa Clara von hier genießen konnten.
Einige liefen weiter am Strand die Füße im Wasser, andere auf der Strandpromenade, immer an dem Geländer entlang, welches zu einem typischen Symbol für die Stadt wurde, welches bereits mehr als hundert Jahre alt ist. Es wurde von König Alfonso XIII. 1916 höchstpersönlich eingeweiht. Alle trafen sich wieder am Uhren-Obelisken, wo wir für einen Moment pausierten, um gemeinsam die berühmten Teile des Geländers, die sich von dem Großteil unterscheiden, zu suchen. Weiter wandelten wir zu den kleinen Skulpturen von Don Quijote und Sancho Panza, hielten kurz im Schatten der Sommertamarisken mit Blick auf das ehemalige Grand Casino. Fast wehte uns noch ein wenig des alten Flairs herüber, wer weiß mit wem hier Mata Hari alles flirtete, um wichtige Informationen zu erhalten?
Doch nun hieß es Kräfte sammeln, denn wir wollten den Monte Urgull erklimmen. Stufe für Stufe näherten wir uns der ehemaligen Festung, wo sich heute die 12 Meter hohe Jesusstatue und ein kleines Museum befindet. Ein fantastischer Ausblick bot sich von hier oben. Der Spaziergang um den Monte Urgull versetzte uns in eine längst vergangene Zeit. Entlang des Weges fanden wir die Spuren alter Befestigungsanlagen, die heute eines der wenigen Zeugnisse der Kämpfe und Belagerungen bis ins 19. Jhd. sind. Der Berg Urgull war 1794 Zeuge der ersten Kapitulation der Stadt vor den Franzosen und musste hilflos mit ansehen, wie die heutige Altstadt 1813 niederbrannte.
Nach dem Abstieg brummte allen ein wenig der Magen, oder es meldete sich einfach der Appetit, auch hatten wir schon so viel über die berühmten Pintxos des Baskenlandes gesprochen, dass wir sie nun auch endlich einmal ausprobieren wollten. Schon in der ersten Bar der Altstadt lachten uns kleine verführerische Happen an, so dass wir nicht widerstehen konnten. Dazu ein Txakoli, ein junger, fruchtiger Weißwein aus dem Baskenland oder ein frisches Bier und der Tag fühlte sich so richtig nach Urlaub an.
Am Nachmittag fuhren wir weiter nach Santillana del Mar, in die Stadt der drei Lügen, wie die Spanier sie auch nennen. Santi = Heilig, Llana=eben, Mar=Meer. Man sagt, die Stadt sei weder heilig, noch liegt sie in einer Ebene und schon gar nicht am Meer. Aber der Name Santillana kommt von der Zusammenziehung von Sancta Iuliana venida del mar (Sancta Iuliana vom Meer), die in Santillana del Mar abgeleitet wurde. Also eigentlich nur 2 Lügen, denn „Heilig“ war es dann doch. Bei unserer Ankunft bereitete sich das Örtchen Santillana del Mar jedoch gerade auf die Siesta vor. Die Cafés und Souvenirgeschäfte schlossen, so dass es nicht leicht war, eine kleine Kaffeepause einzulegen. Die Beine schon etwas müde, aber mit viel Entdeckergeist erkundeten einige Gäste die kleinen Gassen, fanden den Campingplatz, manche das Konvent und andere die einzig offene Cafeteria .
Am Abend trafen wir in Benis de Onís im Hotel Maria Manuela ein, einem rustikalen schönen Haus mitten in den Picos de Europa. Bei unserer Fahrt dorthin erhielten wir bereits einen Vorgeschmack auf die Berge am nächsten Tag.

Die Göttlische Schlucht – Ruta del Cares

Regenwahrscheinlichkeit 93 % …. Ohje, wo wir doch die Wanderschuhe ausgepackt hatten. Doch unsere Gäste von der Nordsee beruhigten uns: „Mit uns reisen, heißt das schöne Wetter dabei haben! Wir vertreiben die Regenwolken…!“ Na dann konnten wir ja in den Tag starten. Wie sie es bewerkstelligten oder sie einen besonderen Draht zu Petrus haben, wir wissen es nicht, aber es funktionierte.
In Poncebos stiegen wir in die Ruta del Cares, die Garganta Divina – die göttliche Schlucht ein. Zwei Kilometer Aufstieg lag gleich zu Beginn vor uns. Wanderstöcke wurden vorbereitet, die Schuhe nochmals geschnürt. Über glatte Steine führte uns ein schmaler Weg immer weiter nach oben bis zum Pass Los Collaos: Und ein gigantischer Ausblick belohnte uns für die Strapazen. Eine kleine Pause hatten wir uns verdient. Neugierig schauten wir nach, was uns die Hotelküche in unser Picknickpaket gepackt hatte.
Immer an einem Wasserkanal den kurvenreichen, aber jetzt flachen Weg entlang durch die Schlucht von Cares, immer den Abgrund neben uns und mit Blick auf schroffe Bergformationen, hoch aufragende Berge und das tief unter uns liegende Tal, durch das sich der Fluss Cares schlängelt. Ab und an begegneten uns ein paar Bergziegen, die mit ihren Kletterkünsten beeindruckten. Diesen Weg verdanken wir eigentlich den genialen Ingenieuren, die einen Teil des Flusses Cares auf einer Länge von 12 km zwischen dem Staudamm von Cain und dem Dorf Camarmeña kanalisieren wollten, von wo aus das Wasser durch Rohre dann 200 m nach unten fließt, um das Wasserkraftwerk von Poncebos zu versorgen. So wurde der einstige Hirtenweg zwischen 1916 und 1920 von 2000 Männern in eine der berühmtesten Routen der Picos de Europa verwandelt. Mit Hilfe von Zündschnüren, Dynamit und Sprengkapseln sprengten sie sich durch den Kalkstein, um dieses gigantische Bauwerk 240 Meter über dem Flusspegel zu errichten. Und um diesen Kanal instant zu halten, brauchte es einen Weg daneben, den, der heute parallel zum Kanal verläuft. Wir sprachen bereits im Bus über diese technische Meisterleistung und als wir über den Rand des Kanals blickten, war dieser leer. Was war nur geschehen?
Ein paar Stunden später erfuhren wir den Grund: Natürlich, Wartungsarbeiten!
Nach dem Durchqueren von vielen Tunneln, dem Erfrischen der Füße im Fluß Cares erreichten wir endlich die Bar 12 km, unseren Treffpunkt. Mit Bier, Kaffee oder einem Tinto de Verano stießen wir auf die wundervolle Wanderung und die Arbeit unserer Wetterfeen an. Denn wie wir später von unserem Busfahrer erfuhren, hatte es tatsächlich fast den ganzen Tag geregnet – außer bei uns auf der Ruta del Cares.
Den Abend verbrachten wir bei einem deftigen Pilgeressen mit Kichererbsen, spanischer Grützwurst und Kohl im urigen Restaurant „El Cenador del Capitan“.

Wanderung in den „Spanischen Alpen“

Nach unserem Frühstück und unter den wachsamen Augen des Personals, das wir ja keinen Apfel aus dem Speisesaal entwendeten, verließen wir unser Hotel in Potes, um tiefer und höher in die Picos de Europa einzutauchen. Die Seilbahn in Fuente Dé zog uns und unseren heutigen Wanderführer Oscar in weniger als 4 Minuten in eine schwindelerregende Höhe von 1823 Meter mitten hinein ins Herz der Picos de Europa. Von hier aus hatten einige Gäste bereits einen grandiosen Ausblick, jedoch nur für wenige Minuten, dann verschwand fast alles wieder hinter einer dichten Nebelwand. Ab und an lichtete sich der Nebel und mit Oscar lernten wir die Namen der Gipfel und ein wenig von der Geschichte der Gegend kennen. Kurz erhaschten wir einen Blick auf den Peña Vieja im Macizo Central. Der Ursprung für die gut angelegten Wege in diesem Bereich des Gebirges liegt im Bergbau. Im 19. Jahrhundert war im industriellen Europa besonders Blei sehr gefragt, was es hier zwar nicht gab, dafür jedoch Zink, ein damals weniger bekanntes Mineral, das die Besonderheit hatte, Blei zu enthalten. Hier fand man Galmei, was in Form von Adern und Schichten in geschichtetem Kalksteingestein vorkommt und etwa 50 % Zink enthielt.
Zu der damaligen Zeit gab es nur Viehpfade, die Hälfte des Jahres war alles eingeschneit, und man musste versuchen, das Erz aus den Bergen zum Hafen zu bringen, um es auf dem Seeweg abzutransportieren. Die Früchte der Arbeit der Menschen von damals, die dem Ruf des Bergbaus folgten, konnten wir nun in Form einer eindrucksvollen Wanderung genießen. Plaudernd ging es gemächlich bergauf und bergab bis wir schließlich die Cafeteria im Hotel Avila mitten in den Bergen erreichten. Der 14,5 Kilometer lange, absteigende Wanderweg Ruta Puertos de Áliva führt durch die ausgedehnte Hochebene, die Puertos de Áliva, welche die zentralen von den westlichen Picos de Europa trennt. Ein Teil der Gruppe wanderte mit Oscar den gesamten Weg bis nach Fuente Dé zurück, der andere Teil nahm den kürzeren Weg nach Espinama, der jedoch auch mit ca. 2,5 steil bergab gehenden Kilometern keine Leichtigkeit für die Kniee darstellte. In der Bar in Espinama warteten wir auf die Wandergruppe, die sich tapfer über große Steine und durch den hügeligen Eichen- und Buchenwald kämpfte. Und sie mussten auch noch bis zur Ankunft im Hotel auf eine Erfrischung warten.
Der Spätnachmittag blieb zur freien Verfügung und am Abend trafen wir uns alle wieder im Restaurant „El Cenador del Capitan“ mitten im Zentrum des Touristenörtchens Potes.

Covadonga Seen & Kathedralenstrand

Der Tag begann zeitig, denn heute waren wir in einen straffen Zeitplan eingebunden.
Mit unserem neuen hilfsbereiten Busfahrer Rafael fuhren wir in den ältesten Teil des Nationalparks Pico de Europa, bzw. bis in den Wallfahrtsort Covadonga. Dort stiegen wir in zwei Kleinbusse um, die uns bis zum Besucherzentrum des Parkes brachten, von wo es mit noch kleineren Geländewagen Richtung Covadongaseen ging.
Im Jahr 1918 wurde der damalige Nationalpark der Covadonga-Berge zum 1.200ten Jahrestag der Schlacht von Covadonga gegründet. Damals umfasste das als Nationalpark ausgewiesene Gebiet nur das westliche Massiv mit einer Fläche von fast 17.000 ha und erhielt den Namen "Parque Nacional de la Montaña de Covadonga". Erst 1995 wurde der Nationalpark Picos de Europa um die beiden anderen Massive erweitert. Eine Besonderheit war und bleibt, das in diesem Nationalpark eine Koexistenz zwischen der Natur und der ungewöhnlich großen Zahl menschlicher Bewohner stattfinden muß(te). So steht die Erhaltung der Natur auf der einen Seite und beunruhigte Landwirte, die um die Zukunft ihrer traditionellen Bewirtschaftungsmethoden besorgt sind, auf der Anderen. Oftmals kreuzten hier Kühe unseren Weg, und wir fühlten uns einmal mehr wie in den Alpen.
Doch zuerst umrundeten und durchquerten wir das ehemalige Bergwerk Buferrera, das von der Bergbauvergangenheit des Ortes zeugt. Der Weg führte uns durch märchenhafte Felsformationen weiter in Richtung des Ercina-Sees. Er ist am höchsten gelegen und bot uns einen traumhaften Ausblick auf den Gipfel des Peña Santa de Enol. Wir erstiegen den Aussichtspunkt El Príncipe, von dem wir auf die beiden Gletscherseen Enol und Ercina, die mehr als 1.000 m über dem Meeresspiegel liegen, schauen konnten. Wenn wir etwas mehr Zeit gehabt hätten, wäre der 20 Meter tiefe Enol-See der ideale Platz für ein Picknick gewesen, vor allem um die friedliche Gegend auf sich wirken zu lassen. Auf dem Grund des Sees gibt es übrigens eine Nachbildung der Jungfrau von Covadonga, die immer an ihrem Festtag, dem 8. September, auftaucht. Wir waren dafür leider drei Wochen zu spät.
Für eine kleine Kaffeepause blieb im Ort Covadonga Zeit, nachdem jeder nach eigenem Gusto die Heilige Höhle oder die Basilika von Covadonga besucht hatte. So mancher verweilte einen Moment in der „Santa Cueva“ oder Höhle der Mutter Gottes, welche eine Kult- und Pilgerstätte zu Ehren der Jungfrau von Covadonga ist. Dort soll auch eine Quelle entspringen, der Wunderkräfte zugesprochen werden.
Nach soviel Bergwelt wartete am Nachmittag der Atlantik auf uns. Im Bus durch das grüne Asturien bis nach Galicien blieb Zeit, dem Gesehenen nachzusinnen oder sich von der Landschaft Nordspaniens inspirieren zu lassen. Dieses Grün hätten wir in Spanien gar nicht vermutet, sagten viele. Doch die Küste ist voller Überraschungen. Die nächste lag in Ribadeo vor uns: der Kathedralenstrand. Und wegen genau diesem, musste unser Tag so genau durchgeplant sein. Die volle Schönheit dieses Strandes kann man nur bei Ebbe sehen. Der tiefste Punkt der Tide war an diesem Tag für 16.00 Uhr ausgeschrieben, und genau zur richtigen Zeit trafen wir ein.
Die Praia das Catedrais; was für ein Strand! Nein, ein Naturdenkmal mit übernatürlichen Dimensionen. Wir zogen die Schuhe aus, liefen durch den Sand, kletterten über kleine Felsformationen und vielleicht fühlte sich der ein oder andere ein bisschen wie im Paradies! Da tauchten 30 Meter hohe Pfeiler vor uns auf, Meereshöhlen luden den Abenteurer in uns zum Besuch ein. Für eine Weile befanden wir uns in einer Kathedrale des Ozeans.
Müde, doch erfüllt von so viel Schönheit ließen wir den Abend ausklingen, nur die Reiseleiterin begab sich wegen eines Sturzes ins nächst gelegene Krankenhaus.

Pilgern auf dem Jakobsweg

Nach einem spanischen Frühstück schnürten fast alle die Wanderschuhe, um heute auf einem Teil des legendären Camino Francés´, dem Jakobsweg zu pilgern. Am Anfang gab es eine kleine Einführung der Beschilderung, schließlich sollte sich ja keiner verlaufen. Heute folgten wir der Muschel oder den gelben Pfeilen. Diese Beschilderung des Jakobsweges hatte ihre Anfänge in den 1970er Jahren, denn früher war der Jakobsweg nicht ausgeschildert. Im Mittelalter, besonders in den ersten Jahren der Pilgerfahrt nach Compostela, verliefen sich viele Pilger in den Bergen und kamen niemals am Grab des Apostels Jakobus an. Im Laufe der Zeit begann man den Jakobsweg mit Kreuzen und Steinhügeln auszuschildern, um den Pilgern die Wanderung zu erleichtern. Die gelben Pfeile des Jakobsweges kamen erst 1984 dazu. Ihr Schöpfer war Elías Valiña, der Pfarrer von O Cebreiro, der kanonisches Recht studierte und seine Doktorarbeit über den Jakobsweg schrieb.
In O Leboreiro, einem Pilgerort, der schon im alten Pilgerführer Campus leuurarius erwähnt wurde, begann unser Abenteuer. Knapp 5 km lagen vor uns bis nach Melide, wo wir den ersten Treffpunkt im Restaurant La Garnacha vereinbart hatten. Hier verköstigten wir uns und einige waren so mutig, Pulpo zu probieren. Melide wirbt damit, dass man hier den beste Oktopus in Galicien essen kann. Der Name "pulpo á feira" stammt im Übrigen von der Art und Weise, wie dieses Gericht auf den alten Viehmärkten in den Dörfern zubereitet wurde. Der Ruhm der Pulperías in Melide basiert auf dieser Tradition und wurde vor allem durch die Pilger in die Welt getragen. Auch wir können sagen, dass der Tintenfisch wirklich lecker war.
Doch nun fehlten noch 14 km Weg, die gegangen werden wollten. Über römische Brücken, durch schattige Wälder, an Flüsschen entlang, spürte so Mancher den Charme des Pilgerns. Die tolle Eberhardt-Wandergruppe, die sich hier gefunden hatte, trug sicherlich noch dazu bei. Im Ort Boente fotografierten manche den Brunnen mit vier Ausflussrohren und das Wegkreuz in der Nähe der Kirche. Von hier aus gelangten wir über eine Brücke, die den Fluss Iso überspannt nach Ribadiso. Direkt daneben befindet sich eine Pilgerherberge, dieeine der schönsten auf dem Camino Francés sein soll. Wir sorgten für eine andere erfrischende Abwechslung bevor wir den letzten Anstieg nach Arzúa in Angriff nahmen – wir kehrten ein. Ein Bild von unserer Tinto de Verano-Runde sandten wir als Beweis an Sabine. Doch abgeholt wurden wir von dort leider nicht, deshalb huckelten wir die Rucksäcke auf und der alte Pilgerweg führte uns über die Landstraße bis zum Städtchen Arzúa – Ultreia!

Vom Monte do Gozo nach Santiago de Compostela

Dem Körper gönnten wir auch heut keine Pause. Mit den Wanderschuhen ausgerüstet, fuhren wir einige Kilometer bis zum Monte do Gozo von wo wir die letzte, jedoch kurze Etappe nach Santiago de Compostela liefen.
Am Plaza Obradoiro erwartete uns Sabine mit einem Begrüßungssekt und frisch gepresstem Orangensaft für den Durst und dem fantastischem Blick auf die Obradoiro-Fassade der Kathedrale. Diese wurde von Fernando de Casas y Novoa geschaffen und gilt als Meisterwerk des spanischen Barocks. Wer wollte, nahm danach an der Messe teil. In die Kathedrale gelangt man heutzutage nur über einen Seiteneingang. Doch den Botafumeiro verpassten wir, denn dieser sollte erst bei der Abendmesse geschwungen werden. Früher konnte man den Botafumeiro der Kathedrale von Santiago fast jeden Tag in Betrieb sehen. Allerdings zeigten Restaurationsarbeiten im Jahr 2006, den Verschleiß des Seils und des Weihrauchfasses und der tägliche Gebrauch des riesigen Pendels wurde beträchtlich eingeschränkt.
Anschließend fanden wir gemeinsam ein Restaurant, um Köstlichkeiten aus Santiago zu probieren. Einige entschieden sich für Jakobsmuscheln, welche ein wenig gesäubert, als Andenken mit nach Hause genommen wurden. Ursprünglich wurden die Jakobsmuscheln an den Stränden Galiciens gesammelt und als Beweis für den Abschluss der langen Reise zurückgebracht. Die Pilger hängten die Muscheln an ihre Taschen, Hüte, Mäntel oder Pilgerstäbe. Auf diese Weise unterschieden sie sich von den anderen Reisenden.
Am Nachmittag erkundeten wir mit unserer lokalen Stadtführerin Isabel den wohl berühmtesten Pilgerort Europas. Mit interessanten Details und geschichtlichem Hintergrund brachte uns Isabel ihre Stadt näher. Schade nur, dass es so heiß war. Die Hitze erschwerte ein konzentriertes Zuhören ungemein.
In den Abendstunden erreichten wir Poio, die kleine Küstenstadt im Westen Galiciens.

Naturparadies Isla de Ons

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Erholung. Schifffahrt, Inselwanderung oder Baden im Atlantik. Am Fährhafen saßen die Fischerinnen und flickten die Netze. Bei strahlendem Sonnenschein schauten wir auf das blaue Meer, ein schöner Tag, um ein Naturparadies zu erkunden. Die Insel Ons gehört zum maritim-terrestrischen Naturpark der Atlantischen Inseln Galiciens. Dieser Archipel besteht aus der Hauptinsel Ons, der Insel Onza oder Onceta und weiteren kleineren Inseln: A Freitosa, O Centolo, O Cairo, A Laxe do Abade, A Pedra do Fedorento, A Illa do Xuvenco und O Con dos Galos.
In diesem streng geschützten Naturraum konnten wir die Natur in vollen Zügen genießen. Wir gewannen einen kleinen Überblick über die Insel, besuchten den Leuchtturm, einen der größten Spaniens und einige Mutige getrauten sich ins kalte Wasser.
Der Abend klang mit einem Geburtstagständchen und einem Abschiedscocktail aus.

Porto & Rückflug

Leider mussten wir heut schon endgültig die Koffer packen, unser Heimflug stand bevor.
Doch zuvor blieb noch ein kleines Zeitfenster, um die portugiesische Stadt Porto kennenzulernen.
Nach unserer Ankunft in Porto überquerten wir als erstes der Brücke Ponte Dom Luis I. unterhalb vom Kloster Serra do Pilar. Von dort genießt man einen wunderschönen Ausblick auf die Altstadt. Die Dom Luis-I-Brücke (Ponte Luis I) wurde zwischen 1881 und 1888 erbaut. Die Brücke aus Metall verbindet, die durch den Fluss Douro getrennten Städte Porto und Vila Nova de Gaia miteinander und wurde von dem Ingenieur Teofilo Seyrig, einem Schüler von Gustave Eiffel, entworfen. Der Brücken – Bogen gilt als einer der größten Bögen der Welt, der aus Stahl gefertigt wurde.
Wir kamen direkt auf den Platz vor der Kathedrale Sé do Porto heraus. Mit dem Bau der Kathedrale wurde schon im 12. Jahrhundert begonnen, und im Laufe ihrer Geschichte hat sie zahlreiche Umbauten erfahren. Sie ist eine Mischung verschiedener Stilrichtungen, der größte Teil ist barock, die Struktur der Fassade romanisch, während der Kreuzgang und die Kapelle San Juan Evangelista gotisch sind.
In der Mitte des Domplatzes fesselte eine auffällige Säule unseren Blick. An ihr hängte man früher Verbreche. Davon einmal abgesehen, hatten wir von hier aus ebenfalls einen herrlichen Blick auf die Stadt, den Fluss Duero und die Weinkellereien an seinen Ufern. Von dort begaben wir uns über die Treppen hinab zur Uferpromenade. Jeder nutzte die Freizeit etwas anders. Einige ergatterten noch letzte Andenken, andere genossen einen frischen Orangensaft oder probierten zum ersten mal weißen Portwein.
Mit der Standseilbahn von Porto, dem Funicular Dos Guindais wollten wir auf schnelle Weise wieder vom der Ribeira (Flussufer) nach Batalha, dem oberen Teil des Zentrums gelangen. Daraus wurde leider nichts. Eine Bahn war außer Betrieb, so dass wir circa 15 min warten mussten. Viel Glück scheint der Bahn nicht beschieden zu sein. Sie befindet sich auf demselben Gelände wie die ursprüngliche Standseilbahn von 1891 und wurde 2001 eingeweiht. Doch die ursprüngliche Standseilbahn hatte ihren Betrieb ein Jahrhundert zuvor aufgrund eines schweren Unfalls eingestellt.
Etwas außer Atem gelangten wir auf die andere Seite der Brücke Dom Luis I., wo bereits Rafael mit unserem Bus bereit stand.

Nun hieß es – Adiós España, Adeus Portugal.

Schlusswort

Eine wirklich abwechslungsreiche, abenteuerliche und ein wenig anstrengende Reise liegt hinter uns. An die beste Eberhardt-Wandergruppe -ever : Herzlichen Dank für die stete Unterstützung Eurerseits, die gute Laune, die Geduld und all Eure herzensguten Wünsche!

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht